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Veröffentlicht am 21.08.2023

Faktenreiches Buch über die Geschichte des Irans

Zum Schweigen verdammt
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Schon länger geplant, wird ein Traum endlich Wirklichkeit. Der Umbau des VW-Busses ist fertig und die beiden Freunde Eddy und Bruno können sich auf große Fahrt begeben. Aber nicht nur das. Diese Exkursion ...

Schon länger geplant, wird ein Traum endlich Wirklichkeit. Der Umbau des VW-Busses ist fertig und die beiden Freunde Eddy und Bruno können sich auf große Fahrt begeben. Aber nicht nur das. Diese Exkursion wird sogar finanziell unterstützt. Von Eddys Arbeitgeber und auch, dass Bruno als Fotograf mitreist, gehört zur Förderung. Bereits auf dem Weg zu ihrem Ziel Iran, begegnen sie gastfreundlichen Menschen, die ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Den Iran als Touristen zu besuchen, das ist nicht ungefährlich. Im Jahr 1953 gab es noch sehr aktive Geheimdienstler, die überall und bei jedem Verrat vermuteten. Richtig gefährlich wurde der Aufenthalt, als es zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen auf den Straßen kam. Der Schah wurde zum Zankapfel und es gab sowohl Unterstützer als auch Gegner des Mannes. Wie Eddy und Bruno diese schwierige Phase meisterten, das wird in "Zum Schweigen verdammt" recht anschaulich beschrieben.

Ich las auch die drei vorherigen Bände der Reihe „Leise Helden“. Dieser vierte und letzte Band befasst sich mit einem völlig neuen Thema: dem Orient. Wie bei jedem ihrer Bücher recherchierte die Autorin ausführlich. Es ist also keine schlichte Unterhaltung, die hier geboten wird. Viel mehr ein „Ausflug“ in die Geschichte des Irans, als der Schah und seine deutschstämmige Frau noch in Teheran residierten.

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Veröffentlicht am 15.08.2023

"Pflaster drauf und gut ist´s"

Laufendes Verfahren
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Die „Wir-Erzählerin“ sitzt im Gerichtssaal. Auf einer Empore mit vielen anderen Zuschauern. Sie hat einen guten Blick zum Richter, den Angeklagten und den Verteidigern. Für das Verfahren wurden extra Räume ...

Die „Wir-Erzählerin“ sitzt im Gerichtssaal. Auf einer Empore mit vielen anderen Zuschauern. Sie hat einen guten Blick zum Richter, den Angeklagten und den Verteidigern. Für das Verfahren wurden extra Räume umgebaut und viele Stühle platziert. Das Interesse war sehr groß und der Platz nur begrenzt. Zumal auch eine Vielzahl an Medienvertretern der Verhandlung folgten. "Laufendes Verfahren" beschreibt ebenfalls, dass selbst Männer mit Hakenkreuztattoo im Nacken zur Aussauge zugelassen wurden. Unmöglich in Deutschland? Nein, eine Tatsache.

Ich behaupte mal, dass kein Prozess so sehr beachtet wurde, wie dieser sogenannte NSU-Prozess. Und eine Bundeskanzlerin versprach den Betroffenen sogar „rückhaltlose Aufklärung“. Was war es zum Schluss? „Pflaster drauf und gut ist´s“? 5 Jahre dauerte das Hin und Her. Formfehler wurden beanstandet, Verteidiger ausgewechselt und immer wieder wurde vertagt. Es gab Nebenkläger, die davon derart zermürbt waren, dass sie ihre Klage zurücknahmen.

