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Veröffentlicht am 14.10.2023

Mein Herz ist ein Schiff im tosenden Meer

Das Vogelmädchen von London
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Kurzmeinung: London 1601, faszinierend, verführend und phantastisch geschrieben

Rezension:
Vogelmädchen. Ein klangvolles Wort und so passend zu dem mystisch wirkenden Cover, welches mich gleich wie magisch ...

Kurzmeinung: London 1601, faszinierend, verführend und phantastisch geschrieben

Rezension:
Vogelmädchen. Ein klangvolles Wort und so passend zu dem mystisch wirkenden Cover, welches mich gleich wie magisch anzog. Die tiefen Blautöne, die mich an den nächtlichen Himmel erinnern, mit Gold verziert wie eine strahlend aufgehende Sonne und inmitten dieser ein (Raub)Vogel in seinem Flug. Es wirkt wie eine Geschichte in sich, eine kleine Vorgeschichte, die große Lust auf mehr macht.

Und dieses „mehr“ verbirgt sich wahrlich zwischen den Buchdeckeln. Das Buch ist wie ein Theaterstück, aufgebaut in mehreren Akten, doch vor allem wegen seiner Art die Handlungen darzustellen. Diese sind so vielzählig und flattrig wie eine Vogelschar und manches Mal wirbelten die Eindrücke und Geschehnisse ein wenig zu wild durcheinander, sodass ich sie nicht immerzu gleich auffangen konnte. Hier möchte ich erwähnen, dass das Buch nichts für Schnellleser und Seitenspringer ist. Wie in einem Theaterstück kann man nicht gleich in die Tiefen blicken, hat Raum und Zeit für eigene Gedanken, eigene Interpretationen und sollte sich diese auch nehmen. Auf dieses Buch muss man sich mit seinem Herzen einlassen, denn dann entfaltet sich eine Geschichte, die begeistern kann.

Die Feder Mat Osmans ist mit Sanftheit geschwungen, seine Schreibweise klingt lyrisch, ja, beinahe poetisch und mutet manches Mal edel und elegant, manches Mal grobschlächtig und rau an. Auf diese Weise fängt er auf angenehmste Art das Herz der Charaktere ein, denn hier wird nicht beschönigt welche Irrungen und Wendungen das Leben junger Menschen auf den Straßen von London 1601 nehmen kann. Ich mochte vor allem die blumigen Begriffe, die das Leben als Vogelflüsterin beschreiben. Doch kamen mir die Straßenworte (z. B. Kotze) nicht vollkommen fehl am Platze vor.

Durch die detailverliebten und bildgewaltigen Beschreibungen der Charaktere, aber auch der Orte und Szenerien, hat die Geschichte ihre Längen, doch wirkten diese für mich an manchen Stellen wie eine kleine Pause zum Verschnaufen und Nachdenken.

Die Charaktere sind entsprechend ihren Beschreibungen komplex und interessant, teilweise faszinierend ausgearbeitet. Shay, deren Lebensreise wir begleiten, gefiel mir besonders gut, denn sie wirkt herrlich natürlich inmitten all der Dramatik. Ihre Gaben machen sie keineswegs zu einer übergeordneten Persönlichkeit und so fiel es mir nur allzu leicht mich in sie hineinzuversetzen und mit ihr mitzufühlen. Doch auch Nonesuch wusste stets meine Neugier und Interesse zu wecken. Von den Charakteren der Nebenwelten hätte ich hier und da gern mehr gesehen.

So ist das Buch ein Theaterstück, welches nicht innerhalb weniger Stunden verschlungen werden sollte und auf seine ganz eigene Weise zum Nachdenken anregt. Vielleicht mag dem einen oder anderen die Tiefe in Szenerie und Charakter fehlen, doch wie wir auf der Bühne nur einen kleinen Eindruck der großen Welt erblicken, finden wir auch in diesem Buch Platz für eigene Gedanken und Interpretationen.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.10.2023

Drei starke Frauen, ihre Schicksalsfäden und die Wirrungen und Wendungen einer großartigen Geschichte über Träume, Mut und Selbstverwirklichung

Sturmlichter
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Kurzmeinung: Eine Geschichte, die zum Mitfühlen und Nachdenken anregt

Rezension:
Schon das Cover war für mich eine wundervolle Einstimmung in die Geschichte.

Sanfte Farben, zarte Verzierungen und drei ...

