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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.12.2023

Zum zweiten Mal gelesen, zum zweiten Mal verliebt! Herzensbuch! ♥

Die Beschenkte (Die sieben Königreiche 1)
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Katsa ist eine besondere junge Frau: Sie hat verschiedenfarbige Augen und die Gabe zu töten. Für ihren Onkel, den König, muss sie die Drecksarbeit erledigen. Hinter ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Katsa ist eine besondere junge Frau: Sie hat verschiedenfarbige Augen und die Gabe zu töten. Für ihren Onkel, den König, muss sie die Drecksarbeit erledigen. Hinter ihrem Rücken wird sie Monster genannt und ist im ganzen Land gefürchtet. Aber sie tut auch Gutes. Bei einem geheimen Auftrag trifft sie auf Prinz Bo – den ersten Menschen, der es wagt, ihr in die Augen zu schauen. Bo wird ihr erster würdiger Gegner im Kampf. Er behandelt sie trotzdem nicht, als wäre sie ein Monster – und zum ersten Mal wagt sie es, Fragen zu stellen, die alles, woran sie je geglaubt hat, erschüttern könnten…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band 1/5 (aktuell)
Erzählweise: Figurale Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: mittel

Inhaltswarnung: Blut, Gewalt, Tod, Gewalt gegen Frauen, s+xualisierte Gewalt, Gaslighting, Tierquälerei
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: --- ♥

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:

- zarte Slow-Burn-Liebesgeschichte
- feministische Jugendfantasy
- starke weibliche Hauptfigur (will nicht heiraten und keine Kinder)
- Beziehung auf Augenhöhe
- Love Interest zum Verlieben (wandelnde Green Flag)
- Setting: Mittelalter, Schlösser, Wälder, Berge, Meer
- Handlung im Vordergrund
- lange Reise
- wendungsreiche Geschichte
- furchteinflößender Antagonist
- Wohlfühl-Roman

Meine Rezension

„Wenn ein Ungeheuer aufhörte, sich wie ein Ungeheuer zu verhalten, hörte es dann auf, ein Ungeheuer zu sein? Wurde es zu etwas anderem?“ Seite 133

Fast alle Bücher, die ich besitze, lese ich nur ein einziges Mal. Zu viele Bücher auf der Leseliste, zu wenig Zeit – ihr kennt das sicher. Ganz selten mache ich aber eine Ausnahme – wie hier mit der „Beschenkten“. Doch warum überhaupt? Dafür gab es zwei Gründe: 1) Weil ich endlich Band 3-5 lesen wollte (die Autorin war in den letzten Jahren nicht untätig, außerdem hat die Reihe neue Cover und eine neue Übersetzung bekommen) und 2) weil ich herausfinden wollte, ob mir das Buch heute (mit 28 Jahren und deutlich kritischer und feministischer eingestellt) immer noch so gut gefallen würde wie in meiner Jugend (vor 12 Jahren, mit gerade einmal 16), als ich mich mich heftig in dieses Buch und seinen Prinzen Bo verliebte.

„Sie war so schnell und zielgerichtet und so kreativ, dass sie einen Mann ohnmächtig schlagen konnte, obwohl man ihr beide Arme an den Seiten festgebunden hatte. Das war ihre Gabe.“ Seite 18

Doch was war am Ende das Ergebnis? Litt ich mit 16 unter einer pubertätsbedingten Geschmacksverwirrung oder ist „Die Beschenkte“ tatsächlich so gut wie in meiner Erinnerung? Erleichtert und beruhigt konnte ich bei der Lektüre feststellen, dass ich dem Urteil der 16-jährigen Lila tatsächlich vertrauen kann, denn auch beim zweiten Mal habe ich diesen Fantasy-Roman wieder absolut geliebt! Schon die ersten Seiten haben sich angefühlt wie heimkommen – ein absolutes Wohlfühl-Buch zum Eintauchen und Alles-um-sich-herum-Vergessen…

Doch was macht die „Beschenkte“ eigentlich so gut? Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll! Ich war erneut gefesselt vom schönen Schreibstil (meine Güte, kann diese Autorin gut erzählen!), begeistert von der starken weiblichen Hauptfigur Katsa (feminist icon! ♥) und ihrer glaubwürdigen Entwicklung und ganz und gar VERZAUBERT von Prinz Bo – dieser wandelnden Green Flag, die man um jeden Preis beschützen will! Seine herzliche, liebevolle und geduldige Art Katsa gegenüber haben dafür gesorgt, dass ich mich aufs Neue in ihn verliebt habe. Ich meine, nicht umsonst habe ich sogar mal einen Hamster nach ihm benannt…

Trotzdem sollte man nicht den Fehler machen, hier Romance mit etwas Rahmenhandlung zu erwarten. Der Plot und die „Quest“ der beiden bleiben stets im Vordergrund. Der Roman beschäftigt sich altersgerecht und tiefgründig mit Themen wie Erwachsenwerden, Selbstfindung, Freundschaft, erste Liebe, gesellschaftlichen Erwartungen, Freiheit, Selbstbestimmung und der Frage, was ein Monster zum Monster macht. Kristin Cashore erfindet das Rad (= Jugendfantasy-Genre) nicht komplett neu, trotzdem fühlt sich ihre erfundene Welt „frisch“ und spannend an und es hat mir großen Spaß gemacht, sie zu entdecken. Das Worldbuilding wird uns dabei in gut verdaulichen Häppchen serviert – zusammen mit einem wendungsreichen Plot, sodass es nie langweilig wird. Wenn ich bei HBO, Netflix oder Prime einen Wunsch frei hätte, dann würde ich mir eine Verfilmung dieses großartigen Buches wünschen!

