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Veröffentlicht am 02.02.2024

Skurrile Verbrecherjagd in Dänemark

Lobster, Mord und Meeresrauschen – Tante Tilli ermittelt
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Es ist eine verrückte Schnitzeljagd, die uns im neuen Roman von Patricia Grob erwartet. Tante Tilli möchte sich auf der Flucht vor ihrem erbschleichenden Neffen nach Las Vegas verdrücken, landet dann jedoch ...

Es ist eine verrückte Schnitzeljagd, die uns im neuen Roman von Patricia Grob erwartet. Tante Tilli möchte sich auf der Flucht vor ihrem erbschleichenden Neffen nach Las Vegas verdrücken, landet dann jedoch im falschen Flieger und damit im dänischen Aahus. Der Mitarbeiter eines Reisebüros verschlampt ihren Koffer, sie strandet im Wohnort ihres Ex-Mannes Tosh, und der wird kurz darauf ermordet aufgefunden. Tilli beginnt zu ermitteln.
So weit, so turbulent. Die Geschichte ist eine Ansammlung skurriler Charaktere und klamaukhafter Situationen. So taucht Tilli auch mal auf einen Misthaufen ab, um sich außer Sichtweite zu bringen, und es landet ein dänisches Auto in Schweden, während Tilli ohne Auto, dafür aber mit Yacht und neuen Erkenntnissen zurückkommt. Mir persönlich war es stellenweise ein wenig zu viel, besonders weil es mir nicht immer gelang, die Zusammenhänge herzustellen. Die Motivation war oft unklar, daher war es schwierig, die Handlungen und Aktionen von Tilli nachzuvollziehen. Da hat mich die Geschichte leider etwas verloren.

Am Ende werden alle Fragen aufgelöst, und es gibt einige Überraschungen, die hier natürlich nicht verraten werden sollen. Mich persönlich konnte die Geschichte leider nicht überzeugen, mir fehlte einfach die Linie in der Handlung, wahrscheinlich war ich einfach nur nicht die richtige Leserin für diese Geschichte. Aber sicher eine unterhaltsame Lektüre für alle, die auf außergewöhnlich gestrickte Geschichten mit skurrilen Charakteren stehen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.01.2024

England während des 2. Weltkriegs

Weil du meine Tochter bist
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Eine Jugendsünde sorgt dafür, dass Joshua die junge Viv sozusagen heiraten muss, um die Ehre für sie und ihr ungeborenes Kind zu retten. Doch Viv stammt aus einer streng katholischen Familie, und diese ...

Eine Jugendsünde sorgt dafür, dass Joshua die junge Viv sozusagen heiraten muss, um die Ehre für sie und ihr ungeborenes Kind zu retten. Doch Viv stammt aus einer streng katholischen Familie, und diese bietet dem jüdischen Joshua lieber Geld, damit sich der junge Musiker nach New York verzieht, anstatt ihn als Schwiegersohn zu akzeptieren. So kommt es, dass Viv zwar auf dem Papier verheiratet ist, ihre Tochter Maggie aber unter dem Dach ihrer strengen Eltern aufziehen muss. Da bricht der 2. Weltkrieg aus und verändert alles. Richtig schlimm wird es, als der Priester der Kirche ihrer Eltern Viv nötigt, die kleine Maggie im Rahmen der Kinderverschickungen zu einer Familie aufs Land zu geben. Viv versucht verzweifelt, den Kontakt zu ihrer geliebten Tochter zu halten, spürt jedoch den immer stärker werdenden Einfluss der reichen und kinderlosen Pflegeeltern. Dann kommt es zu einer Bombardierung des Hauses dieser Familie, und Viv muss sich mit Maggies Tod abfinden.

Mich hatte die Geschichte wahnsinnig gereizt, weil das Kapitel der Kinderlandverschickung in England an sich so unglaublich und mit soviel Hoffnung, Bangen und Leid verbunden ist. Als Mutter kann man noch nicht einmal hypothetisch ohne Schmerzen über diese Frage nachdenken. Es waren brutale Entscheidungen, und so manches Mutterherz und auch Kinderherz ging dabei zu Bruch, wobei es auch viele glückliche Fälle gab.

Leider konnte der Roman meiner Erwartung nicht gerecht werden. Die Charaktere waren teilweise für meinen Geschmack zu eindimensional böse gestrickt. Da wurde nicht über Motive oder Gründe nachgedacht, sondern etwa Vivs Mutter oder die Pflegemutter Mrs. Thompson waren recht oberflächlich als niederträchtig beschrieben, ohne den Figuren Tiefe und Charakter zu geben.

