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Venatrix

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Veröffentlicht am 22.08.2023

Hat mich nicht ganz gepackt

Der Frühling ist in den Bäumen
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Ich habe alle bislang von Jana Revedin geschriebenen Bücher, die immer einige auto- bzw. familienbiografische Züge aufweisen, gelesen. Dieser hier dreht sich um ihre Mutter Renina, die vor ihrer Hochzeit ...

Ich habe alle bislang von Jana Revedin geschriebenen Bücher, die immer einige auto- bzw. familienbiografische Züge aufweisen, gelesen. Dieser hier dreht sich um ihre Mutter Renina, die vor ihrer Hochzeit Assistentin beiMartin Heidegger war. Verheiratet ist Renina mit dem Atomphysiker Fred, dem Neffen von Marlene Dietrich, der im NS-Regime einige zweifelhafte Forschungen betrieben hat. Der Missbrauch diverser Drogen wie Pervitin (heute besser als Crystal Meth bekannt) ist für ihn nicht einmal ein Kavaliersdelikt.

Renina wacht eines Morgens nackt zwischen einem ebensolchen, aber fremden Paar, mit Unterleibsschmerzen auf. Quasi zum Frühstück erfährt sie von ihrem Mann Fred, dass er sie mit Drogen gefügig gemacht und dem Paar als Lustobjekt zur Verfügung gestellt hat. Empört und verletzt verlangt sie von ihm die Scheidung. Doch wie es in den 1950er-Jahren üblich ist, ist das nicht so einfach. Als sie am selben Abend noch von Fred halb tot geprügelt wird, setzt ihre Familie Himmel und Hölle in Bewegung, um ihr zu helfen, Freds Tante Marlene Dietrich inklusive.

Meine Meinung:

Dieser Roman erzählt nicht nur einige Episoden aus Reninas Leben, sondern beleuchtet auch auf die soziale Stellung der Frau in den 1950er-Jahren, die Wirtschaftswunder hin oder her, voll von Arroganz und patriarchalischer Gewalt ist. Wenn der Roman durch die die heutige Brille gelesen wird, erzeugt er Kopfschütteln. Daher ist es notwendig, sich in die 1950er-Jahre zurückzuversetzen. Das Alter der Volljährigkeit liegt bei 21 Jahren. D.h. junge Frauen kommen aus der Abhängigkeit der Eltern in jene des Ehemanns, weil der die Vormundschaft von Gesetztes wegen übertragen bekommt. Denn der Ehemann verfügt nicht nur über ein etwaiges Vermögen seiner Frau, bestimmt über den Wohnsitz, erlaubt ihr arbeiten zu gehen oder eben auch nicht, sondern hat ihr gegenüber sogar ein Züchtigungsrecht, was so mancher Ehemann, wie Fred, auch für sich „in Anspruch“ nimmt.

Die geschilderten Ereignisse spielen sich innerhalb eines Tages ab. Das ist sowohl Stärke als auch Schwächer des Romans. Die Autorin packt unheimlich viel in diesen einen Tag, in dem sich die Ereignisse überstürzen. Als Rahmenhandlung dient die gescheiterte Ehe zwischen Renina und Fred und in der Mitte die Gründung Reninas Zeitschrift „Lady“, die genau diese patriarchalischen Strukturen aufzeigt. Dieser Teil kommt für mein Verständnis zu kurz, obwohl ihm viele Seiten gewidmet sind. Das klingt nach einem Widerspruch.

Leider hat mich dieser Roman nicht wirklich gepackt, denn vieles wird, wie damals üblich, nicht klar ausgesprochen, sondern nur verklausuliert dargeboten. Ich bin ja ein Mensch der klaren Worte, auch wenn ich damit manchmal anecke.

Fazit:

Ein Roman, der mich leider nicht ganz erreicht hat und deshalb nur 3 Sterne erhält.

Veröffentlicht am 04.08.2023

Regt zum Nachdenken an

Putin
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Während der Tage des Wagner-Putsches vor wenigen Wochen schien Putin den Berichten zufolge, nicht mehr ganz Herr des Geschehens zu sein. Die Geister, die er rief, haben sich verselbstständigt. Umso eigenartiger ...

