Cover-Bild Kinder der Wut
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26,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Mitteldeutscher Verlag
  • Themenbereich: Belletristik - Thriller / Spannung
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 316
  • Ersterscheinung: 04.2023
  • ISBN: 9783963116445
Nela Rywiková

Kinder der Wut

Roman
Christina Frankenberg (Übersetzer)

»Nela Rywiková ist einer der interessantesten neuen Namen des tschechischen Krimis, der gerade eine Art Wiedergeburt erlebt.« Pavel Mandy, iLiteratura.cz

Auf einem heruntergekommenen Bahngelände in Ostrava finden zwei Jungen eine Leiche, die wie eine Jagdtrophäe präpariert worden ist. Die Untersuchungen der Polizei führen in alle gesellschaftlichen Schichten der Stadt, in hohe politische Kreise und zu neureichen Unternehmern, zu Prostituierten und in zerrüttete Familien. Der Verdacht fällt bald auf Erik, einen alten Sonderling, der in Kneipen herumlungert und sich mit der Präparation von toten Tieren ein Zubrot verdient. Doch der Ermittler Adam Vejnar und seine neue Kollegin Zuzana Turková konzentrieren ihre Untersuchungen auf Verstrickungen zwischen einer Politikerin, einem Unternehmer aus der neuen „Elite“ der Stadt und einem ominösen Geschwisterpaar.
In „Kinder der Wut“ verknüpft Nela Rywiková geschickt einen Mordfall in der Gegenwart mit einer deutsch-jüdischen Familiengeschichte, die viele Jahrzehnte zurückliegt, und zeigt, wie leicht ein Mensch Opfer von Wut, Geschichte und einer verdrängten Vergangenheit werden kann.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.08.2023

Ein sehr tiefgründiger Kriminalroman

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Dieser Kriminalroman ist anders. Das ist schon gleich zu Beginn spürbar. Die Struktur ist ungewohnt, direkte Rede wird nicht wie gewohnt mit Anführungsstrichen sichtbar gemacht. Stattdessen wird sie mithilfe ...

Dieser Kriminalroman ist anders. Das ist schon gleich zu Beginn spürbar. Die Struktur ist ungewohnt, direkte Rede wird nicht wie gewohnt mit Anführungsstrichen sichtbar gemacht. Stattdessen wird sie mithilfe eines Gedankenstrichs kenntlich gemacht, doch nach dem Reden wird nahtlos ins Erzählerische gewechselt. Das hat mich anfänglich irritiert, weil ich noch kein Gespür habe, wann die wörtliche Rede endet. Doch das gibt sich relativ schnell und ich kann gut in die Geschichte abtauchen.
Selbstverständlich machen mir auch ein paar typische tschechische Begrifflichkeiten und Namenseigenheiten Schwierigkeiten. Dadurch ist das Lesen manchmal etwas herausfordernd, aber mit ein bisschen mehr Konzentration komme ich durch diese kleinen Unebenheiten gut durch.

„Kinder der Wut“ hat einen spannenden Aufbau. Es gibt mehrere verschiedenen Erzählfäden, welche ein gut konzipiertes Handlungsgerüst ergeben und durch pfiffig überlegte Rückblenden Nähe zu den unterschiedlichen Charakteren schaffen. Hinzukommt die sehr interessant ausgestaltete Kulisse von Ostrava. Sie ist eine Großstadt in Tschechien, die ich persönlich aber noch nie besucht habe. Das von Nela Rywiková gezeichnete Bild ist eher düster und beklemmend, ich bin mir nicht sicher, ob dies der Stadt wirklich gerecht wird. Dem Setting und der Geschichte aber steht die Atmosphäre sehr wohl.

Innerhalb der Geschichte gibt es zwei Zeitebenen. Beide entwickeln sich in ihrer Zeit chronologisch weiter. Lange bleibt unklar ob, und wie diese beiden Stränge zueinanderpassen. Das schmälert aber nicht den Leseeindruck, denn ich finde die Idee dahinter sehr klug durchdacht. Erst am Ende wird sich alles so klar auflösen, dass ein spannender Aha-Effekt auftritt.

