Das Ende des amerikanischen Traums
Selbst wenn der Film „Nomadland“ nicht mit einem Oscar prämiert worden wäre, ist seine Buchvorlage „Nomaden der Arbeit“ ein äußerst lesenswerter Einblick in das Ende des US-amerikanischen Kapitalismus. ...
Selbst wenn der Film „Nomadland“ nicht mit einem Oscar prämiert worden wäre, ist seine Buchvorlage „Nomaden der Arbeit“ ein äußerst lesenswerter Einblick in das Ende des US-amerikanischen Kapitalismus. Seit dem Platzen der Immobilienblase 2008 endet der amerikanische Traum für viele beim Aufwachen auf einem Parkplatz an einem neuen Ort. In einer Welt, in der bezahlbarer Wohnraum immer rarer wird, werden Menschen einfallsreich in der Frage, wie sie den größten Kostenfaktor abschaffen können: Die Miete. Für einen Transporter, ein Wohnmobil oder gar ein geräumiges Auto muss man keine Miete aufbringen. Zeitgleich ist man mobil genug, dorthin zu reisen, wo es (saisonale) Arbeit gibt.
Jessica Bruder hat für ihr Buch eine Reihe von US-Amerikanern, die diese Lebensweise gewählt haben, über mehr als drei Jahre begleitet und für Interviews getroffen, um zu recherchieren. Überraschend oft sind es Senioren, die als Wanderarbeiter durchs Land fahren, weil die soziale Absicherung nicht reicht und sie gezwungen sind in häufig prekären Jobs weiterzuarbeiten. Von den Menschen im Zentrum dieser Reportage wurde Bruder kritisch beäugt, denn sie hatten Bedenken als obdachloser White Trash dargestellt zu werden. Sie sehen sich nicht als homeless, also obdachlos, sondern als houseless. Äußerst einfühlsam und mit viel Verständnis berichtet Bruder von den Träumen, Wünschen, Sorgen und Nöten der selbsternannten Vandweller – Menschen, die größtenteils in ihren Fahrzeugen leben. Sie begleitet sie bei ihrer Arbeit, bei ihren Reisen und lernt - eigentümlich fasziniert von der Lebensweise, als sie sich selbst im Vandwelling versucht – die Gefahren kennen, der die Menschen ausgesetzt sind, die auf Parkplätzen wohnen.
Dieses Buch ist ein augenöffnender Roadtrip der ganz anderen und vor allem besonderen Art, wenn der Aufenthalt auf den Highways nicht nur der Weg, sondern auch das Ziel ist.