„Ihr kam der Gedanke, dass es nicht nur seine sonderbaren Augen waren, die sie irritierten. Es war die Tatsache, dass er sich nicht fürchtete, in ihre zu schauen.“ Seite 75

Wer mit einem feministischen Blick auf diese Geschichte schaut, wird mit Erstaunen feststellen, dass sie bereits 2008 (!) erstmals erschienen ist und dass Kristin Cashore ihrer Zeit damit weit voraus war! Im Zentrum der Geschichte steht nämlich eine Heldin, die WIRKLICH stark und WIRKLICH furchteinflößend ist und die fest entschlossen ist, niemals zu heiraten und Kinder zu bekommen. Und auch der Traumprinz ändert mit seinem Erscheinen nichts daran! Wirklich revolutionär – und zwar noch nicht einmal nur für diese mittelalterlich angehauchten Welt (schön wär’s!), sondern leider auch für unsere ganz reale im Jahr 2023…

Würde man etwas am Buch kritisieren wollen (not me!), könnte man vermutlich erwähnen, dass es im Mittelteil durchaus noch etwas mehr Spannung und Action vertragen hätte, aber das ist wirklich Kritik auf sehr hohem Niveau. Einen richtigen Kritikpunkt habe ich aber tatsächlich: Es geht um die einzige Szene im ganzen Buch, die etwas aus der Zeit gefallen wirkt. Als Katsa zum ersten Mal mit einem Mann schläft, hat sie Schmerzen und blutet – was zwar unwahrscheinlich ist, wenn jemand so geduldig und vorsichtig ist wie ihr Partner, aber durchaus möglich. Allerdings wird danach von beiden generalisiert und es so hingestellt, als würde es ALLEN Frauen so gehen und als wäre das eine unveränderliche Tatsache, die man so hinnehmen müsse.

Kann sein, dass man es in dieser Welt nicht besser wusste und auch bei uns kamen die Diskussionen über das Jungfernhäutchen usw. ja erst in den letzten Jahren auf. Trotzdem will man diese Fehlinformationen (Schmerzen sind eben NICHT nicht normal, 50-75% der Frauen bluten beim ersten Mal nicht einmal) nicht unbedingt in den Köpfen Jugendlicher wissen. Wenn man sich allerdings anschaut, was da draußen so herumschwirrt und von Teenies gelesen wird (Dark Romance zum Beispiel), relativiert sich dieser Kritikpunkt wieder ganz schnell. Eben weil bei „Die Beschenkte“ so eine gesunde Beziehung im Mittelpunkt steht und dem Zielpublikum als Vorbild dienen kann. Wer das Buch Jugendlichen weiterempfiehlt, sollte das Thema (nach Möglichkeit) vor der Lektüre trotzdem kurz ansprechen.

Mein Fazit

„Die Beschenkte“ – auch 12 Jahre später für mich noch ein absolutes Jahreshighlight und Herzensbuch! Wer diesen Reihenauftakt liest, den erwartet eine fesselnd erzählte, tiefgründige, berührende, sehr feministische Fantasy-Geschichte voller liebenswürdiger Figuren, die auch euch ans Herz wachsen werden. Wenn ihr im nächsten Jahr nur ein Buch lest, das ich euch empfohlen habe – dann lasst es dieses sein!

Bewertung

Cover / Aufmachung (alt): 5 Sterne ♥
Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Sterne ♥
Umsetzung: 5 Sterne ♥
Worldbuilding: 4 Sterne
Einstieg: 5 Sterne ♥
Ende: 5 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Protagonistin: 5 Sterne ♥
Figuren: 5 Sterne ♥
Spannung: 4 Sterne
Tempo: 4 Sterne
Wendungen: 5 Sterne ♥
Atmosphäre: 5 Sterne ♥
Emotionale Involviertheit: 5 Sterne ♥
Feministischer Blickwinkel: 5 Sterne ♥
Einzigartigkeit: 5 Sterne ♥

Insgesamt:

☆★☆☆★♥ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir fünf Sterne und ein Herz und damit den Lieblingsbuchstatus!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.08.2023

Richtig gut geschriebene, mitreißende Sci-Fi-Jugenddystopie, die Spaß macht! Jahreshighlight! ♥

Neon Birds
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Die Zukunft: Ein Virus verwandelt Menschen in zombieartige Cyborgs. Um die Menschheit vor ihnen zu schützen, wurden riesige Sperrzonen hinter hohen Mauern errichtet. ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Die Zukunft: Ein Virus verwandelt Menschen in zombieartige Cyborgs. Um die Menschheit vor ihnen zu schützen, wurden riesige Sperrzonen hinter hohen Mauern errichtet. Wissenschaftler:innen forschen Tag und Nacht daran, wie man sie bekämpfen kann. Doch es kommt immer wieder zu Ausbrüchen, die Sperrzonen werden immer größere und die Cyborgs entwickeln sich weiter, werden immer stärker und gefährlicher. Ist die Welt dem Untergang geweiht?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band 1 von 3
Erzählweise: Figurale Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche und männliche Perspektive
Kapitellänge: mittel bis etwas länger

Inhaltswarnung: Tod von Menschen (auch Kindern), (viel!) Blut, Gewalt, Leichen, psychische Krankheiten, Suizidgedanken, Folter, Tod von Tieren, Krieg, Schusswaffen, Trauer, toxische Eltern-Kind-Beziehung, Narzissmus
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: --- ♥

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen (dieser Abschnitt ist inspiriert von @sassthxtic auf Lovelybooks):

- Cyborgs (Mischung aus Mensch und Maschine)
- Klima-Utopie & Umweltschutz
- unheilvolle, düstere Grundstimmung
- Actionszenen im Wechsel mit ruhigen Passagen
- überzeugendes, aber nicht zu komplexes Worldbuilding
- Blut und Brutalität
- starke Frauenfiguren, Diversität


