Profilbild von Susi

Susi

Lesejury Star
offline

Susi ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Susi über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.12.2017

Überleben in Polen zur Nazizeit

Lügen in Zeiten des Krieges
0

Ein schönes Buch, bei dem ich erst Bedenken hatte, nicht schon wieder Greueltaten, Folter, Demütigungen und Sadismus, aber von einem kleinen Abschnitt zu Beginn des Buches abgesehen, blieb man davon verschont. ...

Ein schönes Buch, bei dem ich erst Bedenken hatte, nicht schon wieder Greueltaten, Folter, Demütigungen und Sadismus, aber von einem kleinen Abschnitt zu Beginn des Buches abgesehen, blieb man davon verschont. Es ist auch so gut geschrieben, dass es sich wie von selbst liest.

Ein Junge und seine Tante versuchen als Juden in Polen zu überleben. Mit falschen Ausweisen, wechselnden Unterkünften, Klugheit und Glück, entgehen sie den Progromen und Ghettos. Aber sie leben eine Lüge und müssen sich als Christen ausgeben, was zumindest beim Jungen zu Gewissenskonflikten führt. Schaffen sie es, bis zum Ende des Krieges am Leben und zusammen zu bleiben ? Es bleibt bis zum Schluß spannend, ist aber in schlichter Sprache aus Sicht des Jungen geschrieben, sodaß es nichts Reißerischens an sich hat.

Zwischendurch (ich glaube 3x) werden philosphische Gedanken über Dante geäußert, die kursiv gedruckt sind. Ob es Gedanken des Vaters oder des Autors sind, weiß ich nicht, denn da ich diesen Gedanken nicht folgen konnte und nicht verstanden habe, worum es ging, habe ich diese Abschnitte nur überflogen, was dem Buch aber keinen Abbruch tat.

Ein interessanter Einblick in einen Teil unserer Geschichte, der sich sehr schnell liest, da er so gut geschrieben ist. Sehr empfehlenswert.

Veröffentlicht am 08.12.2017

erschütternd

Johanna
0

Ein Buch, das unter die Haut geht.

Mit 13 Jahren kommt Johanna als Magd zu fremden Bauern und muß dort hart arbeiten. Das Buch schildert ihre Entbehrungen, die Qualen des Alltags, die Mühen und Belastungen. ...

Ein Buch, das unter die Haut geht.

Mit 13 Jahren kommt Johanna als Magd zu fremden Bauern und muß dort hart arbeiten. Das Buch schildert ihre Entbehrungen, die Qualen des Alltags, die Mühen und Belastungen. Die Lebensbedingungen sind menschenunwürdig und Johanna leidet sehr, vor allem, weil sie lieber etwas gelernt hätte. Sie erträgt das Unerträgliche und kämpft um ein selbstbestimmtes Leben.

Ihre Erzählung ist echt erschütternd, vor allem, wenn man weiß, dass sie auf einer wahren Geschichte beruht und dass der Alltag der Menschen damals in den 30igern wirklich so war. Da merkt man erstmal, wie gut es uns geht und wieviel Annehmlichkeiten wir als selbstverständlich ansehen. Das Buch regt grade junge Leute zum Nachdenken an und sollte Pflichtlektüre an den Schulen werden.

Ein Spiegel der damaligen harten Zeit, der einen erschüttert und demütig und dankbar werden läßt.

Veröffentlicht am 09.11.2017

besser als gedacht

Die Wand
0

Eine Frau, die für ein paar Tage in die Berge fährt mit Freunden, findet sich plötzlich völlig allein und auf sich gestellt von einer (Glas ?)wand umgeben wieder. Was jenseits der Wand los ist weiß sie ...

Eine Frau, die für ein paar Tage in die Berge fährt mit Freunden, findet sich plötzlich völlig allein und auf sich gestellt von einer (Glas ?)wand umgeben wieder. Was jenseits der Wand los ist weiß sie nicht, macht sich aber auch nicht viele Gedanken darüber, sondern konzentriert sich auf sich und das Überleben. Erst dachte ich, wie langweilig, ´ne Frau allein im Wald und daher lag es lange auf dem SuB. Aber nun habe ich es gelesen und es ist genauso wenig langweilig wie Hemmingways "Der alte Mann und das Meer".

Das Buch ist von der Frau geschrieben. Sie schreibt auf allem Papier, was sie findet, ist sich aber darüber im klaren, dass es wohl nie jemand lesen wird, da sie ja durch die Wand von den anderen Menschen getrennt ist. Was ich etwas befremdlich fand, ist, wie schnell sie sich in ihr Schicksal einfindet, wie wenig sie ihren Töchtern nachtrauert und dass sie so gar nicht bitter ist oder verzweifelt. Ich fand auch bewundernswert, wie sie sich selbst zu helfen weiß und z.B. Bohnen und Kartoffeln anbaut, die sie in der Hütte gefunden hat oder, dass sie weiß, wie man Butter macht. Ich wüßte nicht, wie das geht und sicher viele andere Leute auch nicht. Dann habe ich gesehen, dass das Buch Anfang der 60ziger Jahre geschrieben wurde. Damals verstanden die Menschen sich noch darauf, für sich selbst zu sorgen, vor allem, wenn sie die harten Kriegsjahre mitgemacht hatten.