Während der Tage des Wagner-Putsches vor wenigen Wochen schien Putin den Berichten zufolge, nicht mehr ganz Herr des Geschehens zu sein. Die Geister, die er rief, haben sich verselbstständigt. Umso eigenartiger ist es, dass sich diese Söldner-Truppe dann plötzlich anders entschlossen hat. Ist hier viel Geld im Spiel?

Allerdings muss man, wie immer bei den Nachrichten aus dem Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt, vorsichtig sein. Wenig davon ist seriös überprüfbar. Daher habe ich mir von diesem Buch einiges erwartet, zumal der Autor lt. Verlag Analyst für den Schweizer Strategischen Nachrichtendienst war und sein Operationsgebiet die (nunmehr ehemaligen) Ostblockstaaten war.

Doch leider wurde ich ziemlich enttäuscht und ratlos zurückgelassen. Mir ist schon bewusst, dass der Verlag Westend oftmals Autoren, die eine freundliche Haltung Russland und Putin gegenüber vertreten, Platz gibt. Und das darf und soll auch so sein.

Der Autor beschwört die westlichen Staaten, sich endlich wieder auf die Fakten zu besinnen und mit Russland auf Augenhöhe zu kommunizieren. Doch wie soll das gehen, wenn Putin Täter/Opfer-Umkehr betreibt? Kann irgendwer (außer Putin und seine Gefolgsleute) wirklich glauben, dass ein kleines Land wie die Ukraine den Riesen Russland überfallen hat?

Der Westen hat 2014 bei der Annexion der Krim durch Russland aus diversen politischen Gründen weggesehen. Seit dem 24.2.2022 macht er das nicht mehr.

Das Verhalten des Westens von 2014 erinnert ein wnig an die Appeasement-Politik von Neville Chamberlain, der Hitler keinen Einhalt gebot, als er das Sudetenland annektierte. Erst als er am 15.3.1939 in Prag einmarschiert, ändert man die Beschwichtigungspolitik und spielt damit Hitler in die Hände.

Es scheint, als könnte aus der Geschichte, spät, aber doch gelernt werden und deshalb wird nun versucht, Putin Einhalt zu gebieten.

Dass der Westen nicht immer die glaubwürdige Rolle innehat, die er sich selbst anmaßt, ist auch klar. Dennoch finde ich die manchmal reißerische Wortwahl nicht angebracht, wenn Russland gelobt und der Westen verteufelt wird. Klar, spielt Propaganda auf beiden Seiten eine Rolle. Die eigenen Verluste werden kleingeredet, die des Gegners vervielfacht. Manche Vorwürfe, die Putin gemacht werden, wie dass er hinter den Gelbwesten-Protesten stehen soll, kann ich nicht nachvollziehen. Die sind vermutlich von der französischen Regierung schon hausgemacht.

Ich denke, man wird erst mit dem Abstand von 70, 80 Jahren herausfinden, welche Motive hinter dem Krieg zu finden sind. Was will er damit bezwecken, Millionen Menschen in Afrika, die auf das Getreide der Ukraine angewiesen sind, genau dieses durch den Ausfuhrboykott und die Vernichtung der Lebensmittel vorzuenthalten? Denn eigenes Getreide kann er ja in der benötigten Menge auch nicht liefern, ohne seine eigene Bevölkerung dem Hungertod preiszugeben. Auch das hatten wir schon einmal - um die benötigten Devisen für die Kollektivierung der russischen Landwirtschaft aufzubringen, wurde ukrainisches (!) Getreide verkauft. Man erinnere sich an den Holodomor von 1931/32. Möglicherweise hat sich Wladimir Putin verrechnet und ist tatsächlich nicht mehr Herr des Geschehens.

Fazit:

Ganz so sachlich, wie er von sich behauptet zu sein, finde ich den Autor nicht. Es fällt mir schwer, dieses Buch zu bewerten. Der eine oder andere Gedanken ist es wohl wert, sich damit näher zu beschäftigen. Letztlich kann Jacques Baud die Frage, ob Putin noch Herr des Geschehens ist, nicht schlüssig beantworten. Nach langem Abwägen gibt es 3 Sterne.