Meine Rezension


„Außerhalb der Mauern erzählen die Menschen einander eine Geschichte.“ Seite 7

„Neon Birds“ stand erst jahrelang auf meiner Wunschliste und lag danach noch einmal eine kleine Ewigkeit auf meinem E-Book-SUB. Es war für mich immer ein „Klingt-interessant-lese-ich-irgendwann-mal-Buch“. Vom SUB befreit wurde es dann auch nur durch Zufall: weil ich mit einer Bookstagram-Kollegin zusammen etwas lesen wollte und wir es zufällig beide schon in der Bibliothek hatten – und es dann auch noch die Community-Abstimmung gewann. Jetzt fragt ihr euch bestimmt: Hatte „Neon Birds“ diese leicht stiefmütterliche Behandlung denn verdient? Ganz und gar nicht! Denn das Debüt von Marie Graßhoff ist ein Buch das super unterhält, fesselt und einfach richtig viel Spaß macht!

„Ich habe sie gesehen, die Untergründe ihrer Megametropolen. Die Gassen, in denen sich die Lichter der flackernden Neonröhren in Rinnsalen aus Blut und Erbrochenem spiegeln. […] Die Mülldeponien von der Größe ganzer Kontinente an den Rändern der Wüsten.
Eine Zivilisation, erbaut auf Plastik und Leichen.“ Seite 7

Manchmal weiß man schon auf der ersten Seite, dass man etwas ganz Besonderes, richtig Gutes in der Hand hält – so war es auch bei „Neon Birds“. Schon nach den ersten spannenden und stimmungsvollen Sätzen hatte mich die Autorin um den Finger gewickelt. Marie Graßhoff schreibt nämlich anschaulich, extrem atmosphärisch und sehr flüssig, sodass man nur so durch die Seiten fliegt. Auch in den ruhigen, emotionalen Momenten weiß ihre Sprache zu überzeugen, aber sie brilliert erst richtig bei den atemlos spannenden Action-Szenen, die ich unheimlich gerne gelesen habe. Dabei wird es stellenweise für eine Jugend-Dystopie (Altersempfehlung: ab 16) erstaunlich erwachsen und sehr blutig, düster und brutal – da trifft man schon einmal auf abgetrennte Köpfe, mit Blut beschmierte Wände und Wege, die mit Leichen gepflastert sind. Über allem liegt dabei eine intensive unheilvolle Grundstimmung und die dunkle Gewissheit: Die Welt ist dem Untergang geweiht! Sensible Teens mit empfindlichen Mägen sollten hier Vorsicht walten lassen – aber ich als Erwachsene mochte es sehr!

Auf ganzer Linie überzeugt haben mich auch die glaubwürdigen, lebendigen Dialoge und die liebevolle Figurenzeichnung, für die die Autorin sich viel Zeit nimmt, sodass man die Charaktere schnell gut kennen und lieben lernt. Gnade solltet ihr deshalb von Marie Graßhoff aber nicht erwarten – im Gegenteil, hier wird gemeinerweise schon in den ersten 100 Seiten schonungslos und tragisch und mit einer Portion Galgenhumor, die einen gleichzeitig bitter auflachen lässt und einem die Tränen in die Augen treibt, gestorben und uns Leser:innen schön das Messer ins Herz gerammt. Böse sein kann ihr deshalb allerdings nicht, denn insgeheim lieben wir das ja… Aus feministischer Sicht ist dieses Buch übrigens auch ein Träumchen, da wir auf unzählige mächtige, intelligente, erfolgreiche Frauen (z. B. auf Soldatinnen, Hackerinnen und Herrscherinnen) treffen und Geschlechterstereotype ganz beiläufig immer wieder gebrochen werden. Auch LGBT-Themen werden leicht gestreift. Dazu natürlich keine einzige sexistische Beleidigung – ich liebe es!

„Die Älteste sagte, dass das, was hinter den Mauern schlummerte, das Kind und gleichzeitig der Untergang der Menschheit sei. Geschöpfe, von ihnen selbst erschaffen, gekommen, um über sie zu richten.“ Seite 53

Auch thematisch konnte mich „Neon Birds“ mit seinem Fokus auf Freundschaft, Trauer, ethische Fragen, tiefgehende menschliche Beziehungen, psychische Krankheiten, Umweltschutz, Klimawandel (ein Buch am Puls der Zeit!) und Technik begeistern. Die unerwarteten Wendungen und das gelungene, aber nicht ZU komplexe Worldbuilding machen es einem leicht, ganz in die aus mehreren Perspektiven erzählte Geschichte einzutauchen. Der einzige kleine Schönheitsfehler waren für mich das Tempo und der Spannungsabfall im Mittelteil – hier war es mir stellenweise doch etwas zu ruhig. Aber das ist natürlich Kritik auf ganz hohem Niveau. Band 2 und 3 werden deshalb auf jeden Fall auch noch inhaliert! Noch einen Hinweis am Rande: Hühner bitte niemals (wie im Buch) alleine halten, sie brauchen Gesellschaft!

Mein Fazit

Manchmal ist es gut, mit nicht allzu hohen Erwartungen an ein Buch heranzugehen, dann gibt es nämlich die Chance, eine positive Überraschung zu erleben. So ging es mir mit „Neon Birds“ – für mich eine rundum gelungene, spannende, emotional mitreißende Jugend-Dystopie, die wunderbar unterhält und großen Spaß macht! Ganz klar ein Jahreshighlight! Am Ende bleibt nur eine Frage: Warum habe ich es nicht schon viel früher gelesen? Von mir gibt es deshalb eine große Leseempfehlung!