Ich hätte mir an ihrer Stelle viel mehr Gedanken gemacht, was das für eine Wand ist, wo sie über Nacht herkommt, was wohl mit den anderen passiert ist, die jenseits der Wand waren. Diese Frau hadert aber nicht mit ihrem Schicksal, sondern manchmal klingt es, als sei es für sie eine Art Befreiung, sich nicht mehr rechtfertigen zu müssen, keine Pflichten und Erwartungen, die andere ihr auferlegen, erfüllen zu müssen und dass sie niemandem etwas vorzumachen braucht. Im Gegenteil, die Tiere, die sie findet und um die sie sich dann kümmert, sind zwar nützlich und sie entwickelt auch eine emotionale Bindung zu ihnen, aber sie empfindet sie zeitgleich als Belastung, grade weil sie eine Bindung zu ihnen aufbaut. Manchmal wirkt es, als blühe sie regelrecht auf, weil sie ihr bisheriges Leben ohne schlechtes Gewissen abstreifen kann und sich selbst genug ist. Als ich das Nachwort über die Autorin Marlen Haushofer gelesen habe, wurde mir auch klar, warum. Für die Autorin war dies ein regelrechter Befreiungsschlag und sie lebte ihre Bedürfnisse durch diese Figur und ihr Schicksal aus. Daher die Distanz zu ihrer Familie und den anderen Menschen.

Das Buch blieb die ganze Zeit über spannend, da immer wieder Andeutungen auf spätere Ereignisse gemacht wurden und man unbedingt wissen wollte, was passiert ist. z.B." damals wußte ich noch nicht..." oder " Zu der Zeit... aber später, ohne ihn..." oder " Wenn ich das geahnt hätte, was da geschah, dann wäre ich nicht wieder hingegangen" oder " Das hätte mir eine Warnung sein sollen". Man erfährt über die Dinge aber nur nach und nach und oft viel später, aber die Spannung bleibt die ganze Zeit über aufrecht.

Auf jeden Fall ein gelungenes Buch, da es wider Erwarten spannend blieb. Das Nachwort über die Autorin war sehr aufschlußreich und sie hat die Auszeichnungen zu Recht verdient. Gute Literatur, wie man früher sagte. Sehr Empfehlenswert .

Veröffentlicht am 31.08.2017

interessanter Aufbau des Buches

Für immer und ewig
0

Das Buch beginnt, indem wir Fanny und ihre Freundin Antonia kennenlernen und dabei sind, wie sie erste sexuelle Erfahrungen machen. Dann folgt eine kurze Episode in einem Juwelierladen aus Sicht der Verkäuferin ...

Das Buch beginnt, indem wir Fanny und ihre Freundin Antonia kennenlernen und dabei sind, wie sie erste sexuelle Erfahrungen machen. Dann folgt eine kurze Episode in einem Juwelierladen aus Sicht der Verkäuferin und man erfährt erst in einem weiteren Kapitel, dass die Kundin Antonia war. Dann begleiten wir eine junge Frau in einem Indianergebiet, und später wird klar, dass es sich um Fannys Schwester handelt. Als nächstes folgt ein Kapitel, aus Sicht der Indianerin, der Fannys Schwester zuvor begegnet ist.

In diesem Stil ist das Buch aufgebaut und das macht den besonderen Reiz aus. Es ist spannend zu raten, aus welcher Sicht jetzt erzählt wird, denn manchmal wird es erst in späteren Kapiteln deutlich. Auch fragt man sich, ob die ein oder andere Figur nochmal auftaucht oder man durch die anderen Figuren etwas darüber erfährt, wie es mit ihnen weitergegangen ist, denn die Kapitel sind schon miteinander verbunden und zeitlich aufeinander aufgebaut.

Auch sprachlich ist dies Buch sehr lesenswert, denn ich mag den Stil der Autorin, wie sie Dinge beschreibt. z.B. : "Das rosa Neonlicht strömte herein wie dicke Puddingsoße. " (S.108). Auch beschreibt sie nüchtern Situationen, Gefühle und vor allem Stimmungen, die man selbst schon kennengelernt hat. Manchmal ist sie dabei sehr pragmatisch. z.B. "...die Kellnerin knallte Charlotte einen Teller mit Pfannkuchen ... auf den Tisch und wünschte ihr viel Spaß damit. Charlotte aß alle drei, weil sie nicht wußte, was sie sonst tun sollte."(S.118) Oft ist die Gedankenwelt der Figuren erschreckend, aber doch vertraut. Es ist, als habe die Autorin die Menschen und ihre Abgründe genau studiert und weiß, wie sie "ticken". Sehr aufschlussreich fand ich wie Beziehungen mal aus Sicht der Frau, dann aus Sicht des Mannes geschildert werden. Jetzt ist mir klar, warum manches nicht funktionieren kann oder manche Menschen einfach nicht zusammen passen.

