Eine unterhaltsame Sportromanze
Handlung: Auf "Icebreaker" war ich nach dem Hype sehr gespannt und habe mir für meinen Urlaub das Hörbuch heruntergeladen. Nach über 15 Hörstunden fällt mein Fazit nun aber eher gemischt aus. Zwar hat ...
Handlung: Auf "Icebreaker" war ich nach dem Hype sehr gespannt und habe mir für meinen Urlaub das Hörbuch heruntergeladen. Nach über 15 Hörstunden fällt mein Fazit nun aber eher gemischt aus. Zwar hat mich die Geschichte insgesamt gut unterhalten können, die Handlung hat aber einige Schwächen. Besonders das erste Drittel hatte Schwierigkeiten, mich abzuholen, was vor allem daran lag, dass der im Klapptext angekündigte Unfall, durch den Nathan Anastasias Eiskunstlaufpartner wird, erst nach ca. 50% aufkommt. Bis die durch den Klapptext vorgezeichnete Handlung richtig durchstartet verliert sich die Autorin leider in Längen und Wiederholungen, sodass ich mehrmals genervt auf die Uhr geschielt habe, während ich eine riesige Anzahl an Nebenfiguren kennengelernt und mit den beiden Hauptfiguren zig immergleiche Partys besucht habe. Als im Mittelteil dann der Plot beginnt, auf den ich gewartet habe, haben Nathan und Anastasia schon die wichtigsten Schritte in ihrer Beziehung durchlaufen, sodass sie nicht wie gedacht Forced-Proximity-Chemie entwickelt haben. Auch hier kommen immer wieder Längen auf, sodass schöne Parts häufig von darauffolgenden Wiederholungen oder emotionslosen Sexszenen überschattet werden. Nach 560 Seiten gipfelt die Geschichte dann in einem furchtbar kitschigen und übertriebenen Epilog, der die 3 Sterne endgültig für mich zementiert hat.
Schreibstil: Hannah Grace erzählt hier abwechselnd aus der Sicht der beiden Hauptfiguren, die sehr treffend von Corinna Dorenkamp und Louis Friedemann Thiele gelesen werden. Dabei sorgt vor allem ihr humorvoller Unterton für den enormen Unterhaltungswert der Geschichte, aber auch die vielen Anspielungen auf andere Bücher, Memes oder die Popkultur haben mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht. Anders als das süße und unschuldige Cover vermuten lässt, ist "Icebreaker" zudem von oben bis unten voll mit expliziten Sexszenen. Wer diese nicht gerne liest, sollte also besser einen Bogen um das Buch machen. Zwischendurch versucht die Autorin auch immer wieder ernstere Themen miteinzuflechten und thematisiert beispielsweise toxische Freundschaften, schwierige Verhältnisse zu Eltern, gestörtes Essverhalten und Gaslighting. Dabei bleibt sie aber eher oberflächlich und verlässt den Rahmen eines Wohlfühlbuches nicht. Das finde ich aber nicht weiter schlimm, da es zum unbeschwerten Vibe der Geschichte passt. Etwas gravierender fand ich hingegen, dass wir von den beiden Sportarten der Hauptfiguren fast gar nichts mitbekommen. Anders als ich erwartet hätte sehen wir von Nathans Eishockey oder Anastasias Eiskunstlauf bis auf wenige kurze Szenen nichts, da das Training immer im Off stattfindet und der Fokus der Autorin auf der Freizeitgestaltung der beiden liegt. Das fand ich sehr schade, da ich es bei Sportromanzen immer schätze, wenn ich nebenbei noch etwas über den Sport erfahre und auch ein wenig Kopfkino bekomme. Gerade beim Thema Eiskunstlauf hätte ich kapitelweise Beschreibungen von Küren und Bewegungsmustern erwartet.
Figuren: Die beiden Hauptfiguren haben mir unterm Strich sehr gut gefallen. Zwar dauert es eine ganze Weile, bis wir ein richtiges Gefühl für die beiden entwickeln und mehr aus ihrem Privatleben erfahren, gegen Ende erschienen sie mir aber beide als runde Figuren. Auch die Nebenfiguren fand ich toll gestaltet. Mit Anastasias Freundin Lola und Nathans bunt zusammengewürfelter Eishockey-Mannschaft entstanden schnell zuckersüße Found-Family-Vibes, die gut darüber hinwegtäuschen, dass die Autorin es auch bei ihren Nebenfiguren etwas zu gut gemeint hat. Wir lernen im Laufe der 560 Seiten so viele Personen und Namen kennen, dass man sie sich unmöglich alle merken kann und für die Handlung von "Icebreaker" hätte wohl ehrlicherweise die Hälfte gereicht. Da die Autorin mit diesem Auftakt auf eine mehrbändige Reihe vorbereitet und sich bereits hier einige mögliche Paare andeuten, kann man ihr das aber gut verzeihen. Auch wenn mich "Icebreaker" also nicht ganz überzeugen konnte, werde ich dem Folgeband eine Chance geben.
Das Urteil:
"Icebreaker" ist eine unterhaltsame Sportromanze mit überraschend viel Spice, sympathischen Figuren und einem humorvollen Schreibstil, aber leider auch ziemlich vielen Wiederholungen und Längen, die das Gesamtbild eintrüben.