Profilbild von LaCalaveraCatrina

LaCalaveraCatrina

Lesejury Star
offline

LaCalaveraCatrina ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit LaCalaveraCatrina über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.08.2023

Zum Nachtisch Liebesgeschichten

Heldenhörnchen und Drachenfreund
0

Für das junge Eichhörnchen ist es der erste Herbst, der sich ankündigt. Die Blätter fallen vom Baum und die Tiere auf der Lichtung haben alle zutun. Also macht sich auch das Eichhörnchen an die Wintervorbereitung. ...

Für das junge Eichhörnchen ist es der erste Herbst, der sich ankündigt. Die Blätter fallen vom Baum und die Tiere auf der Lichtung haben alle zutun. Also macht sich auch das Eichhörnchen an die Wintervorbereitung. Als es seine Nuss sicher in einer Höhle verstecken will, lernt es einen Drachen kennen, der dort jahrhundertelang geschlafen hat. Vor dem Drachen stellt es sich ein bisschen anders dar, als es eigentlich ist, denn es möchte ein Held sein und Anerkennung von den anderen Tieren erhalten. Die haben Angst vor dem Drachen und beauftragen das Eichhörnchen kurzerhand, den Drachen ganz weit weg zu bringen. Also brechen Eichhörnchen und Drache zum Ende der Welt auf, um nach anderen Drachen zu suchen, während das Eichhörnchen seine wahren Absichten verschweigt.


Warum dies eines der schönsten Kinderbücher ist, die ich in letzter Zeit gelesen habe? Weil "Heldenhörnchen und Drachenfreund" mit kindlicher Beobachtungsgabe eine Identifikationsfigur schafft, die ganz unbefangen eine Menge über die Welt lernt und lehrt. Das kleine Eichhörnchen begegnet auf dieser Heldenreise nicht nur anderen, sondern auch sich selbst.

„Das Eichhörnchen mag den Gedanken, sich ganz unbemerkt selbst
begegnet zu sein und sich von nun an immer dabeizuhaben.“

Der Drache hingegen hat eine ganze Menge mehr Lebenserfahrung und wirkt sehr ausgleichend und vorbildlich auf das quirlige Eichhörnchen ein, das sich auch immer viele Gedanken um alles macht. Auch Angst und andere Gefühle, mit den entsprechenden Körperwahrnehmungen, werden geradeheraus und aufschlussreich benannt. Die Charaktere sind sehr liebenswert und es gibt viele schöne Details. Generell ist dies keine actionreiche Geschichte, sondern ein sehr themenvielfältiges Buch, beinahe poetisch geschrieben, mit einer authentische Heldenentwicklung und vielen „zum ersten Mal“-Momenten aus der Sicht von Tieren.
Hier stehen Freundschaft, Selbstfindung und Zugehörigkeit im Mittelpunkt. Es geht um die Kraftentfaltung von Geschichten, Vertrauen, Verständnis füreinander, aber auch um Vorverurteilung, Ausgrenzung und Anderssein. Dazu die stimmige Atmosphäre des Waldes und die funkelnden Sterne in der Nacht. Die Dialogdichte ist sehr ausgeglichen. Oft taucht man auch nur mit dem Eichhörnchen ins Geschehen ein.

Die farbigen Illustrationen ergänzen den Text, wenn auch nicht so detailliert, wie auf dem Cover - nur manchmal mit Hintergrund. Auffällig ist, dass auch hier das kleine Eichhörnchen in den Fokus gerückt wird und Gefühle und Gedanken (auf kreative Weise) eingefangen werden.

Dieses besondere Kinderbuch ist viel tiefsinniger, als es den Anschein macht und bietet viel Gesprächsstoff, ohne zu anspruchsvoll zu sein. Wer unterschwellige schöne Botschaften, kleine Weisheiten und kluge Sätze liebt, wird es mögen. Es ist aber auch einfach eine schöne und unterhaltsame Geschichte, deshalb eignet sie sich auch zum abendlichen Vorlesen vor dem Einschlafen.

