Manche Bücher brauchen Jahrzehnte, bis sie einen Verleger finden. Die Zeit geht über sie hinweg, Geschichte wiederholt sich nicht - oder doch? Sie wiederholt sich und gute Literatur ist zeitlos!
Als der US-amerikanische Musiker in den 70ern seinen Krimi schrieb, war der Kalte Krieg in vollem Gang. Seine Story basierte auf Tatsachen, das Jazz-Festival mit Musikern aus den USA, die vom Einmarsch ...
Als der US-amerikanische Musiker in den 70ern seinen Krimi schrieb, war der Kalte Krieg in vollem Gang. Seine Story basierte auf Tatsachen, das Jazz-Festival mit Musikern aus den USA, die vom Einmarsch in die Tschechoslowakei überrascht wurden, basiert auf historischen Tatsachen. Die Armeen des Warschauer Pakts hatten 1968 dem Tauwetter in der Tschechoslowakei ein jähes Ende bereitet. Das hatten die Russe 1956 bereits in Ungarn erfolgreich zelebriert, 1961 beim Mauerbau in der DDR, und 1980 zwangen sie die Volksrepublik Polen, das Kriegsrecht auszurufen.
Dies war wohl der Anlass, dass sich in Amerika endlich ein kleiner Verlag fand, der Willens war, den Agententhriller herauszubringen. Kleines Problem: Das Verlagshaus brannte ab. Auch dies historische Tatsache. Größeres Problem: Ende der 80er war Gorbatschow und dem Fall des Eisernen Vorhangs war das Interesse an Ost-West-Verschwörungsgeschichten »out of time«. Tschechen, Slowaken und alle anderen in den Warschauer Pakt gezwungenen Vasallen der UdSSR hatten die Fremdherrschaft abgeschüttelt. Russland und Amerika wurden ziemlich gute Freunde – vorerst.
Ob sich Geschichte doch wiederholt? Nachdem Putin 2015 die Krim annektiert hatte, »Der Spion, der Jazz spielte« endlich in die Buchhandlungen. Doch dankt des Minsk-Abkommen erkaltete der Konflikt schnell. Ost und West gingen wieder auf Schmusekurs. Russisches Öl floss via Nordstream 1 durch die Ostsee, und weil wirtschaftliche Einbinden für Frieden sorgt, bastelte man gemeinschaftlicher Harmonie am Nordstream 2. Hätte ich es damals den Ost-West-Thriller gelesen, wäre ich vor Langweile gestorben.
Geschichte wiederholt sich! Jetzt in 2017, wo mir Bill Moodys Roman unter die Finger kommt, besteht kein Zweifel, dass sich Geschichte wiederholt. Russlands Überfall auf die Ukraine erinnert fatal an den Ersten Weltkrieg von 100 Jahren. Wer immer es liest, wird fasziniert sein von den detaillierten Schilderungen jener Tage in 1968, als sich Jung und Alt verzweifelt den Panzern entgegenstellten, letztendlich erfolglos – und zugleich an die Gegenwart denken. Die Ukrainer, damals unter kommunistischer Herrschaft und militärisch aufseiten Russlands an der Invasion beteiligt, habe die Russen in Kiew zurückgeschlagen. Ihren langen (und hoffentlich erfolgreichen) Freiheitskampf unterstützen die Tschechen und Slowaken mit großzügigen Panzerlieferungen.
Bill Moodys Agententhriller ist nicht nur zeitlos, sondern auch gut geschrieben, lesenswert!