Bewertung

Cover / Aufmachung: 4 Sterne
Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Sterne ♥
Umsetzung: 4,5 Sterne
Worldbuilding: 5 Sterne ♥
Einstieg: 5 Sterne
Ende: 5 Sterne ♥
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Protagonist:innen: 4,5 Sterne
Figuren: 5 Sterne ♥
Spannung: 4 Sterne
Tempo: 4 Sterne
Wendungen: 4 Sterne
Atmosphäre: 5 Sterne ♥
Emotionale Involviertheit: 5 Sterne ♥
Feministischer Blickwinkel: 5 Sterne ♥
Einzigartigkeit: 5 Sterne ♥

Insgesamt:

☆★☆★☆♥ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir fünf Sterne und ein Herz und somit den Lieblingsbuchstatus!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.02.2023

Der erste Horror-Roman, der mich zum Weinen gebracht hat! Ein Meisterwerk! ♥

Bird Box - Schließe deine Augen
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Es beginnt plötzlich: Überall auf der Welt scheint sich etwas herumzutreiben, denn sobald Menschen es sehen, werden sie unrettbar verrückt und reißen sich und oft auch ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Es beginnt plötzlich: Überall auf der Welt scheint sich etwas herumzutreiben, denn sobald Menschen es sehen, werden sie unrettbar verrückt und reißen sich und oft auch andere in den Tod. In dieser gefährlichen Welt versucht eine Gruppe Menschen gemeinsam in einem Haus zu überleben – und muss schon bald feststellen, dass die größten Gefahren vielleicht nicht draußen, sondern innerhalb der scheinbar sicheren Mauern lauern…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band 1/2
Erzählweise: Figurale Erzählweise, Präsens
Perspektive: hauptsächlich weibliche Perspektive, vereinzelt männliche
Kapitellänge: kurz bis mittel

Inhaltswarnung: Tod von Menschen, Tod von Kindern, Tod von Tieren, Trauer, Suizid, Gewalt, Blut, psychische Krankheiten, Schwangerschaft, Geburt
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Schla+++

Rezension

„Auf CNN sagten sie gerade, das sei eine Konstante bei allen Zwischenfällen. Dass die Opfer etwas gesehen haben, bevor sie Leute angriffen und sich selbst umbrachten.“ Seite 23

Der spannende Klappentext hat mich vor einigen Jahren sofort überzeugt, trotzdem verstaubte das Buch daraufhin lange ungelesen im Regal – völlig unverdient, wie sich nun herausgestellt hat. Hätte ich gewusst, WIE gut „Bird Box“ ist, hätte ich es bestimmt schon viel früher gelesen!

Wenn man einen Horrorroman liest, weiß man ja, worauf man sich einlässt: Man rechnet mit gruseligen Momenten, Gewalt und Tod. Womit man aber nicht rechnet: dass einem die Figuren, diese kleine Gruppe von Überlebenden (ihre Gesamtheit, ihr „Vibe“) SO ans Herz wächst, dass man auf einmal um ihr Leben bangt und vom Genre, das man sich zuvor bewusst ausgesucht hat, plötzlich nichts mehr wissen will. Man beginnt im Kopf zu verhandeln und ist im Zwiespalt: Einerseits will man unbedingt wissen, wie es weitergeht, andererseits hat man das Gefühl, dass man es nicht ertragen könnte, wenn die Geschichte schlecht ausgeht.

„Sie haben alle getrauert, denkt Malorie. Diese Menschen haben, genau wie ich, schreckliche Dinge erlebt.“ Seite 56

Genau das ist auch die größte Stärke dieses Romans: dass er einen emotional nicht kaltlässt, sondern mitreißt und berührt. „Bird Box“ steckt nämlich voller hoffnungsvoller, aber auch voller deprimierender, tragischer und schmerzhafter Momente, die schwer zu verdauen sind, und schockierender Bilder, die einen wohl nie mehr loslassen. Dazu kommt die große, stellenweise fast unerträgliche Beklemmung, die man beim Lesen spürt; sie resultiert daraus, dass (zusätzlich zur Gefahr vor der Tür) die Lage auch im eigentlich sicheren Haus immer angespannter und gefährlicher wird. Die letzten 100 Seiten musste ich auf einmal lesen, weil ich diese unglaubliche Anspannung irgendwann nicht mehr ausgehalten habe! Nach der letzten Seite war ich emotional total fertig, verstört und mit den Nerven total am Ende, aber IRGENDWIE auch absolut begeistert und glücklich über dieses Leseerlebnis. Und – jetzt kommt’s! – das Buch hat mich (völlig unerwartet) sogar zum Weinen gebracht! Das hat bisher noch kein Horror-Roman geschafft! Chapeau, Josh Malerman!

„Ja, sie hat sie gut trainiert. Aber es ist nicht schön, daran zu denken. Die Kinder ‚trainieren‘ bedeutet, sie hat ihnen solche Angst gemacht, dass sie ihr unter allen Umständen gehorchen.“ Seite 83

Doch was macht „Bird Box“ eigentlich so gut und überzeugend? Da wären einerseits die originelle Grundidee und die dichte, düstere Atmosphäre. Diese Mischung aus Horror, Dystopie und Drama wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Man spürt beim Leben der Rückblenden eine unglaublich intensive Angst vor der Zukunft, die hängt nämlich wie ein unheilvolles Damokles-Schwert über der Gruppe. Momentan haben sie noch genug zu essen, ABER die Vorräte reichen nur noch für 3 Monate. Was dann? Aktuell verhalten sich noch alle zivilisiert, weil sie einen vernünftigen Anführer haben, ABER sobald dieser auf Erkundungsmission geht und das Haus verlässt, kommt es fast zu Handgreiflichkeiten. Der schwangeren Hauptfigur Malorie geht es aktuell noch gut, ABER wird sie die gefährliche Geburt überstehen? Und die drängendste Frage: In der Vergangenheit lebt Malorie noch mit der Gruppe im Haus und in Sicherheit, ABER in der Gegenwart ist sie plötzlich mit zwei Kleinkindern alleine und auf sich gestellt? Warum? Wo sind die anderen? Was ist passiert? Das sind die genau Fragen, die einen Seite um Seite umblättern lassen und das Buch damit zu einem echten Pageturner machen!

