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Christina19

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.09.2023

Warum man seine Pläne nicht aufschieben sollte

Kleine Probleme
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Lars, 49 Jahre alt, Familienvater, hat große Pläne: Als Autor möchte er sein Lebenswerk, „das beste Buch der Welt“, schreiben. Außerdem will er mit dem Rauchen aufhören, muss noch die Steuererklärung machen ...

Lars, 49 Jahre alt, Familienvater, hat große Pläne: Als Autor möchte er sein Lebenswerk, „das beste Buch der Welt“, schreiben. Außerdem will er mit dem Rauchen aufhören, muss noch die Steuererklärung machen und das Bett seiner Tochter sollte er auch noch aufbauen. Wäre da nicht die fehlende Motivation, die dafür sorgt, dass er alles vor sich herschiebt, über Tage, Monate, Jahre. Als der 31. Dezember anbricht und sich damit wieder ein Jahr dem Ende neigt, versucht Lars endlich all seine Punkte auf der To-do-Liste abzuhaken und damit Johanna, die nach 25 Jahren Beziehung Abstand von ihm genommen hat, zurückzugewinnen.

Auf das Buch bin ich durch sein Cover aufmerksam geworden, das ein Bild des japanischen Malers Ohara Koson ziert und mir ausgesprochen gut gefällt! Der dargestellte weiße Reiher im Regen spiegelt den Protagonisten perfekt wider. Auch Lars, aus dessen Perspektive die Geschichte erzählt wird, hat manchmal das Gefühl, im Regen zu stehen und abgehängt zu sein, denn aller Anfang ist schwer, wie er selbst feststellt. Als er nun am letzten Tag des Jahres all seine Aufgaben erledigen will, verlässt ihn immer wieder die Motivation. Er verliert sich ständig in Gedanken oder Erinnerungen, kommt dabei regelrecht ins Philosophieren und schweift mitunter sehr weit aus. All das kostet ihm eine Menge Zeit und so hatte ich als Leser das Bedürfnis, den Protagonisten wachzurütteln und anzutreiben. Ich konnte es Johanna, der Mutter seiner beiden Kinder, also gut nachempfinden, dass sie jahrelang das Gefühl hatte, sich um ihn kümmern zu müssen und schließlich Zeit für sich selbst brauchte.
Obwohl der Protagonist teilweise zu bedauern ist, schildert er seine Erlebnisse mit viel Humor, sodass ich an etlichen Stellen des Buches schmunzeln musste. Sprachlich war der Roman für mich sehr originell, da er mit teilweise langen Sätzen, manchmal unvollständigen Sätzen und kreativen Verbildlichungen daherkommt. Zuerst musste ich mich an diesen Erzählstil gewöhnen, fand dann aber doch schnell rein und habe ihn bis zum Schluss sehr genossen.
Eine klare Empfehlung für diesen Roman, mit dem Nele Pollatschek aufzeigt, warum man seine Pläne nicht aufschieben sollte.

Veröffentlicht am 21.08.2023

Eine besondere Hauptfigur, die sich zunehmend selbst akzeptiert

Mein schrecklich schönes Leben
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Von ihren Mitmenschen wird Cassandra immer als "seltsam", als "anders" beschrieben. Ihr fällt es schwer, Freundschaften zu knüpfen, ihre Beziehungen halten nur kurz, in ihren WGs eckt sie schnell an und ...

Von ihren Mitmenschen wird Cassandra immer als "seltsam", als "anders" beschrieben. Ihr fällt es schwer, Freundschaften zu knüpfen, ihre Beziehungen halten nur kurz, in ihren WGs eckt sie schnell an und Jobs kann sie nicht lange halten. Als ihr die Gabe zuteil wird, in der Zeit zurückzureisen, nutzt sie diese, um in der Vergangenheit Fehler zu korrigieren. Jede Änderung, die sie vornimmt, hat einen Einfluss auf den Verlauf der Dinge - teils treten die erwünschten positiven Effekte ein, teils lösen die Änderungen ungeahnte Folgen aus. Cassandra muss lernen, dass ihr auch alle Zeit der Welt nicht hilft, sich endlich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen und ihr Schicksal anzunehmen.

