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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.08.2023

Lehrer:innen, nehmt dies als Schullektüre auf! (Und alle anderen: Lest es auch!)

Fette Sau
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Lore hat ziemliches Übergewicht und geht genau deswegen täglich durch die Hölle in ihrer Schule. Von ihren Mitschülerinnen wird sie aufs Übelste gemobbt. Freundinnen, die ihr zur Seite stehen, hat sie ...

Lore hat ziemliches Übergewicht und geht genau deswegen täglich durch die Hölle in ihrer Schule. Von ihren Mitschülerinnen wird sie aufs Übelste gemobbt. Freundinnen, die ihr zur Seite stehen, hat sie nicht, und auch unter bei Lehrkräften findet sie keine Hilfe. Um sich abzulenken, flüchtet sie sich meistens in Handyspiele.
Nachdem es wieder mal besonders schlimm war, entschließt Lore sich, dass sie dringend abnehmen muss. Für ein halbes Jahr fährt sie in eine abgelegene Klinik im tiefsten Bayern, begegnet dort auch übergewichtigen Kindern und erfährt, wie es ist nicht ständig Angst vor anderen mehr haben zu müssen. Dort lernt sie auch die schlagfertige Julia kennen, die Lore mit ihrer Berliner Schnauze zeigt wie viel mehr in ihr steckt. In Julia findet sie erstmals eine Freundin, mit der sie sprichwörtlich durch dick und dünn geht. Die Mädchen verlieren mit jeder Woche Gewicht, und Lore darf wieder nach Hause. In der Schule wird sie von den anderen kaum wiedererkannt, und doch stellt sie fest, dass sich nichts geändert hat – die anderen mobben sie noch immer auf die grausamste Weise, an der sie fast verzweifelt und nur noch einen Ausweg weiß.

Christiane Kromp hat ein wichtiges, ein relevantes Buch geschrieben. Lores tägliches Mobbing wird hautnah beschrieben, und man fühlt als Leser:in, was mit dem Mädchen in ihrem Innersten passiert. Es macht wütend und man selbst spürt die Verzeiflung von Lore. „Fette Sau“ sollte meiner Meinung nach unbedingt als Unterrichtslektüre in Schulen aufgenommen werden, um ein stärkeres Bewusstsein für Mobbing zu schaffen.

Veröffentlicht am 04.08.2023

Ein inspirierendes Biografiebilderbuch über Anne-France Dautheville

Das Mädchen auf dem Motorrad
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Ein Mädchen in Frankreich möchte die Welt sehen. Und sie möchte schreiben. Es ist 1973. Sie packt ein paar Kleidungsstücke ein, Dinge zur Reparatur ihres Motorrades, Schlafsack und Zelt, winkt dem Eiffelturm ...

Ein Mädchen in Frankreich möchte die Welt sehen. Und sie möchte schreiben. Es ist 1973. Sie packt ein paar Kleidungsstücke ein, Dinge zur Reparatur ihres Motorrades, Schlafsack und Zelt, winkt dem Eiffelturm zum Abschied, dann macht sie sich auf den Weg. Sie fliegt mit ihrem Motorrad im Flugzeug nach Kanada und erlebt die nordamerikanische Wildnis. Ihre Reise führt sie durch Afghanistan, durch Indien und viele weitere Länder. Überall begegnen ihr scheue Menschen, die schauen, und lächelnde Menschen, die ihr helfen. Ihre Gedanken, “Ich möchte, dass die Welt schön ist, und sie ist schön. Ich möchte, dass die Menschen gut sind, und sie sind gut.”, sie inspirieren. Als das Mädchen wieder zu Hause ankommt, ist Paris noch dieselbe Stadt und doch ein bisschen anders, genauso wie das Mädchen selbst.

In diesem Bilderbuch wird die Frau schlicht “das Mädchen” genannt. Hinter der Protagonistin verbirgt sich eigentlich die Französin Anne-France Dautheville, die in den 1970er Jahren als erste Frau die Welt mit dem Motorrad umrundet hat, wie man ganz hinten im Buch erfährt. Da war sie 28 Jahre alt. Dieses wirklich schöne Buch ist eine einzige große Inspiration, was als Mädchen möglich ist. Ich liebe es!

Veröffentlicht am 04.08.2023

Ein Papa zum Frisieren

Hair Love
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“Hair Love” ist eine Hommage an das Afro-Haar und seine wunderbare Vielfältigkeit. Gleichzeitig zeigt dieses Bilderbuch eine super liebevolle Beziehung zwischen einer Tochter und ihrem Papa.

Zuri erzählt ...

“Hair Love” ist eine Hommage an das Afro-Haar und seine wunderbare Vielfältigkeit. Gleichzeitig zeigt dieses Bilderbuch eine super liebevolle Beziehung zwischen einer Tochter und ihrem Papa.

Zuri erzählt uns Leser:innen von ihren vielen Arten die Haare zu tragen. Als sie heute aufwacht, fühlt sie, dass es ein ganz besonderer Tag ist – und ganz besondere Tage brauchen auch entsprechende Frisuren, und so bittet sie ihren Vater ihr die Haare auf eine ganz bestimmte Weise zu frisieren. Gemeinsam gelingt ihnen eine tolle Frisur, und als Zuris Mutter nach Hause kommt, ist auch sie begeistert von der Haarpracht ihrer Tochter.