Dazu kommt, dass Josh Malermans relativ nüchterner, einfacher, wenig ausgeschmückter, durch die kurzen Sätze ruhelos wirkender Schreibstil perfekt zu dieser Geschichte passt. Besonders gut gefallen hat mir, wie nuanciert und treffend der Autor alle erdenklichen Geräusche beschreibt. Fasziniert hat mich auch, wie spannend das Buch (das man auch als Charakterstudie bezeichnen könnte) ist, OBWOHL eigentlich gar nicht so viel passiert und OBWOHL die Beziehungen und Spannungen in der Gruppe und Malories Innenwelt im Mittelpunkt stehen – noch mehr als die Gefahr, die vor der Tür lauert. Und doch beschreibt Josh Malerman banale Dinge wie den Gang zum Brunnen vor dem Haus so atemlos spannend und unheimlich, dass man kaum atmen kann und eine Gänsehaut am ganzen Körper bekommt. Beispiel: In einer Szene erkunden zwei Männer mit verbundenen Augen die Straße vor dem Haus, als einer über etwas stolpert, von dem er glaubt, dass es sich um einen Koffer handelt. Doch als sich der andere bückt und das Ding betastet, stellt sich heraus, dass es die Leiche einer Frau ist! Beim Lesen war das so ein Schock! Themen wie das Überleben an sich, Menschlichkeit (wie viel kann man sich noch leisten?), Trauer, Angst, Freundschaft, Liebe (auch Tierliebe), Mutterschaft (was macht eine gute Mutter aus?) und Hoffnung in einer zerstörten Welt werden dabei überraschend tiefgründig, stellenweise sogar richtig philosophisch behandelt. Großartig!

„Wie oft hat sie an ihren Mutterpflichten gezweifelt, als sie die Kinder zu Lauschapparaten ausgebildet hat? […] Als hätte sie für zwei Mutantenkinder zu sorgen. Kleine Monster. Selbst eine Art unheimlicher Wesen, die ein Lächeln hören können.“ Seite 161

Aus feministischer Sicht war ich auch positiv überrascht – vor allem, da es sich ja um einen Horror-Roman handelt (ein Genre, das nicht für seinen Feminismus bekannt ist), der noch dazu von einem männlichen Autor geschrieben wurde. Bis auf die sechsmalige Verwendung von „hysterisch“ für weibliches Verhalten (und das verzeihe ich) gibt es hier absolut nichts auszusetzen. Das Buch ist praktisch frei von Male Gaze (danke!) und Malorie ist eine intelligente, unglaublich starke weibliche Hauptfigur, in die ich mich sehr gut hineinfühlen konnte. Am Anfang dachte ich noch genervt: Warum muss der Anführer unbedingt männlich sein? Aber schon bald habe ich verstanden, was für eine tolle Person dieser Tom ist (keine toxische Männlichkeit vorhanden!) und dass ER der Kitt ist, der die ganze Gruppe mit seiner Höflichkeit, Menschlichkeit und seinen Erfindungen und Ideen und Hoffnungen zusammenhält. Jedes Mal, wenn er das Haus verlassen hat, habe ich mich genauso leer gefühlt wie Malorie. Das ist die Art Mensch, die man in der Apokalypse um jeden Preis beschützen muss!

Manchen Rezensent:innen waren es am Ende zu viele offene Fragen – ich muss sagen, diesen Kritikpunkt kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Man erfährt doch im Laufe der Geschichte recht viel über das, was sich draußen herumtreibt, auch durch die Experimente und Theorien der Gruppe. Mehr können diese Leute einfach nicht wissen (woher auch?), mehr Informationen wären einfach unrealistisch gewesen aus meiner Sicht. Für mich war dieses Buch jedenfalls von der ersten bis zur letzten Seite gerade richtig, der Autor hat aus einer großartigen Grundidee eine großartige Geschichte gesponnen – voller gemeiner, unerwarteter Wendungen und Enthüllungen, und trotzdem noch rätselhaft genug, sodass sich das Grauen oft in der eigenen Fantasie abspielt. So etwas liebe ich ja! Ob ich die Fortsetzung lesen werde, weiß ich allerdings noch nicht – denn eigentlich kann sie nach diesem großartigen ersten Band doch nur eine Enttäuschung sein, oder?

Mein Fazit

Für mich ist „Bird Box“ ein Jahreshighlight und neues Lieblingsbuch – und vielleicht sogar das beste Buch des Jahres! Warum? Es ist erfrischend anders, tiefgründig, berührend, furchteinflößend und atemlos spannend! Ein Buch, das man einerseits total genießt und liebt und andererseits kaum ertragen kann, weil es so beklemmend, deprimierend, verstörend und schmerzhaft ist. Trotz meiner hohen Erwartungen hat es mich vollkommen umgehauen! Darum: Unbedingt lesen – ihr werdet es nicht bereuen!

