Interessante Dystopie mit Schwächen
In "Die Vorweiner" findet man sich in einer dystopischen Welt Ende des 21. Jahrhunderts wieder. Von dem uns bekannten Europa gibt es nur noch Resteuropa, dass mittels von einer dicken Schicht aus Beton ...
In "Die Vorweiner" findet man sich in einer dystopischen Welt Ende des 21. Jahrhunderts wieder. Von dem uns bekannten Europa gibt es nur noch Resteuropa, dass mittels von einer dicken Schicht aus Beton über den steigenden Meeresspiegel angehoben wird. Zu Resteuropa gehört das, was einmal Deutschland war und ist ein beliebtes Ziel von Flüchtlingen, wie heute auch. Viele der Flüchtlinge werden als sogenannte Vorweiner für die Oberschicht der Resteuropäer. Vorweiner sind Trauergastarbeiter, die die Tränen vergießen und die Trauer zeigen, zu der die Resteuropäer nicht mehr fähig sind.
A wie Anna hat Jan als Vorweiner in ihren Dienst gestellt. Die Geschichte der beiden wird von B wie Berta, ihre Tochter erzählt.
Wie die Inhaltsangabe schon vermuten lässt, handelt es sich um "Die Vorweiner" um ein eigenwilliges und skurriles Buch, auf das man sich einlassen muss und das demzufolge nicht jeden ansprechen wird.
Beginnend mit Kapitel 2 anstatt mit Kapitel 1 und geschrieben ähnlich wie ein Filmdrehbuch und abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Berta und dann der Er-Perspektive von Anna erzählt, lernt man die wichtigsten handelnden Personen kennen und gewinnt einen Einblick in eine Welt, die durch Bürgerkriege, Naturkatastrophen und Zerstreuung auf den ersten Blick stark verändert daherkommt, aber nicht unrealistisch in ihrer Darstellung erscheint.
Dem Autor gelingt es hierbei kurzweilig auf etwas mehr als 200 Seiten eine durchaus interessante und fesselnde Geschichte über eine dystopische Welt zu erschaffen, die jedoch zum Ende hin etwas zu mäandern anfängt und sich teilweise zu absurd und abstrus präsentiert. So konnte sich mir auch nicht immer der Sinn mancher Handlungsszenen erschließen, sodass der Roman mich etwas zwiespältig zurücklässt. Zudem waren mir manche Textabschnitte zu geschmacklos formuliert, was aber vielleicht auch einfach nur die Entmenschlichung der Resteuropäer Rechnung tragen sollte.
Einerseits fand ich Bjergs düster dystopischen Blick auf ein Europa in ferner Zukunft interessant und auch nicht so abwegig, andererseits konnte mich die Erzählstruktur und die fehlende inhaltliche Tiefe nicht ganz überzeugen.
Für Liebhaber von experimenteller Literatur mit Aktualitätsbezug sicherlich interessant.