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Veröffentlicht am 06.11.2023

Thriller mit Zeitschleife

Going Back – Wo fing das Böse an?
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Going back“ war ein sehr besonderer Thriller, ganz nach meinem Geschmack.



Jen, Kelly und der gemeinsame Teeniesohn Todd sind eine glückliche Familie. Zumindest dachte Jen das von ihrer Familie, bis ...

Going back“ war ein sehr besonderer Thriller, ganz nach meinem Geschmack.



Jen, Kelly und der gemeinsame Teeniesohn Todd sind eine glückliche Familie. Zumindest dachte Jen das von ihrer Familie, bis sie zwei Tage vor Halloween, kurz vor Mitternacht vom heimischen Wohnzimmerfenster mitansehen muss, wie ihr Junge einen wildfremden Mann ermordet.

Wie kann das sein? Ist ihre Erziehung dermaßen schief gegangen, ohne dass sie als Eltern etwas davon mitbekommen haben?

Als Jen am nächsten Morgen aufwacht, stellt sie nicht nur fest, dass der Kürbis, den sie gestern geschnitzt hat nicht mehr da ist, sie ist ganz offensichtlich in der Zeit einen Tag zurückgesprungen, und die furchtbare Tat hat noch gar nicht stattgefunden. Vielleicht hat Jen ja die Chance den Mord noch zu verhindern.

Doch es bleibt nicht bei dem Zeitsprung von einem Tag zurück. Jedes Zubettgehen bewirkt, dass sie sich weiter in die Vergangenheit bewegt. Mal sind es Tage, mal sind es Wochen. Dabei findet sie Dinge heraus, die ihr zuvor entgangen sind und die vielleicht entscheidend dafür sind herauszufinden, wann das Leben die Weichen so gestellt hat, dass ihr Sohn zum Mörder werden konnte.



Mich hat es überhaupt nicht gestört, dass das Phänomen des Zeitsprungs nicht weiter erklärt wurde. Es wurde mal ein Wissenschaftler kontaktiert, aber eigentlich lief es darauf hinaus, dass man entweder an Zeitreisen glaubt oder eben nicht.

Ich mag Zeitreisen in Büchern und fand die Kombination mit einem Kriminalfall wirklich gelungen. So etwas habe ich bisher noch nie gelesen.

Auch die Auflösung hat mir gut gefallen

Gillian McAllister hat einen Pageturner geschrieben, bei dem ich mich wirklich prächtig unterhalten habe, originelle Buchidee, spritziger und flotter Schreibstil und tolle Charaktere.

Was will man mehr?

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Veröffentlicht am 14.10.2023

Einfach nur toll

Feuerwanzen lügen nicht
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Dieses Buch habe ich in einem Rutsch durchgelesen, weil es mich so gefesselt und berührt hat. Das geht bei einem Jugendbuch mit 232 Seiten und relativ großer Schrift dann auch problemlos, zugegeben.

Die ...

Dieses Buch habe ich in einem Rutsch durchgelesen, weil es mich so gefesselt und berührt hat. Das geht bei einem Jugendbuch mit 232 Seiten und relativ großer Schrift dann auch problemlos, zugegeben.

Die Nominierung für den deutschen Jugendbuchpreis 2023 finde ich absolut gerechtfertigt. Ich bin total begeistert und habe vom Lesen noch ein paar Tränchen in den Augenwinkeln.



Worum geht es ?

Um es auf den Punkt zu bringen, es geht um Kinderarmut in diesem Buch.

Und dieses Thema wird von der Autorin sehr einfühlsam umgesetzt.

Die Geschichte wird aus Sicht von Nits ( Spitzname, da Nityananda im Alltag zu kompliziert ist) erzählt. Dieser eher ungewöhnliche Name rührt daher, dass sein Vater eine Indienreise so irrsinnig inspirierend und faszinierend fand, dass er seinen Sohn nach einem Guru benennen wollte. Seine deutsche Mutter mit indischen Wurzeln hatte nichts dagegen.

