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Veröffentlicht am 02.08.2023

Eine abwechslungsreiche Holmes-Anthologie

Elementar, mein lieber Watson!
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„Elementar, mein lieber Watson“ ist eine Anthologie, in der sechs Kurzgeschichten versammelt sind, deren Protagonisten Sherlock Holmes und Dr. John H. Watson, das vermutlich bekannteste Ermittlerduo der ...

„Elementar, mein lieber Watson“ ist eine Anthologie, in der sechs Kurzgeschichten versammelt sind, deren Protagonisten Sherlock Holmes und Dr. John H. Watson, das vermutlich bekannteste Ermittlerduo der Kriminalromangeschichte, sind. Es handelt sich nicht um von Arthur Conan Doyle verfasste Geschichten, sondern um „neue“ Fälle, die aus der Feder gegenwärtiger Autor*innen stammen.

Den Beginn der Anthologie macht die Kurzgeschichte „Die drei Königinnen“ von Anthony Horowitz. Horowitz schrieb bereits zwei Sherlock Holmes-Romane, „Das Geheimnis des weißen Bandes“ sowie „Moriarty“ (beide übrigens sehr lesenswert!), die beide offiziell von der Conan Doyle Estate lizensiert worden sind. Diese Lizensierung spiegelt sich auch in „Die drei Königinnen“ wider: Horowitz schafft es perfekt, den Geist von Arthur Conan Doyle aufzugreifen – inhaltlich wie sprachlich. So ist „Die drei Königinnen“ ein schöner Kurzkrimi, der archaisierend (und dadurch authentisch) erzählt wird und mit Holmes-typischen Deduktionen sowie einer überraschenden Wendung auftrumpft.

Die zweite Kurzgeschichte, „Der Fall des Doktors“ von Stephen King, wird ebenfalls durchströmt von Arthur Conan Doyles Geist. Auch hier finden sich sprachliche sowie inhaltliche Anlehnungen an das Original. Interessant an dem Fall ist vor allem zweierlei: Einerseits wird er nicht von Holmes, sondern von Watson gelöst, andererseits ist – spoilerfrei formuliert – die „technische“ Seite des Falls spannend. „Der Fall des Doktors“ wird allerdings recht langsam erzählt: Er besitzt eine vergleichsweise lange Vorlaufphase, wodurch Spannung verloren geht. Die eigentliche Lösung des Falls erfolgt im Kontrast dazu aber recht schnell, sodass die Struktur des Handlungsgerüsts auf mich inkongruent wirkte. Daher hat mir Kings Erzählung – auch wenn sie sonst nah an die Originale heranreicht – nicht so gut gefallen, wie diejenige von Horowitz.

An der dritten Erzählung, „Verkleidung schadet nicht“ von Alan Bradley, hat mir besonders die Erzählperspektive gefallen: Nicht Watson ist der Ich-Erzähler, sondern eine andere Person, deren wahre Identität (zunächst) versteckt wird. Dieser Ich-Erzähler sieht sich mit einer Situation konfrontiert, die er nicht greifen kann, weshalb er – und qua Perspektivierung die Lesenden mit ihm – in Deduktionen verfällt. Mehr möchte ich zu dieser Geschichte auch gar nicht sagen, da ein näheres Eingehen schon zu viel spoilern würde.

Die vierte Geschichte ist „Die Mitternachtsglocke“ von Anne Perrey. Der Fall, der hier thematisiert wird, ist eher einfach strukturiert; seine Auflösung daher tendenziell vorhersehbarer als bei den vorangegangenen Fällen. Die Erzählung besticht daher nicht so sehr durch ihre Komplexität. Sehr schön ist allerdings die Atmosphäre, die in „Die Mitternachtsglocke“ erzeugt wird: Die Geschichte spielt an Weihnachten auf einem abgeschiedenen, aber festlich geschmückten Landsitz, der heimelig gezeichnet wird.