Kurzmeinung: Eine Geschichte, die zum Mitfühlen und Nachdenken anregt

Rezension:
Schon das Cover war für mich eine wundervolle Einstimmung in die Geschichte.

Sanfte Farben, zarte Verzierungen und drei Frauen, die sich mutig, sehnsüchtig und mit einem Lächeln hervor tun. Nachdem ich den Klappentext gelesen hatte, war es das Cover, welches mich zum Nachdenken anregte. Ich erinnere mich noch gut an die Werbung, in der es hieß, eine Frau habe nur zwei Lebensfragen. „Was soll ich anziehen?“ und „Was soll ich kochen?“.

Es ist für einen Freigeist wie mich schwerlich zu verstehen wie die Männer der vergangenen Zeit die Frauen nur so hatten unterschätzen können und wie sie es bis heute dann und wann noch immer tun.

So also begann ich zu lesen und ich stolperte schon in den ersten Seiten über eine Grundidee, die mich entzückte. Ich möchte hier keineswegs spoilern, darum kann ich es nicht recht benennen, es ist jedoch so, dass die Schicksalsfäden der drei Frauenfiguren durch kraftvolle Worte und große Träume miteinander verwoben sind.

Eigentlich wollte ich mir beim Lesen ein wenig Zeit nehmen, um die Zeilen gebührend auf mich wirken zu lassen, doch ich spürte schon nach den ersten Seiten, wie ich immer schneller wurde. Wir begleiten Torie, Clarissa und Mia, aber auch manchem Wegbegleiter der Frauen, in wechselnden Sichtweisen und ich wurde schon bald von der Faszination und Spannung rund um ihren Werdegang gepackt, wollte mehr erfahren, tiefer in die Geschichten eintauchen und das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen.

Ich möchte erwähnen, dass mir die Charaktere allesamt sehr gut gefallen haben.

Wir begleiten vor allem Tori auf ihrem steinigen Weg durch das Leben, dürfen miterleben wie ihr Traum, eine Mechanikerin zu werden, geboren wurde und mehr und mehr Gestalt annahm. Hier fand ich es vor allem wundervoll gelungen, dass es ausgerechnet ein Mann war, der ihr Mut machte und ihre Gedanken auf den richtigen Weg brachte. Dieses besondere Zusammenspiel wärmte mein Herz und zeigte die wahre Kraft des ebenbürtigen Miteinanders. Zuletzt hätte ich mir gewünscht, dass sie in ihrem Sein ein wenig mehr Entwicklung erfährt. Sie ist jung und in einer Zeit und Welt, die von den Mannsbildern dominiert wird, ist es sicherlich zuträglich ein dickes Fell und eine spitze Zunge zu tragen, doch wünschte ich mir für sie, dass sie das richtige Maß für beides noch entwickelte.

Clarissa ist da schon eine ganz andere Seele und ich habe es sehr genossen mehr über sie zu lesen. Ihr Wesen berührte mich tief. Sie wirkte so tapfer und gleichsam so sanft, von dem tiefen Wunsch durchdrungen endlich die Flügel ausbreiten zu dürfen, um ihren Ketten und goldenen Käfigen zu entfliehen und frei zu sein jenes Leben zu führen, welches ihr Herz ersehnt.

Und Mia. Wenn ich wählen müsste, welcher der zauberhaften Charaktere mir der liebste sei, würde ich sie benennen. Ich mag ihre Art so unglaublich gern, ihre Dankbarkeit gegenüber ihren Gönnerinnen und den Wandlungen, die ihr Leben erfahren hat, ihren starken und wachen Geist, ihre Sanftheit und beinahe Unerschütterlichkeit...einfach alles.

So folgen wir diesen drei Frauen und ihren Wegbegleitern, erleben mit ihnen die Zeiten des Krieges und nicht selten schlug mein Herz einen traurigen Takt. Durch den wundervollen Schreibstil beflügelt, der manchmal etwas zu sachlich und beschreibend ist, doch für mein Empfinden gelungen Emotionen überträgt, malte mir meine Phantasie die schönsten und wärmsten Bilder, doch den Krieg malte sie mir in besonders dunklen Schatten. Er machte weder vor Männern, noch vor Frauen halt und durchdrang in seiner Zerstörungswut jeden noch so kleinen Winkel der Welt. Nicht einmal Träume vermochten ihm Stand zu halten.
So gingen auch meine eigenen Gedanken auf Wanderschaft und ich komme nicht umhin zwischen den Zeilen über den Krieg und seine Folgen auch mein eigenes Leben zu sehen. Manchmal erscheint es mir schwer, der Weg meines Lebens steinig, doch oh wie dankbar ich auch dafür bin und wie bereit das Beste aus dem zu machen was mir geschenkt wurde.
So trägt das Buch nicht nur seine eigene Geschichte, sondern bietet auch genügend Freiraum, um die Gedanken und Gefühle der Leser:innen einzubringen und mit den Schicksalen der Figuren zu verknüpfen.