So "sonderbar", wie Cassandra ihrem Umfeld erscheint, wird sie auch dem Leser zunächst vorgestellt. Die Hauptfigur nimmt Emotionen als Farben wahr, kann sie nicht einordnen und weiß folglich nicht, wie sie angemessen darauf reagieren soll. Sie liebt klare Strukturen und hasst Veränderung. Eine besondere Vorliebe hegt sie für die griechische Mythologie, die sie scheinbar bis ins letzte Detail kennt. Die Gründe für diese Eigenheiten werden gegen Ende des Romans aufgelöst, was in meinen Augen jedoch nicht nötig ist, da das Verhalten der Protagonistin leicht eingeordnet werden kann. Der Roman gibt mit ihr einer Person aus dem neurodivergenten Spektrum eine Bühne und zeigt damit die Vielfalt der Menschen. Cassandra, die als Ich-Erzählerin auftritt, bleibt jedoch nicht eindimensional "merkwürdig", sondern wird durch eine Portion Humor, die an vielen Stellen durchblickt, sehr sympathisch und liebenswert dargestellt.
Mit den Zeitreisen, die die Protagonistin unternimmt, wird in der Geschichte außerdem aufgezeigt, dass auch kleine Veränderungen eine große Wirkung erzielen können - ganz dem Butterfly Effect folgend. Dennoch kann Cassandra sich bestimmter Ereignisse nicht entziehen und findet damit mehr und mehr zu sich.
Der Verlauf des Romans war für mich an keiner Stelle vorhersehbar und so kam auch das Ende überraschend.

Veröffentlicht am 08.08.2023

Ein wahrer Schatz an Informationen

Superorgan Darm
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Das Buch "Superorgan Darm" hat mich restlos begeistert! Dr. med. Christian Thuile beschreibt darin den gesamten Verdauungsprozess angefangen beim Kauen der Nahrung über die Verarbeitung im Magen und Darm ...

Das Buch "Superorgan Darm" hat mich restlos begeistert! Dr. med. Christian Thuile beschreibt darin den gesamten Verdauungsprozess angefangen beim Kauen der Nahrung über die Verarbeitung im Magen und Darm bis zum Ausscheiden der Reste. Er geht auf die Bedeutung der Mitte für unsere Gesundheit ein, benennt Freunde sowie Feinde des Darms und erklärt Krankheiten. Gut gefallen mir an dieser Stelle die vorgestellten, zahlreichen Therapiemöglichkeiten, die oft natürlicher Art sind und weitgehend ohne Medikamentierung auskommen. Der Autor versäumt es jedoch nicht darauf hinzuweisen, dass Hausmittel ihre Grenzen haben und an mancher Stelle die Vorstellung bei einem Schulmediziner notwendig ist.
Die Ausführungen von Dr. med. Thuile sind logisch gegliedert und absolut verständlich geschrieben. Außerdem sind sie um Illustrationen ergänzt, die das Verstehen erleichtern. Das gesamte Buch ist sehr übersichtlich gestaltet, sodass man sich leicht darin orientieren kann.
Ich werde dieses Buch auch in den nächsten Jahren immer wieder zur Hand nehmen und kann es für jeden empfehlen, der sich für den Darm interessiert oder selbst Verdauungsbeschwerden hat.

Veröffentlicht am 04.08.2023

Der beklemmende Alltag im 2. Weltkrieg - zwischen Angst und Widerstand

Zwischen den Sommern
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"Zwischen den Sommern" ist der zweite Band der Heimkehr-Trilogie von Alexa Hennig von Lange. Er erzählt von Isabell, die nach dem Tod ihrer Großmutter Klara Tonbänder findet, auf denen diese ihr Leben ...