Manche Gefühle sind mir sehr vertraut, aber ich hätte sie nicht so gut in Worte fassen können, wie Doris Dörrie das schafft. Wenn ich ein letztes Mal zitieren darf : "...aber vielleicht kennen Sie das Gefühl, wenn man allein im Auto nachts durch die Gegend fährt und im Radio kommt ein Song ... und mit einem Mal zerreißt es einen fast vor Sehnsucht. Vor Sehnsucht wonach zum Teufel ? Das ist es ja eben, das weiß man nicht so genau, vor Sehnsucht nach allem auf einmal, nach einem zuhause und einem Zigeunerleben, nach Familie und Einsamkeit, nach Leidenschaft und ruhiger Liebe, nach..." es folgen noch weitere Dinge, die einander ausschließen. S. 212.

Mir hat - vom ersten Kapitel abgesehen (die Party im Keller, die ich sehr befremdlich fand) - das Buch viel Spaß gemacht, obwohl ich ja sonst hauptsächlich Krimis lese. Es ist auch mit viel Humor geschrieben und ein Lesegenuss, den ich auf jeden Fall weiterempfehlen kann..

Veröffentlicht am 28.08.2017

ein wichtiges, eindringliches Buch, das jeder lesen sollte

Wut allein reicht nicht
0

Ich finde es klasse, wie der Schauspieler Hannes Jaenicke sich dafür engagiert, unseren Planeten zu retten und hoffe, dass ihm viele dies gleichtun werden, denn es ist fast zu spät. Die Filme mit ihm zu ...

Ich finde es klasse, wie der Schauspieler Hannes Jaenicke sich dafür engagiert, unseren Planeten zu retten und hoffe, dass ihm viele dies gleichtun werden, denn es ist fast zu spät. Die Filme mit ihm zu diesem Thema habe ich leider nicht gesehen, aber im Buch werden die verschiedenen Schauplätze wieder aufgegriffen.

Es enthält viele Photos, Text, Auszüge von Interviews mit verantwortlichen Politikern, Drehbuchtagebücher und viele Tipps, wie ich als kleiner Verbraucher etwas verändern kann. Eine gelungene Mischung. Es liest sich leicht und eindringlich und man hat es - auch aufgrund der vielen ganzseitigen Bilder- schnell durch. Das einzige, was das Lesen verlangsamt, ist das Innehalten und Nachdenken oder auch das pure Entsetzen, sodass man das Buch erstmal weglegen muß. Bei jedem Einatmen werden 5 Haie getötet und bei jedem Ausatmen nochmal 5 ! MIt solchen Zahlen macht Hr. Jaenicke das ungeheure Morden und Abschlachten deutlich. Mit einer Zahl wie 100 Millionen Haie jährlich kann man nicht so viel anfangen. es sprengt unser Vorstellungsvermögen und man liest darüber hinweg. Aber diese kleine Zahl, bei jedem Atemzug zeigt einem wie schlimm es wirklich ist. In dem Buch gibt es viele solche Beispiele, die das Vernichten und Ausrotten ganzer Arten greifbar machen. Daher finde ich es wichtig, wenn viele dies lesen würden. Noch besser natürlich, wenn viele ihr Konsumverhalten entsprechend ändern.

Besonders betroffen machte mich das Kapitel über die Orang-Utans. So grauenvoll, was wir diesen Wesen antun, vom Vernichten ihres Lebensraumes ganz abgesehen. Auch hier gibt es praktische Tipps, wie man Palmöl, was ja fast in allen Produkten (Waschmittel, Süßigkeiten, Kosmetik, Pizza, Grillsoße und auch 90 % aller vegetarischer Fertigprodukte) teils unter falschen Namen versteckt, drin ist, vermeiden kann.

Erschütternd fand ich auch die Schilderung, wie Gorilla Babys für Zoos und reiche Privatleute etc. gekidnappt werden. Da die Gorillafamilie ihr Junges beschützt, werden die Mutter und andere Tiere erschossen, sodass auf ein geraubtes Baby 16 ermordete erwachsene Tiere kommen.

Nur zwei kleine Kritikpunkte habe ich. Erstens fand ich das Kapitel über Eisbären sehr lang, da es immer wieder zu Wiederholungen kam und zweitens hätte ich mir nochmehr Tipps gewünscht, denn das meiste kannte ich schon. Ich werde aber ab jetzt auch mehr mit offenen Augen einkaufen und mich aufraffen an den ein oder anderen Politiker zu schreiben, grade jetzt vor der Wahl. Und ich werde zu Ökostrom wechseln, was ich schon lange vorhabe, aber noch nie angegangen bin. Im Buch gibt es gute links zu allen Themen, wobei ich mir wie gesagt, gewünscht hätte, dass von den Tipps, die sich hinter manchen links verbergen (z.B. Utopia), mehr konkret benannt worden wären.

Wie gesagt, Wut, Entsetzen und Angst allein reicht nicht. Wir müssen handeln. Nur wenn wir, also jeder einzelne von uns, etwas in seinem Konsumverhalten ändert, können wir im großen Ganzen etwas bewirken.

Also ein sehr wichtiges empfehlenswertes Buch !