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Veröffentlicht am 06.10.2023

Das Schwert des Julius Cäsar

Schatten über Colonia – Ermittlungen am Rand des Römischen Reichs
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Köln heißt im Jahr 87 nach Christus noch Colonia und ist eine weltoffene Stadt. Menschen verschiedener Kulturen leben innerhalb der Stadtgrenzen ebenso friedlich zusammen wie mit den germanischen Völkern ...

Köln heißt im Jahr 87 nach Christus noch Colonia und ist eine weltoffene Stadt. Menschen verschiedener Kulturen leben innerhalb der Stadtgrenzen ebenso friedlich zusammen wie mit den germanischen Völkern jenseits des Rheins. Nach einigen Überfällen auf Landvillen geraten die Germanen unter Verdacht und der junge Anwalt Quintus Tibur, selbst Sohn einer Germanin und eines römischen Soldaten, wird ins Geschehen verwickelt. Zusammen mit der jungen Römerin Lucretia versucht er die Verbrecher zu finden.
Das Buch verfügt über einen hilfreichen Stadtplan des damaligen Köln, eine Landkarte des Römischen Reichs, sowie ein Glossar mit lateinischen Begriffen, die in den Text einfließen. Die Kapitel haben eine angenehme Länge und werden jeweils durch Mäander abgeschlossen. Die große Schrift ist augenschonend, der Schreibstil fließend; so kommt man trotz hoher Seitenanzahl recht schnell durch die Handlung. Das Leben im Römischen Reich wird modern und auch humorvoll erzählt.
Das Autorenduo macht die Atmosphäre der damaligen Zeit lebendig, sei es durch die Beschreibung der Architektur, des Rechtswesens oder der persönlichen Hygiene. Großer Wert ist auch auf die Stellung der einzelnen Bevölkerungsgruppen gelegt; stark konzentriert sich die Geschichte auch auf die vorgegeben Wege, die den Frauen zugeteilt sind. Gerade Lucretia ist eine junge Frau, die mit ihrer Rolle nicht ganz zufrieden ist.
So interessant die Informationen aus den verschiedenen Lebensbereichen auch sind, an etlichen Stellen wäre weniger Wissen wünschenswert, da manche Absätze zu sehr an ein Sachbuch erinnern. Lesern, denen die Zeit der Römer bisher unbekannt war, werden allerdings nicht nur gut unterhalten, sondern auch viel Geschichtliches dazulernen.

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Veröffentlicht am 18.09.2023

Vätererbe

Kajzer
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Seinen Großvater hat er nicht gekannt, sich für die Familiengeschichte bisher nicht besonders interessiert, und dennoch beginnt der Autor plötzlich zu forschen. In Polen macht er sich auf die Suche nach ...

Seinen Großvater hat er nicht gekannt, sich für die Familiengeschichte bisher nicht besonders interessiert, und dennoch beginnt der Autor plötzlich zu forschen. In Polen macht er sich auf die Suche nach dem Wohnhaus seiner Ahnen. Das Mietshaus in Schlesien wurde von den Nazis enteignet und nicht mehr an die Familie zurückgegeben. Auf dieser Spurensuche kreuzt er die Wege von Schatzsuchern, Anwälten und anderen Fremden. Er stellt Bezüge zur Vergangenheit her und außerdem viele Fragen, unter anderem, was es überhaupt bedeutet, ein Erbe anzunehmen.
Die abgeschlagene Emailtasse am Cover führt passend ins Thema Erbe und Familie; es könnte sich dabei gut um die Erinnerung an einen Vorfahren handeln. Kaisers Buch besteht aus vier Teilen und umfasst einen Zeitraum von mehreren Jahren. Er bezeichnet es selbst als Sachbuch, doch nicht nur durch die Sicht eines Ich-Erzählers wird es sehr persönlich und dadurch auch berührend. Er zitiert Passagen aus den Aufzeichnungen eines – neu entdeckten - Verwandten, baut Dialoge ein und wirkt in allen Ausführungen recht ehrlich; bei allem Ernst der Thematik versteckt er an etlichen Stellen im Text auch trockenen Humor.
Der Autor gibt in diesem Buch die Ergebnisse seiner außergewöhnlichen und ihn oft ermüdenden Spurensuche preis; mit allen Herausforderungen, Hindernissen und juristischen Spitzfindigkeiten, denen er dabei begegnet. Er baut historische Fakten ein, die dennoch nicht leicht greifbar sind; er schweift ab, beschäftigt sich mit Ausführungen zu Verschwörungstheorien, mit Goldsuchern oder anderen Themen. Und immer wieder kehrt er zurück zum Begriff Erbe, das er weniger in dem gesuchten Gebäude sieht, sondern vielmehr im Immateriellen und dadurch auch im Bemühen darum, zu begreifen, was man zurückgewinnen will.

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Veröffentlicht am 10.09.2023

Wir sind die Summe unserer Geschichten

Die Lügnerin
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Eine Frau legt in einer Privatklinik ihre Lebensbeichte ab. Alles, was sie erzähle, würde zur Wahrheit. So gibt sie ihr Leben in fantastischen Geschichten dar, die von Betrug, Bereicherung, unheimlichen ...

