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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.07.2018

Packend!

Uns gehört die Nacht
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Der Roman „Uns gehört die Nacht“ von Jardine Libaire handelt von der Liebesgeschichte zwischen Elise Perez und Jamey Hyde. Elise ist in einer armen Gegend ohne Vater aufgewachsen und hat keinen Schulabschluss, ...

Der Roman „Uns gehört die Nacht“ von Jardine Libaire handelt von der Liebesgeschichte zwischen Elise Perez und Jamey Hyde. Elise ist in einer armen Gegend ohne Vater aufgewachsen und hat keinen Schulabschluss, während Jamey der Spross einer berühmten und reichen Investmentbankerfamilie ist.
Zu Beginn steht Elise vor Jamey und hält eine Waffe auf ihn, ein fesselnder Einstieg, bei dem man sich während der gesamten Lektüre fragt, wie die beiden in diese Situation gekommen sind. Anfangs noch etwas undurchsichtig, lernt man im Buch nach und nach Elise und ihr Leben kennen, bis auch ihr Nachbar Jamey Teil ihres Lebens wird. Elise und ihr schwuler Mitbewohner Robbie schlagen sich durchs Leben und sind die Nachbarn der beiden Yale Studenten Matt und Jamey.
Bereits zu Beginn der Geschichte fühlt sich Elise zu Matt hingezogen, obwohl dem Leser sehr schnell klar wird, dass die beiden in völlig unterschiedlichen Welten leben. Trotz der hohen, spürbaren sexuellen Spannung zwischen den beiden, gibt man ihnen eigentlich keine realistische Chance auf eine gemeinsame Liebesromanze. Der Sprachstil der Autorin ist absolut fesselnd, nicht nur in den erotischen Passagen des Buches. Jamey und Matt sind anfangs absolute Snoby und keine wirklichen Sympathieträger, Jamey entwickelt sich während des Buches allerdings sehr weiter.
Der Schreibstil der Autorin hat mich gepackt. Sätze wie „Ihm wird klar, dass er seinen besten Freund nicht mehr mag und ihm kamen tatsächlich die Tränen“ sind so schonungslos ehrlich, wie man es selten liest. Die Sprache ist an einigen Stellen etwas derber, was mich persönlich nicht stört. Die bitterböse Beschreibung der Upper Class trieft vor Zynismus. Sätze wie „ Sie wurden in der Herde erzogen, aufgepäppelt auf dem zähen glitschigen Nährboden ihres Erbes“ sind ein absoluter Lesegenuss.
Die Beziehung von Elise und Jamey wird immer merkwürdiger und lässt sich gerade am Anfang eher als Abhängigkeit beschreiben. Es handelt sich nicht um eine 08/15 Liebesgeschichte, was mir sehr gut gefällt. Und dann entwickeln sich die beiden doch zu einem echten Liebespaar, ganz still und heimlich. Elise giert manchmal schon verzweifelt nach der Liebe Jameys, aber auch bei Jamey sind echte Gefühle im Spiel. Der Leser fragt sich die ganze Zeit, ob und wie lange diese Beziehung noch gut geht, spätestens auf der Schicki-Micki Taufe in Jameys Familie verliert man die Hoffnung auf ein Happy End. Aber die beiden beißen sich durch.
Die Handlung plätschert an einigen Stellen etwas vor sich hin, das Buch erlangt zum Ende noch eine tragische Wendung, die man in dieser Form nicht erwartet. Das Buch ist generell sehr unvorhersehbar und wenig durchschaubar. Es ist ein authentischer Roman mit authentischen Charakteren. Die Stärke liegt in den transportierten Emotionen und den Unterschieden der verschiedenen Lebenswelten. Der Roman fesselt und überzeugt, obwohl er stellenweise an Spannung verliert. Dennoch ein hervorragender Roman, der den Leser in seinen Bann zieht.

Veröffentlicht am 28.07.2018

Fesselnde persische Familiengeschichte

Als die Tage nach Zimt schmeckten
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Im Roman „Als die Tage nach Zimt schmeckten“ von Donia Bijan geht es um eine Familie aus Teheran, deren Mitglieder über die ganze Welt verteilt sind und nun wieder zurück zu ihren persischen Wurzeln finden.
Bereits ...

