Nicht ganz die versprochene Handlung
Nachdem die neue Reihe von Anna Savas, die New England School of Ballet erscheint, angekündigt worden ist, war ich aufgeregt. Es gibt einfach gewisse Settings, auch wenn sie nie Teil meiner eigenen Hobbys ...
Nachdem die neue Reihe von Anna Savas, die New England School of Ballet erscheint, angekündigt worden ist, war ich aufgeregt. Es gibt einfach gewisse Settings, auch wenn sie nie Teil meiner eigenen Hobbys etc. waren, die eine gewisse Faszination auslösen und das ist für mich Tanzen und damit auch verbunden Ballett. Wenn man sich nur auch die TV-Landschaft ansieht, wie oft Ballett die Kulisse für dramatische Geschichten ist, dann kommt das auch nicht von ungefähr. Deswegen war ich sehr gespannt, wie die Autorin uns auf eine neue Reise mitnimmt und wie sich dabei einnehmende Liebesgeschichten erzählen lassen.
Der Einstieg in „Hold Me“ ist wirklich großartig gelungen, denn durch den Prolog gelingt sofort eine Bindung an Protagonistin Zoe, die gegen ihre vermeintlich beste Freundin Charlotte die Hauptrolle in einer Ballettaufführung verloren hat. Gleich danach beginnt eine ganz besondere Geschichte mit Jase und sofort ist das emotionale Zentrum geschaffen, das auch noch durch diese süße Idee mit den Wahrheiten, die auf Zettel gekritzelt werden und im Baumhaus ausgetauscht werden, verstärkt war. Hiernach war ich wirklich wunderbar in dieser Geschichte drin. Es war dementsprechend auch genial, wie wir dann als Leser in die Ballettschule eingeführt werden und den Alltag kennenlernen. Anna Savas zeigt dabei auch eine große Liebe für ihre Nebencharaktere, die genauso schnell Profil entwickelt, sei es Mae, Skye oder auch Caleb. Es gibt also genug, was durch die Geschichte gleitet wie eben auch die besondere Chemie zwischen Zoe und Jase, die schon viele Wahrheiten geteilt haben, so dass einfach die Luft flimmert.
Doch dann erfährt die Geschichte irgendwann einen Bruch, der für mich persönlich dort begonnen hat, wo ein sehr körperlicher Aspekt in die Geschichte hineinkommt. Dazu ist zu sagen, dass Zoes Vergangenheit ein sehr dunkles Erlebnis hat, eines, das ihren Start an der Ballettschule zu einer riesigen Herausforderung macht. Auch wenn es inzwischen gerade bei NA gang und gäbe ist, dass es Triggerwarnungen gibt, ist es nicht überall gleichermaßen vonnöten. Bei „Hold Me“ aber definitiv. Die Autorin handhabt das auch zunächst wirklich vorbildlich, weil wir in Zoes Trauma intensiv einsteigen dürfen. Aber gleichzeitig will eben auch die Liebesgeschichte vorangetrieben werden und ich empfinde es leider so, dass Anna Savas den Spagat nicht hinbekommen hat. Sie hat Zoes Geschichte in meinen Augen in ihrer Realitätsnähe aus den Augen verloren, als sie sich tatsächlich mal eben Jase hingeben kann. Auch wenn ich das Vertrauen grundsätzlich verstehe, was zwischen den beiden herrscht, aber er hat selbst sein Päckchen zu tragen und verhält sich manchmal dabei auch recht unsensibel, gerade im Angesicht all dieser Eindrücke war es leider zu schnell und hat dann eben diesen eingangs erwähnten Bruch für mich herbeigeführt.
Ich konnte immer noch mit den Charakteren mitfühlen und mitfiebern, aber gleichzeitig ist in meinem Kopf auch etwas angesprungen, was es mir nicht mehr ermöglicht hat, einfach nur noch zu genießen. Das liegt sicherlich auch daran, dass leider Ballett in der Geschichte zunehmend keine Bedeutung mehr einnimmt. Am Anfang war es für mich wirklich toll ausbalanciert, denn grundsätzlich will ich erstmal eine Liebesgeschichte lesen und dann eben erst Ballett, aber am Ende wurde es alles rund um die Figuren nur noch aus ihren individuellen Leben heraus entwickelt, aber nicht mehr aus der Schule, aus dem Tanzen und generell dem damit verbundenen Lebensgefühl. Letztlich hätten wir die New England School of Ballet auch einfach streichen können, und die Geschichte hätte genauso funktioniert. Das finde ich einfach schade, zumal eben das Cover und das ganze Marketing ein anderes Bild erzeugt hat. Zuletzt ist auch schade, dass gewisses Dramapotenzial etwas zu künstlich erzeugt wurde. Ich hatte am Ende schon noch ein paar Fragezeichen über dem Kopf stehen, weil das Figurenrepertoire und dabei speziell die Familien von Zoe und Jase in solchen Extremen agiert haben, dass sich mir manches nicht logisch erklären wollte. Das sollte einfach etwas runtergeschraubt werden, denn auch wenn manche mein Leben vielleicht als langweilig bezeichnen würden, Drama gibt es genug. Das zeigt doch, dass sich die Geschichten des Lebens aus dem Kleinen entwickeln und da ist Anna Savas einfach etwas über das Ziel hinausgeschossen.
Fazit: „Hold Me“ hinterlässt mich sehr zwiespältig. Ein großartiger Beginn konnte in jedem Fall qualitativ nicht gehalten werden. Ich habe einige Handlungsentwicklungen kritisch hinterfragt und auch die zunehmend weniger wichtige Bedeutung von Ballett für die Geschichte war nicht fördernd. Dennoch lässt sich das Buch sehr schnell lesen und es ist noch eine Hoffnung da, dass sich die Schwächen im späteren Verlauf der Reihe wieder ausmerzen lassen.