Das Ende kam ein wenig plötzlich.
Nachdem das Buch mit seinen über 500 Seiten eine gewisse Länge vorzuweisen hatte und sich an mancher Stelle etwas schleppend las, war ich mehr als gespannt wie sich die verworrenen Schicksalsfäden der drei Frauen lösen würden und etwas enttäuscht, als sie es dann auf recht hastige Weise taten. Da wir vornehmlich Tori auf ihrem Lebensweg folgten, blieben mir für die beiden anderen Frauen noch die ein oder andere Frage unbeantwortet und ich hätte gern mehr über sie gelesen.

So kann ich abschließend sagen, dass mir der Roman wirklich gut gefallen hat und obschon er hier und da ein paar kleinere Schwächen aufweist, hat er mich doch von sich überzeugen können. Vielleicht – und dies hoffe ich von Herzen – wird es für Clarissa und Mia eine andere Möglichkeit geben ihre Geschichten zu erzählen. Ich bin bereit.

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Veröffentlicht am 19.08.2023

Der phantasievolle Schreibratgeber

Fremder Himmel
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Schon der Klappentext hat mich gleich abgeholt.

Die Grundidee des Buches ist wirklich interessant und für mich etwas völlig Neues und Anderes gewesen. Die junge Autorin, die so von sich und ihrem Können ...

Schon der Klappentext hat mich gleich abgeholt.

Die Grundidee des Buches ist wirklich interessant und für mich etwas völlig Neues und Anderes gewesen. Die junge Autorin, die so von sich und ihrem Können überzeugt ist, muss am eigenen Leib erfahren wie schwer es ist eine gute und vor allem gut funktionierende Welt zu erschaffen. Von furchtbar klischeebelasteten Protagonisten, die vielleicht recht dekorativ sind, allerdings wenig nützlich, bis hin zu Städten, die XYZ heißen, weil vergessen wurde den Platzhalter im Manuskript zu entfernen, ist in Monas Welt alles zu finden und nicht immer ist es umzuschreiben. Denn ein jedes Buch birgt seine eigene Magie und es sind nicht nur die Autoren, die sie durch ihr Schreiben in das verwandeln, was wir Leser letztlich in den Händen halten dürfen.

Ich muss gestehen, am Anfang wurde ich nicht richtig warm mit Mona, denn ihre überdrehte und mitunter selbstgerechte Art empfand ich als unangenehm. Doch nicht nur ihre Geschichte rund um Kaemnor haben sich entwickelt, sondern auch sie selbst und letztlich kam ich nicht umhin mit ihr mitzufühlen. Auch an das manchmal plötzlich wirkende Hin und Her zwischen den Welten, den Zeiten und den Orten gewöhnte ich mich bald, denn der sanfte, flüssige Schreibstil nimmt einen auf angenehme Weise mit.

In diesem Buch hat sich der Autor, übrigens ein sehr herzensguter, sympathischer und humorvoller junger Mann, sicherlich ein wenig selbst auf die Schippe genommen und seine eigenen Erfahrungen beim Schreiben mit einfließen lassen, wodurch das Buch noch greifbarer, die Geschichte noch charmanter und durchaus tiefgründiger wurde.

Für mich ein wirklich gelungenes Buch mit viel Witz und Spannung, welches ich nur empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 24.01.2024

Bedrückend, düster & ein Hauch von Geschichte

Die Hexen von Cleftwater
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„Martha ist Hebamme, Heilerin und Dienerin“, so sagt es die Buchbeschreibung. „Jeder im Dorf kennt Martha, aber niemand hat sie jemals sprechen gehört. Martha ist stumm.“ Oder zumindest lässt sie dies ...

„Martha ist Hebamme, Heilerin und Dienerin“, so sagt es die Buchbeschreibung. „Jeder im Dorf kennt Martha, aber niemand hat sie jemals sprechen gehört. Martha ist stumm.“ Oder zumindest lässt sie dies die Menschen glauben.

