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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.09.2017

Gefährliche Reise

Palast der Finsternis
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Der Roman "Palast der Finsternis" von Stefan Bachmann besticht schon vorab durch ein zauberhaftes Cover, und nach Beendigung der Lektüre weiß man, dass sich hier der Designer eng an den Text gehalten hat ...

Der Roman "Palast der Finsternis" von Stefan Bachmann besticht schon vorab durch ein zauberhaftes Cover, und nach Beendigung der Lektüre weiß man, dass sich hier der Designer eng an den Text gehalten hat und dem Leser in Hologram-Art einen Einblick in das geheimnisvolle unterirdische Schloss der Bessancourts gewährt, in das fünf Jugendliche zu einer geheimnisvollen Expedition eingeladen werden.

Was Anfangs noch als Luxustrip ins Abenteuer aussieht, entpuppt sich schnell als Fahrt ins Grauen als sich die jungen Leute in einem gigantischen unterirdischen Schloss unter Lebensgefahr von einem Raum in den nächsten kämpfen müssen. Überall lauern Krieger und ausgeklügelte Fallen, die ihnen nach dem Leben trachten. Schnell kristallisiert sich das junge Mädchen Anouk als Anführerin heraus. Sie ist verschlossen und widerborstig, aber von allen die Fähigste.

Es gibt einen zweiten Erzählstrang in der Vergangenheit (für mein Empfinden hätte er gerne mehr Platz einnehmen dürfen, weil er einen interessante Gegenpol bildet), in dem geschildert wird, wie die Familie der Bessancourts sich vor dem Mob der französischen Revolution in diese Luxuskatakomben rettet, und wie es der ältesten Tochter, Aurélie, dort ergeht.

Die Erzählgeschwindigkeit nimmt gegen Ende des Buches immer mehr zu. Der Autor hat wunderbare Ideen zu Aktionen und phantastischen Räumlichkeiten, aber leider fliegt die Handlung nur so dahin und man hat gar keine Zeit, alles auf sich wirken zu lassen. Ich finde es eigentlich schade, denn natürlich eifert man mit der Gruppe und möchte, dass sie überlebt und man möchte auch eine Erklärung für all diese Rätsel erhalten, aber das Ende ist sehr, sehr komplex und wird viel zu hastig durchschritten. Leider bleiben auch noch einige Fragen offen, aber da kann ja jeder selbst seine Phantasie spielen lassen.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die anderen Jugendlichen neben Anouk viel zu blass bleiben, dabei ist das Überleben nur durch Teamarbeit möglich.

Generell muss ich sagen, dass die positiven Aspekte überwiegen. Die Gruppe macht einen interessanten Reifungsprozess durch, wächst an- und miteinander, und allen voran kann Anouk zum ersten mal in ihren Leben so etwas wie Zutrauen und Freundschaft entwickeln. Das erfreut den Leser, denn nachdem Anouk ihre Geschichte den anderen erzählt hat, versteht man ihre stachelige Art als dringend benötigten Selbstschutz und kann sie mit ganz neuen Augen betrachten.

"Der Palast der Finsternis" ist ein Fantasy-Roman, der von der ersten Seite an spannend ist. Der Spannungsbogen reißt auch nie ab und von Seite zu Seite kommen immer neue Fantasy-Elemente hinzu. Die letzten Seiten geben einen positiven Ausblick auf die Zukunft von Anouk und ihren Freunden, so dass die Story in sich abgerundet ist.

Veröffentlicht am 29.08.2017

Scheinheilig

Das Mädchen, das schwieg
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Kajsa ist mit ihrem Mann Karsten auf die kleine norwegische Insel Losvika gezogen, auf der sie ihre Kindheit verlebt hat und wo sie mit viel Liebe ein ererbtes Häuschen renoviert haben. Kajsa, die Journalistin, ...

Kajsa ist mit ihrem Mann Karsten auf die kleine norwegische Insel Losvika gezogen, auf der sie ihre Kindheit verlebt hat und wo sie mit viel Liebe ein ererbtes Häuschen renoviert haben. Kajsa, die Journalistin, ist eigentlich noch in Elternzeit, und Karsten versucht, sich von einem fast tödlichen Polizeieinsatz zu erholen, wird dabei aber immer depressiver.

