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Veröffentlicht am 12.09.2023

Fragmente der Erinnerung

Die Details
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Eine Frau erinnert sich im Fieber an Personen, die im Laufe ihres Lebens eine wichtige Rolle gespielt haben. Wir begegnen

- ihrer großen Liebe Johanna
- einer ehemals eng befreundeten WG-Gefährtin namens ...

Eine Frau erinnert sich im Fieber an Personen, die im Laufe ihres Lebens eine wichtige Rolle gespielt haben. Wir begegnen

- ihrer großen Liebe Johanna
- einer ehemals eng befreundeten WG-Gefährtin namens Niki
- ihrer heißen Liebe Alejandro
- sowie ihrer Mutter Birgitte

Die Frau selbst bleibt bis zum Ende ohne Namen, nicht verwunderlich, denn es sind ausschließliche ihre Erinnerungen, aus denen „Die Details“ besteht. Weder gibt es einen anderen Blickwinkel noch eine chronologische Handlung. Stattdessen erleben wir, wie sich die Gedanken und Erinnerungen aus Fragmenten, Details eben, zusammenfügen. Mal sind es Anekdoten, mal Gedanken und Gefühle, aber immer auch Beschreibungen aus der heutigen Sicht der Erzählerin. Dieses fragmentarische Ensemble passt sehr gut zum beschriebenen Fieber-Setting. Woran erinnert man sich? Wie betrachtet man Begegnungen in der Rückblende? Was bewirken Begegnungen? Auf mich wirkt das Erzählte echt und authentisch. Ia Genberg gelingt es, eine großartige Geschichte aus Lebensabschnitten zu zeichnen, wunderbar beschrieben und formuliert in einer sehr feinen und belesenen Sprache. So verwundert es nicht, dass sich die Liebe und Auseinandersetzung zum geschriebenen Wort wie ein roter Faden durch „Die Details“ zieht. Zugleich erleben wir eine kleine Zeitreise in menschliche Begegnungen vor dem Internet, als man auf Reisen nicht erreichbar war und als es möglich war, sich vollständig aus den Augen zu verlieren.

Gelesen wird „Die Details“ von Marion Elskies, der es gelungen ist, mich als Zuhörerin so zu fesseln, dass meine Gedanken nicht zu anderen Dingen abgedriftet sind. Als Stimme der Erzählerin ist sie eine authentische und glaubwürdige Besetzung.

Ich spreche eine unbedingte Hörempfehlung aus, hätte mir manchmal aber das Buch gewünscht, um einzelne Passagen anzustreichen.

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Veröffentlicht am 10.09.2023

Die Geschichte einer Familie, bei der der Rhein eine Hauptrolle spielt

Rheinkinder
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Emmerich ist eine Hansestadt am unteren Niederrhein. Der Hafen spielt auch heute eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Situation der Stadt. Hier hat Veronika Aydin ihren Familienroman "Rheinkinder" ...

Emmerich ist eine Hansestadt am unteren Niederrhein. Der Hafen spielt auch heute eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Situation der Stadt. Hier hat Veronika Aydin ihren Familienroman "Rheinkinder" verortet mit Emmerich als Heimathafen der Familie Bremel. Vater Bremel ist Kapitan des Küstenmotorschiffs Lucetta und wir lernen die Familie in ihrem Schicksalsjahr 1965 kennen. Ist die Kindheit zunächst unbeschwert und ein einziges großes Abenteuer, verändert sich durch ein dramatisches Ereignis plötzlich alles.

Weitere Zeitebenen sind die Jahre 1990 und 2010. Die Kapitel sind wie Logbucheinträge betitelt, und Ort- sowie Zeitangaben erleichtern die Orientierung. Obwohl alles aus der Sicht von Hanne erzählt wird, ergeben sich Perspektivwechsel: Hanne als Kind, Hanne mit Anfang dreißig und Hanne mit Anfang fünfzig. So entsteht nach und nach aus den Puzzlestücken der drei Zeitebenen eine faszinierende Familiengeschichte mit Krimi-Elementen, der es nicht an Spannung mangelt. Zugleich ist es ein schöner Rückblick in die 60er Jahre, und vieles hat mich an meine eigene Kindheit erinnert.

Am Ende war ich etwas wehmütig, dieses gelungene Buch aus der Hand legen zu müssen.

Veronika Aydin ist nicht nur Autorin, sondern tatsächlich Tochter eines Kapitäns, gebürtig aus Emmerich, und und hat einen Teil ihrer Kindheit auf einem Kümo verbracht. Mit diesem Buch hat sie ihren Eltern - ihnen und der Großmutter sind die "Rheinkinder" gewidmet - ein wunderschönes Denkmal gesetzt, auch wenn die Geschichte fiktiv ist. Man merkt dem Buch an, dass es auf eigenen Erfahrungen beruht und dass manche Erlebnisse in die Geschichte eingeflossen sind. Ebenso wie die Kinderfotos auf dem wunderschön gestalteten, leicht nostalgischen Cover, leben die "Rheinkinder" von einer beeindruckenden Authentizität.

