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Veröffentlicht am 28.08.2023

Dort, wo die Eifel Geschichte schrieb ...

Perlenbach
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Mit großen Schritten begebe ich mich mit dem Buch „Perlenbach“ mal wieder in das Örtchen Wollseifen, dem ich schon beim Lesen von „Ginsterhöhe“ einen Besuch abstatten durfte. Während letzteres zwischen ...

Mit großen Schritten begebe ich mich mit dem Buch „Perlenbach“ mal wieder in das Örtchen Wollseifen, dem ich schon beim Lesen von „Ginsterhöhe“ einen Besuch abstatten durfte. Während letzteres zwischen den beiden Weltkriegen angesiedelt war und sich um Albert, Bertha und Leni drehte, gehen wir mit dem aktuellen Roman zurück ins späte 19. Jahrhundert als Wilhelm, Jacob und Luise noch Kinder waren – Namen, die mir nach ein bisschen Nachdenken auch am Rande aus dem ersten Band wieder präsent waren. Die Drei sind ein ungleiches und dennoch ganz wunderbares Trio, dass sich schwört, einander nie im Stich zu lassen. Zunächst scheint auch alles seinen positiven Weg zu gehen. Der neugierige Wildfang Luise strebt eine medizinische Ausbildung an, Unternehmersohn Jacob studiert im fernen Aachen und auch der Bauernsohn Wilhelm erhält mit der Aussicht auf eine Tuchmacherlehre eine ungeahnte Chance. Doch wie so oft im Leben läuft auch hier bald alles nicht mehr rund und die hochgesteckten Pläne beginnen sich an allen Ecken und Enden aufzulösen …

Wie schon im ersten Band der Eifeltrilogie der talentierten Autorin Anna-Maria Caspari fühlte ich mich dank der sehr anschaulichen und bildhaften Erzählweise sofort zurückversetzt, nicht nur in die vergangene Zeit, sondern auch in die kleinen Eifelgemeinden Monschau und natürlich Wollseifen. Doch seltsamerweise fühlte mich diesmal ein bisschen wie ein Außenstehender und nicht mittendrin im Geschehen. Die Schicksale ließen mich ein wenig unberührt, ich fühlte mich fast, als schaute ich durch eine Glasscheibe zu. Dennoch hat der Roman in mir nochmal die Lust auf eine Reise in die Gegend geweckt und natürlich auch neugierig auf den letzten Teil gemacht. Im Netz habe ich eine tolle Webseite entdeckt, die die Stimmung von damals wunderbar einfängt: https://wollseifen.jimdofree.com/wollseifen/bau-der-urfttalsperre/. Sehr empfehlenswert als zusätzliche Lektüre!

Liebe Anna-Maria, vielen Dank für die schönen Lesestunden, die ich gerne mit verdienten vier von fünf Sternen bewerte verbunden mit einer Leseempfehlung nicht nur an Eifelbewohner, sondern an alle LeserInnen, die sich für interessante Landschaften verbunden mit tief verwurzelter Geschichte begeistern können. Natürlich werde ich mir auch den Abschlussband der Trilogie besorgen und bin schon ganz gespannt, wann er erscheinen wird.

Veröffentlicht am 23.08.2023

Beleuchtung eines Jahrhundertbauwerks ... spannende Stunden garantiert!

Bergleuchten
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Die sympathische Autorin Karin Seemayer hat sich mit „Bergleuchten“ ein spannendes Thema vorgenommen. Sie stellt in ihrem Roman nicht nur den Bau des Gotthard Tunnels, sondern auch die Umstände nach, die ...