Die fünfte Geschichte, „Das Geheimnis von Compton Lodge“ von Peter Jackob, ist der umfangreichste der in der Anthologie versammelten Fälle (er besitzt die Länge eines Kurzromans). Inhaltliche Ausgangslage des Kurzromans ist eine Erkrankung Watsons: Im Fieberwahn redete Watson von der mysteriösen Compton Lodge, an die er sich aber – nachdem er sich auskuriert hatte – bei klarem Verstand nicht erinnern kann. Holmes hat sich nun zum Ziel gesetzt, dieses Rätsel der Compton Lodge zu klären. So spannend ich diese Ausgangslage fand, so mäßig war für mich die Umsetzung des Falls: Einzelne Bestandteile der Handlung wurden eher unmotiviert aneinandergereiht und konnten dadurch ihre eigentlich intendierte Wirkung nicht völlig entfalten. Insgesamt blieb die Handlung für mich dadurch permanent ein Stück weit verwirrend. Auch waren Watson und Holmes mir persönlich etwas zu schnippisch und insgesamt in ihrem Verhalten zu „modern“, sodass ich in ihnen nicht den Holmes und den Watson von Arthur Conan Doyle wiedererkennen konnte.

Den Abschluss des Bandes bildet „Sherlock Holmes und der Arpaganthropos“ von Klaus-Peter Walter. In Bezug auf den Handlungsort findet hier ein Wechsel statt: Die Geschichte spielt nicht in England, sondern auf der griechischen Insel Kerkyra. In dieser Geschichte spielt zudem die griechische Mythologie eine große Rolle, wodurch innerhalb der Handlung deutliche Elemente des Phantastischen zu finden sind. Diese phantastischen Aspekte habe mich etwas befremdet: Sherlock Holmes ist für mich durch seine Logik eng mit einer Erzählwelt verknüpft, die (mehr oder weniger) nach den Regeln unserer Realität funktioniert; Phantastik und Sherlock Holmes sind für mich daher Gegensätze (aber das ist nur meine subjektive Meinung; ich kann mir auch vorstellen, dass andere Lesende die Wende ins Phantastische mögen werden, weil es eine alternative und überraschende Herangehensweise an Sherlock Holmes ist). Ansonsten handelt es sich bei „Sherlock Holmes und der Arpaganthropos“ um eine flüssig zu lesende, gut durchdachte Erzählung mit einem interessanten Twist.

Insgesamt, so lässt sich zusammenfassen, sind die Sherlock Holmes-Geschichten in „Elementar, mein lieber Watson“ sehr abwechslungsreich und verschieden. Mal orientieren sie sich eher am Original, mal sind sie freier. Für alle gilt aber: Es handelt sich um kreative Sherlock Holmes-Fälle, die man so noch nicht gelesen hat.

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Veröffentlicht am 02.08.2023

Ein schöner Kurzkrimi im Stil von Arthur Conan Doyle

Die drei Königinnen. Ein neuer Fall für Sherlock Holmes
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Horowitz schrieb bereits zwei Sherlock Holmes-Romane, „Das Geheimnis des weißen Bandes“ sowie „Moriarty“ (beide übrigens sehr lesenswert!), die beide offiziell von der Conan Doyle Estate lizensiert worden ...

Horowitz schrieb bereits zwei Sherlock Holmes-Romane, „Das Geheimnis des weißen Bandes“ sowie „Moriarty“ (beide übrigens sehr lesenswert!), die beide offiziell von der Conan Doyle Estate lizensiert worden sind. Diese Lizensierung spiegelt sich auch in „Die drei Königinnen“ wider: Horowitz schafft es perfekt, den Geist von Arthur Conan Doyle aufzugreifen – inhaltlich wie sprachlich. So ist „Die drei Königinnen“ ein schöner Kurzkrimi, der archaisierend (und dadurch authentisch) erzählt wird und mit Holmes-typischen Deduktionen sowie einer überraschenden Wendung auftrumpft.

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Veröffentlicht am 05.06.2023

Ein spannender Krimi mit schönem Italien-Flair

Abschied auf Italienisch
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Inhalt: Commissario Vito Grassi ist ein waschechter Römer. Doch als sein Vater, zu dem er seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte, plötzlich verstirbt und ihm ein kleines Rustico in Ligurien hinterlässt, ...