Wenn ich könnte, würde ich mehr als fünf Sterne geben, denn dieses Buch hat mich sehr begeistert und ich bin überzeugt, hier werden Kinder und Erwachsene gleichermaßen das großartige Potenzial erkennen, das diese Geschichte auszeichnet.

Veröffentlicht am 15.08.2023

Ein aufregender Tag

Plötzlich wach! 1: Mit der Queen ne Kutsche kapern
0

An irgendeinem Samstag im August lernen sich die 14-jährige Annemie und Leo kennen. Ich-Erzählerin Annemie ist gerade erst in die Stadt gezogen, hat großes Heimweh und langweilt sich schrecklich. Sie wohnt ...

An irgendeinem Samstag im August lernen sich die 14-jährige Annemie und Leo kennen. Ich-Erzählerin Annemie ist gerade erst in die Stadt gezogen, hat großes Heimweh und langweilt sich schrecklich. Sie wohnt jetzt mit ihren Eltern bei ihrer Oma Fritz in einem Wachsfigurenkabinett. Als die Wachsfigur der Queen verschwunden ist, gehen Annemie und Leo von einem Raub aus und suchen nach Hinweisen. Wie bei einer Schnitzeljagd kommen sie der Queen näher, die sich offenbar unters Volk mischen wollte.

Das Cover mit dem ausgestanztem Loch, durch das freudig die Queen winkt, ist schon ein Hingucker. Der Inhalt ist aber mindestens genauso toll. Die vereinzelten ganzseitigen Illustrationen fangen genau die richtigen Momenten ein, von denen ich mir auch gewünscht hätte, sie einmal sehen zu können.
Das Buch umfasst genau einen Tag, von morgens bis abends und begleitet Annemie dabei, wie sie Leo kennenlernt und ein Geheimnis aufdeckt. Die Charaktere sind eigen, haben ihre Stärken und Schwächen, in Leos Fall sind das einige Phobien, die der Geschichte guttun. Es macht Spaß, weil der Schreibstil so lebendig ist, auch (köstliche) Details mit aufnimmt und es auch humorvoll und locker zugeht. Man kann der Handlung sehr gut folgen, die großer Schrift erleichtert das Lesen, genauso wie die Kapiteleinteilung, es gibt nicht zu vielen Figuren und ganz viel Potenzial für weitere Bände. Achtung, Suchtgefahr! Die Queen und die königliche Atmosphäre war ein toller Einsteig in die Reihe und ich hoffe, irgendwann wird Harry Potter lebendig. Die kleine Botschaft dahinter und die vielen Fakten rund um die Queen runden das Ganze ab. Ich bin jedenfalls ziemlich begeistert und wurde bestens unterhalten. Absolute Empfehlung!

Veröffentlicht am 14.08.2023

Hörbuch zum Einschlafen

Toto und der Mann im Mond
0

In "Toto und der Mann im Mond" erlebt der kleine Toto in seinen Träumen zehn Abenteuer mit seiner Cousine Mimi, in denen sie mit einer Rakete zum Mond fliegen und dort den Mann im Mond und seine Ehefrau ...

In "Toto und der Mann im Mond" erlebt der kleine Toto in seinen Träumen zehn Abenteuer mit seiner Cousine Mimi, in denen sie mit einer Rakete zum Mond fliegen und dort den Mann im Mond und seine Ehefrau Belatrix besuchen. Die Geschichten sind wirklich schön - abenteuerlich, witzig, lehrreich und voller Fantasie. Gemeinsam verreisen sie, mithilfe eines Fernrohrs, in andere Zeiten und an andere Orte auf der Erde. Dabei verarbeitet Toto seinen Alltag und vor allem seine Gefühle: Aufregung, weil er den nächsten Tag kaum erwarten kann, Ärger, der zu einem Streit führt, Angst vor einem Unwetter, Enttäuschung oder Neugier. Bei seinen Freunden auf dem Mond ist es sicher, Toto immer willkommen und er findet Antworten auf seine Fragen. Ein richtiger Wohlfühlort voller Abenteuer und Freundschaft. Das beflügelt auch die kindliche Vorstellungskraft, einmal den Mann im Mond zu besuchen und macht das Einschlafen für Kinder leichter. Denn genau wie Toto, können sie überall hinreisen und Träume wahr werden lassen.