Als nun in der Nachbarschaft ein Mord an einer stummen jungen Frau, Sissel, begangen wird, bedeutet das einen Wiedereinstieg in ihre jeweiligen Berufe. Keiner mag glauben, dass in ihrer kleinen Gemeinde ein Mörder umgeht. Die Autorin Trude Teige geht die Auflösung sehr behutsam an. Man erfährt viel Privates über die Dorfbewohner, schnell macht sich der Leser ein Bild über die unterschwellig herrschenden Spannungen. Dann verschwindet auch noch ein junges Mädchen und während eines fürchterlichen Wintersturms kommt es zum grandiosen Showdown, bei dem Karsten und Kajsa über sich hinauswachsen.

Dass der Mörder nicht leicht zu erraten ist, macht nur einen Teil der Spannung aus. Genauso faszinierend sind hier die Einzelschicksale von der toten Sissel, oder auch von dem Entführungsopfer, Tone, das von allen Seiten gemobbt wurde. Ebenso macht die Beziehung von Kajsa und Karsten eine interessante Entwicklung durch, und es ist schön zu sehen, wie Karsten wieder zu seinem alten Selbst zurückfindet.

Insgesamt ist "Das Mädchen, das schwieg" ein ruhiger, aber dabei sehr spannender Norwegen-Krimi, den ich gerne weiterempfehlen kann, weil er eben nicht so oberflächlich ist, wie manch anderer Krimi.

Veröffentlicht am 22.08.2017

Gentlemen tun so etwas nicht!

Miss Daisy und der Tote auf dem Eis
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Der Kriminalroman "Miss Daisy und der Tote auf dem Eis" von Carola Dunn bildet den Auftakt zu einer bislang neunbändigen Serie rund um die unerschrockene Daisy Dalrymple und Inspector Alec Fletcher von ...

Der Kriminalroman "Miss Daisy und der Tote auf dem Eis" von Carola Dunn bildet den Auftakt zu einer bislang neunbändigen Serie rund um die unerschrockene Daisy Dalrymple und Inspector Alec Fletcher von Scotland Yard. Daisy ist nicht gewillt, das nutzlose Dasein einer verarmten Adligen im Haushalt irgendeiner ihrer Verwandten zu führen, sondern arbeitet lieber als Journalistin, um sich den Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Das entspricht zwar absolut nicht dem gängigen Frauenideal der wilden Zwanziger, aber sie genießt die Abwechslung und die persönliche Freiheit, die der Beruf ihr bieten kann. Ein Auftrag führt sie auf Wentwater Court. Dort kommt ein Gast unter mysteriösen Umständen ums Leben. Alec Fletcher soll unter äußerster Diskretion ermitteln. Daisy kann zu ihrer großen Freude ihren Teil dazu beitragen. Schnell beginnt es zwischen den beiden zu knistern, doch die Adelsetikette sind noch sehr streng zu diesen Zeiten. Man kann nur hoffen, dass in den Folgebänden die Beziehung eine Chance erhält.....In diesem Band steht erstmal der gute Ruf aller im Vordergrund, den es zu schützen gilt, koste es, was es wolle. Für heutige Begriffe sind dieser Dünkel und die starre Geisteshaltung nicht mehr nachvollziehbar, aber der Roman spiegelt das gesellschaftliche Leben von damals sehr gut wieder. Strenge Einhaltung der Essenszeiten mit entsprechendem Dresscode, eine ergebene Dienerschaft, gesellschaftliche Verpflichtungen, denen sich ein Gentleman nicht entziehen kann, altmodische Brautwerbung...all das macht das Lesen zu einem großen Vergnügen, und das Raten nach dem Täter tut sein übriges. Dieser erste "Miss Daisy-Krimi" ist very, very british. Er ist kurzweilig zu lesen und erinnert stark an die Anne Perry Romane, in denen ebenfalls ein gesellschaftlich ungleiches Duo ermittelt. Allerdings herrscht hier noch ein gewisses Qualitätsgefälle zwischen den beiden Autorinnen, aber wer weiss, vielleicht holt Carola Dunn in den weiteren Folgen den Vorsprung noch ein.