Seit Grundschultagen ist Nits eng mit Mischa befreundet. Die zwei Jungs ergänzen sich perfekt. Der hibbelige Nits, der für jeden Spaß zu haben ist und der sich gerne Sprüche in Reimform ausdenkt und der schlaue, ehrliche Mischa mit den gebügelten weißen Hemden und der geschwungenen Stirnwelle halten zusammen wie Pech und Schwefel.



Stefanie Höfler hat für ihre Geschichte sehr besondere Figuren erschaffen: Typen , Unikate, die man einfach gern haben muss.

Die Elternhäuser der Freunde sind grundverschieden. Das ahnte Nits schon immer, aber irgendwie hat er sich keine Gedanken darüber gemacht, warum er noch nie bei Mischa, seiner kleinen Schwester Amy und dessen alleinerziehenden Vater zu Hause war. Dass Mischa‘s Schulrucksack bald auseinanderfällt , fand er immer nur lässig.

Aber als er Mischa beim Lügen ertappt, ist Nits echt geschockt. Denn er hat seinen Freund immer für den ehrlichsten Menschen überhaupt gehalten.

„ Lügen ist einfach nur träumen, wie es auch gewesen sein könnte“, ist nämlich eigentlich ein Spruch von Mischa‘s etwas verrücktem Vater. Für Mischa selbst kam höchstens mal eine Notlüge in Frage. Wie geht man damit um, wenn man plötzlich entdeckt, dass die Familie des besten Freundes kaum das Nötigste zum Leben hat?

Nits möchte Mischa natürlich helfen, aber wie macht er das, ohne ihn zu beschämen?



Neben den originellen Charakteren hat mir besonders gut gefallen hat, dass die Autorin die unterschiedlichen Lebensmodelle nicht wertet.

Sie erzählt witzig und es wird auch mal spannend, weil Mischa‘s Papa auf kriminelle Abwege gerät, bedingt durch die ständige Leere im Portemonnaie und dem Wunsch seinen Kindern wenigstens einmal das Nötigste zu gönnen. Um ihn aus dieser Klemme wieder herauszuholen, werden auch Erwachsene mit ins Boot geholt. Auch das fand ich sehr gut und wichtig.

Für mich war dieses Jugendbuch wirklich rundum gelungen. Das Happy End tat der Seele gut und war ein angemessener Schluss für die empfohlene Zielgruppe von jungen Leser*innen im Alter von 11 Jahren.

Das Ziel junge Menschen für Kinderarmut zu sensibilisieren, kann mit diesem Buch auf jeden Fall gelingen. Deshalb wird es auch schon gerne in den Schulen eingesetzt.



Und weil es so nett ist, hier noch ein Beispiel von Nit‘s kleinen Reimen, die jedem Kapitel vorangestellt sind:



„ Wenn ein Mensch den anderen anlügt,

findet man das irritierend,

doch wenn Paviane lügen,

finden‘s alle faszinierend.“

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Veröffentlicht am 29.09.2023

Herzzerreißend

Als die Welt uns gehörte
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Die Geschichte beginnt in Wien 1936. Leo feiert den 9.Geburtstag mit seinen besten Freunden Elsa und Max. Leo‘s Vater spendiert sogar eine Riesenradfahrt auf dem Prater. Leo ahnt nicht, dass eine Ungeschicklichkeit ...

Die Geschichte beginnt in Wien 1936. Leo feiert den 9.Geburtstag mit seinen besten Freunden Elsa und Max. Leo‘s Vater spendiert sogar eine Riesenradfahrt auf dem Prater. Leo ahnt nicht, dass eine Ungeschicklichkeit , durch die die Freunde ein nettes englisches Ehepaar kennenlernen ihm einmal das Leben retten wird.

Dieses letzte unbeschwerte Zusammensein wird festgehalten auf einem Erinnerungsfoto die die 3 Freunde in den kommenden grausamen Zeiten an einen Glücksmoment ihrer Kindheit erinnern wird.

