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Veröffentlicht am 04.03.2023

Ein Ausschnitt aus der Welt danach

Sendbo-o-te
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Man muss sich darauf vorbereiten eine andere Welt zu betreten, wenn man dieses Buch aufschlägt.
Yoshiro ist der Urgroßvater von Mumey und kümmert sich mit jeder Lebensfaser um den Jungen. Sie leben in ...

Man muss sich darauf vorbereiten eine andere Welt zu betreten, wenn man dieses Buch aufschlägt.
Yoshiro ist der Urgroßvater von Mumey und kümmert sich mit jeder Lebensfaser um den Jungen. Sie leben in einem veränderten Japan, das seine Grenzen geschlossen hat und keinen Kontakt mehr zur Außenwelt pflegt. Eine Katastrophe hat das Land verwüstet, ja sogar das Klima verändert. Gebiete sind kontaminiert und sollten besser nicht betreten werden. Tiere gibt es sogut wie keine mehr. Technik ist nunmehr nur noch so marginal vorhanden, dass man ein Japan aus dem frühen letzten Jahrhundert vor Augen hat. Die Überlebenden der Katastrophe werden älter als hundert Jahre bei junger Konstitution und können nicht mehr sterben, während diejenigen, die nach der Katastrophe geboren werden, schwächlich sind und kaum so lange leben, dass sie das Erwachsenenalter erreichen. Trotzdem sind diese Kinder mit einem Optimismus gesegnet, von dem Yoshiro nur träumen kann, und weise. Yoshiro ist immer besorgt und traurig über Mumeys Zustand.
Aber auch die Kultur hat sich verändert. Mann und Frau leben nicht mehr aus Liebe zusammen. Ihr Zusammenleben gleicht einer Zweckgemeinschaft zum Kinderkriegen, bis sich ihre Wege wieder trennen. Sprache ist etwas, das sich rasch ändert, und Wörter, die uns als Leser ganz geläufig sind – für die Protagonisten altmodische Relikte einer fernen Zeit.
Die Protagonisten sind austauschbar. Dieses Buch ist ein mögliches Szenario, das so aber auch anders hätte sein können. Die Autorin spielt mit den Möglichkeiten dieser Dystopie, deren Ursachen und Konsequenzen zu keinem Zeitpunkt konkret und direkt benannt werden.

Ich bin mir noch nicht ganz sicher, was ich – nachdem ich das Buch gerade beendet habe – davon halten soll. Eventuell muss die Geschichte noch ein wenig nachreifen in mir. Eins jedoch kann ich sagen: Ursprünglich über Haruki Murakami mit der japanischen Literatur in Verbindung gekommen, komme ich wohl nicht umhin immer mit ihm zu vergleichen. Yoko Tadawa hat eine Geschichte ersponnen, die in ihrer Skurrilität durchaus mit Murakamis Welten mithalten kann, auch wenn sie sich etwas latenter offenbart. Die stille, lyrische, feine Satzbauten, die ich bei Yoko Ogawa schätzen gelernt habe, wird man bei Yoko Tawada vergeblich suchen. Sie hat aber einen eigenen nennenswerten Stil.

Veröffentlicht am 27.09.2023

Trotz Kritikpunkten ein sehr lesenswertes Buch!

Der letzte weiße Mann
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Anders wacht eines Morgens auf und erschreckt sich, als er seine Hand zum Nachttisch ausstreckt. Ein dunkelhäutiger Arm greift nach seinem Klugfon, als würde dieser Arm zu einem Fremden gehören. Anders ...