Veröffentlicht am 17.08.2017

Falsche Leiche

Wildeule
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Das schöne Cover mit einem Titel, der sich auf ein Wildtier bezieht, haben alle Gesine-Cordes-Krimis aus dem ListVerlag gemeinsam. Wildeule ist die dritte Folge, aber für mich bedeutet es den Einstieg ...

Das schöne Cover mit einem Titel, der sich auf ein Wildtier bezieht, haben alle Gesine-Cordes-Krimis aus dem ListVerlag gemeinsam. Wildeule ist die dritte Folge, aber für mich bedeutet es den Einstieg in die Reihe.

Gesine Cordes ist als Friedhofsgärtnerin tätig. In ihrem früheren Leben war sie bei der Kripo angestellt. Früheres Leben bedeutet in ihrem Fall vor dem Gifttod ihres einzigen Sohnes, der sie schwer traumatisiert hat. Wie schwer, das erkennt man an ihrem kleinen Notizbuch, in das sie fortwährend Zeichnungen und Erklärungen zu geläufigen Giftpflanzen in der täglichen Umgebung zeichnet und schreibt. Einzelne Auszüge davon werden immer mal in den Romantext eingeschoben. Das hat mir persönlich nicht so gut gefallen.

Während einer Beerdigung sieht sie, dass der Sargdeckel nicht ordnungsgemäß verschlossen ist. Bei der Überprüfung liegt dort nicht die erwartete alte Dame, sondern der profitgierige Bestattungsunternehmer höchstpersönlich und mausetot gemeuchelt.

Ihr bester Freund Hannes verhält sich sehr merkwürdig und gerät schnell in das Visier der polizeilichen Ermittlung, weil die Kommissarin sich gern den Fall nach dem einfachsten Schema zurechtbiegen möchte. Da es noch einen aalglatten Priester, eine sexhungrige Witwe, einen unbedarften Jugendlichen und einen schlitzohrigen Hinterbliebenen gibt, ist der Krimi sehr kurzweilig zu lesen, auch wenn die Lösung sich schon früh erahnen lässt.

Mir persönlich sind die Lebensumstände und die Beziehungsprobleme von Gesine etwas zu unrealistisch, aber das hat dem Lesevergnügen insgesamt keinen Abbruch getan.

Veröffentlicht am 12.08.2017

Der weise Herr Takeda

Inspektor Takeda und der leise Tod
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Ich denke, der atb-Verlag hat mit Henrik Siebold eine "Takeda"-Krimiserie gestartet. Jedenfalls hoffe ich, dass nach dem gelungenen zweiten Band "Inspektor Takeda und der leise Tod" noch nicht Schluss ...

Ich denke, der atb-Verlag hat mit Henrik Siebold eine "Takeda"-Krimiserie gestartet. Jedenfalls hoffe ich, dass nach dem gelungenen zweiten Band "Inspektor Takeda und der leise Tod" noch nicht Schluss ist, sondern noch weitere Morde von dem genialen Austauschpolizisten aus Tokio, Kenjiro Takeda, zusammen mit seiner deutschen Kollegin Claudia Harms gelöst werden. Beide haben so ihre Beziehungsprobleme, und zwischen ihnen knistert es ebenfalls hin und wieder, ohne dass sie sich das ehrlich eingestehen mögen.

In dieser Folge wird ein erfolgreicher Hamburger Unternehmer, Markus Sassnitz, morgens nackt, tot, überfahren und erstickt in einer Strasse aufgefunden. Etwas viel für einen einzigen Tod. Und bald gibt es auch eine Vielzahl von Spuren. Sassnitz hatte nicht nur ein Händchen fürs Business, sondern schuf sich auch durch skrupelloses Handeln erbitterte Feinde. Auch unterschätze man nicht die enttäuschten Frauen. Davon gab es mehrere. Die beiden Ermittler kämpfen sich durch ein geballtes Gemenge von Sex, Drogen, Mafia und Eifersucht. Jeder auf seine unnachahmliche Weise. Ganz besonders Takeda besticht durch seinen asiatischen Gleichmut und seine ganz eigene Art, die Dinge zu betrachten. Seine Schlussfolgerungen und Dialoge sind für mich das Highlight und geben diesem Krimi einen ganz besonderen Touch. Also wie oben schon gesagt: ich hoffe sehr auf weitere Takeda-Fälle!