Die Autorin schreibt tatsächlich immer „wir“. Sie beobachtet gemeinsam mit einer „Omagegenrechts“, einem „Gerichtsopa“, einer „Grundsatzyiliz“ und einem „Bloggerklaus“. Sie zitiert manchmal wörtlich aus den Akten und dann wieder humorvoll, aus ihrer Phantasie. Und trotzdem bleibt nach dem Lesen ein fader Geschmack. Eins wird nämlich deutlich: zu viele Fakten wurden verschwiegen und das gilt besonders für den Verfassungsschutz und dessen V-Männer. In meinen Augen haben die Verantwortlichen versagt und die Täter mit Samthandschuhen angefasst. Das Buch ist durchaus lesenswert, wenngleich auch die Gedankengänge der Autorin nicht immer nachvollziehbar sind.

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Veröffentlicht am 08.08.2023

Monschau ist immer eine Reise wert

Perlenbach
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Seinen Namen bekam der Perlenbach vor vielen Jahren, da es hier viele Flussperlmuscheln gab. Bis zum Jahr 1880 durften die wertvollen Schmuckstücke nur durch den Perlfischer Ossenbruch und seine Helfer ...

Seinen Namen bekam der Perlenbach vor vielen Jahren, da es hier viele Flussperlmuscheln gab. Bis zum Jahr 1880 durften die wertvollen Schmuckstücke nur durch den Perlfischer Ossenbruch und seine Helfer entnommen werden. Sie gehörten nämlich samt Bach dem Fürsten von Jülich. Kein Wunder, dass der Fluss gut bewacht wurde und kein Unbefugter nach diesen Kleinodien suchen durfte. Umso spannender war es für die drei Freunde Wilhelm, Jacob und Luise, immer wieder den Bach aufzusuchen und dann den Häschern knapp zu entkommen. Die drei verstanden sich bestens, bis sich ihre Wege trennten und es kaum noch gemeinsame Interessen gab.

„Perlenbach“ ist der zweite Band einer Trilogie, ließ sich aber ohne Vorkenntnisse sehr gut lesen. Das Cover zeigt Monschau in alter Ansicht und sehr ausdrucksvoll das „Rote Haus“, das heute noch ein Wahrzeichen der kleinen Stadt an der Rur ist. Im Perlenbach gibt es zwar keine Perlen mehr, aber Forellen können geangelt werden. Die Geschichte Monschaus ist eng verwoben mit den Tuchmachern und das hat die Autorin gut festgehalten. Die gravierenden Unterschiede zwischen armen Bauern in Wollseifen und den Reichen an der Rur ebenfalls. Jedoch kam mir die Historie dieser Eifelgegend dann doch zu kurz. Ich habe mir mehr davon versprochen.

Die Geschichte wurde in der Mitte für meinen Geschmack zu sehr ausgedehnt. Und kam mir nicht immer realistisch vor. Einige unvorhersehbare Wendungen sorgten aber dann doch für ein wenig Spannung. Ansprechend fand ich die bildhafte Sprache und eine Beschreibung der Landschaft, die auch heute noch so ist. Einige Häuser aus damaliger Zeit stehen noch in Monschau und können betrachtet werden. Wen die Historie der Eifel und/oder von „Lost Places“ interessiert, der sollte „Perlenbach“ lesen.

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Veröffentlicht am 26.07.2023

Guter Roman über den Bau des Gotthardtunnels

Bergleuchten
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Eigentlich verständlich, dass die Fuhrhalter in Göschenen um ihre Existenz bangen. Der geplante Tunnel durch den Gotthard wird etliche Touren über den Pass überflüssig machen. Helenes Vater sieht das aber ...

Eigentlich verständlich, dass die Fuhrhalter in Göschenen um ihre Existenz bangen. Der geplante Tunnel durch den Gotthard wird etliche Touren über den Pass überflüssig machen. Helenes Vater sieht das aber ein wenig anders. Er zeigt sich kooperativ mit der Firma von Louis Favre. Mit Sturheit ist keinem geholfen und der Tunnel wird den Tourismus in den abgelegenen Orten ankurbeln. Zunächst aber heißt es, sich ruhig zu verhalten und nach Möglichkeit friedlich mit den neuen Mitbewohnern zusammen zu leben. Zumal sie ja auch Geld in den Ort bringen.