Bewertung

Cover / Aufmachung: 4 Sterne
Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Sterne ♥
Umsetzung: 5 Sterne ♥
Worldbuilding: 5 Sterne ♥
Einstieg: 3 Sterne
Ende: 5 Sterne ♥
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Protagonistin: 5 Sterne ♥
Figuren: 5 Sterne ♥
Spannung: 5 Sterne ♥
Wendungen: 5 Sterne ♥
Atmosphäre: 5 Sterne ♥
Emotionale Involviertheit: 5 Sterne ♥
Feministischer Blickwinkel: 4 Sterne
Einzigartigkeit: 5 Sterne ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀❀♥ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir 5 Sterne und ein Herz – und damit den Lieblingsbuchstatus!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.07.2022

Bringt einen zum Lächeln und wärmt einem das Herz! Lieblingsbuch! ♥

Heartstopper Volume 1 (deutsche Hardcover-Ausgabe)
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Die ganze Schule weiß, dass Charlie schwul ist. Zum Glück hat das Mobbing endlich aufgehört. Eines Tages wird Charlie ein neuer Sitzplatz zugewiesen; er sitzt ab jetzt ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Die ganze Schule weiß, dass Charlie schwul ist. Zum Glück hat das Mobbing endlich aufgehört. Eines Tages wird Charlie ein neuer Sitzplatz zugewiesen; er sitzt ab jetzt neben Nick, dem Rugbystar der Schule. Die beiden verstehen sich super, haben den gleichen Humor, befreunden sich. Zarte Gefühle für Nick regen sich in Charlie. Aber das kann er sich gleich aus dem Kopf schlagen, denn Nick – da sind sich alle seine Freund·innen einig – ist ganz sicher hetero und Charlie hat keine Chance bei ihm. Oder?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band #1 von 4
Perspektive: männliche Perspektive
Kapitellänge: lang

Tiere im Buch: + Im Buch werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet.
Triggerwarnung: (sexualisierte) Gewalt, Mobbing, Diskriminierung, Homophobie
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): nicht bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: ---

Warum dieses Buch?

Kurz: weil ich auf Instagram tagelang mit dem Buch und der Serie bombardiert wurde und es kein Entkommen für mich gab! ;)

Kurzrezension

Das mochte ich…

+ die zauberhafte, zuckersüße queere Liebesgeschichte, die sich langsam und glaubwürdig entwickelt, die mich berührt hat und mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat.
+ die Tatsache, dass das Buch frei von Kitsch ist – und wenn ich das sage, könnte ihr mir das wirklich glauben, denn ich bin praktisch allergisch gegen jede Art von Kitsch!
+ die herzerwärmende Wohlfühlatmosphäre im Buch und die Tatsache, dass man immer neugierig ist, wie es weitergeht.
+ die zwei Protagonisten, die liebevoll ausgearbeitet wurden und dreidimensional und greifbar sind. Ich fand sie beide sehr sympathisch, konnte mich mit ihnen identifizieren und habe mir für beide ein Happy End gewünscht!
+ die ernsten, wichtigen, modernen Themen (Mobbing, Coming-out, Liebe, Freundschaft, Schule, Homophobie, sexualisierte Gewalt), die altersgemäß und tiefgründig behandelt werden. Deshalb eignet sich das Buch auch (wie vom Verlag angegeben) sehr gut für Jugendliche ab 13 Jahren – und es wäre sicher auch eine interessante Schullektüre, die genug Diskussionsstoff bietet.
+ der verspielte, wunderschöne Zeichenstil, der die Graphic Novel auch zum Augenschmaus macht. Oft werden Gesichter in Nahaufnahme gezeigt, wodurch sich sehr gut Emotionen vermitteln lassen.
+ die Diversität und den Feminismus. Im Buch treffen wir auf eine große Bandbreite von Hautfarben und sexuellen Orientierungen, auf starke Frauen/Mädchen und sensible Männer/Jungen, wodurch sich das Buch sehr modern und zeitgemäß präsentiert. Aufgrund des Settings (Jungenschule) gibt es allerdings einen Frauenmangel und die Graphic Novel besteht den Bechdel-Test nicht. Dafür ziehe ich einen Punkt ab.
+ das Ende, das einen sehr gemeinen Cliffhanger bereithält, sodass man gar nicht anders kann, als die Fortsetzung zu lesen (was ich bereits getan habe, ich konnte nicht widerstehen!).
+ die neu erschienene, ebenfalls sehr divers gecastete Netflix-Serie zum Buch. Auch wenn ich mich an die Schauspieler von Nick und Charlie erst gewöhnen musste, hat mich die Wohlfühl-Serie am Ende doch auf ganzer Linie überzeugt!

„Charlie, you need to give up on him.”
“I can’t.” E-Book, Seite 124

Das lässt mich zwiegespalten zurück…

~ die Nebenfiguren, die im ersten Band nur ganz kleine Nebenrollen spielen und dadurch etwas blass bleiben. Ich hätte gerne mehr über sie erfahren (besonders über Charlies Schwester Tori, die ich sehr cool und sympathisch fand) – das kommt dann sicher in den Folgebänden, auf die ich mich jetzt schon freue!

Das hat mir nicht gefallen…

---

Mein Fazit

„Heartstopper 1“ ist DIE Liebesgeschichte für alle, die (wie ich) keine kitschigen Liebesgeschichten mögen. Der Hype ist absolut berechtigt! Wer nach einer Wohlfühl-Graphic-Novel sucht, die aber auch ernste Themen tiefgründig bespricht, die einen berührt, mitfiebern lässt, zum Lächeln bringt und einem das Herz wärmt, der ist hier goldrichtig! Große Leseempfehlung – auch für Jugendliche & als Schullektüre!

