Profilbild von subechto

subechto

Lesejury Star
offline

subechto ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit subechto über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.10.2017

20 Jahre und kein bisschen müde

Durst
0


Harry Hole ist zurück! „Durst“ ist bereits der 11. Fall für den kultigen norwegischen Ermittler. Die Vorgänger hatte ich mit Begeisterung verschlungen und so stand der neue Krimi schon lange auf meiner ...


Harry Hole ist zurück! „Durst“ ist bereits der 11. Fall für den kultigen norwegischen Ermittler. Die Vorgänger hatte ich mit Begeisterung verschlungen und so stand der neue Krimi schon lange auf meiner Wunschliste.
Jo Nesbø geht gleich in medias res. Wer ist dieser geheimnisvolle Mann mit dem Tattoo? Danach lernen wir Anwältin Elise kennen. Sie trifft sich mit Männern über die Dating-App Tinder und bezahlt dies mit dem Leben. Der Mörder beißt sie und trinkt ihr Blut - wie ein Vampir.
Harry ist inzwischen mit Rakel verheiratet, der Liebe seines Lebens, und arbeitet als Dozent an der Osloer Polizeihochschule. Einer seiner Studenten ist Rakels Sohn Oleg. Polizeipräsident Bellman, der Justizminister werden will, erpresst Harry mit Olegs krimineller Vergangenheit, um ihn zu einer Mitarbeit am Vampiristen-Fall zu überreden.
Über das Wiedersehen mit Harry, Katrine & Co habe ich mich sehr gefreut. Doch Harry kann sein Glück nicht genießen. Denn er kämpft noch immer mit den Dämonen der Vergangenheit, einem Killer, den er nicht fassen konnte, und dem Alkohol. Zudem erkrankt Rakel schwer.
„Durst“ hat alles was einen richtig guten Thriller ausmacht, dass einem beim Lesen der Atem stockt, dass man Gänsehaut und blutige Fingernägel hat und das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Kurze Kapitel und wechselnde Perspektiven sorgen für Dynamik. Falsche Fährten und überraschende Wendungen halten den Spannungsbogen hoch.
Nach einem fulminanten Showdown gelingt Jo Nesbø ein Cliffhanger der neugierig macht, wie der Autor diese geniale Reihe fortsetzen wird.

Fazit: Horror der ganz harten, vordergründigen Art, der buchstäblich die (Fleisch-) Fetzen fliegen und das Blut spritzen lässt. Hochspannung pur!

Veröffentlicht am 19.09.2017

Thilo, Pia und Kommissar Zufall

Tödliche Ferien
0


Nach dem Tod seines Vorgesetzten und Freundes Paul Lenz war Thilo in ein tiefes Loch gefallen. Zwei Partner hatte er vergrault, es auf einen Rausschmiss abgesehen. Doch dann kam Pia…
„Tödliche Ferien“ ...


Nach dem Tod seines Vorgesetzten und Freundes Paul Lenz war Thilo in ein tiefes Loch gefallen. Zwei Partner hatte er vergrault, es auf einen Rausschmiss abgesehen. Doch dann kam Pia…
„Tödliche Ferien“ ist der erste Fall für die Kasseler Kommissare Thilo Hain und Pia Ritter. Es handelt sich um eine eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte, die ohne Vorkenntnisse lesbar ist. Worum geht es?
Eine Lehrerin und ihre Mutter werden brutal ermordet. Jede Menge Verdächtige, aber weit und breit kein Motiv. Erst ein Zufall bringt Thilo und Pia auf die richtige Spur.
Matthias P. Gibert hat seinen neuen Krimi routiniert und mit viel Lokalkolorit in Szene gesetzt. Auch der Humor kommt nicht zu kurz. Selbst wenn der Leser der Polizei immer einen Schritt voraus ist, wird dennoch Spannung aufgebaut - und gehalten.
Es geht um eine verhängnisvolle Lehrer-Schüler-Beziehung, aber auch um Erpressung und Rache. Die Auflösung ist schockierend, aber absolut stimmig.
Die Figurenzeichnung ist glaubhaft und durchdacht. Pia, die Neue, ist mir sofort ans Herz gewachsen. Und so fiebert man gerne mit ihr mit. Thilo und Pia, ein sympathisches Ermittlerduo, dem ich gerne wieder über die Schulter schauen möchte.