Veröffentlicht am 23.07.2023

Hat mich nicht ganz gepackt

Waldviertelspur
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Dieser Krimi von Maria Publig beschäftigt sich wieder mit gesellschaftlich relevanten Themen: Das ist u.a. das, durch den Klimawandel bedingte Waldsterben. Nicht nur, dass Stürme durch das Waldviertel ...

Dieser Krimi von Maria Publig beschäftigt sich wieder mit gesellschaftlich relevanten Themen: Das ist u.a. das, durch den Klimawandel bedingte Waldsterben. Nicht nur, dass Stürme durch das Waldviertel brausen und dabei Schneisen in die Wälder reißen, sorgt das nicht abgeholte Schadholz für eine Borkenkäferplage. Das Überangebot an Holz drückt die Preise und der örtliche Sägewerksbesitzer Reuther will noch weniger bezahlen. Nebenbei will er auch den Wildbestand reduzieren, um Wildverbiss an den Bäumen zu vermeiden. Gleichzeitig hat Reuther eine Software entwickeln lassen, die die Herkunft der Hölzer aus anderen Ländern verschleiern soll.

Als Wally Winzer den Reuther dann tot im Wald findet, ist die Trauer der Bevölkerung nicht wirklich groß. Verdächtige gibt es viele und Dorfpolizist Grubinger ist gezwungen, auf Wallis Hilfe zurückzugreifen.

Meine Meinung:

Ich mag ja gemütliche Krimis recht gerne, doch diesmal ist es zu viel des Gemütlichen. Diesmal gibt es die erste Leiche erst am Ende des achten (von 23 Kapiteln). Da ist beim Lesen schon einiges an Geduld gefragt. Dafür erfahren wir zwar einiges aus dem Privatleben von Wallis Freunden und dürfen ihr beim Male (ihr neues Hobby) über die Schulter schauen, aber so richtige Spannung kommt nicht auf. Die neu eingeführte Figur des schnuckeligen Trüffelsuchers samt ebenso schnuckeligen Trüffelspürhund hat in mir Erwartungen geweckt, die leider nicht erfüllt worden sind, schade.

Der Preisverfall beim (Schad)Holz und Raubbau am Wald ist ein derzeit wenig beachtetes Thema, außer es handelt sich um den Regenwald. Dass durch die milden Winter und langen trockenen Sommer den Monokulturen Gefahr droht, ist hinlänglich bewiesen.

Fazit:

Diesmal nicht ganz so spannend, daher nur 3 Sterne.

Veröffentlicht am 22.07.2023

Hat noch ein wenig Luft nach oben

Unterwegs zwischen Grenzen
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Ralf Grabuschnig nimmt seine Leser auf mehrere Reisen mit, auf denen er sprachlichen Minderheiten nachgeht. Dabei trifft er unter anderen auf die Jenischen, die aufgrund ihres fahrenden Lebensstils in ...

Ralf Grabuschnig nimmt seine Leser auf mehrere Reisen mit, auf denen er sprachlichen Minderheiten nachgeht. Dabei trifft er unter anderen auf die Jenischen, die aufgrund ihres fahrenden Lebensstils in der NS-Zeit verfolgt wurden, obwohl sie als Arier klassifiziert worden sind. Die Jenischen werden auch heute noch scheel angesehen und man vermietet ihnen, ähnlich wie den Roma und Sinti auf ihrer Wanderschaft, kaum Plätze, auf denen sie ihre Zusammenkünfte abhalten können.

Eine andere Reise führt ihn nach Bautzen, wo eine sorbische Minderheit lebt. Die Menschen schwanken wie andere Minderheiten zwischen Assimilation und Bewahren der eigenen Wurzeln. Nachdem die Großvätergeneration verfolgt, die der Väter assimiliert hat, besinnen sich die Enkel wieder ihrer slawischen Herkunft. Dazu gibt es zahlreiche Brauchtumsveranstaltungen, die manchmal zum Biertrinken (und Übergenuss) animieren.

Um autochthone Sprachinseln zu entdecken, hätte der Autor gar nicht so weit reisen müssen: Er ist Kärntner, dessen Familie die slowenischen Wurzeln zwar nicht verleugnet, aber als Familiengeheimnis nicht offenbart.