Bewertung

Idee: 4 Lilien
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Lilien ♥
Tiefe: 4 Lilien
Umsetzung: 5 Lilien ♥
Worldbuilding: 4 Lilien
Einstieg: 4 Lilien
Ende: 5 Lilien ♥
Erzählstil: 5 Lilien ♥
Hauptfiguren: 5 Lilien ♥
Nebenfiguren: 3 Lilien
Spannung: 4 Lilien
Tempo: 5 Lilien ♥
Wendungen: 3 Lilien
Atmosphäre: 5 Lilien ♥
Emotionale Involviertheit: 5 Lilien ♥
Feministischer Blickwinkel: 4 Lilien
Einzigartigkeit: 4 Lilien

Insgesamt:

❀❀❀❀❀♥ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir 5 Lilien und ein Herz – und damit den Lieblingsbuchstatus!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.06.2022

Charmant, feministisch, herzerwärmend, unterhaltsam – und für mich der beste Roman seit langem! Lieblingsbuch! ♥

Eine Frage der Chemie
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Sie ist Chemikerin, intelligent, selbstbewusst und eine Frau – eine skandalöse Kombination in den 50er- und 60er-Jahren im konservativen Amerika. Elizabeth Zott gibt ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Sie ist Chemikerin, intelligent, selbstbewusst und eine Frau – eine skandalöse Kombination in den 50er- und 60er-Jahren im konservativen Amerika. Elizabeth Zott gibt aber nichts auf Konventionen und den Hausfrauenhype, denn ihre Religion ist die Wissenschaft. Trotzdem ist es oft schwer, sich als Frau nicht unterkriegen zu lassen. Dafür braucht es viel Mut, Kreativität, Durchhaltevermögen – und den einen oder anderen gut anspitzten HB-Bleistift…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Allwissende Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche, männliche und tierische Perspektive
Kapitellänge: kurz (Hörbuch)

Tiere im Buch: + Im Buch werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet. Problematisch ist nur, dass Tierversuche in der Forschungseinrichtung durchgeführt werden und dass sie nicht verurteilt, sondern als etwas Notwendiges angesehen werden (keine genauen Beschreibungen).
Triggerwarnung: Depression, Trauer, Blut, Tod von Menschen, Sexismus, sexualisierte Gewalt (bis hin zu Vergewaltigung), Gewalt gegen Frauen, Diskriminierung, Misogynie
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Fo+++, Hu++söhne, Fli++chen, Hu++

Warum dieses Buch?

Aufgrund des altmodischen Covers wäre ich nie auf die Idee gekommen, dieses Buch zu lesen, aber ich sah plötzlich immer mehr positive Rezensionen dazu. Auch @tanybeee (Instagram) meinte, die Geschichte sei viel, viel besser, als man vermuten würde. Das hat mich natürlich neugierig gemacht!

Kurzrezension

Das hat mir gefallen…

Schreibstil (5 Lilien ♥)

Schon nach den ersten paar Seiten wurde mir klar: Bonnie Garmus kann fesselnd und mitreißend erzählen wie nur wenige andere Autor·innen! Ihre Sprache ist angenehm komplex, aber trotzdem sehr anschaulich und flüssig lesbar – und dabei unheimlich charmant. Man merkt, dass jeder Satz mit viel Liebe verfasst wurde!

Humor (5 Lilien ♥)

Großartig an „Eine Frage der Chemie“ fand ich auch den feinen Humor und die Situationskomik, die das ganze Buch unaufdringlich durchziehen. Nicht nur einmal habe ich beim Lesen geschmunzelt oder laut aufgelacht!

„Sie trug ein tristes Kleid mit Knöpfen bis hinunter zum Saum. […] Auf ihrem Kopf saß eine Schutzbrille, knapp über ihrem Ohr steckte ein HB-Bleistift. In einer Hand hielt sie ein Notizbuch, in der anderen drei Reagenzgläser. Sie sah aus wie eine Mischung aus Zimmermädchen und Bombenentschärfer.“ Hörbuch, 55%

Dialoge (5 Lilien ♥)

Auch die Dialoge konnten mich auf ganzer Linie überzeugen! Die Gespräche (oft sind es auch eher Wortgefechte) wirken so authentisch und sind so mitreißend geschrieben, dass man nach einer Weile ganz vergisst, dass man hier nur ein Buch liest! Toll!

Idee / Geschichte / Themen / Umsetzung (5 Lilien ♥)

Charmant, unterhaltsam und herzerwärmend. Das sind die ersten drei Worte, die mir einfallen, wenn ich an die Lektüre zurückdenke. Selten zuvor habe ich ein Buch gelesen, das ich so charmant fand und in dem ich mich so wohlgefühlt habe – und das, obwohl einige schockierende Ereignisse passieren und Elizabeth einige Schicksalsschläge verwinden muss. Romane neigen dazu, etwas langatmig zu sein – doch hier war das nicht der Fall. Der Plot ist so gut durchdacht und entfaltet sich genau im richtigen Tempo, sodass es immer etwas zu entdecken gibt und es nie langweilig wird. Dass auch ein Hund teilweise durch die Geschichte führt, das fanden einige Leser·innen zu unrealistisch und kitschig. Doch obwohl ich praktisch allergisch gegen jede Art von Kitsch bin, haben mich vereinzelte kitschige Momente bei diesem Buch überhaupt nicht gestört – im Gegenteil, ich fand sie richtig passend und süß gemacht.

Thematisch stehen der Zeitgeist und das Leben in den 50er- und 60er Jahren im Fokus, es geht um Wissenschaft (alle Konzepte werden sehr gut erklärt), Liebe, Familie, Freundschaft, Trauer. Es wird sich viel Zeit genommen, all diese Themen tiefgründig auszuarbeiten. Die Autorin, Tierschützerin und Wohltäterin, die viel von ihrem Einkommen spendet, ist übrigens wahnsinnig sympathisch und hat in einem Interview verraten, dass der fiktive Hund „Halb-sieben“ auf ihrem eigenen intelligenten, mittlerweile leider verstorbenen Hund aus dem Tierschutz basiert. Für mich ist es kaum zu glauben, dass das erste Schreibprojekt der Autorin von ganzen 98 Literaturagenturen abgelehnt wurde, denn auch hier muss ihr Talent ja schon erkennbar gewesen sein!

