Verstörendes, ehrliches Buch über die Schlächter von einst
Dass er mal so tief sinken würde, hätte Straffer nicht gedacht. Als Nachtwächter arbeiten zu müssen und in einem Ein-Zimmer-Verschlag zu hausen, nein, das ist nichts Angenehmes. Seine Frau und die beiden ...
Dass er mal so tief sinken würde, hätte Straffer nicht gedacht. Als Nachtwächter arbeiten zu müssen und in einem Ein-Zimmer-Verschlag zu hausen, nein, das ist nichts Angenehmes. Seine Frau und die beiden Jungen kommen mit der Situation auch nicht gut zurecht. Wie schön war es doch, als er noch SS-General war. Rauschende Feste fanden in seinem großen Haus statt und viele Bekannte beneideten ihn um seinen Reichtum. Aus und vorbei. Als dann ausgerechnet ein Jude sein neuer Arbeitskollege wird, ist Straffer völlig am Ende.
Welch ein verstörendes Buch. Der Autor schreibt schonungslos über die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. So viele Nationalsozialisten kamen in hohe Posten und nur ein Bruchteil der Täter von damals wurde bestraft. Dass Eichmann gefunden wurde, war Glück. Wäre der Prozess nicht vor aller Welt geführt worden, vielleicht hätten die Richter ihn sogar noch begnadigt? Die Gedanken Straffers, die der Autor zu Papier brachte, machen sprachlos. Der glaubte tatsächlich daran, was der Führer ihm vorbetete. Was war mit Adenauer und Kiesinger? Warum wohl gab Frau Klarsfeld einem der „hohen Herren“ eine Ohrfeige?
Was heute so vollmundig als „nie wieder“ verkündet wird, klingt für mich leicht ironisch. Diese Stimmen hätte es nach Kriegsende geben müssen, und das sehr laut. Nicht nachzuvollziehen, dass so viele als Wendehälse durchkamen. Trotz ernstem und aufwühlendem Thema, lässt sich
„Straffers Nacht“ zügig lesen.