Inhalt: Commissario Vito Grassi ist ein waschechter Römer. Doch als sein Vater, zu dem er seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte, plötzlich verstirbt und ihm ein kleines Rustico in Ligurien hinterlässt, entscheidet Vito, dort sein Glück zu versuchen. In Ligurien angekommen, erwartet ihn nicht nur die rätselhafte Toni, die, ihm unbekannt, seit Längerem im Rustico seines Vaters lebt: Direkt an seinem ersten Tag wird er als leitender Ermittler in einem neuen Fall eingesetzt. Eine Frau wurde tot in einem alten Eisenbahntunnel nahe der Küste gefunden; scheinbar verunfallt – wäre da nicht ein Detail, das Rätsel aufgibt…

Persönliche Meinung: „Abschied auf Italienisch“ ist ein Kriminalroman von Andrea Bonetto, der den Auftakt einer neuen Reihe um den Commissario Vito Grassi bildet. Erzählt wird die Handlung aus der personalen Perspektive von Vito. Die Handlung des Krimis entfaltet sich behutsam: Zunächst lernt man die einzelnen Figuren (neben Vito und Toni u. a. die neuen Kolleg*innen Vitos) sowie die ligurische Landschaft, in dem der Krimi spielt, näher kennen. Eine große Stärke des Krimis ist dabei seine Atmosphäre: Durch sprachliche Einsprengsel, bestimmte Figuren (mit besonderen Eigenarten) und malerische Beschreibungen der Cinque Terre kommt ein wirklich schöner Italien-Flair auf, sodass man am liebsten sofort ins Auto steigen und die Küste Liguriens entlangfahren möchte. Der Fall, in dem Vito ermittelt, ist spannend aufgebaut und lädt zum Miträtseln ein: Man ist während der Lektüre immer auf Augenhöhe mit Vito, sammelt gemeinsam mit ihm nach und nach neue Informationen und geht Hinweisen nach, sodass sich schrittweise ein Gesamtbild ergibt. Die Auflösung lässt sich daher ab einem bestimmten Punkt erahnen; wie genau/warum alles zusammenhängt, ist allerdings überraschend. Eine besondere Note erhält der Krimi zudem durch Kompetenzgerangel, das sich im Roman zwischen den einzelnen Organisationen des italienischen Polizeisystems entwickelt. Daneben spielt auch das Privatleben der einzelnen Figuren innerhalb der Handlung eine wichtige Rolle: Während bspw. der Tod seines Vaters Vito mehr belastet, als er sich eingestehen möchte, hat Toni eine ganz eigene Geschichte mit der italienischen Polizei. Der Schreibstil von Andrea Bonetto ist bildhaft und lässt sich angenehm lesen. Insgesamt ist „Abschied auf Italienisch“ ein spannender Kriminalroman mit einem schönen Italien-Flair.

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Veröffentlicht am 29.05.2023

Ein spannender und kurzweiliger Fantasyroman

Die schlafenden Geister des Lake Superior
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Inhalt: Kimberley Reynolds, Spezialagentin des FBI für übernatürliche Geschehnisse, ist auf dem Weg nach Eloise, Wisconsin: Ein ehemaliger Kollege, der dort lebt, hat rätselhafte Ereignisse gemeldet, reagiert ...

Inhalt: Kimberley Reynolds, Spezialagentin des FBI für übernatürliche Geschehnisse, ist auf dem Weg nach Eloise, Wisconsin: Ein ehemaliger Kollege, der dort lebt, hat rätselhafte Ereignisse gemeldet, reagiert allerdings nicht mehr auf Kontaktaufnahmen. In Eloise angekommen, trifft Kimberley auf die Zerstörungen eines eigentlich unmöglichen Schneesturms – und der Exkollege ist spurlos verschwunden…

