Nerdige Slow-Burn-Romance
My Mechanical Romance – Gegensätze ziehen sich an (Von Olivie Blake, der Bestseller-Autorin von The Atlas Six)Inhalt:
Mist! Fünfzehn Minuten vor Unterrichtsbeginn wird Bel klar, dass sie den heute anstehenden Katapulttag total vergessen hat. Und dies zwar nur deswegen, weil ihre Mentorin Jamie, die Bel zugeteilt ...
Inhalt:
Mist! Fünfzehn Minuten vor Unterrichtsbeginn wird Bel klar, dass sie den heute anstehenden Katapulttag total vergessen hat. Und dies zwar nur deswegen, weil ihre Mentorin Jamie, die Bel zugeteilt wurde, um sich an der Schule zurechtzufinden und die Bel seitdem als ihr persönliches Projekt betrachtet, sie darauf anspricht.
Bel ist bewusst, dass sie nun schnell improvisieren muss. Aus einem Kleberoller, den Plastikdeckeln leerer Trinkflaschen, Stiftkappen und einem Gummiband bastelt sie im Handumdrehen ein Minikatapult. Bels Improvisationstalent und ihre handwerkliche Fähigkeit wird daraufhin von ihrer Physiklehrerin in einem Vieraugengespräch äußerst kritisch hinterfragt.
Doch neben Kritik, erhält Bel von Ms. Voss auch allerhand Lob. Die Lehrerin erkennt Bels vorhandenes Talent für Maschinenbau und empfiehlt sie kurzerhand für Mr. MacIntoshs Robotikteam.
Bel weiß nicht genau, was sie von den neuesten Entwicklungen halten soll. Mit ihrer Zukunft hat sie sich noch nicht beschäftigt. Den Wechsel in den neuen AP-Kurs sieht sie skeptisch. Dennoch fügt sie sich den Wünschen von Ms. Voss.
Die Aufnahmeprüfung ins Robotikteam verlangt von den Schülern einen Egg-Drop-Entwurf. Bel weiß weder, worum es beim Egg Drop geht, noch kennt sie sich mit Computern - geschweige denn mit der Software - aus. Mit Widerwillen stellt sie sich dem Projekt.
Als sie den Klassenraum betritt, muss sie feststellen, dass fast ausschließlich Jungs im Robotikkurs sind. Einer von ihnen, Teo, scheint das Sagen zu haben. Alle hören auf ihn. Alles, was er anfasst, scheint zu gelingen. Bel erfährt, dass Teo nicht nur einen reichen und angesehenen Vater hat, er ist auch noch gutaussehend, belegt einen Haufen AP-Kurse und ist zudem Leiter mehrerer Wissenschaftclubs, die diverse Preise erhalten haben. Bel hat nicht vor, sich bei Teo einzuschmeicheln. Doch tut sie das nicht, das ist schnell klar, wird sie, da selbst der Lehrer Teos Meinung schätzt und ihn zu fördern scheint, nicht weit kommen.
Und dann gibt es da noch dieses andere Mädchen, Neelam, im Robotikteam. Sie ist die Einzige, die zu rebellieren scheint. Neelams schlechte Laune richtet sich jedoch gegen alles und jeden. So auch gegen Bel, die beim Egg Drop ohne große Mühe schnell Teos Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Meinung:
„My Mechanical Romance“ ist eine unglaublich nerdige Geschichte voller schrulliger Charaktere und schräger Dialoge. Das wird schon auf den ersten Seiten des Buches schnell klar.
Die Geschichte wird aus der Sicht von Bel, die ein großes Talent für Maschinenbau und technisches Verständnis besitzt, sich jedoch bislang nur wenig mit ihrer Zukunft auseinandergesetzt hat, erzählt. Bel muss sich überdies mit allerhand außerschulischen Problemen auseinandersetzen.
Da wäre zum einen die familiäre Situation: Bels Eltern haben sich vor kurzem getrennt. Sie streiten sich ständig und leider nicht nur über die offensichtlichen Probleme, nämlich dass der Vater die Mutter mehrfach betrogen hat, sondern auch über nebensächliche Dinge, wie z.B. wer die Studiengebühren für Bel zahlen soll. Bels Brüder gehen zwar ihre eigenen Wege, haben aber, das wird zwischen den Zeilen sehr deutlich, ebenfalls stark unter dem Zwist der Eltern zu leiden.