Aus den Perspektiven von Elsa, Leo und Max erfahren wir von der Machtergreifung Hitler‘s und den unmittelbaren Folgen für ihre jungen Leben. Für ihre Schulfreundschaft hatte es nie eine Rolle gespielt, dass sowohl Elsa als auch Leo jüdische Kinder waren. Für Max, der sich mit anderen Kindern schwertat, waren die beiden wahre Freunde, die ihn akzeptierten wie er war.

In der neuen Zeit ändert sich alles. Nicht nur werden die Freunde auseinandergerissen. Den Juden werden auch in Wien immer mehr Rechte aberkannt. Max Vater ist ein überzeugter Nazi der 1. Stunde und sein Sohn möchte doch so gern die Anerkennung seines Vaters erlangen.



Die Autorin, die in diesem für den deutschen Jugendbuchpreis nominierten Jugendroman auch die Geschichte ihres Vaters verarbeitet, erzählt sehr berührend nicht nur über die unfassbaren Grausamkeiten, die man nichtarischen Menschen angetan hat, sondern auch wie junge Menschen in die Fänge eines menschenverachtenden Regimes geraten konnten.

Die Geschichte ist psychologisch sehr einfühlsam erzählt. Besonders Elsa hat mich schwer beeindruckt, wie sie trotz den furchtbaren Dingen, die ihr tagtäglich widerfahren immer noch versucht etwas Positives für den Tag herauszufiltern.

Es gibt nur noch wenige Zeitzeugen des Holocausts. Deshalb sind Bücher wie diese, auch wenn sie schwer und beklemmend zu lesen sind so unglaublich wichtig, damit sich die Geschichte nicht wiederholt.



Dieses Jugendbuch schafft es durch die einfühlsame Erzählweise und die jungen Protagonisten , dass sich gerade junge Leser gut mit den Figuren identifizieren können.

Von mir gibt es 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 22.08.2023

Bewegende Familiengeschichte

Die Postkarte
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Die Postkarte, die die Mutter der Autorin 2003 in der Neujahrspost hatte, bildet den Aufhänger für Anne Berest ausgiebig über ihre Vorfahren zu recherchieren. Es stehen nur 4 Namen auf der Karte, alles ...

Die Postkarte, die die Mutter der Autorin 2003 in der Neujahrspost hatte, bildet den Aufhänger für Anne Berest ausgiebig über ihre Vorfahren zu recherchieren. Es stehen nur 4 Namen auf der Karte, alles Angehörige, die in Auschwitz ermordet wurden.



Das Schicksal der Familie Rabinowicz ist furchtbar und sehr schmerzhaft zu lesen. Nur Anne‘s Großmutter Myriam hat überlebt. Anne‘s Mutter Lilia hat nach dem Erhalt der verstörenden Postkarte schon selbst zur Familiengeschichte recherchiert und kann im Gespräch mit ihrer Tochter bereits viele Leerstellen füllen. Zum Glück bleiben den Lesern zu ausführliche Beschreibungen in den Kz‘s erspart. Trotzdem ist das Grauen auf jeder Seite spürbar und bedrückend. Die Logistik der Massenvernichtung ist einfach unfassbar und unerträglich.



Im 2. Teil des Buches springen wir in die Gegenwart nach Frankreich, wo Anne‘s Tochter in der Schule Antisemitismus erlebt. Dabei ist die Familie gar nicht gläubig. Mit Anne die sich jetzt mit ihrem „Jüdischsein“ auseinandersetzt, habe ich viel Neues gelernt und fand Anne‘s Auseinandersetzung mit der eigenen Identität sehr spannend. Wie in einer Kriminalgeschichte verläuft die Spurensuche nach dem Verfasser der Postkarte.

Die Auflösung dazu liefert der 3. Teil des Buches.

Es war sehr interessant in diesem Buch einmal die französischer Perspektive zu lesen. Der Roman hat mich sehr bewegt und ist absolut empfehlenswert.