Persönliche Meinung: „Die schlafenden Geister des Lake Superior“ ist ein Urban Fantasy-Kurzroman von Ben Aaronovitch. Die Handlung spielt im „Die Flüsse von London“-Universum, ist aber ein Spin-off der Hauptreihe um Peter Grant, sodass man den Roman auch ohne Kenntnis der Reihe lesen kann. Protagonistin und Ich-Erzählerin der Handlung ist die FBI-Agentin Kim Reynolds, die schon den ein oder anderen Auftritt in der „Die Flüsse von London“-Reihe hatte und nun – nach den Begegnungen mit Peter Grant – die Expertin für übernatürliche Zwischenfälle beim FBI ist. Ähnlich wie in den Peter Grant-Romanen vermengt sich auch in „Die schlafenden Geister des Lake Superior“ Fantasy mit Krimi: So ermittelt Kim nicht nur im Fall des verschwundenen Exkollegen, sondern versucht außerdem herauszufinden, warum das Wetter in Eloise verrücktspielt – wobei beide Fälle mit einer schönen Portion Fantasy angereichert sind. Die Fantasy tendiert dabei diesmal leicht in Richtung Horror (Ohne zu viel spoilern zu wollen: Es gibt einige wirklich atmosphärische Szenen mit einem schönen Grusel). Was mir ebenfalls sehr gut gefallen hat: Durch die Perspektivierung von Kim wird das Universum der „Die Flüsse von London“-Reihe wieder ein Stück größer und erhält ein paar neue, interessante Aspekte hinzu. Die Handlung besitzt durch einige rätselhafte Momente eine schöne Spannungskurve und endet mit einem überraschenden Twist. Der Schreibstil von Ben Aaronovitch ist gewohnt flüssig und anschaulich; im Vergleich zu den Peter Grant-Romanen aber ein bisschen lakonischer, was ich aber nicht weiter schlimm fand. Insgesamt ist „Die schlafenden Geister des Lake Superior“ ein kurzweiliger und spannender Fantasyroman, der eine schöne Ergänzung der „Die Flüsse von London“-Reihe ist.

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Veröffentlicht am 28.05.2023

Ein spannender Phantastik-Jugendroman, der eine dichte Atmosphäre besitzt

Die letzten Hexen von Blackbird Castle
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Inhalt: Das Leben der zwölfjährigen Zita Brydgeborn ändert sich schlagartig, als plötzlich eine Vogelscheuche über die Gartenmauer steigt und ihr einen Brief übergibt: Sie soll die Alleinerbin von Blackbird ...

Inhalt: Das Leben der zwölfjährigen Zita Brydgeborn ändert sich schlagartig, als plötzlich eine Vogelscheuche über die Gartenmauer steigt und ihr einen Brief übergibt: Sie soll die Alleinerbin von Blackbird Castle sein, einem riesigen Schloss, das einsam auf einer Bergkuppe liegt. Dort angekommen, erwarten sie aber nicht nur zwei Diener, die bestimmte Dinge nicht sagen können, eine Nachlassverwalterin, die sie nicht ausstehen kann, und einige Geheimnisse, die im Gemäuer von Blackbird Castle schlummern – Zita erfährt außerdem, dass sie eine Hexe ist…

Persönliche Meinung: „Die letzten Hexen von Blackbird Castle“ ist ein phantastischer Jugendroman von Stefan Bachmann. Erzählt wird die Handlung aus der Ich-Perspektive Zitas, die wir bei ihrer Ausbildung zur Hexe begleiten (das Hexensein funktioniert im Roman etwas anders als üblich, was eine schöne Abwechslung zu altbekannten Hexenmotiven ist). Gleichzeitig erkundet man während der Lektüre gemeinsam mit Zita Blackbird Castle. Denn: Dort passieren einige merkwürdige Geschehnisse, deren Ursprung Zita ans Licht bringen möchte. Eine große Stärke des Romans ist seine Atmosphäre: In bildhafter, mit schönen Vergleichen und Metaphern gespickter Sprache werden hier viele dichte, leicht schaurige Szenerien entworfen (Ich will hier jetzt nicht zu viel spoilern, welche Orte Zita aufsucht. Nur: Man findet in „Die letzten Hexen von Blackbird Castle“ quasi alles, was das Gothic novel-Herz begehrt, allerdings so verpackt, dass es sich auch für jüngere Lesende eignet). Was mir ebenfalls gut am Roman gefallen hat, sind die vielen originellen phantastischen Elemente: Klar, bestimmte Motive, Gegenstände etc. hat man irgendwie so schon mal gelesen, aber es findet sich über die gesamte Handlung hinweg doch recht viel Anderes und Neues. Die Handlung entfaltet sich zunächst behutsam, gewinnt dann aber, durch leichte Mysteryelemente und Gruselmomente, immer mehr an Spannung. Die Handlung schließt zudem mit einem überraschenden Twist, der schön aufgebaut wird. Der Schreibstil von Stefan Bachmann ist anschaulich, reich an satten Bildern und lässt sich sehr flüssig lesen. Insgesamt ist „Die letzten Hexen von Blackbird Castle“ ein spannender Phantastik-Jugendroman, der erzählerisch mit einer dichten Atmosphäre auftrumpft.

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