Meine Meinung:

Ich muss zugeben, etwas anderes erwartet zu haben, zumal der Autor viel Wert auf sein Interesse und sein Studium der Geschichte legt. Das Wort „Grenze“ wird außer im Titel nicht allzu oft gebraucht. Dabei gäbe es über Grenzen eine Menge zu sagen: Grundstücksgrenze, Landesgrenze, Staatsgrenze, Grenze des guten Geschmacks, grenzenlos, Schengen-Grenze etc.. Wobei Grenzen hat es schon immer gegeben, einfach um eigenes Territorium von anderem abzugrenzen. Ralf Grabuschnig ist im quasi grenzenlosen Europa aufgewachsen. Die etwas älteren von uns werden sich auf dem Weg in den Urlaub an Kontrollen an den Staatsgrenzen Deutschlands, Österreichs oder Italiens erinnern, die stundenlange Wartezeiten bedeutet haben. Nur „Ausgrenzung“ schwingt immer wieder mit, wenn Ralf Grabuschnig über das Verhältnis Mehrheit/Minderheit schreibt.

Mir ist nicht ganz klar, was der Autor mit seinem Buch sagen will. Dass er Menschen getroffen hat, deren Muttersprache eigentlich eine andere als Deutsch ist? Die sich, um im Alltag keine Nachteile zu haben, seit Jahrhunderten an die Mehrheit angepasst haben? Dass sie ihre Wurzeln verleugnet oder vergessen haben und die (über)nächste Generation sich ihrer Herkunft wieder?

Von Zuwanderern wird erwartet, dass sie rasch die Sprache jenes Landes lernen, in das sie eingewandert sind und ihre Herkunftssprache (und Gebräuche) möglichst unsichtbar machen. Gleichzeitig wird bedauert, dass vor Jahrhunderten Eingewanderte sich nicht auf ihre Wurzel besinnen. Ist es ein scheinbarer oder echter Widerspruch? Oder nur eine Frage der zeitlichen Distanz?

Leider erfahren wir wenig über die Aussiedlergeschichten von jenen Volksgruppen, die unter ihren Herrschern wie z.B. Friedrich II, und/oder Maria Theresia aufgrund ihrer Religion oder wegen anderer politischer Interessen in, wegen Seuchen und Kriegshandlungen, entvölkerten Landstrichen angesiedelt worden sind. Da hätte der Historiker sicherlich einiges erzählen können.

Der Schreibstil ist stellenweise ziemlich flapsig, was gut zu einem Reiseblog passt. Mir persönlich fehlt ein bisschen die wissenschaftliche Aufarbeitung. Immerhin gibt es in Österreich sechs anerkannte autochthone Sprachgruppen, nämlich die kroatische, die slowenische, die ungarische, die tschechische und die slowakische Volksgruppe sowie die Volksgruppe der Roma.

Obwohl der Autor mehrmals betont, wie wichtig ihm Geschichte ist, (er hat ja Geschichte studiert), gibt es kaum wissenschaftliche Analysen oder Statistiken, sondern lediglich Eindrücke eines jungen Reisenden, der (gefühlt) oft aus dem Staunen nicht herauskommt und an den oft bierseligen Festen teilnimmt.

Für jene Leser, die sich bislang weder mit Sprachinseln oder den Jenischen beschäftigt haben, ist dieses leider nur 139 Seiten dünne Buch ein sehr guter Einstieg. Es kann den einen oder anderen neugierig machen, mehr über sprachliche Minderheiten zu erfahren. Da trägt die Form des Reiseblogs mit der Aufzählung der Abenteuer beim Bahnfahren mit der DB bei. Für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema muss wohl zu anderen Büchern gegriffen werden.

Fazit:

Abenteuerliche Reisen zwischen den verschwommenen Grenzen von Minderheit und Mehrheit. Gerne gebe ich hier 3 Sterne, da das Buch noch ein wenig Luft nach oben hat.