Sicherlich wäre der Roman auch eine tolle Schullektüre.

Mir lag das Buch als Hörbuch vor. Es wurde wunderbar eingesprochen von Simone Kabst.

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Veröffentlicht am 15.08.2023

Ein großer Genuss

Der Markisenmann
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Das Cover dieser Geschichte taugt auf jeden Fall zum hässlichsten Bucheinband des Jahres und ist wirklich abschreckend. Ein Wunder fast, dass die Marketingabteilung des Verlags es trotzdem gewagt hat, ...

Das Cover dieser Geschichte taugt auf jeden Fall zum hässlichsten Bucheinband des Jahres und ist wirklich abschreckend. Ein Wunder fast, dass die Marketingabteilung des Verlags es trotzdem gewagt hat, damit auf den Markt zu gehen. Aber… es passt zu dem Roman, wie die Faust aufs Auge.

Worum geht es?

In diesem wirklich herzerwärmenden Coming of Age Roman mit ganz viel Ruhrpottcharme lernen wir Ich-Erzählerin Kim und ihre Familie kennen. Sie ist eine aufmüpfige 15Jährige , die mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und dem kleinen Bruder in einer Schicki - Micki Gegend im Speckgürtel von Köln wohnen und wie das bei Pubertierenden so ist, fühlt sie sich übersehen, ungeliebt und unverstanden. Nachdem sie es mit ihren Aktionen auf die Spitze getrieben hat und ihren kleinen Bruder ernsthaft verletzt hat, beschließt die Familie, dass Kim die Sommerferien besser bei ihrem leiblichen Vater verbringen solle, damit wieder Ruhe in das Familienleben einkehren könne. Kim soll obwohl sie ihren Vater überhaupt nicht kennt, die Ferien bei diesem Fremden verbringen. Ihr Vater, optisch schon mal enttäuschend, holt sie am Duisburger Bahnhof ab und nimmt sie mit in eine völlig neue Welt. Hat Kim in der 1. Nacht noch Fluchtgedanken, so macht sie doch eine tolle Entwicklung durch und kehrt nach 6 Wochen Duisburg Meiderich mit Tränen in den Augen in ihr Elternhaus zurück, weil es der beste Sommer ihres Lebens war.

Während ihr Stiefvater reich und arrogant ist, ist der „Unscharfe“ wie sie ihren Vater insgeheim nennt, weil er auf dem einzigen Foto was sie von ihm hat nur verschwommen zu erkennen ist, ein armer Schlucker. Er lebt in einer heruntergekommenen Halle im Industriegebiet und versucht mehr schlecht als recht Markisen im Direktvertrieb an der Haustür zu verkaufen. Sein Verkaufstalent ist unterirdisch, die Markisen, die aus DDR Restbeständen stammen grauenhaft hässlich. Da braucht es schon eine pfiffige Teenagertochter die seine Verkaufsgespräche mit ein paar Tricks ein bisschen pusht.

Kim hat endlich das Gefühl ,dass man ihr zuhört. Sie ist auch bei Papa Ronald Papen‘s Kumpels voll akzeptiert wenn die beiden abends in Rosie‘s Pilstreff etwas Geselligkeit suchen.

Und auch wenn ihr Papa eigentlich nichts zu bieten hat, gibt er seiner Tochter in diesen Ferien doch eine ganze Menge mit für ihr weiteres Leben, vor allem Liebe.

Ich hätte nie gedacht, dass mich dieses Buch so begeistern würde, aber Jan Weiler hat die Geschichte mit einem tollen Humor und trotzdem ganz viel Tiefe sehr einfühlsam erzählt. Es sind immer wieder ganz tolle Bilder, die der Autor , mit seiner Erzählweise hervorruft.

„Der Markisenmann“ ist ein tolles Sommerbuch, eine klasse Urlaubslektüre, ein Buch, dass immer passt und ja tatsächlich ein Überraschungshighlight.



Unbedingt lesen!

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