Zum anderen ist der Klappentext irreführend formuliert und stimmt nicht wirklich mit dem Fortgang der Handlung überein. Und nicht zuletzt konnte mich das letzte Viertel des Romans kaum überzeugen. Da gab es viele Ungereimtheiten, die sich auch zum Ende hin nicht auflösen ließen oder unglaubwürdig blieben.

Gut hingegen hat mir die Entwicklung von Viv gefallen, die einen beeindruckenden Weg geht vom gefallenen Mädchen zur selbständig für sich und ihre Tochter sorgenden jungen Frau während des Krieges.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
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  • Charaktere
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  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 06.09.2023

Wenn die Abkehr von der Sucht zur Sucht wird

Zeiten der Langeweile
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Mila macht den Drop-out. Es beginnt mit einem vorübergehenden Detox. Sie verabschiedet sich aus Social Media, um eine etwaige Sucht danach in den Griff zu bekommen, entwickelt jedoch nach und nach eine ...

Mila macht den Drop-out. Es beginnt mit einem vorübergehenden Detox. Sie verabschiedet sich aus Social Media, um eine etwaige Sucht danach in den Griff zu bekommen, entwickelt jedoch nach und nach eine ganz andere Sucht: Die Sucht danach, sich aus dem öffentlichen Leben zu verabschieden. Und wie jede Sucht, fängt auch diese schleichend an, ehe sie von Mila völlig Besitz ergreift.

Es war anstrengend, diesen Roman zu lesen. Denn die Schilderung von Milas Drop-out erfolgt nicht in leisen Tönen. Vielmehr prasselt bei Lesen eine Themenfülle auf mich ein, die mich beinahe erschlägt. Es wird nicht nur das schier unendliche Feld von Corona und Impfgegnern, Verschwörungstheorien und Aluhüten abgegrast. Auch der Ukraine-Krieg findet Erwähnung, die Strahlenbelastung, und wie es sich für zeitgenössische Literatur gehört, erfahren wir auch detailliert, wann und wie sich die Heldin selbst befriedigt. Hier darf ich ein Zitat aus dem Roman für mich in Anspruch nehmen: „Ich war mir nicht sicher, ob er meine Ironielosigkeit lesen konnte.“ Der Roman ist laut, bunt und grell. Es bedarf beim Lesen einiger harter Arbeit, diesen ganzen Wust an Themen beiseite zu schaufeln, um zum Grunde vorzudringen. Denn während der Titel Gegenteiliges suggeriert, wird es Mila zunächst nicht langweilig, sondern sie verfällt immer mehr in Aktionismus, treibt den Cut von Medien und Vernetzung geradezu manisch auf die Spitze. Und dann schließlich der Tiefpunkt, der Punkt Null. Die maximale Abschottung, auch Augen und Ohren verschlossen. Danach die metaphorische Wiedergeburt?

Der Roman ist erschreckend in seiner Wirklichkeitsnähe und gleichzeitig abschreckend, weil er es auf die Spitze treibt. Mila kennt kein Mittelmaß, sondern lebt ihr digitales Detox ausschweifender aus als zuvor ihr Leben mit Social Media. Das lässt mich Mila nicht fühlen und nicht verstehen. Ich habe mich mit dem Roman und der Flut von Milas Besessenheit überfordert gefühlt, und vielleicht trifft genau das den Zeitgeist auf den Punkt.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.08.2023

Die Schildkröten sind Programm

Die Bücherjägerin
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Es ist eigentlich eine Geschichte, wie Buchliebhaber:innen sie lieben: Sarah ist „Bücherjägerin“, und nach dem Tod ihrer Tante Amalia macht sie sich gemeinsam mit dem britischen Bibliothekar Benjamin auf ...

Es ist eigentlich eine Geschichte, wie Buchliebhaber:innen sie lieben: Sarah ist „Bücherjägerin“, und nach dem Tod ihrer Tante Amalia macht sie sich gemeinsam mit dem britischen Bibliothekar Benjamin auf die Jagd nach einer verschollenen Karte. Es ist das verloren geglaubte 12. Segment der legendären Tabula Peutingeriana, und mit dem Erlös hofft Sarah, das von ihrer Tante geerbte Antiquariat sanieren und retten zu können.

Damit sind alle Zutaten bereit, um eine klassische Heldenreise oder einen modernen Roadtrip einzuläuten. Und tatsächlich brechen Sarah und Benjamin auf und reisen nach Frankreich und weiter nach England. Doch nur weil jemand auf der Straße fährt, wird dies noch nicht zum Roadtrip. Denn die Autorin fährt, um beim Bild zu bleiben, leider mit angezogener Handbremse. Die Bestandteile sind da, das Ziel ist vorgegeben, doch leider fehlt das aufregende Gefühl des Aufbruchs in eine neue Geschichte. Vielmehr orientiert sich die Handlung an Tempo und Leidenschaft an zwei putzigen Nebenfiguren, den Schildkröten Bonnie und Clyde. Genauso vorsichtig und gemächlich kommt die Geschichte nämlich voran. Und ja, es ist nett, Schildkröten zu beobachten oder die Reise von Sarah und Benjamin, aber beides löst eben keine Begeisterungsstürme aus, sondern liefert solide Unterhaltung. Da hätte ich mir mehr Mut gewünscht, um diese Geschäftsreise zur Heldenreise werden zu lassen.