Die sympathische Autorin Karin Seemayer hat sich mit „Bergleuchten“ ein spannendes Thema vorgenommen. Sie stellt in ihrem Roman nicht nur den Bau des Gotthard Tunnels, sondern auch die Umstände nach, die damals herrschten und untermalt sehr anschaulich, unter welch schwierigen und oft menschenunwürdigen Umständen die Bergarbeiter dort zu leiden hatten. Doch nicht nur die Bergarbeiter, von denen viele aus Italien kamen, hatten es schwer, auch die Fuhrunternehmer fürchteten um ihre Existenz, wenn der Tunnel fertig sein würde und standen diesem waghalsigen, aber auch mutigen Unterfangen oft mehr als kritisch gegenüber. So auch Helenes Vater Franz Herger, der dem jungen italienischen Mineur Piero Caretti zwar ein Zimmer vermietet, doch als sich seine Tochter Hals über Kopf in ihn verliebt, ist er mit seiner Geduld am Ende und jagt ihn vom Hof. All diesem gegenüber unberührt treibt der ehrgeizige Schweizer Ingenieur Louis Favre und Unternehmer den Bau des Tunnels voran. Nachdem am 28. Februar 1880 nach acht Jahren der Durchbruch und damit die Verbindung von Göschenen im Norden und Airolo im Süden geschafft war, hatten nahezu 200 Arbeiter im Stollen selbst ihr Leben gelassen, 2500 starben an Seuchen, Unfällen und den Folgen von Streiks. Wie die Geschichte für Helene und Piero ausgehen wird, verrate ich an dieser Stelle natürlich nicht, aber freut euch auf eine berührende Liebesgeschichte, die ganz ohne Kitsch auskommt und auf die feierliche Einweihung am 22. Mai 1882 des rund 15 km langen Gotthardtunnels.

Ganz besonders hervorheben möchte ich unbedingt auch die Leistung der schweizerischen Hörbuchsprecherin Sophie Hutter, die mit ihrem Dialekt genau an den richtigen Stelle Akzente gesetzt hat und eine absolute Bereicherung darstellte. Ich vergebe sehr gerne vier von fünf Sternen verbunden mit einer Hör- bzw. Leseempfehlung und ziehe meinen Hut vor der tollen Recherchearbeit, die hinter diesem Werk stecken muss.

Veröffentlicht am 11.08.2023

Nicht darüber zu reden bedeutet nicht, dass nichts passiert ist ...

Für diesen Sommer
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Die längst erwachsene, sehr unabhängige Tochter Franziska kommt nach vielen Jahren zurück in ihr Elternhaus, um für den Vater da zu sein, der sonst von seiner älteren Tochter Barbara versorgt wird. Barbara ...

Die längst erwachsene, sehr unabhängige Tochter Franziska kommt nach vielen Jahren zurück in ihr Elternhaus, um für den Vater da zu sein, der sonst von seiner älteren Tochter Barbara versorgt wird. Barbara ist im Urlaub, hat aber für diesen Zeitraum mit einem Kuraufenthalt für den Vater vorgesorgt. Doch sie hat nicht mit seiner Störrigkeit gerechnet. Er verweigert es, diesen anzutreten. So treffen nun mit Franziska und ihrem Vater zwei Welten aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein können. Jeder von beiden versucht auf seine eigene Weise mit der Gegenwart zurechtzukommen und es bleibt nicht aus, dass in Rückblenden die Vergangenheit und mit ihr Details ans Licht kommen, die längst überfällig waren, geklärt zu werden.

Man muss sich einlassen auf dieses unaufgeregte und dennoch sehr emotionale Hörbuch, das immer wieder von der Gegenwart in die Vergangenheit schwenkt. Die Umsetzung mit den beiden verschiedenen Sprecher ist sehr gelungen, so hatte ich Ziska und besonders ihren Vater immer direkt vor Augen. Gerne vergebe ich hier verdiente vier von fünf Sternen.

Veröffentlicht am 11.08.2023

Ein zweiter Andreas Hofer wäre von Nöten gewesen ...

Das Land, von dem wir träumen
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Mit „Das Land, von dem wir träumen“ begebe ich mich in eine für mich eher ungewöhnliche Ecke, nämlich nach Südtirol vor hundert Jahren. Die Welt der Südtiroler Bauernfamilie Bruggmoser wird auf den Kopf ...