Der Erzählrhythmus bleibt dabei immer gleich. Toto wird abwechselnd von Mama und Papa ins Bett gebracht und erzählt, was ihn gerade bewegt. Dann schläft er ein. Hier beginnt sein Abenteuer auf dem Mond. Die einfühlsamen Geschichten umfassen etwa 5-10 Minuten und werden abwechselnd von der Autorin und dem Autor gelesen. Mit dem immer gleichen Reim, wird das Ende der Traumreise eingeläutet.

Entertainer Sasha und Julia lesen sehr lebendig und mitreißend und überzeugen durch einfühlsame Worte und abenteuerliche Handlungen, die nicht zu aufregend sind. Besonders Sasha beweist ein Talent dafür, die Charaktere zum Leben zu erwecken. Das stets gutgelaunte Glühwürmchen Glow wird dadurch zu einem echten Highlight. Der Titelsong mit Ohrwurm-Potenzial findet man nicht nur im Hörbuch, sondern auch auf einem Liederalbum zum Buch. Insgesamt also ein tolles Entertainment-Packet zum Einschlafen, dass zum Träumen und zum gemeinsamen "Immer wieder gern“-Hören einlädt.

Veröffentlicht am 14.08.2023

Carpe momentum - Eine philosophische Suche

Der Trost der Schönheit
0

»Das eigene Ich erweitern, frei zu werden, das Leben noch einmal freudig laut werden zu lassen, zu jubilieren, bevor man endgültig verstummt.«

"Der Trost der Schönheit - Eine Suche" war für mich das richtige ...

»Das eigene Ich erweitern, frei zu werden, das Leben noch einmal freudig laut werden zu lassen, zu jubilieren, bevor man endgültig verstummt.«

"Der Trost der Schönheit - Eine Suche" war für mich das richtige Buch zur richtigen Zeit. Gabriele von Arnim schreibt anlässlich ihres 74. Geburtstags über Altersglück, Sinnlichkeit, dösendes Denken, Weltnot, die Notwendigkeit von Schönheit, die »in vielen Hüllen und Facetten daherkommt.«, einer »Nicht fühlen«-Kindheit hin zu einer gefühlten Lebendigkeit, voller Lustgefühl und wie verbunden wir einander sind. Man spürt ihren Schmerz, ihre Freunde ganz lebendig, ganz nah. Zudem liefert Gabriele von Arnim zahlreiche Textstelle, die mich inspiriert haben und die ich schon mehrfach gelesen habe. Es geht darum, Schönheit und schönes im Alltag, in verborgenen Schlupflöchern auf zu spüren, als Aufforderung hinzusehen und es wahr zu nehmen.„Mich interessiert die sinnliche Kraft der Schönheit. Ich möchte wissen, wie das fühlende Sehen uns weckt und verändert. Wann beginnt ein sanftes Glücksgefühl zu tanzen in mir. Oder der kleine gute, der lebendige Schmerz sich zu regen.“

