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Veröffentlicht am 29.10.2023

wunderbares Buch

Die Bücher, der Junge und die Nacht
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Leipzig 1933, Jakob Steinfeld ist gerade aus dem Gefängnis entlassen worden, als ihn eine junge Frau bittet ihr Buch zu binden. Kurz darauf verschwindet sie.

Jakobs Sohn Robert ist am Anfang der siebziger ...

Leipzig 1933, Jakob Steinfeld ist gerade aus dem Gefängnis entlassen worden, als ihn eine junge Frau bittet ihr Buch zu binden. Kurz darauf verschwindet sie.

Jakobs Sohn Robert ist am Anfang der siebziger Jahre Buchhändler, der auch private Büchereien auflöst. Als ihn seine Kollegin Marie um Hilfe bittet, die private Bücherei von Konrad Pallandt aufzulösen, löst sie damit auch eine Suche nach den Wurzeln von Robert aus, der seine Eltern nie kennengelernt hat.

Die Geschichte spielt auf drei Zeitebenen. Einmal begleiten wir Jakob 1933 als er aus dem Gefängnis entlassen wird. Mit seinem Freund Grigori leitet er eine kleine Buchhandlung im Bücherviertel Leipzigs in direkter Nachbarschaft zu den Fabriken der Verlegerfamilie Pallandt. Hier beginnt die Geschichte rund um Robert und ein später verschwundenes Buch.

Die zweite Zeitebene spielt ab 1943 als der Junge Robert von einem geheimnisvollen Fremden aus der Flammenhölle eines Bombenangriffs gerettet wird. Mit ihm zieht Robert ein knappes Jahr durch das vom Krieg geplagte Deutschland, immer auf der Suche nach einem speziellen Buch.

Im Jahr 1971 begleiten wir dann Robert und Marie, die beim Auflösen der privaten Bibliothek von Konrad Pallandt einige Bücher gefunden haben, die es eigentlich nicht geben dürfte. Dabei stoßen sie auf die Geschichte von Roberts Familie und lösen das Geheimnis seiner Herkunft.

Mich hat das Buch sehr berührt. Die Protagonisten wachsen einem ans Herz und man leidet mit ihnen mit. Gut gefallen hat mir die schrittweise Lösung des Geheimnisses um Roberts Herkunft, die sich peu à peu in den drei Zeitebenen zusammensetzt. Was anfangs wie einzelne Fragmente, die nichts miteinander zu tun haben wirkt, ist am Ende wie ein Puzzle zusammengesetzt und alle Lücken sind geschlossen. So ergibt sich ein Gesamtbild, in dem nicht nur Roberts Geschichte zu Ende erzählt wird, sondern auch die vieler Nebenfiguren, die immer wieder auftauchen.

Besonders ans Herz gewachsen ist mir neben Jakob auch Grigori, den ich ganz wunderbar fand. Und sich nebenbei auch zu einer Überraschung entwickelt hat. Und auch Jakobs Umfeld und deren Geschichten werden ganz nebenbei mit eingeflochten.

Ich kann das Buch sehr empfehlen, es hat mich wirklich sehr berührt und begeistert.

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Veröffentlicht am 16.08.2023

Irans Geschichte

Zum Schweigen verdammt
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Bruno und Eddy sind mit ihrem ausgebauten VW-Bus auf dem Weg nach Teheran um eine politische Dokumentation zu drehen und den deutschen Zuschauern den Iran auch abseits der Kaiserin Soraya nahe zu bringen. ...

Bruno und Eddy sind mit ihrem ausgebauten VW-Bus auf dem Weg nach Teheran um eine politische Dokumentation zu drehen und den deutschen Zuschauern den Iran auch abseits der Kaiserin Soraya nahe zu bringen. Mit ihrer aufgeschlossenen Art machen sie schnell Bekanntschaften, die ihnen das Land auch abseits der offiziellen Wege erschließen. Doch die politische Lage im Iran spitzt sich zu und Bruno und Eddy geraten zwischen die Fronten.