Eine Frau legt in einer Privatklinik ihre Lebensbeichte ab. Alles, was sie erzähle, würde zur Wahrheit. So gibt sie ihr Leben in fantastischen Geschichten dar, die von Betrug, Bereicherung, unheimlichen Zufällen und überirdischem Glück erzählen. Selbst die Therapeutin verliert von Sitzung zu Sitzung an Sicherheit, denn auch in der Klinik gehen mittlerweile seltsame Dinge vor sich.
Das Cover ist in Blautönen gehalten und zeigt eine Frau mit geschlossenen Augen – verträumt, übersinnlich, nachdenklich – man weiß es nicht. Das Bild bleibt so undurchschaubar und verschwommen wie die Protagonistin selbst, in deren Lebensbeichte man ohne Vorrede hineingeworfen wird. Die Ich-Erzählerin bleibt die einzige Informationsquelle, sie stellt viele Fragen – und gibt viele Antworten. Der Schreibstil ist schnell, oft jagt ein Satz den anderen; die Sprache ist aber auch sehr ausgefeilt, an etlichen Stellen poetisch.
Wie viel kann man einer Lügnerin glauben? Stimmen ihre Darlegungen, ihre Arbeit und ihr Privatleben betreffend? Sie sieht in ihren Mitmenschen, was diese gerne wären, nicht was sie in Wirklichkeit sind; sie berichtet von Astrologie, unerwiderter Liebe, aber auch von Als-ob-Ländern, Schleppern und Ausgegrenzten. Es ist die Rede vom Glauben; wie viel Realität die Geschichte beinhaltet, bleibt ungewiss. Der Autor spielt hier mit der Erfahrung und der Vorstellungskraft seiner Leser.
Es ist ein ungewöhnliches Buch, das aufdeckt und verschleiert, das real klingt und doch unwahrscheinlich scheint. Denn obwohl die Protagonistin recht offen über ihre Erfahrungen berichtet, bleibt alles undurchsichtig und verwirrend – schließlich ist sie ja auch eine Lügnerin …

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Veröffentlicht am 15.08.2023

Zurückschauen - um nach vorne zu blicken

Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe
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Eigentlich mag die alleinerziehende Protagonistin, die neben ihren braven Schwestern ein eher unsichtbares Leben führt, keine Veränderungen. Doch die Kinder sind nun erwachsen und Frau steht nun an einem ...

Eigentlich mag die alleinerziehende Protagonistin, die neben ihren braven Schwestern ein eher unsichtbares Leben führt, keine Veränderungen. Doch die Kinder sind nun erwachsen und Frau steht nun an einem Wendepunkt. Sie stellt Fragen über ihr bisheriges Leben, beginnt dieses auszumisten; sie will herausfinden, was sie aus ihrem alten Leben behalten will, aber auch, wer sie in Wahrheit eigentlich ist.
Das Cover zeigt eine alte Blechdose mit der Abbildung eines Dackels, in der Blätter einer längst vertrockneten Pflanze stecken. Der einzige Zweck dieses Behältnisses scheint es zu sein, einen Schatten auf den Hintergrund zu werfen. Genau diese Schatten, diese Vergangenheit, will die Ich-Erzählerin nun hinter sich lassen und ein neues, befreites Leben beginnen. Sie stellt die im Titel erwähnte Liste auf, um einen Überblick zu erhalten. In kurzen Kapiteln erfährt der Leser auf diese Weise die wichtigsten Etappen aus dem Leben der Protagonistin, immer erzählt in bezeichnenden Anekdoten. Mit entwaffnender Ehrlichkeit gibt sie Details aus ihrem Familien- und Berufsleben preis. Sie schmeichelt sich nicht ein, will vielleicht gar nicht gefallen, sondern legt bis zum Ende die Karten auf den Tisch.
Der Schreibstil bleibt dabei sehr nüchtern, direkt, aber durchaus – und durchgehend - einnehmend. Immer wieder erkennt man beim Lesen Parallelen aus dem eigenen Leben, kann das Erlebte nachvollziehen; andere Stellen lassen einen verwundert zurück. Die Erzählerin selbst ist sich über ihre eigenen Erinnerungen oft selbst nicht im Klaren – was entspricht der Wirklichkeit, was ist nur in verfälschter Form in ihrem Gedächtnis geblieben? Sie reflektiert, sie lamentiert, und hinterlässt die Frage, ob sie mit ihrem „neuen Leben“ tatsächlich zufrieden sein wird.

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Veröffentlicht am 15.08.2023

Sagen aus der Eifel

Das Schloss im See
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Fantastische Geschichten über Zauberer und Hexen, Zwerge und Gespenster, Ritter, Elfen und Drachen, sind auch in unser hochtechnisierten Zeit noch beliebt. Diese Sammlung umfasst 40 Sagen aus der Eifelregion ...

Fantastische Geschichten über Zauberer und Hexen, Zwerge und Gespenster, Ritter, Elfen und Drachen, sind auch in unser hochtechnisierten Zeit noch beliebt. Diese Sammlung umfasst 40 Sagen aus der Eifelregion mit verschiedenen inhaltlichen Schwerpunkten.
Schon das Cover mit dem antiquierten Schriftzug und der romantischen Landschaft versetzt in eine andere Welt. Der Autor erzählt auch weniger bekannte Sagen und Legenden aus der Region um Aachen, Köln und Trier in einfachem Schreibstil. Aufgelockert und unterstrichen werden die Sagen durch Tuschezeichnungen von Kristina Mörsch. Eine Quellenangabe am Ende des Buches vervollständigt die Sammlung.
Die Handlungen spielen hinter verwunschenen Burgmauern und anderen - teils realen - Orten, zumeist in ländlicher Gegend, aber auch in Städten und umfassen unterschiedliche Themen; Glaube und Kirche, aber auch Pakte mit dem Teufel, Hexen und Zauberer und zornige Kobolde machen ihre Aufwartung. Einige Schicksale werden durch Intrigen bestimmt, andere Geschichten haben eine humorvolle Pointe oder einen wahren Kern.
Insgesamt ist hier eine interessante Mischung entstanden. Die unterschiedliche Länge der Sagen erlaubt ein Wiederlesen auch zwischendurch, um sich von einer Parallelwelt ablenken zu lassen.

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