Der Prolog hat es bereits in sich. Gabriele von Arnim schreibt darin, warum ihr Trost und Schönheit wichtig sind und warum sie diese Betrachtung auch kritisch hinterfragt, in Anbetracht der Lage: Krieg in Europa, Weltschmerz, die eigenen Rücksichtslosigkeit.
Es hat etwas behagliches und erfrischendes, ihren Worten und Sätzen zu folgen. Ihre Gedanken verleiht sie Authentizität, sie sind reflektiert und klug, emphatisch und ehrlich. Es sind lange, umarmende Sätze, die mich wie Schlingpflanzen einhüllen und begleiten. Mir gefielen diese Einblicke ins Alter, ihre Demut, die andere Wahrnehmung von Zeit, zwischen Lebenslust und Todesnähe und die besonnenen Erkenntnisse, die tiefe Ruhe, die „Fahrt aufs offene Meer der radikalen Ehrlichkeit“. Dabei fügen sich alle Gedanken stimmig zu einem Bild, weshalb man nie das Gefühl hat, den Faden zu verlieren. Es ist inspirierend, ihren reflektierenden Gedanken zu folgen, den eingestreuten Zitaten, Metaphern, Fakten, persönlichen Erfahrungsmomenten und der Sehnsucht nach Schönheit: Kunst, Musik, Filme, Bücher, der Natur, dem Erleben und dem „Denken und Staunen“. Das alles kommt poetisch, philosophisch daher und ließt sich wie eine tröstliche Umarmung. Ein Hochgenuss für mich. »Zum Wahnsinnigwerden schön.« Und ein endloses Sätze-anstreichen-und-immer-bewahren-wollen.

Veröffentlicht am 14.08.2023

Literarischer Tag im Freibad

Seemann vom Siebener
0

Der Romanhandlung spielt überwiegend im Freibad. Kiontke ist der Bademeister und steht kurz vor der Rente, nachdem er Jahrzehnte das Freibad geleitet hat. Josefine verbringt lieber einen Tag im Freibad, ...

Der Romanhandlung spielt überwiegend im Freibad. Kiontke ist der Bademeister und steht kurz vor der Rente, nachdem er Jahrzehnte das Freibad geleitet hat. Josefine verbringt lieber einen Tag im Freibad, als mit ihren Schwiegereltern, um ihren verstorbenen Ehemann zu trauern, am Tag der Beerdigung. Lennart hält seit seiner Kindheit alles fotografisch fest. Doch in letzter Zeit, hat sich das geändert. Er ist wegen der Beerdigung von Max hier und sieht sich mit allerlei Erinnerungen konfrontiert. Lennart, der seit je her wie eine Schwebefliege um Josefine kreist, obwohl sie doch mit dem Max verheiratet war. Sergej, der Kioskbesitzer im Freibad, der gute Laune versprüht. Die Ich-Erzählerin, die plant, einen Seemann vom Siebener zu springen, obwohl der Siebener seit dem Unfall vor Jahren gesperrt ist. Insgesamt sind es sechs Charaktere, Besucher und Angestellte, von denen erzählt wird. Arno Frank überrascht mit ein paar schönen Details, authentischen Charakteren und weckt alte Erinnerungen an früher; alles erzählt so präzise und klar, dass es eine Freude ist.

Im Verlauf der Handlung wird der Roman besser und besser. Man lernt die Charaktere kennen, ihre Begegnungen, ihre Verbindungen. Eine der Figuren erzählt in der Ich-Perspektive und bildet damit die Ausnahme, für die sonst gewählte dritte Person, die es ermöglicht, aus vielen verschiedenen Winkeln, auf das Geschehen zu blicken. Der Papagei Heinrich hat mich sehr zum Lachen gebracht und Sergejs Witze haben für einige Schmunzler gesorgt. Es gibt aber noch so viel mehr Textstellen, die mir im Gedächtnis bleiben werden und Charaktere, die ich in mein Herz geschlossen habe.

Am Ende war ich sehr begeistert, von dem Buch. Es war eine schöner, lustiger, aufregender und bleibender literarischer Besuch im Freibad, an einem heißen Sommertag, mit Pommes, Eis und den wichtigen Dingen des Lebens. Dazu noch großartig geschrieben. Ein echtes Lesevergnügen also. Sehr empfehlenswert.