Schon das Cover flüstert von einer Geschichte, die vieles für ihre Leser bereit hält. Schlicht könnte man es nennen, die goldene Schrift auf dunklem Grund. Doch all das liegt im Schatten einer Pflanze, wohl einer Distel, die ihre ganz eigenen Versprechen wispert.

Es war als würde ich kopfüber in die Geschichte purzeln. Gleich auf den ersten Seiten erlebte ich wie schonungslos ausgeliefert die Bewohner des kleinen Örtchens ihren Herren sind und ich erlebte eine tiefe Erschütterung, lähmend, stumm und für meinen Geschmack ein wenig zu nah an Resignation. Unsere Protagonistin, Martha, eine Frau, die durch ein Leiden dazu gezwungen ist stumm zu bleiben, wird in einen unheilvollen Konflikt hineingezogen, als der Hexenjäger Silas Makepeace ausgerechnet sie bittet, die der Hexerei angeklagten Frauen auf Teufelszeichen zu untersuchen. Es ist ein Konflikt, den ich als Leserin mit schwerem Herzen begleitete und oh wie gern wäre ich in diese ungerechte, frauenverachtende Welt eingetaucht, um ihnen allen beizustehen.

Der Schreibstil von Margaret Meyers mag für den ein oder anderen eigenwillig anmuten, doch kaum hatte ich mich in ihm fallen lassen, begann mein Herz zu fühlen. Insbesondere durch Marthas Unvermögen zu Sprechen, obwohl ihr so viele Worte auf der Seele lasten, wurde für mich die Symbolik deutlich. Marthas Stummheit ist die Stimme all derjenigen Frauen, die der Hexenjagd zum Opfer fielen. Und weil sich immer wieder historische Ereignisse in der Romangeschichte verfangen, wurde sie für mich auf düstere Weise noch lebendiger, noch greifbarer, noch spannender.

Für mich ein gelungenes Buch für jeden, der in die dunkelsten Stunden unserer Zeit eintauchen möchte, um jenen zu gedenken, die in Freiheit geboren ihre Stimme und bald darauf ihr Leben verloren.

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Veröffentlicht am 18.09.2023

Die Geschichte faszinierend wie das erste Feuer, die Charaktere so kalt wie Schnee

Snehild - Die Seherin von Midgard
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Kurzmeinung:

Von dem wunderschönen Cover verzaubert und dem Klappentext neugierig gemacht, habe ich mir zunächst die Rezensionen anderer Leser angesehen. Doch auch, wenn die Grundidee wahrlich faszinierend ...

Kurzmeinung:

Von dem wunderschönen Cover verzaubert und dem Klappentext neugierig gemacht, habe ich mir zunächst die Rezensionen anderer Leser angesehen. Doch auch, wenn die Grundidee wahrlich faszinierend ist, die Charaktere zahlreich wie vielseitig, der Schreibstil auf sanfte Weise bildgewaltig und mich der Einfluss der nordischen Mythologie erfreut hat (hier ist es übrigens von Vorteil schon einiges Vorwissen gesammelt zu haben), kann ich die teilweise sogar überschwänglichen Rezensionen leider ebenso wenig teilen wie den Vergleich mit Game of Thrones.

Es tut mir ehrlich leid dies schreiben zu müssen, doch leider war das Buch nicht nach meinem Geschmack und sollte es eine Fortsetzung geben – hier ist mein Wissen etwas spärlich – so werde ich sie nicht weiter verfolgen.


Langmeinung:
Als ich das Cover in seiner digitalen Form sah, war ich gleich hin und weg. Ich liebe diese verschneiten Landschaften, Seen und Wälder und sehe sie gern auf Buchcovern. Die Farben sind stimmig – auch wenn sie auf dem Buch selbst etwas zu kräftig im Bereich der Schärfe und des Kontrastes wirken – und die Schrift wirkt so verschnörkelt und angenehm. Und dann natürlich das Runenamulett mit meinem liebsten Wesen, dem Wolf. Es hat etwas geheimnisumwobenes, mystisches, ganz nach meinem Geschmack. So lockte es mich den Klappentext zu lesen und ich fühlte mich abgeholt.

Das Buch zu lesen war für mich jedoch eher wie ein müßiges Stapfen durch tiefen Schnee. Namen, Orte, Bezeichnungen und Ereignisse fielen auf mich herab wie Schneeflocken. Doch in ihrem dichten Treiben war es mir kaum möglich auch nur eine von ihnen zu fangen, um sie näher zu betrachten. Hier hätte ich mir einen Glossar gewünscht.