Mit „Das Land, von dem wir träumen“ begebe ich mich in eine für mich eher ungewöhnliche Ecke, nämlich nach Südtirol vor hundert Jahren. Die Welt der Südtiroler Bauernfamilie Bruggmoser wird auf den Kopf gestellt. Schlimm genug, dass sie zwei ihrer Söhne im ersten Weltkrieg verloren haben, nun wird ihnen auch noch das ureigenste genommen, nämlich der eigene Name und deutsch sprechen zu dürfen, wir sie es von klein auf gelernt hatten. Die Donaumonarchie war nach dem Ersten Weltkrieg in ihre Bestandteile zerfallen und die italienischen Truppen zögerten keinen Moment lang Südtirol zu besetzen und neben der italienischen Sprache natürlich auch italienische Pflichten und Verbote einzuführen. Vater Ludwig beugt sich recht bereitwillig und hat den Namen der Familie bereits in Ponte umgewandelt. Doch Tochter Franziska, die von einer Karriere als Lehrerin träumt, tut sich schwer und beschließt dagegen anzukämpfen. Trotz der Unterstützung durch den Knecht Wilhelm Leidinger droht ihr Vorhaben zu scheitern. Wenn sie auffliegt, hat sie mit einer schlimmen Strafe zu rechnen, will sie dieses Risiko auf sich nehmen?

Der Auftakt der großen Südtirol-Saga hatte mich aufgrund des spannenden Themas schnell in seinen Bann gezogen. Ich war überrascht, wie wenig ich über die Geschichte und Entwicklung dieses österreichischen Landstrichs wusste und kam aus dem Staunen und Recherchieren gar nicht raus. Der Erzählstil ist flüssig und so wunderbar von Sabine Arnhold umgesetzt, dass man sich direkt in die Region versetzt fühlt. Hier vergebe ich gerne vier von fünf Sternen und werde mir bestimmt bald die nächsten beiden Teile anhören.

Veröffentlicht am 09.08.2023

Wenn zwei Welten aufeinander prallen ...

Blankenese - Zwei Familien
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Die Autorin Michaela Grünig, vielen Lesern sicherlich durch ihre Trilogie „Heiligendamm“ bekannt, legt mit dem ersten Band rund um Blankenese den Grundstein für einen neuen historischen Familienroman bei ...

Die Autorin Michaela Grünig, vielen Lesern sicherlich durch ihre Trilogie „Heiligendamm“ bekannt, legt mit dem ersten Band rund um Blankenese den Grundstein für einen neuen historischen Familienroman bei dem zwei Familien im Vordergrund stehen. Es handelt sich zum einen um die gutbetuchte Familie Casparius, Reedereibesitzer mit Villa an der vornehmen Elbchaussee. Zum anderen lernen wir Familie Hansen kennen, die gegensätzlicher nicht sein könnte. Irma Hansen ist der Familienvorstand nachdem ihr Mann bei einem Schiffsunglück ums Leben kam und lebt mit ihren ihr verbliebenen Kindern auf beengtem Raum. Der Zufall will es, dass sich Leni Hansen und John Casparius über den Weg laufen und ineinander verlieben. Doch weder der einen noch der anderen Familie ist diese Liebschaft recht. Mutter Hansen macht nach wie vor den Reeder Casparius für den tragischen Unfall ihres Mannes verantwortlich, und für die reiche Familie Casparius ist Leni natürlich eine scheinbar unmögliche Partie. Doch die Beiden setzen sich durch und fangen an, ihren Weg mit allen Höhen und Tiefen gemeinsam zu gehen …

Während mich dieser neue Roman von Michaela Grünig nicht ganz so begeistern konnte, wie damals die „Heiligendamm-Trilogie“, konnte ich dennoch wunderbar eintauchen in „mein“ Hamburg vor hundert Jahren. Die Story ist gut recherchiert und gekonnt umgesetzt und lässt die Vergangenheit mit all ihren Themen wie die Judenverfolgung, die Machtergreifung der NSDAP, die Inflation, die eng mit der Wirtschaftskrise verbunden war, wieder aufleben. Nicht ganz abgeholt hat mich diesmal die Liebesgeschichte von John und Leni, hier war für mich noch ein wenig Luft nach oben.

Die Autorin wird bestätigen können, dass es unheimlich schwer ist, an einen großen Erfolg anzuknüpfen. Für diesen Versuch bekommt sie von mir mit vier Sternen eine fast perfekte Note. Ich freue mich auf den nächsten Band, der wohl im Februar 2024 erscheinen wird.