Anders wacht eines Morgens auf und erschreckt sich, als er seine Hand zum Nachttisch ausstreckt. Ein dunkelhäutiger Arm greift nach seinem Klugfon, als würde dieser Arm zu einem Fremden gehören. Anders hat sich verändert, ist von einem weißen zu einem schwarzen Mann geworden. Er schaut in den Spiegel und sieht einen Fremden. Auch von seinen Freunden wird er nicht mehr als der erkannt, der er ist. Einzig seine Freundin Oona hält zu ihm und ist ihm in seiner Aussätzigkeit eine Stütze. Von Bekannten wie Fremden wird Anders gleichermaßen gemieden, durch seine Hautfarbe ist er gleichzeitig sichtbar geworden für jene, die seine Dunkelhäutigkeit als Bedrohung wahrnehmen, und unsichtbar für alle, die den ursprünglichen Anders kannten.
In der ganzen Stadt gibt es weitere Fälle von spontaner Verwandlung. Genau wie Anders wachen morgens Menschen auf und haben dunkle Haut. Diese Veränderung wird als Bedrohung wahrgenommen. Die verbliebenen Weißen gründen Bürgerwehren, Geschäfte werden geplündert, Menschen trauen sich nicht mehr aus ihren Häusern. Wie sehr verändert sich die eigene Persönlichkeit durch eine solche Veränderung? Der einstmals weiße Anders bewegt sich seit seiner Veränderung zögerlicher, vorsichtiger durch die Welt, um nicht in den versteckten oder offenen Rassismus zu rennen, der ihm entgegenwabert. Von den Menschen in seiner Umgebung ist er zu der Bedrohung degradiert worden, die er nie war. Erst als die Majorität ins Gegenteil umschlägt und es mehr schwarze als weiße Menschen gibt, beruhigt sich zitternd die Situation wieder.

Ich bin bei diesem Buch etwas zwiegespalten. Der Grundgedanke der Idee hat mich zum Lesen verführt, der Schreibstil hingegen war für mich gewöhnungsbedürftig. Vor allem die in die Länge gezogenen Sätze fand ich recht anstrengend. Die Protagonist:innen des Buches bleiben ungewöhnlich distanziert. Ein wenig mehr Tiefe zum Aufbau einer emotionalen Bindung zu den Figuren wäre dem Buch sicher zugute gekommen, um das zu bewirken, was es vermutlich beabsichtigt hat – dass sich in diesem Perspektivwechsel jeder wiederfinden soll. Trotz der Kritikpunkte aber ein sehr lesenswertes Buch!

Veröffentlicht am 07.08.2023

Ein Geschenk für Leserinnen

Frauen in der Buchhandlung
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“Frauen in der Buchhandlung” ist ein Kompilat aus Gedanken von Nina George und Bildern bzw. Gemälden, welche diese Gedanken ergänzen.
Sie lässt berühmte Frauen zu Wort kommen und ergänzt ihre eigene Liebe ...

“Frauen in der Buchhandlung” ist ein Kompilat aus Gedanken von Nina George und Bildern bzw. Gemälden, welche diese Gedanken ergänzen.
Sie lässt berühmte Frauen zu Wort kommen und ergänzt ihre eigene Liebe für Bücher sowie die Sehnsucht nach Buchorten, die ein Heimatgefühl vermitteln.

Es ist ein schönes Geschenkbuch, ich persönlich hatte in das Buch vor meinem Kauf nicht reingeschaut und hätte mir mehr Lesbares und weniger Bildmaterial erhofft, ein bisschen mehr Lobhudelei auf meinen Arbeitsort und meine Tätigkeit und das Wissen als Buchhändlerin.
Wer allerdings für lesende Freundinnen ein Geschenk sucht und den Lesegeschmack nicht kennt, der kann dieses hübsche Büchlein allerdings gut verschenken.

Veröffentlicht am 07.08.2023

Unterhaltsam, lässt aber den erwarteten Lokalesprit vermissen

Erleuchtung in Büdelsdorf
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Treffen sich ein Pfarrer, eine Hummel und ein Psychiater an der Bushaltestelle... Der Klappentext dieses Buches liest sich wie der Auftakt zu einem Witz, und tatsächlich hat das Buch auch etwas davon. ...