In diesem Band ging es also nun in den Iran, dessen Geschichte mir bis auf die Geschehnisse im Jahr 1979 und den heutigen Zeiten eher unbekannt war. Das hat sich nun mit diesem Buch verändert. Im Jahr 1953 ist der Iran eine Art konstitutionelle Monarchie mit einem starken Premier und einem schwachen Schah. Als Premier Mossadegh von den Briten eine Neuverhandlung der Ölverträge fordert, weil er sein Land übervorteilt sieht, setzt er damit eine Geheimdienstoperation in Gang, die das Schicksal des Irans bis in die heutige Zeit verändert. Der Iran war damals eine dem Westen durchaus zugewandte Nation, in der die Geistlichkeit ihren Einfluss verloren hatte. Durch den Einfluss der Geheimdienste der USA und der Briten wurde Mossadegh gestürzt und der Shah als autokratischer Herrscher gestützt um das Land dem Einfluss der Sowjetunion zu entziehen. Unter den Folgen dieser Einflussnahme leidet das Land noch heute.

Eddy und Bruno sind mit ihrer offenen Art gern gesehene Gäste, mit denen lebhaft diskutiert wird, auch über politische Ansichten. Durch diese Gespräche bekommt der Leser einen umfassenden Überblick über die Lage im Iran und über die verschiedenen Lager. Allerdings geraten die beiden ins Visier der Geheimdienste und werden von beiden Seiten bespitzelt und benutzt.

Das Buch wurde durch diesen Faktor zu einem spannenden Spionage Roman und durch die Verbindung zu Eddys Familie auch sehr persönlich. Dazu kommt, dass Eddy und Bruno durch ihre Homosexualität ja noch zusätzlich angreifbar sind und daher noch mehr auf der Hut sein müssen. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt Homosexualität im Iran nicht strafbar war.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und viel dabei gelernt. Es wurde recht deutlich dass es damals kein Gut und Böse gab, gerade im Iran zeigt sich deutlich wie sehr die Amerikaner und die Sowjets damals die Welt ohne Rücksicht auf die Bevölkerung unter sich aufgeteilt haben. Nicht das Wohl des jeweiligen Landes stand im Fokus, nur die Möglichkeit dort Macht auszuüben und dann zum eigenen Nutzen Geschäfte zu machen war das Ziel.

Ich kann das Buch nur empfehlen, es wird mich sicher noch eine Weile beschäftigen und hat mir Lust darauf gemacht, mehr über den Iran zu erfahren.

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Veröffentlicht am 16.07.2023

Jahreshighlight

Fourth Wing – Flammengeküsst
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Violet ist ihr Leben darauf vorbereitet worden Schriftgelehrte zu werden. Als ihr Vater stirbt entscheidet ihre Mutter jedoch, dass sie ein Drachenreiter werden soll. Doch die Ausbildung im Basgiath War ...

Violet ist ihr Leben darauf vorbereitet worden Schriftgelehrte zu werden. Als ihr Vater stirbt entscheidet ihre Mutter jedoch, dass sie ein Drachenreiter werden soll. Doch die Ausbildung im Basgiath War College ist gerade für die Reiter extrem hart und aufgrund ihrer körperlichen Voraussetzungen hat Violet hier nur wenig Chancen zu überleben. Zusätzlich ist sie als Tochter ihrer Mutter noch ein zusätzliches Ziel für ihre Widersacher, allen voran Xaden, der noch eine Rechnung mit ihrer Mutter offen hat.

Violet mag zwar körperlich nicht stark sein, sie ist aber sehr schlau und kann ihre Defizite durch geschickte Manöver ausgleichen. Mir hat dieser Charakterzug gut gefallen, vor allem da gerade ihr engster Kreis ihr genau das nicht zutraut. Es war schon erstaunlich, wie wenig Vertrauen ihr gerade der engste Freund aus ihrer Kindheit zu ihr hat.