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Veröffentlicht am 27.08.2023

Dichte Beschreibung um ein gestohlenes surrealistisches Gemälde

Die Akte Madrid
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Welche Verbindung gibt es zwischen einem surrealistischen Gemälde aus der Franco-Zeit und einem deutschen Verteidigungsminister im Jahre 2016? Der Kunsthistoriker Lennard Lomberg ermittelt in seinem zweiten ...

Welche Verbindung gibt es zwischen einem surrealistischen Gemälde aus der Franco-Zeit und einem deutschen Verteidigungsminister im Jahre 2016? Der Kunsthistoriker Lennard Lomberg ermittelt in seinem zweiten Fall “Die Akte Madrid” und stößt dabei auf deutsch-spanische Verstrickungen, alte Nazi-Seilschaften, politische Intrigen der Bonner Republik, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das Thema Beutekunst.

Autor Andreas Storm hat einen sehr komplexen, anspruchsvollen und detailreichen Roman geschrieben, der sich souverän auf verschiedenen Zeitebenen bewegt und unterschiedliche Handlungsstränge und Handlungsorte aufweist, ohne sich dabei zu verheddern. Mir hat diese dichte Beschreibung sehr gut gefallen, denn ich mag Bücher mit einem gewissen Anspruch. Gerade deshalb ist “Die Akte Madrid” aber kein Krimi, den man mal eben nebenbei weglesen kann. Dabei spielt Storm mit den Genres, ist mal Krimi, mal Politthriller, mal ein historischer Roman. Kurze Unterkapitel im Stil eines Thrillers erhöhen die Spannung, aber auch die Anforderungen an die Aufmerksamkeit der Leserschaft. Sie sind jedoch immer mit genauen Orts- und Zeitangaben versehen. Orientierung gibt zudem ein Figurenverzeichnis am Ende des Buches ebenso wie Überblickspläne im Innencover, welche die wichtigsten Handlungsorte in Granada und Bonn anschaulich werden lassen. Man merkt dem Buch mit seinen vielen Details an, dass Storm sehr gut und intensiv recherchiert hat.

Bei alledem bleibt “Die Akte Madrid” aber immer eine fiktive Geschichte, die sich so oder ähnlich hätte zutragen können. Deshalb macht es trotz der Spannung auch immer wieder sehr nachdenklich und hat bei mir zu Gänsehaut-Momenten geführt. Gut gefallen hat mir, dass uns Andreas Storm am Ende seine Beweggründe zum Schreiben dieses Buches erzählt hat und dass der Anhang dabei hilft, Fiktion und Realität wieder zu trennen.

Das Cover ähnelt dem des ersten Bandes der Lomberg-Reihe und ist sehr schön und mit einem gewissen Wiedererkennungswert designt. Rundum also ein sehr gelungenes Buch, welches man auch sehr gut lesen kann, ohne Band eins zu kennen. Mich hat es neugierig gemacht auf den Vorgängerband, den ich mir auf jeden Fall noch kaufen werde. Und natürlich hoffe ich auf eine Fortsetzung, die sich am Ende bereits ankündigt.

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Veröffentlicht am 16.08.2023

Willkommen im Wohlfühlparadies

Meine Auszeiten - Westerwald
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Nicole Steffens lädt uns ein, uns eine Auszeit im Westerwald zu nehmen. Wer wie ich im Einzugsgebiet der Region wohnt und sich nach genau dem sehnt, was der Untertitel verspricht - nämlich "Durchatmen ...

Nicole Steffens lädt uns ein, uns eine Auszeit im Westerwald zu nehmen. Wer wie ich im Einzugsgebiet der Region wohnt und sich nach genau dem sehnt, was der Untertitel verspricht - nämlich "Durchatmen & Kraft schöpfen" , der hält mit diesem Band der Reihe Auszeiten einen kleinen Schlüssel zum Wohlergehen in den Händen. Weitere Bände der Reihe sind im Droste-Verlag von anderen Autorinnen zu den Regionen Ruhrgebiet, Chiemgau, Hamburg, Pfalz und München erschienen, und ich bin neugierig, auch diese in Urlauben auszuprobieren.

Der Westerwald ist die Region zwischen Dill, Lahn, Rhein, Sieg und Heller und erstreckt sich über die Bundesländer Hessen, NRW und Rheinland-Pfalz. Ein waldiges deutsches Mittelgebirge, durchzogen von tiefen Flusstälern und alten Verkehrs- und Handelswegen, und trotzdem heute eher abseits des allgemeinen touristischen Interesses gelegen; vielleicht auch, weil es keine klare Umgrenzung und geteilte politische Zuständigkeiten gibt. Umso beachtenswerter ist die schöne Sammlung, die Nicole Steffens uns in diesem Band präsentiert. Aufgeteilt in vier Kapitel mit den Überschriften " Meine Atempause", "Meine Kraftquelle", "Mein tag Urlaub" und "Meine Frei-Zeit" bieten sich der Leserschaft Möglichkeiten von unterschiedlicher Länge und Intensität, um aus dem Alltag auszubrechen, durchzuatmen und Kraft zu schöpfen. Dies kann kreativ, besinnlich, sportlich, kulinarisch, voller Kunstgenuss oder wissensbegierig geschehen. Alles ist möglich im Westerwald. Unterbrochen werden die 70 Vorschläge, die jeweils mit Kontaktdaten, Webseiten oder Anschriften versehen sind, von Achtsamkeitsübungen. Alles kann, nichts muss. Es ist für jeden etwas dabei. In der hinteren Buchklappe findet sich eine Übersichtskarte, so dass man eine regionale Zuordnung hat. Ich hätte mir ergänzend noch einen Kalender gewünscht, wann sich welcher Tipp besonders lohnt oder eher nicht.