Der historische Erzählfaden berührt mich sehr. Er ist nicht so stark ausgeprägt wie jener aus der Gegenwart und hierbleibt überwiegend dieselbe Person im Fokus des personalen Erzählers. Der Blick auf die tschechische Kriegs- und Nachkriegsvergangenheit geht mir nahe. Im Zentrum steht eine deutsch-jüdische Familiengeschichte, die beschämend aufzeigt, wie grausam die Verfolgung damals war. Auch wie die Auswirkungen auf das unmittelbare Umfeld der Betroffenen waren und wie schnell sich der Wind drehen kann, ist erschütternd. Ich habe mit den Figuren gelitten und es ist durchgängig spürbar, dass hier ein realistischer Blick in die Vergangenheit geworfen wurde.

In der Gegenwart dominieren mehrere Figuren das Handlungsgeschehen. Lange war mir nicht klar, wie manche Charaktere zum Kriminalfall passen. Spannend ist hier, dass Nela Rywiková die Beschreibung der Nebenfiguren nicht so ausführlich ausgestaltet hat wie die der Hauptakteure. Es gelingt ihr dennoch, alles Wichtige auf den Punkt genau zu konzentrieren, auch wenn ich bei dem ein oder anderen Nebencharakter gerne mehr Informationen gehabt hätte.

Sehr deutlich wird allerdings bei dem Gegenwartsstrang, dass sich offenbar zwei Welten überschneiden. Die soziale Ungerechtigkeit kommt in vielen kleinen Details zum Vorschein, die geschickt im Handlungsgeschehen eingebettet werden. So wird recht deutlich, wie stark die Schere bei der sozialen Unterschicht und der modernen Elite auseinanderklafft.

Die Welt der Sozialschwachen ist interessant und vielschichtig beschrieben. Die Authentizität ist berührend und ich meine hier auch den sozialkritischen Unterton herauslesen zu können. Manchmal lasse ich mich davon ein wenig ablenken, sodass in meinem Hinterkopf der Kriminalroman ein bisschen aus dem Fokus rutscht.
Generell erinnert die Geschichte eher an einen klassischen Detektivroman, der sich mit einer Reihe von persönlichen Schicksalen vermengt. Nela Rywiková richtet ihr Augenmerk viel auf die Tragödie des echten Lebens, wodurch der Mordfall manchmal nur die zweite Geige spielt. Das Ermittlerteam um Adam Vejnar und seiner Kollegin Zuzana Turková holt diesen aber immer wieder in mein Gedächtnis. Der Einblick in die Ermittlungsarbeit der hiesigen Polizei ist interessant, besonders auch die internen Ränkespielchen.

Was mir sehr gefällt, ist, dass sich Nela Rywiková Zeit genommen hat, eine sensible Analyse von verschiedensten mentalen Entwicklungsprozessen der Charaktere durchzuführen. So lebt „Kinder der Wut“ förmlich und macht die Geschichte richtig greifbar.
Stück für Stück entblättert sich so eine unglaubliche Tragödie, deren Wurzeln tief und weit reichen.

Das Finale ist unglaublich packend, die Ereignisse überschlagen sich und „Kinder der Wut“ gipfelt in einem Meer aus Blut und verlorenen Träumen. Das Ende ist unglaublich berührend und sehr realistisch. Die Auflösung ist genial. Denn im Grunde offenbart sich am Ende, worauf Nela Rywiková die ganze Zeit hingearbeitet hat und das Motiv für den Mord und die Zurschaustellung des Opfers erklärt sich fast von alleine.

Fazit:
Der Kriminalroman ist nicht immer leicht zu lesen und lenkt oftmals auch vom eigentlichen Fall ab. Dafür stehen im Blickpunkt immer wieder einzelne Schicksale, was den Krimi unglaublich lebendig und mitfühlend macht.

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Veröffentlicht am 11.06.2023

Kinder der Wut

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Zwei Jungen entdecken auf einem verlassenen Bahngelände eine Leiche. Diese wurde wie ein Tier präpariert und stellt das Ermittlerteam vor ein Rätsel. Seltsame Zusammenhänge ergeben immer mehr Fragen statt ...

Zwei Jungen entdecken auf einem verlassenen Bahngelände eine Leiche. Diese wurde wie ein Tier präpariert und stellt das Ermittlerteam vor ein Rätsel. Seltsame Zusammenhänge ergeben immer mehr Fragen statt Antworten. Zwischen den Geschehnissen bekommt der Leser Einblicke in die tragische Lebensgeschichte eines Menschen und wie seine Vergangenheit noch heute das Leben beeinflusst.