Ich muss sagen, ich war gefangen von diesem Buch. Ich war anfangs skeptisch ob es mir gefallen würde, gerade weil das Buch gerade so durch die Decke geht. Allerdings war der Teil der Story mit der Verbindungen zu den Drachen einfach zu verführerisch für mich, da ich das schon in den Chroniken von Pern so grandios fand. Und ich wurde nicht enttäuscht, die Autorin schafft es wirklich ein Setting aufzubauen, dass durchgehend spannend ist. Mir hat die Welt, in der Violet und Xaden sich beweisen müssen, durchgehend gut gefallen.

Anfangs geht es einfach darum in der Ausbildung zu überleben, doch bald verdichten sich die Hinweise darauf, dass im Land generell etwas nicht stimmt. Das beeinflusst die Ausbildung nicht, aber beim Leser schleicht sich so das Gefühl ein, dass da noch mehr kommen muss. Das Ende ist dann wirklich furios, spektakulär und überraschend bis zum letzten Satz des Buches.

Die Charaktere waren toll beschrieben, ich hatte meine Favoriten und konnte einige nicht leiden, Genau so muss es auch sein, ich habe mehrfach mit Violet mit gefiebert wenn sie wieder einmal einem überlegenen Gegner gegenüber stand, den ich einfach nicht leiden mochte.

Alles in allem war es einfach ein Highlight, ich mochte nicht aufhören zu lesen und das Buch hat mich auch so gedanklich noch beschäftigt. Nachdem das Buch recht überraschend endet bin ich jetzt sehr gespannt auf den zweiten Teil und auf die Überraschungen, die die Autorin da geplant hat.

Meine beiden Mädels haben das Buch zeitgleich mit mir auf englisch gelesen und waren genauso begeistert wie ich davon. Sprich, das Buch funktioniert auch altersunabhängig.

Von mir und von den beiden also eine absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 30.06.2023

Highlight

Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen
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Tom Horsmith feiert seinen 20. Geburtstag mit Freunden im Pub seines Heimatdorfes, als der örtliche Abgeordnete dort auftaucht und sich ein Streitgespräch über den Klimawandel entwickelt. Daraus entsteht ...

Tom Horsmith feiert seinen 20. Geburtstag mit Freunden im Pub seines Heimatdorfes, als der örtliche Abgeordnete dort auftaucht und sich ein Streitgespräch über den Klimawandel entwickelt. Daraus entsteht eine Wette, die die beiden ein Leben lang begleiten und prägen soll. Tom behauptet dass Monty, der Abgeordnete, in 50 Jahren zur Flut in seinem Haus im Wohnzimmer sitzend ertrinken wird. Monty, überzeugter Klimaleugner, widerspricht und verlangt von Tom als Wetteinsatz dessen Leben.

Wir begleiten die beiden nun die nächsten achtzig Jahre nach diesem Streit, in denen sie immer wieder aufeinandertreffen und ihre Leben sich gegenseitig beeinflussen.

Ich hatte bis jetzt noch kein Buch von John Ironmonger gelesen, Der Wal und das Ende der Welt steht noch auf meiner Leseliste. Ich fand das Thema dieses Buchs an sich sehr interessant und die guten Besprechungen taten ihr übriges.

Ich kann mich den Lobeshymnen nur anschließen. Das Buch war unglaublich gut zu lesen, spannend und mit einer wichtigen Aussage versehen. Ich habe es an einem Tag in einem Rutsch gelesen und das Buch dann zufrieden zugeklappt.

Die Geschichte macht immer wieder Zeitsprünge, aber man hat nie das Gefühl wichtige Dinge verpasst zu haben. Das, was in den Jahren dazwischen passiert ist, fließt ganz nebenbei in die Geschichte ein. Ich hatte die ganze Zeit Bilder vor Augen und war gespannt, was wohl als nächstes passieren wird. Die Charakterzeichnung fand ich sehr gelungen, sowohl Tom als auch Monty haben ihre guten und schlechten Seiten, auch wenn Tom deutlich sympathischer beschrieben ist als Monty. Gut gefallen hat mir, dass die beiden sich, obwohl sie meist gegensätzlicher Meinung sind es am Ende doch schaffen miteinander zu reden und sich gegenseitig zuzuhören. Wenn auch nicht ganz freiwillig.