Einige der Tipps kannte ich schon, aber durch das Durchblättern und neu betrachten kam mir die Idee, das eine oder andere neu zu entdecken, neu zu kombinieren oder einfach mal um die Seele baumeln zu lassen in der eigenen Verbandsgemeinde einen Wochenendurlaub zu verbringen.

Fazit: Ein Reise- und Erholungsführer für die Bedürfnisse unserer Zeit.

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Veröffentlicht am 16.08.2023

Gartenkrimi? - Ein Buch für alle Sinne

Perle vom Wienerwald
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Was bitte ist ein Gartenkrimi? Ein Krimi für Gartenliebhaber*innen? Ein Roman, in dem der Tatort in einem garten situiert ist? Und ist nicht am Ende sowieso der Gärtner immer der Mörder (m/w/d)?

"Die ...

Was bitte ist ein Gartenkrimi? Ein Krimi für Gartenliebhaber*innen? Ein Roman, in dem der Tatort in einem garten situiert ist? Und ist nicht am Ende sowieso der Gärtner immer der Mörder (m/w/d)?

"Die Perle vom Wienerwald" entpuppt sich nicht nur als eine historische österreichische Prachtrosenzüchtung, sondern liefert auch den Titel für den ersten Band einer neuen österreichischen Gartenkrimireihe um die Gärtnerin Toni und ihren Familienclan. Ein Wiener Cozy Crime mit vielen spannenden und liebenswerten Charakteren, bei dem es die Autorin Barbara Smrzka problemlos schafft, weder in die Kitschfallen des Cozy Crime noch in die Oberflächlichkeiten mancher Regionalkrimis hineinzutappen, die nur aus einer Aneinanderreihung regionaler Stereotypen in Kombination mit Straßen- und Restaurantnamen zu bestehen. Frau Smrzka kann mehr! Und sie hat die Pandemie dazu genutzt, dies unter Beweis zu stellen. Sie brilliert mit ihrem Debütroman vollkommen überzeugend und präsentiert der Leserschaft einen durch und durch gelungen Kriminalroman. Die Handlung ist stimmig. schlüssig und durchdacht, die Hintergründe sind erkennbar gut recherchiert, so wie man es sich von einer Ingenieurin und Bibliothekarin erhofft. Es ist ein spannender Krimi zum Miträtseln - das klassische Whodunit - und doch zugleich ein Wohlfühlkrimi.

Die Hauptperson Toni Schubert ist Teil einer Mehrgenerationen-Patchwork-Familie mit starken Frauen, interessanten Konstellationen und wirklich liebenswerten und lebensechten Charakteren, in der es aber natürlich auch Differenzen und zum teil ungelöste Konflikte gibt. Hier ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Die Familienkonstellation ist modern, und auch das Thema der sexuellen Orientierung nimmt einen Raum ein, der der heutigen Lebensrealität entspricht. Der klassische Bruderzwist kommt ebenso vor wie der Konflikt zwischen Generationen, und auch ein Nachbarschaftsstreit darf nicht fehlen. Es gibt historische Bezüge, botanische und kulturelle Wissensvermittlung und das ganze immer getragen von einer angenehmen Portion Humor und Wiener Schmäh.

An mancher Stelle hätte mir als "Piefke" (gibt es dafür eigentliche eine weibliche Form?) ein Glossar gewünscht, aber zumeist hat sich der Sinn aus dem Zusammenhang erschlossen. Dafür gibt es sowohl ein Personenverzeichnis, was anfangs recht hilfreich ist, als auch einen Faktencheck am Ende des Buches, was ich hervorragend finde, um aus der Romanfiktion wieder in die Realität zurückzukehren. Rein optisch und gestalterisch möchte ich das Cover erwähnen, welches tatsächlich zum Buchtitel und -inhalt passt, ebenso wie die schöne Idee der Kapiteluntertitel, die jeweils eine im Text vorkommende Pflanzenart beinhalten. So ist die "Perle vom Wienerwald" ein Buch für alle Sinne, optisch, linguistisch, kulinarisch, mit einer Idee vom Duft der Gartenwelt.

Voller Überzeugung vergebe ich 5 Sterne und freue mich auf einen Nachfolgeband.

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