Veröffentlicht am 11.07.2023

Hat mich nicht ganz gepackt

Schönwald
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Die Familie Schönwald scheint auf den ersten Blick eine saturierte Familie zu sein. Die Eltern Ruth und Harry, sind seit Jahrzehnten verheiratet, er ein emeritierter Staatsanwalt, sie hätte gerne eine ...

Die Familie Schönwald scheint auf den ersten Blick eine saturierte Familie zu sein. Die Eltern Ruth und Harry, sind seit Jahrzehnten verheiratet, er ein emeritierter Staatsanwalt, sie hätte gerne eine Universitätskarriere gelebt, doch mit drei Kindern gesellschaftlich seinerzeit nicht möglich, eine heimliche Affäre aber schon. Die drei gemeinsamen Kinder Chris, Karolin und Benni sind erwachsen und führen jeweils ihr eigenes Leben.

Doch wenn man ein wenig an der glänzenden Oberfläche kratzt, ist der Lack schnell ab und die Familie entpuppt sich schnell als allzu durchschnittlich.

Chris, der Älteste früher als Wunderkind apostrophiert, ist bereits in jungen Jahren Professor für Literatur an der Uni in New York. Als er über einen peinlichen Vorfall stolpert, bringt er es nicht fertig, seine Familie über sein Karriereende zu informieren.

Tochter Karolin, geschieden, kann sich nicht zwischen hetero- und homosexuellen Beziehungen entscheiden und führt in Brandenburg eine Buchhandlung.

Und dann gibt es noch den Nachzügler Benni, der mit seiner vermögenden Frau in einem bescheidenen Haus in der Uckermark lebt.

Klingt alles nicht so spektakulär, oder?

Just bei der Eröffnung der Buchhandlung, die sich als queere Buchhandlung outet, kommt es zu einem Anschlag von Aktivisten, die behaupten, das Geld für den Buchladen stamme aus dem Vermögen des Großvaters, der es in der NS-Zeit angehäuft hätte.

Meine Meinung:

Leider bin ich mit dieser Familiengeschichte nicht wirklich warm geworden. Zum einen erscheinen mir die Charaktere ziemlich blass, haben wenig Ecken und Kanten und zum anderen habe ich erwartet, dass die Geschichte des Großvaters eine größere Rolle spielt. Tut er irgendwie nicht. Jedes der drei Kinder hat Geld aus dem Nachlass des Großvaters erhalten, warum also eskaliert die Eröffnung dieses Buchladens?

Interessant ist, dass jedes Mitglied der Familie Schönwald etwas zu verbergen hat. So wirkt die Familie ziemlich dysfunktional auf mich. Dieser Eindruck wird noch verstärkt, weil Autor Philipp Oehmke in diesem Romandebüt häufig zwischen den Schauplätzen und den Charakteren herumspringt. Der häufige Perspektivenwechsel entwickelt eine eigene Dynamik, die durch einige eher langweilige Passagen abrupt stoppt. Dann nerven mehrfache Wiederholungen genauso wie die geschilderte Propaganda von Chris, der sich vom links-liberalen Professor zu einem Trump-Anhänger entwickelt hat.

Der Klappentext und der Einstieg mit dem Hinweis auf das angeblich unredlich erworbene Vermögen („Nazi-Geld“) des Großvaters haben mich in eine völlig falsche Richtung gelotst. Hierzu hätte ich mir mehr zu lesen, erwartet.

Es finden sich viel zu viele gesellschaftspolitische Themen in diesem Roman, die leider nicht alle mit der gebotenen Intensität besprochen werden können. Das eine oder andere wird lediglich angerissen und bleibt „halbfertig“ im Raum stehen. Da wäre wohl weniger mehr gewesen. Nicht alles, was einen Autor berührt oder was er weiß, muss dem Leser detailliert nahe gebracht werden.

Zu dieser Familie fallen mir gleich zwei Zitate aus Heimito von Doderers (1896-1966) Werken ein: „Wer sich in Familie begibt, kommt darin um“ oder ein „Nicht Schweigen, sondern Schwatzen ist das Gegenteil des Sprechens.“.

Fazit:

Dieser Roman hat seine eigene Dynamik, die Figuren selbst bleiben blass und haben mich nicht überzeugt. Deshalb gibt es nur 3 Sterne.