Moderne Poesie mit kleinen Schwächen
SerienunikatAls ich die Leserunde zu dem Buch bei Wasliestdu? entdeckte, hat mich die Inhaltsangabe von Serienunikat sofort fasziniert. Das Thema an sich ist ja nicht neu, aber der Klappentext hörte sich so vielversprechend ...
Als ich die Leserunde zu dem Buch bei Wasliestdu? entdeckte, hat mich die Inhaltsangabe von Serienunikat sofort fasziniert. Das Thema an sich ist ja nicht neu, aber der Klappentext hörte sich so vielversprechend an, dass ich mich gleich bewerben musste. Und bis auf die eine oder andere Schwäche wurde ich auch nicht enttäuscht.
Mit den Figuren wurde ich richtig schnell warm. Es ist zwar schon ein paar Jahre her, seit ich selbst studiert habe, aber an die Anfangsschwierigkeiten in einer neuen Stadt inklusive Wohnungssuche und die Abkapselung vom alten Leben kann ich mich noch gut erinnern. Die Autorin schafft es wunderbar, im Charakter der Ann-Sophie jenen Zwiespalt auszudrücken, den Erwartungen der Eltern zu folgen oder dem Wunsch nachzugeben, selbst herauszufinden, was man will. Auf eigenen Beinen zu stehen ist kein Resultat, es ist meist ein langwieriger und schwieriger Prozess, der auch sehr radikal verlaufen kann. In Ann-Sophies Fall durchaus an manchen Stellen etwas zu radikal, doch die Grundtendenz des Sich Abnabelns ist toll getroffen, besonders im Zusammenspiel mit den anderen Protagonisten, die alle ihre eigenen, teils sehr gegensätzlichen Methoden haben, um sich auszudrücken.
Was mich allerdings am meisten beeindruckt hat, war der Schreibstil. Unglaublich poetisch und oft schön tiefgründig verzaubert er von der ersten Seite an. Eben die Mischung aus den philosophischen und ausdrucksstarken Sätzen mit moderner Sprache macht einen Großteil des Charmes des Romans aus. Zwar wirkt die eine oder andere Szene dadurch pathetischer, als sie in der Realität wäre, trotzdem hebt gerade das das Buch aus der Masse einfacher Zustandsbeschreibung heraus. So manches Zitat regt einen über das Lesen hinaus zum Nachdenken an und das hat mir richtig gefallen.
Leider tröstet das nicht ganz über den nicht völlig gelungenen Schluss hinweg. Dabei hat mich weniger gestört, wie Ann-Sophie abstürzt, sondern mit welcher Geschwindigkeit. Und dass sie danach einfach wieder zurückfindet, ohne dafür größere Hilfe von Außen in Anspruch nehmen zu müssen. Das erschien mir etwas zu abgehackt und zu leicht gelöst zu sein. Da wäre wirklich mehr Tiefe und Ausführlichkeit angebrachter gewesen als die Klischees, vor allem bei einem solch sensiblen Thema.
Fazit
Serienunikat ist ein durchaus gelungenes, wenn auch nicht ganz perfektes Erstlingswerk. Mit liebevoll gestalteten, teils sehr gegensätzlichen Charakteren, die sich toll ergänzen, und einem Schreibstil aus moderner, nachdenklich stimmender Poesie weiß Chantal-Fleur Sandjon wirklich zu begeistern. Die Gefühle, Ängste und Widersprüchlichkeiten vieler Studenten und Heranwachsender Anfang Zwanzig werden einem wunderbar nahe gebracht und nachvollziehbar gestaltet.
Dabei trüben allerdings so manche Klischees und ein nicht ganz realistisch gestalteter Absturz der Hauptfigur zum Ende hin die Lesefreude. Diese Punkte zählen damit definitiv zu den Schwächen des Buches. Doch gerade aufgrund der außergewöhnlichen Erzählweise freue ich mich schon darauf, weitere Werke der Autorin zu lesen!