Ich muss sagen, dass ich so richtig positiv überrascht von Zuris Vater bin, denn er wirkt wie ein Hausmann, der Daheim ist, während seine Frau unterwegs ist (es wird nicht explizit erwähnt, aber in meiner Phantasie ist Zuris Mutter eine erfolgreiche Frau, die ihrer Karriere nachgeht, während Zuris Vater zu Hause bleibt und fürsorglich mit seiner Tochter umgeht, um dieses Buch möglich zu machen). Die Bilder sind so schön wie schon in “Sulwe”, welches ebenfalls von Vashti Harrison illustriert wurde. Ein herzerwärmendes Bilderbuch, das nicht nur für afrodeutsche Menschen interessant ist!

Veröffentlicht am 04.08.2023

Ein wichtiger Diskurs!

FRAUEN LITERATUR
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Momentan begegne ich oft diesem Cover - und das ist gut so! Nicole Seifert schreibt gegen die strukturelle Verachtung und damit des Vergessens des weiblichen Werks im Literaturbetrieb.

Seifert hat recherchiert, ...

Momentan begegne ich oft diesem Cover - und das ist gut so! Nicole Seifert schreibt gegen die strukturelle Verachtung und damit des Vergessens des weiblichen Werks im Literaturbetrieb.

Seifert hat recherchiert, dass sowohl die historische als auch die zeitgenössische Kritik die Frage nach der Ästhetik eines Textes nicht stellen, wenn es sich beim Autor um eine Frau handelt, sondern dass diese laut Studien häufig direkt aburteilen. Diese Marginalisierung sorgte dafür, dass Autorinnen in Vergessenheit gerieten.
Anders als Autoren, die anders befördert wurden, müssen diese mühevoll wiederentdeckt werden. Im Schreiben von Autor:innen wohnt kein biologischer Unterschied, der sich auf die Qualität ihres Schreibens auswirkt. Autor:innen sind in erster Linie soziale Wesen, die ihre Erfahrungen in ihren Werken der Welt zugänglich machen. In dieser Hinsicht lohnt sich ein Blick auf Entwicklungsromane. Diese behandeln das jugendliche Wachstum an Schwierigkeiten auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Während männliche Protagonisten diese Schwierigkeiten in der Außenwelt meistern, versuchen weibliche Protagonistinnen mit jenen zu verhandeln, die ihre gesellschaftlichen Fesseln kontrollieren. Die Heldinnenreise unterscheidet sich von der Heldenreise - beides sind per Definition Entwicklungsromane, doch wo es um Frauenleben geht, nennt man sie "Frauenromane".

Literatur wird die Fähigkeit zugeschrieben, den Horizont zu erweitern. Fehlen jedoch im öffentlichen Bewusstsein weibliche Stimmen aus der Lebensrealität von Frauen of Color, durch Behinderungen eingeschränkten Frauen, durch nonbinäre Personen, werden alle Menschen so lange vorwiegend männliche Sichtweisen lesen, bis die weiblichen Stimmen ins Licht der Öffentlichkeit gerückt werden.
Nicole Seiferts Plädoyer trägt hoffentlich zu einem baldigen Mehr an Sichtbarkeit für weibliche Autoren im Feuilleton und insgesamt zu mehr Wertschätzung abseits von seichter Unterhaltung bei.

Veröffentlicht am 04.08.2023

Witziger Unterhaltungsroman der besonderen Art

Doppelt oder nichts, sagt das Glück
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Emily und Leonie sind zwei Frauen, die so gar nichts gemeinsam haben bis auf einen Schwangerschaftsbauch und den gemeinsamen Besuch beim Geburtsvorbereitungskurs. Vermeintlich... Denn sie stellen bald ...

Emily und Leonie sind zwei Frauen, die so gar nichts gemeinsam haben bis auf einen Schwangerschaftsbauch und den gemeinsamen Besuch beim Geburtsvorbereitungskurs. Vermeintlich... Denn sie stellen bald fest, dass ihre Lebenspartner beide Peter heißen. Was für ein merkwürdiger Zufall – bis jedoch Leonies Peter im Kurs steht, um seine Freundin zu überraschen, und dieser gleichzeitig auch Emilys Peter ist. Zwei betrogene Frauen und ein Mann, das las sich im Klappentext schon mal ganz interessant! Der Start der Geschichte ist die reinste Katastrophe. Die zwei Frauen eint die Wut auf den betrügerischen Kindsvater, und obwohl sie so absolut unterschiedlich sind, knüpfen die rechthaberische Leonie und die harmoniebedürftige Emily ein Band der ungewöhnlichsten Sorte. Hier gibts keine Liebesgeschichte sondern eine dynamische und unterhaltsame Erzählung mit einem unberechenbaren Ausgang.
Das Setting in Heiligenhafen und Kiel hat mir als in Norddeutschland Geborene nochmal zusätzlich gut gefallen! Ihr möchtet einen witzigen Unterhaltungsroman, der sich nicht nur um die Liebe dreht? Dann schreit ihr insgeheim nach „Doppelt oder nichts, sagt das Glück“!