Ich kann dieses Buch nur empfehlen. Für mich war es definitiv eines meiner Jahreshighlights.

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Veröffentlicht am 29.04.2023

chinesische Familiengeschichte

Der Pfirsichgarten
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Meilin muss mit ihren Sohn Renshu Ende der dreißiger Jahre ihre Heimatstadt verlassen, als diese im chinesisch-japanischen Krieg angegriffen wird. Ihr Mann ist bereits gefallen und sie ist auf die Hilfe ...

Meilin muss mit ihren Sohn Renshu Ende der dreißiger Jahre ihre Heimatstadt verlassen, als diese im chinesisch-japanischen Krieg angegriffen wird. Ihr Mann ist bereits gefallen und sie ist auf die Hilfe seines Bruders Longwei angewiesen. Damit beginnt eine Odyssee quer durch China, immer wieder müssen sie flüchten und ein neues Leben beginnen, bis sie schließlich nach dem zweiten Weltkrieg vor den Kommunisten nach Taiwan flüchten. Hier kommt etwas Ruhe in das Leben von Mutter und Sohn und hier hat Renshu die Möglichkeit seinen Wissensdurst zu stillen.

Schließlich kann Renshu nach Amerika gehen, da er ein Stipendium bekommen hat. Dort nimmt er den Namen Henry an und muss lernen, dass er auch dort den Konflikten seiner Heimat nicht entkommen kann. So kapselt er sich immer mehr von der chinesischen Gemeinde ab und auch seine Tochter Lily erfährt nichts über seine Geschichte oder die seines Landes.

Lily kommt mit diesem nicht-Wissen nicht gut klar, hat sie doch das Gefühl, das ihr etwas fehlt. Erst durch ein gemeinsames Erlebnis öffnet sich Henry und erzählt Lily seine Geschichte.

Das Buch umfasst einen Zeitraum von gut 60 Jahren. Der Autorin gelingt es in diesem Zeitraum völlig unterschiedliche Welten lebendig werden zu lassen. Man taucht ein in ein China, das es heute nicht mehr gibt, als es noch nicht von der kommunistischen Partei regiert wurde. Die Flucht nach Taiwan bringt zwar Ruhe ins Leben, Heimat finden Meilin und Renshu hier aber auch nicht wirklich, da die Festlandschinesen eigentlich nicht lange bleiben wollen und sich Anfangs nicht wirklich integrieren. Ich fand es sehr interessant hier auch mehr über die Politik von Chiang Kai-Shek zu erfahren.

Renshus Aufbuch nach Amerika bildet dann auch einen Schnitt in der Geschichte. Hier merkt man dann, wie unterschiedlich die Lebensweisen in Ost und West dann doch waren. Dass der Regimekampf auch innerhalb der USA Auswirkungen auf Chinesen hatte wurde mir erst hier klar. Jede Äußerung konnte Repressalien der Verwandtschaft zu Hause führen.

Mich hat das Buch sehr berührt und mitgenommen. Ich habe viel gelernt und ich muss sagen, dass ich Meilin sehr bewundert habe für ihre Stärke. Renshu / Henry dagegen hätte ich manchmal schütteln können für seine Art der Verweigerung. Anstatt mit seiner Familie offen zu sprechen zieht er sich immer weiter zurück, bis er seine Familie in Amerika fast verliert.

Ich kann dieses Buch nur empfehlen. Es ist berührend geschrieben, man lernt unglaublich viel über die chinesische Lebensart und Geschichte. Die Charaktere sind vielschichtig und ich habe sie ins Herz geschlossen. Für mich ist es auf jeden Fall eines meiner Jahreshighlights.

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