Im Roman „Als die Tage nach Zimt schmeckten“ von Donia Bijan geht es um eine Familie aus Teheran, deren Mitglieder über die ganze Welt verteilt sind und nun wieder zurück zu ihren persischen Wurzeln finden.
Bereits das Cover weckt die Neugier auf das exotische, fremde Land. Ich finde es sehr gelungen, dass sich das Buchcover vor jedem neuen Teil im Buch wiederfindet. Zod wartet in Teheran Tag für Tag auf den Postboten und hofft auf einen Brief seiner Tochter Noor. Sie wohnt in Amerika und war vor 30 Jahren das letzte Mal in ihrer Heimat. Die Geschichte des Buches beginnt mit Noors Scheidung von ihrem untreuen Ehemann Nelson und der damit verbundenen Frage, was Noor nun mit ihrem neuen Lebensabschnitt anfängt.
Zod erweckt den Eindruck eines tollen alleinerziehenden Vaters. Er schickt seine Kinder schon früh ins Ausland, um ihnen die Chance zu geben, die er selbst nicht hat. Nebenbei ist er Inhaber des Cafes Leila, das sich großer Beliebtheit erfreut. Die Familiengeschichte spielt sich zwischen dem Iran und Amerika ab.
Der Perspektivwechsel der Erzählungen überzeugt mich sehr, man erfährt Details aus Noors, Zod, Lillys etc. Sicht und gewinnt damit einen umfassenden und vielschichtigen Eindruck. Dadurch ist man schnell selbst mitten im Geschehen. Zwischendurch ist das Thema Heimat immer wieder präsent. Für welches Land schlägt das eigene Herz? Wo fühlt man sich zuhause? Welche Sitten und Kulturen sind einem näher? Die Charaktere sind zwischen zwei Ländern gefangen und das Buch transportiert diese Zerrissenheit sehr gut. Es vermittelt ein Gefühl von Heimat und Nach-Hause-kommen, durch die detailverliebten Schilderungen des Irans.
Das Buch ist in verschiedene Teile unterteilt. Der erste Teil führt sehr gut in die Geschichte ein. Der todkranke Zod möchte sein Leben selbst zu Ende schreiben, unterstützt von der besorgten Tochter und Enkelin, denen Teheran eigentlich völlig fremd ist. Beim Lesen stellt man sich diese fremde Welt vor, all diese Gerüche, die exotischen Speisen. Man taucht völlig ein in diese neue Welt.
Eine tolle Reise in die Vergangenheit dieser Familie, die unfassbar harte und brutale Zeiten im Iran erleben musste. Das Buch gewinnt sehr an Tragik, man ist völlig bestürzt und betroffen von dieser Brutalität und Gewalt.
Diese Geschichte geht unter die Haut, näher dran geht nicht. Eine ergreifende Geschichte aus Sicht aller Familienmitglieder, fesselnd und mit einer gehörigen Portion Spannung. Dieses Buch weckt Interesse an dem fremden Land und der Kultur, über das ich persönlich vorher nicht viel wusste. Der Roman erweitert den eigenen Horizont und ist eine absolute Empfehlung. Das Ende zeigt, was wirklich wichtig ist: Familie, trotz aller Diskrepanzen!

Veröffentlicht am 25.06.2018

Sommerfreundinnen on tour

Wir sehen uns im Sommer
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Der Roman „ Wir sehen uns im Sommer“ von Asa Hellberg handelt von drei Frauen, die sich auf eine Reise um die ganze Welt begeben, die von ihrer Freundin Sonja vor ihrem Tod organisert wurde.
Das Cover ...

Der Roman „ Wir sehen uns im Sommer“ von Asa Hellberg handelt von drei Frauen, die sich auf eine Reise um die ganze Welt begeben, die von ihrer Freundin Sonja vor ihrem Tod organisert wurde.
Das Cover ist gewohnt sommerlich und frisch. Der Klappentext verspricht bereits eine tolle Reise mit den Sommerfreundinnen. Sonja schickt die Freundinnen nach ihrem Tod auf eine Reise, man ahnt, dass das Buch emotional wird, aber dennoch trifft einen der Brief zu Beginn des Romans mit voller Wucht. Der Brief berührt den Leser, er weckt Spannung und man freut sich Teil der Reise zu werden. Es ist toll, wie unterschiedlich die Freundinnen sind, man findet in jeder von ihnen etwas vons ich selbst wieder.
Asa Hellberg schreibt wunderbar einfühlsam mit sehr bewegenden Worten. Ein toller Roman über Freundschaft, Liebe, Verlust und der Weg zurück ins Leben und zu sich selbst. Die Idee anhand von Filmen und Briefen die Frauen auf eine wunderbare Reise zu schicken ist klasse. Es entbehrt sich nicht einer gewissen Komik, wenn Sonjas Asche in Puderdosen durch den Zoll geschmuggelt wird.
Es muss schönsein, auch nach dem Tod noch so viel über seine Freunde zu erfahren. Die Reise führt sie an die unterschiedlichsten Orte und an Spannung fehlt es dem Buch nicht, als die Frauen unerwartet in Lebensgefahr geraten. Aber so schnell hält die Freundinnen nichts auf.
Zwischendurch ist man als Leser traurig, wie viel Sonja ihren Freundinnen zeit ihres Lebens verschwiegen hat, aber dennoch schön, dass sie nun die Wahrheit erfahren. Man wäre mit jeder einzelnen der Sommerfrauen gerne befreundet, aber besonders Sonjas Beschreibung und ihre Art haben mich berührt.
Schön ist der Bezug zu den anderen Büchern von Asa Hellberg, als träfe man alte Bekannte wieder. Die Reise dient nicht nur der Trauerbewältigung und Suche nach sich selbst, sondern es geht auch um das Wohl anderer, für das sich die Frauen auf ihrer Reise und danach sehr stark einsetzen.
Das Buch ist eine perfekte Mischung zwischen Lebenslust und Melancholie. Wieder zuhause angekommen warten die Probleme des Lebens, die die taffen Frauen jede auf ihre eigene Art lösen.
Der Roman ist ein kurzweiliger Lesegenuss mit einem schönen Ende.