Besonders gut hat mir aber der feministische Fokus gefallen: Elizabeth Zott beschreibt ungeschönt und sehr realistisch, wie schwer man es damals als Frau in der Gesellschaft und besonders als Wissenschaftlerin hatte; wie viel Stärke, Durchhaltevermögen, Talent, Fleiß, Selbstbewusstsein und Mut man damals haben musste, um es zu etwas zu bringen – und viel zu oft reichte auch das alles nicht aus. Frauen in der Wissenschaft bekamen viel gesellschaftlichen Gegenwind zu spüren, erfuhren sexualisierte Gewalt, die ganz ohne Konsequenzen für die Täter blieben, wurden gedemütigt und nicht ernst genommen, ihr Talent wurde verkannt, ihre Arbeit wurde immer wieder von männlichen Kollegen gestohlen und als ihre eigene ausgegeben. Immer wieder brodelte die Wut beim Lesen in meinem Bauch, ich war einfach so empört über das Verhalten, die Gewissenlosigkeit, die Unverfrorenheit und die Frechheit von Elizabeths Chefs, Professoren, Kollegen! Dass das alles leider nicht aus der Luft gegriffen ist, sondern sich genau so zugetragen haben könnte (und sich auch in der Realität einige Male so zugetragen hat), wissen wir leider aus der Geschichte, weshalb „Eine Frage der Chemie“ auch aus feministischer Sicht ein sehr wichtiges, aufklärendes Buch ist. Dass die Kritiker·innen und die Leser·innenschaft begeistert sind, wundert mich jedenfalls überhaupt nicht, denn auch für mich ist „Eine Frage der Chemie“ ein neues Lieblingsbuch und absolutes Jahreshighlight!

„‘Lassen Sie ihre Talente nicht schlummern, Ladys! Gestalten Sie Ihre eigene Zukunft! Fragen Sie sich, wenn Sie heute nach Hause gehen, was Sie ändern wollen – und dann legen Sie los!“ Hörbuch, 92%

Protagonistin & Figuren (5 Lilien ♥)

Mit Elizabeth Zott hat Bonnie Garmus eine starke, intelligente, ehrgeizige, sozial etwas unbeholfene Heldin geschaffen, der ich überallhin gefolgt wäre, die ich angefeuert und mit der ich mitgefühlt und mitgefiebert habe! Mich haben ihr Mut (auch der, den sie anderen Frauen macht!), ihr starker Wille, ihre pragmatische Art und ihre Kreativität immer wieder beeindruckt. Sie ist mir beim Lesen wirklich ans Herz gewachsen. Auch die anderen Figuren, aus deren Sicht zwischendurch erzählt wird, sind liebevoll ausgearbeitet, auf ihre eigenwillige Art sehr liebenswürdig und wirken so authentisch und echt, dass man nach einer Weile fast vergisst, dass es sich dabei um fiktionale Personen handelt!

Sprecherin (5 Lilien ♥)

Ehrlich gesagt habe ich eine Weile gebraucht, um mich an die Sprecherin zu gewöhnen – eine Zeit lang war ich mir auch unsicher, ob ich sie mochte. Doch mit jeder Seite hat sie mich mehr von sich überzeugt, sodass ich nun zum Schluss komme: Ja, Luise Helm macht das ganz wunderbar, fängt perfekt die Stimmung im Buch ein und vor allem VERSTEHT sie die oft kühl wirkende, hochintelligente Heldin und bringt ihre wissenschaftliche, eigenwillige Art und die lebendigen Dialoge sehr gut rüber!

Spannung & Atmosphäre (4 Lilien)

Für einen Roman ist „Eine Frage der Chemie“ wirklich außerordentlich spannend, wendungsreich und mitreißend! Zudem gelingt es der Autorin sehr gut, das Lebensgefühl der und den Alltag in den 50er- und 60er-Jahren in Amerika einzufangen und zum Leben zu erwecken. Es war interessant und hat Spaß gemacht, in diese Vergangenheit einzutauchen!

Feminismus (5 Lilien ♥)

Ohne Zweifel kann „Eine Frage der Chemie“ als feministische, zeitgemäße Lektüre eingeordnet werden, denn im Fokus stehen eine starke weibliche Heldin, die sich keinen gesellschaftlichen Zwängen beugt, das schwierige Leben als Frau im Amerika der 50er- und 60er-Jahre, Ungerechtigkeiten und Diskriminierung und wie frau sich dagegen wehren kann. Auch wenn sich seitdem schon viel verbessert hat, gibt es auch 2022 an feministischer Front noch viel zu tun, da kann man sich von Elizabeth Zotts unbeugsamer Art durchaus inspirieren lassen! Die gegenderten Beleidigungen bilden wohl leider die damalige Realität ab und die verzeihe ich daher gerne. Mir bleibt nur zu sagen: Bitte weiter so, Frau Garmus!

Das lässt mich zwiegespalten zurück…

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Das hat mir nicht gefallen:

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Mein Fazit

Charmant, feministisch, herzerwärmend, unterhaltsam – für mich ist „Eine Frage der Chemie“ der beste Roman seit langem, ein absolutes Jahreshighlight und ein neues Lieblingsbuch. Ihr könnt euch diese literarische Perle natürlich entgehen lassen – es wäre aber ein großer Fehler!

Bewertung

Idee: 5 Lilien ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Lilien ♥
Umsetzung: 5 Lilien ♥
Worldbuilding: 5 Lilien ♥
Einstieg: 4 Lilien
Ende: 4 Lilien
Schreibstil: 5 Lilien ♥
Dialoge: 5 Lilien ♥
Figuren: 5 Lilien ♥
Spannung: 4 Lilien
Wendungen: 4 Lilien
Atmosphäre: 4 Lilien
Emotionale Involviertheit: 5 Lilien ♥
Feministischer Blickwinkel: 5 Lilien ♥
Einzigartigkeit: 5 Lilien ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀❀♥ Lilien

Dieses Hörbuch bekommt von mir fünf Lilien und ein Herz – und somit den Lieblingsbuchstatus!

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