Interessanter Ansatz, sehr anspruchsvoll
Da ich gelegentlich gerne historische Sachbücher lese, wenn auch vor allem über die Antike, war ich sehr gespannt auf Chris Wickhams Werk "Das Mittelalter".
Anders als die meisten Autoren erzählt Chris ...
Da ich gelegentlich gerne historische Sachbücher lese, wenn auch vor allem über die Antike, war ich sehr gespannt auf Chris Wickhams Werk "Das Mittelalter".
Anders als die meisten Autoren erzählt Chris Wickham die Geschichte des Mittelalters nicht chronologisch linear, sondern anhand von zentralen "Momenten des Wandels", die wichtige Wendepunkte darstellen. Dieser Ansatz klang äußerst vielversprechend, und tatsächlich lieferte er mir völlig neue Sichtweisen und Einblicke, und ermöglichte mir, Zusammenhänge zu erkennen, die mir bisher so nicht bewusst waren.
Dieser Erkenntnisgewinn ist allerdings stellenweise hart erarbeitet, da das Buch doch recht trocken geschrieben ist, und durchgehend aus Fließtext besteht, der nicht durch Diagramme oder Schaubilder aufgelockert wird. Als Nachschlagewerk eignet sich das Buch nicht. Da die Kapitel häufig gegenseitig auf einander verweisen, muss das Buch zumindest beim ersten Mal komplett von Anfang bis Ende gelesen werden, ein "Herauspicken" eines einzelnen Kapitels, das einen gerade besonders interessiert, ist schwierig. Als etwas gewöhnungsbedürftig empfand ich die ständige Verwendung des Wortes "wir" ("Wenn wir uns diesen Fragen stellen,...", "Wie wir gesehen haben"), die für mich nicht recht zu dem trockenen Schreibstil passte, aber im englischen Eprachraum weit verbreitet ist.
Insgesamt hat Wickham ein wirklich neuartiges und sehr anspruchsvolles Werk über das Mittelalter geschaffen, das sich meiner Meinung nach jedoch vor allem für Leser*innen eignet, die bereits einiges an Vorwissen über die Epoche mitbringen.