Veröffentlicht am 14.05.2018

Krimi und Komik

Bullenbrüder: Tote haben kalte Füße
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Im Krimi „Bullenbrüder, Tote haben kalte Füße“ verschwindet eine der berühmten Smoothie-Sisters. Die beiden Brüder und Ermittler Charlie und Holger begeben sich auf eine spannende Suche.
Als Leser findet ...

Im Krimi „Bullenbrüder, Tote haben kalte Füße“ verschwindet eine der berühmten Smoothie-Sisters. Die beiden Brüder und Ermittler Charlie und Holger begeben sich auf eine spannende Suche.
Als Leser findet man sehr leicht ins Buch, auffällig sind schon zu Beginn die witzigen Formulierungen. „ Holgers Gesicht sieht aus, als hätte eine Umzugsfirma sein Gehirn ausgeräumt, besenrein!“ ist nur einer von vielen komischen Sprüchen.
Am Anfang hatte ich etwas Sorge, dass das Buch unübersichtlich wird, da schon im Klappentext so viele Personen erwähnt werden. Die Personen erscheinen nach und nach in der Handlung und werden entsprechend vorgestellt, sodass man zu keiner Zeit den Überblick verliert. Das Buch ist sehr angenehm zu lesen, es ist locker, witzig und schlagfertig. Die beiden Brüder Charlie und Holger ergänzen sich gut, die Verbindung der beiden Fälle wird schnell hergestellt. Die chaotische Hippiemutter der beiden, die alle mit ihren Hochzeitsplänen durcheinanderbringt, ist herrlich witzig. Im Buch ist immer was los, ohne dass man beim Lesen den Überblick verliert.
Ein humorvoller, aber durchweg spannender Krimi mit viel Kaltschnäuzigkeit und tollen Sprüchen. Eine perfekte Mischung aus Komik und Krimi. Absolut empfehlenswert!

Veröffentlicht am 04.09.2017

Bissig

Töte mich
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Das Buch „Töte mich“ von Amélie Nothomb handelt vom Grafen Neville, dem eine Wahrsagerin verkündet, dass er auf seinem Gartenfest eine Person töten wird.
Der Roman beginnt bei der Wahrsagerin, da diese ...

Das Buch „Töte mich“ von Amélie Nothomb handelt vom Grafen Neville, dem eine Wahrsagerin verkündet, dass er auf seinem Gartenfest eine Person töten wird.
Der Roman beginnt bei der Wahrsagerin, da diese die Tochter des Grafen im Wald gefunden hat. „Auf Ihrem Fest werden Sie einen Gast töten“. Diese Aussage der Wahrsagerin erzeugt bereits nach wenigen Seiten Spannung, während des gesamten Buches fragt sich der Leser immer wieder, wer wohl das zukünftige Opfer sein wird. Die Wahrsagerin wirkt unsympathisch und arrogant. Der Graf verkörpert einen typisch adligen Snob.
Der Sprachstil des Buches ist bissig. „Doch die Vorstellung, dass er einen seiner Gäste töten könnte, entsetzte Neville. Das machte man nicht…“ Solch brillant-zynische Sätze findet man durchgehend im Buch.
Schon früh erfährt man, dass die Fassade des Grafen bröckelt, das Fest wird das letzte sein, da die Familie vor dem Bankrott steht. Die Gartenpartys verkörpern den Inbegriff von Luxus, aber auch bittere Armut. Der Graf musste als Kind hungern, macht die Feste sogar mitverantwortlich für den frühen Tod seiner Schwester. Trotzdem hält er an dieser Tradition fest.
Der Graf wirkt sympathisch und herrlich altmodisch, wenn er beispielsweise aufgebracht zum Briefbogen greift und das im Jahr 2014. Mit einer gehörigen Portion Selbstironie werden die Gäste der Party als geschminkte Greise und lärmende alte Fregatten bezeichnet. Der alte Adel wird hier nicht verschont mit bissigen Kommentaren. Graf Henri habe ich zu Beginn des Buches unterschätzt, er ist herrlich sarkastisch und unterhaltsam, besonders als er einen Plan ausarbeitet, um der Prophezeiung vorzugreifen. Seine Tochter Serieuse wächst dem Leser schnell ans Herz, sie ist überaus intelligent, aber auch sehr traurig und tragisch in ihrer Person. Sprichwörtliches Genie und Wahnsinn liegen hier nah beieinander. Bei ihr ist der Name Programm, sie schlägt sich selbst als Opfer vor, da sie mit ihrer wachsenden Depression sowieso kein Verlust für die Gesellschaft ist.
Das Buch ist tiefgründig und anspruchsvoll, gespickt mit herrlich bissigem Witz. Die Vater-Tochter-Dialoge sind ein wahrer Lesegenuss und das Ende ist zwar nicht gänzlich unerwartet, aber trotzdem sehr gut. Leider ist das Buch mit seinen 110 Seiten viel zu kurz geraten