Das Buch hat drei Teile, den Nornen zugeordnet und das Schneegestöber zieht sich durch den gesamten ersten Teil. Die Kapitel sind kurz, immer wieder wird zwischen den verschiedenen Charakteren und mit ihnen zwischen den Handlungen und Orten, hin und her gewechselt, ohne auch nur einem von ihnen wirklich Tiefe zu schenken. Und obschon mich die nordische Mythologie ungemein fasziniert, auch wenn ich sie gerade zu Beginn der Geschichte als ausgesprochen blutig empfand, und ich kein vollkommener Anfänger bin, fiel es mir dann und wann schwer den vielen Bezeichnungen zu folgen.

Im zweiten Teil des Buches nun legte sich das Schneegestöber und nur noch vereinzelte Flocken trudelten sacht vom wolkenbedeckten Himmel. Ich vermochte sie zu greifen und näher zu betrachten und bald schon verlor ich mich in ihrer Schönheit. So ließ ich mich verzaubern von einer Schreibweise, die auf ihre ganz eigene Art lyrisch und voller Poesie eine Landschaft beschrieb, dass sie bildgewaltig vor meinem inneren Auge erschien. Auch die Seherin Snehild erhielt das ein oder andere magisch schöne Wort. Leider, und das muss ich wohl am stärksten bemängeln, war die Erzählperspektive nicht nach meinem Geschmack. Nach meinem Gefühl war es die Perspektive des oberflächlichen Betrachters, der nur wiedergibt, was er auch sieht. Auf diese Weise erhielten die Charaktere einfach keine richtige Tiefe. Natürlich verstand man irgendwann Beweggründe und Gedanken, doch eher beruhend auf den Bemühungen des Lesers, statt den Ausführungen der Autorin. Konnte man beispielsweise sehen, dass jemand wütend ist, so wurde dies kurz erwähnt, echte Emotionen/Gedanken blieben jedoch vollkommen aus. Auch Snehild erhielt keine tiefere Beschreibung. So wurden Szenen des Schmerzes und des Kummers beschrieben, aber in mir regte sich rein gar nichts. Sie waren einfach zu kurz, zu flach und zu oberflächlich gehalten. Ebenso empfand ich es als enttäuschend, dass gleich drei Charaktere, die Lieblingscharakterpotential hatten, einfach viel zu kurz kamen und obwohl zumindest einem von ihnen eine größere Wichtigkeit in Snehilds Leben zugeschrieben wurde (hier möchte ich nicht weiter spoilern), so blieb er doch nur eine schattenhafte Randgestalt und der Werdegang wurde in einem einfachen Satz abgetan, als sei es nicht weiter wichtig. Nur schnell weiter mit der Geschichte.

Besonders enttäuschte es mich in diesem Zusammenhang, dass der ein oder andere Name fiel, eine Geschichte der nordischen Mythologie gar nacherzählt wurde und, ob nun aus Gründen mangelnder Recherche oder weil es auf diese Weise die Handlung schneller voran trieb, dennoch Namen durcheinander gebracht wurden und falsche Verwendung fanden.

Auch stieß ich mich ein wenig an der Darstellung der Geschlechter. Ich lese gern von starken Frauen, die klug und charismatisch einen selbstbestimmten Weg gehen, sei er nun vollkommen emanzipiert oder mit dem Wunsch beseelt eine Familie zu gründen und dem Leben der Hausfrau nachzustreben. Doch die Frauen als große Denker und Lenker auf Kosten der Männer, die als ausgesprochen triebgesteuert dargestellt wurden, als wäre ihnen sonst keine besondere Eigenschaft zuzuschreiben, empfinde ich als zu großes Ungleichgewicht.

Ich lasse mich unglaublich gern berieseln, für mich muss es nicht immer das große Ganze geben oder einen übergeordneten Feind, den es zu bezwingen gilt und ich folge mit größter Wärme den Hauptcharakteren in ihrem Leben. Doch hier faszinierte mich zwar gerade die junge Snehild, doch da sie, für meinen Geschmack, weder Tiefe noch Entwicklung erfuhr, ist diese Faszination furchtbar ernüchternd. Und so gibt es leider doch zu viele Dinge, an welchen ich mich stoße und ich lege das Buch leise an seinen Platz in meinem Bücherregal.

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