Dazu kommt, dass uns die Autorin mit Sarah in ihrem Debüt eine recht unrunde Protagonistin vorsetzt. Das ist an sich eine hervorragende Voraussetzung für spannende Begebenheiten und Konflikte. Das Problem ist jedoch, dass die in sich widersprüchliche Protagonistin sich nicht greifen und für mich als Leserin damit leider nicht fühlen lässt. Sarah wird mit autistischen Zügen angedeutet, lebt dann jedoch während des Studiums fröhlich in einer lauten WG. Immer wieder wird beschrieben, wie schlecht sie mit Menschen zurechtkommt und diese deuten kann, wozu jedoch die geschilderte frühere Beziehung in keinster Weise passen mag. Dies alles macht die Heldin unzugänglich und lässt sie fremd bleiben.

Hervorragend gelungen ist hingegen die Figur des Benjamin, der nicht nur einen schlüssigen Charakter aufweist, sondern durch seinen Background wahnsinnig wichtige reflektorische Arbeit zulässt, was zum Beispiel die Wahrnehmung von Musik und Literatur in Bezug auf People of Color betrifft. Diese Ausführungen fand ich äußerst wichtig und gelungen.

Ein wenig irritiert war ich über das Nachwort der Autorin, in dem sie sich pauschal für alle Formen von Rassismus, Diskriminierung etc. entschuldigt, während sie sich im Roman konsequent negativ über die Briten auslässt, sich ein Urteil über deren Politik etc. erlaubt und immer wieder an dem Witz versucht, dass die Engländer auf der falschen Seite fahren würden, was mich im Hinblick auf freundschaftliche Beziehungen nach Großbritannien mit Fremdscham belegt hat. Es scheint also eine Entschuldigung für alle Diskriminierungen außer gegenüber den Briten zu sein.

Abschließend möchte ich feststellen, dass „Des Rätsels Lösung“, wie es im Roman heißt, ein Kinderrätsel von solch banaler Simplizität ist, dass es eigentlich schon wieder hervorragend in den Kontext passt. Meine jüngste Tochter hatte in der Grundschule großen Spaß mit dieser Art von Rätsel.

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Veröffentlicht am 04.07.2023

Die sehr englische feine Gesellschaft

Der Tote in der Dorfkirche
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Reverend Daniel Clement hat es nicht leicht in seiner Gemeinde, muss er sich doch mit starrköpfigen älteren Damen und gar dem Komitee zur Vorbereitung des Blumenfestivals herumschlagen. Sein Vorschlag, ...

Reverend Daniel Clement hat es nicht leicht in seiner Gemeinde, muss er sich doch mit starrköpfigen älteren Damen und gar dem Komitee zur Vorbereitung des Blumenfestivals herumschlagen. Sein Vorschlag, die Kirche durch Einbau einer Toilette zu modernisieren, stößt auf breiten Widerstand und Empörung. Und zusätzlich muss er sich auch noch mit seinem schauspielernden Bruder herumplagen, der ihm bei der Arbeit über die Schulter schauen will. Da erschüttert ein Mord in der Dorfkirche die ganze Gemeinde.
Der Roman schildert hervorragende Beobachtungen einer ländlichen Kirchengemeinde Ende der 1980er Jahre. Die einzelnen Persönlichkeiten sind wahre Charakter mit Ecken, Kanten und Spitzfindigkeit. Vor allem schimmert immer wieder der typisch englische Humor und Wortwitz durch. Hier gilt es insbesondere die Übersetzung zu loben, die sehr sinnstiftend ins Deutsche überträgt und sehr gelungen ist. Wer sehr viel britisches Feeling und englische Eigenheiten sucht, ist hier bestens aufgehoben.

Als Krimi jedoch ist der Roman leider ein glatter Reinfall. Es geschehen zwar Morde, aber ermittelt wird kaum. Die Handlung kommt nicht voran, es gibt keine Finten oder falschen Fährten, nur Geplänkel mit den Dorfbewohnern, das dann aber durchaus charmant ist. Die Auflösung des Falles ist beschämend banal und unglaubwürdig.

Ich kann dieses Buch daher als amüsante Lektüre über den englischen Landadel und die schrulligen Dorfbewohner:innen empfehlen, keineswegs jedoch als den angekündigten Kriminalroman.

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