„Kinder der Wut“ bietet dem Leser eine interessante Geschichte. Lange rätselte ich mit, wer der Mörder und was sein Motiv sein könnte. Ebenso, in welchem Zusammenhang die Rückblicke mit den Geschehnissen in der Gegenwart zusammen passen. Die Figuren sind durchweg gut ausgearbeitet. Der Roman hat sich flüssig gelesen und einen guten Spannungsbogen beibehalten. Das große Finale hat mir alle meine offenen Fragen beantwortet und hat auch die eine oder andere Anregung zum Nachdenken geliefert. Näher kann ich leider nicht auf die Geschichte und Ereignisse eingehen, da die Spoiler-Gefahr einfach zu groß ist.

Ich danke dem mitteldeutschen verlag für die Zusendung dieses Rezensionsexemplars.

Veröffentlicht am 08.06.2023

Ein ganz besonderes Buch - düster und voller Wut

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Zwei Jugendliche finden in einem verfallenen Gebäude eine Leiche, die ausgestopft und präpariert wurde. Das Polizistenduo Turkovà und Vejnar nehmen die Ermittlungen auf. Soweit so gut. Es scheint eine ...

Zwei Jugendliche finden in einem verfallenen Gebäude eine Leiche, die ausgestopft und präpariert wurde. Das Polizistenduo Turkovà und Vejnar nehmen die Ermittlungen auf. Soweit so gut. Es scheint eine Kriminalgeschichte nimmt ihren Lauf. Doch nach ein paar Seiten wird klar: es geht hierbei um viel mehr…

Das Setting ist düster, ich habe mich durchweg unwohl gefühlt beim Lesen und war froh in einem warmen Bett Zuhause liegen zu dürfen. Man möchte mit keinem der Protagonisten tauschen wollen und die vulgäre und primitive Sprache zu Beginn tut ihr Übriges. Ich hab nach etwa 80 Seiten wirklich überlegt das Buch aufgrund der ausfälligen Ausdrucksform abzubrechen - vorneweg: Ein Glück habe ich es nicht getan!

Wenn man an den Punkt kommt, an dem alle Personen vorgestellt wurden (und ja, es sind keine netten Leute) ändert sich die Wortwahl. Es wird deutlich gesitteter und angenehmer zu lesen, auch wenn die Atmosphäre bis zum Ende düster bleibt. Es gibt zwei Personen, die aus dieser grausamen Szenerie herausstechen und das sind Irma und Alzbêta, die, obwohl ihnen im zweiten Weltkrieg und danach schlimme Dinge widerfahren, sich ein liebevolles Gemüt bewahren können.

Mich hat die Geschichte trotz der Grausamkeiten gefesselt, sie hat mich nicht mehr losgelassen und ich musste noch Tage später darüber nachdenken.
Der Verlag hat das Buch als „herrlich pessimistisch“ angekündigt. Auch wenn es auf den ersten Blick so scheint, ist es das für mich überhaupt nicht, denn was bleibt zurück? Für mich ganz eindeutig das Wissen, dass die betitelten Kinder der Wut ihr Leben lang von der Gewalt, die sie erfahren gezeichnet sind, aber eben auch, dass es einen Ausweg hieraus gibt. Eindeutig und unumstößlich wird in dem Buch sichtbar: Kinder gehören mit bedingungsloser Liebe überschüttet! Auch wenn einem im Leben Ungerechtigkeit widerfährt, so zehren wir von der Liebe, die wir als Kind erfahren haben ein Leben lang und das hilft auch schwere Zeiten durchzustehen.

Ich möchte das Buch sehr gerne empfehlen an Krimi- und Thrillerfans, die gerne Tiefgang mögen. Es ist alles andere als ein Wohlfühlbuch, aber ich denke das erwartet mit dem Titel und Klappentext auch keiner. Man sollte sich auf Neues einlassen können; es gibt zum Beispiel keine Anführungszeichen bei der direkten Rede, kannte ich so vorher nicht. Wer das tut, wem vulgäre Ausdrucksweise nichts ausmacht, gut unterhalten und nachhaltig beeindruckt werden möchte, der ist hier ganz sicher richtig.