Treffen sich ein Pfarrer, eine Hummel und ein Psychiater an der Bushaltestelle... Der Klappentext dieses Buches liest sich wie der Auftakt zu einem Witz, und tatsächlich hat das Buch auch etwas davon. An besagter Bushaltestelle lauscht die Hummel einer Geschichte, die man sich in Büdelsdorf über einen jungen Mann erzählt, und besonders interessiert ist die Hummel, weil dieser Mann der Einzige war, der je mit ihr gesprochen hat und ihr den Namen “Herr Krause” gegeben hat.
Wer nun also ist dieser Mann, über den sich ein ganzes Dorf Geschichten erzählt? Es handelt sich um den schusseligen Paul, der nach der Trennung von seiner Freundin und einem Alkoholexzess, bei dem er nackt vor der Kirche aufgegriffen wird, plötzlich eine Stimme in seinem Kopf hört. Diese Stimme offenbart sich als Gott, und Gott möchte von Paul, dass er Liebe und Frieden in die Welt bringt. Paul wird nahegelegt, beim örtlichen Psychiater vorzusprechen. Durch die redselige Sprechstundenhilfe fürchtet sich bald ganz Büdelsdorf vor dem nackten Irren, der Stimmen hört und die Leute mit perversen Dingen belästigt. Mit der Stimme Gottes im Ohr findet Paul aber tatsächlich einen unorthodoxen Weg, Liebe und Frieden in die Welt zu bringen.

Es handelt sich um einen kurzweiligen und unterhaltsamen Roman. Ich gebe dennoch nur drei Sterne, was eventuell meinen enttäuschten Erwartungen geschuldet ist. Ich habe lange Zeit in Büdelsdorf gelebt und mir von einem Buch dieses Titels einiges an Lokalkolorit versprochen. Die Handlung des Buches hätte allerdings auch in jeder anderen Stadt spielen können, denn weder besitzt Büdelsdorf eine Nikolaikirche, noch gibt es dort einen Bahnhof. Wer nie in Büdelsdorf gelebt hat oder ohne die Erwartugen in das Buch einsteigt, die ich dafür gehegt hat, der darf sich von einer humoristischen Kurzweile berieseln lassen.

Veröffentlicht am 06.08.2023

Trotz Schwäche im 2. Band bin ich weiter neugierig

Boy's Abyss 02
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Reiji und seine kürzlich gemachte Bekanntschaft stehen während eines reißenden Sturms am Fluss, bereit für den Moment, alles zu beenden. Kurz vor dem Schritt ihrer beider Leben zu beenden, werden sie von ...

Reiji und seine kürzlich gemachte Bekanntschaft stehen während eines reißenden Sturms am Fluss, bereit für den Moment, alles zu beenden. Kurz vor dem Schritt ihrer beider Leben zu beenden, werden sie von Reijis vorbeifahrender Lehrerin gestört, die noch Ausschau nach Schüler:innen hält, die es im Sturm nicht nach Hause geschafft haben. Sie nimmt Reiji mit zu sich nach Hause und will ihm helfen am Leben zu bleiben. Doch im Angesicht der Düsternis in ihrem Schüler macht sie Bekanntschaft mit dem Abgrund in ihrem eigenen Innersten...

Band 2 von “Boy’s Abyss” war auch wieder so gestaltet, dass Leser:innen einfach mitfiebern müssen. Einen Stern Abzug gibt es allerdings für eine intime Zusammenkunft, die für mich auch im Kontext des Mangas nicht nachvollziehbar war und zwanghaft gewollt schien, um wie im 1. Band eine Sexszene einzubringen. Worüber ich mich allerdings gefreut habe, war ein wenig mehr über Chako als Reijis beste Freundin zu erfahren. Abgesehen von diesem Stern Abzug fesselt mich die Story allerdings auch weiterhin, so dass ich schon gespannt auf den dritten Band bin!