Überdies hat es Bel an der Schule nicht leicht. Sie versucht nicht aufzufallen und sich zurückzuhalten, ärgert sich aber zugleich auch über Jungs wie Teo, denen alles in den Schoß zu fallen scheint, eben weil sie aufgrund ihres Elternhauses und der schulischen Förderung privilegiert sind und es als Junge – insbesondere in Kursen wie Robotik - oftmals einfacher haben. Man geht einfach davon aus, dass Mädchen grundsätzlich ein schlechteres Verständnis für Technik haben müssen, als es beim männlichen Geschlecht der Fall ist.
Doch Bel ist nicht bereit, weibliche Stereotype zu bedienen. Auch, wenn sie nicht ständig rebelliert, wie es bei Neelam der Fall ist, so geht sie ihren Weg.
Zudem erhält der Leser in diesem Buch auch einen Einblick in Teos Perspektive. Teo hat durch den Ruf und die finanzielle Unterstützung seines Vaters, Zeit seines Lebens alle Privilegien erfahren, die es ihm ermöglichen, eine große Karriere anzustreben. Doch unter jedem Dach wohnt bekanntlich auch ein Ach.
Denn neben schulischen Aktivitäten hat Teo kaum Freizeit. Wenn etwas nicht funktioniert, dann wird von ihm eine Lösung erwartet. Er ist stets der erste Ansprechpartner. Von Teo wird erwartet, dass er sich um alles kümmert. Diese Bürde wird ihm einerseits von seinem Vater, aber auch von seinen Lehrern und Mitschülern aufgeladen.
Als Bel und Teo aufeinandertreffen, prallen im ersten Moment Welten aufeinander. Beide sind wie Hund und Katze. Sie verstehen sich überhaupt nicht. Doch nach und nach kommen sie sich näher. Sie merken, dass sie als Team verdammt gut funktionieren.
Alexene Farol Follmuth gelingt es nicht nur anhand ihrer Protagonisten eine sehr interessante Charakterstudie aufzuwerfen. Denn sowohl Bel als auch Teo stehen unter einem großen Druck. Und dieser macht sich gelegentlich auch im Alltag zu ungünstigen Momenten Luft.
Im Fokus der Geschichte steht natürlich der Robotikkurs. Teo und Bel arbeiten gemeinsam mit den anderen Schülern des Teams an Kampfrobotern, die nach dem fertigen Design und Probeläufen in der Software in finalen Kämpfen gegen andere Teams antreten müssen. Für Teo ist es das Wichtigste, dass sein Team gewinnt. Bislang hat er stets Zuspruch erhalten. Dass die neue Mitschülerin Kritik äußert, passt ihm anfangs gar nicht. Doch mit Bels Ideen entwickelt sich das Team weiter. Und bald schon treffen sich die Beiden auch privat, um an „ihren Projekten“ weiterzuarbeiten. Was natürlich für Neid und Missgunst bei anderen Schülern sorgt.
Zugegeben: Die nerdigen Dialoge zwischen den Protagonisten waren gewöhnungsbedürftig. Auch die vielen Nebenfiguren, insbesondere Mitschülerinnen und neue Teammitglieder mussten mir erstmals ans Herz wachsen. Doch Alexene Farol Follmuth gelingt es, auch den Randfiguren Tiefe zu verleihen, indem sie dem Leser nach und nach einen Blick hinter die Fassade eröffnet und zeigt, dass eigentlich jeder mit seinen Sorgen und Ängsten zu kämpfen hat, auch, wenn es auf den ersten Blick gar nicht so gewirkt hat.
Fazit:
„My Mechanical Romance“ bietet eine nerdige Slow-Burn-Romance, die tiefsinniger als gedacht das Rollenspiel des Lebens mit all seinen abgründigen Wirklichkeiten aufzeigt.
Die Botschaft ist: Du darfst sein, wer du bist, musst deinen Authentizitätsanspruch aber gegen mancherlei Erwartungshaltungen, seien sie gesellschaftlich oder familiär bestimmt, durchsetzen.
Das liebenswert-nerdige Personal sorgt dabei dafür, dass das Buch kurzweilig zu lesen ist, ohne seine inspirierende Kraft zu verlieren.