"Zwischen den Sommern" ist der zweite Band der Heimkehr-Trilogie von Alexa Hennig von Lange. Er erzählt von Isabell, die nach dem Tod ihrer Großmutter Klara Tonbänder findet, auf denen diese ihr Leben rückblickend schildert: Klara lebte in der Zeit des Nationalsozialismus mit ihrem Mann Gustav in Sandersleben, wo sie ein Frauenbildungsheim leitete. Als die Lage immer gefährlicher wird, versucht sie zunächst ihre jüdische Ziehtochter Tolla in Sicherheit zu bringen, ehe Gustav nach Ausbruch des Krieges eingezogen wird. Auch während ihrer Arbeit im Heim spürt Klara die zunehmenden Einschränkungen durch die Nazis, die wiederkehrenden Sorgen und die tägliche Angst.

Die Handlung basiert auf den tatsächlich existierenden Tonaufnahmen der Großmutter der Autorin. Entsprechend lebensnah werden die Ereignisse erzählt. Die Berichte vom Kriegsausbruch, der Angst vor Gegenangriffen, die Nachrichten von gefallenen Angehörigen sind sehr beklemmend und führen einmal mehr vor Augen, was unsere Großeltern damals durchmachen mussten. Gleichzeitig führt der Roman dem Leser auch die Zerrissenheit der Menschen zwischen dem Widerstand gegen den Machtapparat und der Angst vor den drohenden Konsequenzen für sich selbst und die eigene Familie vor Augen. Ein Satz fiel mir in diesem Zusammenhang besonders auf: "Es müssen sich nur genügend Menschen zusammenfinden, die sich gemeinsam trauen, das Richtige zu tun." Insgesamt eine bedrückende Stimmung, die hier eindrücklich geschildert wird.
In meinen Augen ist dies ein Buch, das man unbedingt gelesen haben sollte - und das sich auch gut lesen lässt, wenn man den ersten Band "Die karierten Mädchen" nicht kennt.

Veröffentlicht am 27.07.2023

Eine Bibliothekarin mit der richtigen Empfehlung für die nötigen Denkanstöße

Frau Komachi empfiehlt ein Buch
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Frau Komachi ist Bibliothekarin in einem Gemeinschaftszentrum in Tokio. Dort trifft sie nacheinander auf fünf Personen, die die Bibliothek aus unterschiedlichen Anlässen besuchen. Diese haben eines gemeinsam: ...

Frau Komachi ist Bibliothekarin in einem Gemeinschaftszentrum in Tokio. Dort trifft sie nacheinander auf fünf Personen, die die Bibliothek aus unterschiedlichen Anlässen besuchen. Diese haben eines gemeinsam: Sie alle befinden sich an einem Punkt ihres Lebens, an dem sie mit sich und besonders mit ihrer beruflichen Tätigkeit unzufrieden sind. Sie vertrauen sich Frau Komachi an, die daraufhin jedem ein Buch empfiehlt und ihnen als Zugabe eine ihrer gefilzten Figuren schenkt. Frau Komachi verhilft ihren Besuchern so zu neuen Denkweisen. Damit legt sie den Grundstein für die Erfüllung von deren sehnlichsten Wünschen und ihres persönlichen Glücks.

Der Roman ist in fünf Kapitel gegliedert, in denen jeweils ein Besucher Frau Komachis im Fokus steht. Gut haben mir die Verbindungen gefallen, die zwischen den Haupt- oder Nebenfiguren der einzelnen Abschnitte hergestellt werden. Mehrmals habe ich deshalb zurückgeblättert und einzelne Stellen noch einmal gelesen, um die Zusammenhänge besser greifen zu können. Die Figuren selbst sind allesamt liebenswürdig gezeichnet, angefangen bei der noch jungen Verkäuferin über den arbeitslosen Mangaliebhaber bis hin zu dem unglücklichen Rentner. Der Schreibstil der Autorin ist sehr ruhig und unaufgeregt, sodass sich das Buch leicht lesen lässt.
Das Cover finde ich sehr harmonisch gestaltet. Es zeigt auf den ersten Blick den Handlungsort in einer Bücherei im asiatischen Raum und strahlt viel Ruhe aus.
Wer asiatische Romane mit ruhiger Atmosphäre mag, ist mit "Frau Komachi empfiehlt ein Buch" gut beraten!

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