„Bergleuchten“ beschreibt sehr gut, wie der Tunnel durch das Gotthardmassiv entstand. Welche Probleme es gab, wie schwer die Arbeit war und was die Männer dabei erdulden mussten. Die Autorin gibt sich dabei nicht mit oberflächlichen Ausführungen zufrieden. Vom ersten Hämmern, über das Sprengen bis es nach 15 km und viel Schufterei zum Durchbruch kam, erlebt der Leser alles hautnah mit. So werden unter anderem die Eigenheiten der unterschiedlichen Gesteinsschichten beschrieben. Worauf vor dem Sprengen zu achten ist und was es mit den Wassereinbrüchen auf sich hat.

Zugleich gibt es eine bildhafte Beschreibung der Umgebung von Göschenen. Wie sehr der kalte Winter dort die Arbeiten am Tunnel erschwert und die italienischen Arbeiter unter der Kälte zu leiden haben. Ja, und dann gibt es auch noch eine Liebesgeschichte. Die kommt mit etlichen Wendungen daher und das war mir dann doch ein wenig zu viel. Aber in der Gesamtheit gefiel mir der Roman gut und ich empfehle ihn sehr gerne weiter.

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Veröffentlicht am 22.07.2023

Eindrucksvoller Beschreibung einer Flucht aus der Heimat

Kornblumenzeit
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„Kornblumenzeit“ beginnt im Jahr 1928. Das Leben in Ostpreußen ist geprägt von Arbeit und fröhlichen Festen. Alle helfen sich gegenseitig. Hier gibt es keine Straßenschlachten oder sonstige Unruhen. Das ...

„Kornblumenzeit“ beginnt im Jahr 1928. Das Leben in Ostpreußen ist geprägt von Arbeit und fröhlichen Festen. Alle helfen sich gegenseitig. Hier gibt es keine Straßenschlachten oder sonstige Unruhen. Das „Reich“ liegt weit weg und nur am Rande erfahren die Ostpreußen etwas von der großen Politik. Bis diese auch in Locken Einzug hält. Zunächst kaum merklich, werden Sanktionen gegen jüdische Mitbewohner spürbar. Es darf nicht mehr bei ihnen gekauft werden und etliche erkennen die Gefahr und fliehen rechtzeitig. Als sich dann Hitler Österreich einverleibt und danach auch noch Polen angreift, glauben die Lockener noch immer, dass sie vor dem Krieg verschont bleiben. Ein Fehler, der fast zum Tode aller Familienangehörigen führt.

Masuren ist noch immer das Land der Seen und liegt im Süden der ehemaligen Provinz Ostpreußen. So viele Menschen mussten vor und während des Zweiten Weltkriegs von hier fliehen. Was es heißt, seine Heimat verlassen zu müssen, das beschreibt die Autorin Simona Wernicke eindrücklich. Sie berichtet von Käthe und Carl, die sich verlieben und eine Familie gründen. Mit ihren sechs Kindern leben sie zufrieden in dem kleinen Ort Locken. Die Eltern Käthes wohnen weiter weg und erst nach dem Erwerb eines Unimogs können sich die Familien häufiger treffen. Täglich muss hart gearbeitet werden, aber das ist für die Menschen in Ostpreußen normal. Sie sind meistens Selbstversorger mit einem Stück Land. Kühe, Schweine und Hühner gehören zur Familie.

Was die Eheleute Carl und Käthe während und nach der Flucht erleben, das ist kaum zu ertragen. Am Anfang fand ich die Geschichte sehr langgezogen und zum Ende hin dann zu rasch beendet. Gut gefiel mir, dass der Werdegang eines jeden Familienmitgliedes zum Schluss kurz umrissen wird. Es bleiben also keine Fragen offen. Sehr gut gefiel mir das Cover. Der leuchtende Mohn und die kräftige Farbe der Kornblumen gehört zu den Wahrzeichen der beeindruckenden Landschaft Masurens.

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