Fazit: Gelungener Auftakt einer Serie um ein neues starkes Team, nicht nur für das nordhessische Publikum!

Veröffentlicht am 13.09.2017

Düster und grausam

Underground Railroad
0

„Underground Railroad“ von Colson Whitehead ist ein Roman über ein dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte, der mich sehr bewegt hat.
Schauplatz ist eine Baumwollplantage im tiefen Süden, in Georgia. ...

„Underground Railroad“ von Colson Whitehead ist ein Roman über ein dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte, der mich sehr bewegt hat.
Schauplatz ist eine Baumwollplantage im tiefen Süden, in Georgia. Die Geschichte spielt vor der Sklavenbefreiung, also vor mehr als 150 Jahren. Erzählt wird das Schicksal der 17-jährigen Cora. Aber auch das ihrer Großmutter und Mutter, die ebenfalls auf der Plantage gearbeitet haben.
Eines Tages wird Cora gefragt, ob sie Caesar auf seiner Flucht in den Norden begleiten möchte. Eine aufregende Zeitreise beginnt…
Colson Whitehead hat den Überlebenskampf der Sklaven in den Südstaaten spannend in Szene gesetzt. Ab und zu sind echte Steckbriefe eingestreut. Auch die Emotionen kommen nicht zu kurz. „Underground Railroad“ beinhaltet grausame Szenen, die schwer auszuhalten sind:
„Die Leichen hingen wie verrotteter Schmuck in den Bäumen. Manche waren nackt, andere teilweise bekleidet...“
Dieses geheime Netzwerk, das es wirklich gegeben hat, als unterirdische Eisenbahn darzustellen, finde ich genial. Denn ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. South und North Carolina, Tennessee, Indiana. Immer, wenn Cora an einer Station aussteigt, findet sie ein anderes Amerika.
Die Figurenzeichnung ist glaubhaft und durchdacht. Cora ist mir sofort ans Herz gewachsen. Sie ist eine starke Frau, die viele Rückschläge zu verkraften hat. Gekonnt seziert der Autor ihre Gedanken und Gefühle. Und so fiebert man mit ihr mit, ob am Ende tatsächlich die Freiheit wartet.

Fazit: Ein anspruchsvoller Roman, der ambivalente Gefühle auslöst. Gut geschrieben, ohne Frage. Eine Lektüre, die einen klüger macht und nachhallt.

Veröffentlicht am 06.09.2017

Cui bono? Wem nützt es?

Alternativen
0


„Tag Null“ und „Blutzucker“ hatte ich mit Begeisterung verschlungen und so war ich schon gespannt auf „Alternativen“. Die Inhaltsangabe ließ erneut auf einen brisanten Roman noir hoffen und ich wurde ...


„Tag Null“ und „Blutzucker“ hatte ich mit Begeisterung verschlungen und so war ich schon gespannt auf „Alternativen“. Die Inhaltsangabe ließ erneut auf einen brisanten Roman noir hoffen und ich wurde nicht enttäuscht. Worum geht es?
„Alternativen“ erzählt die Geschichte zweier Männer. Auf der einen Seite Thomas, ein Normalo, der sich von den Thesen der rechtspopulistischen Partei »Die besseren Deutschen« blenden lässt. Auf der anderen Seite Farim, ein Deutscher mit tunesischen Wurzeln, der sich vom IS verführen und für einen Anschlag rekrutieren lässt.
Der Frankfurter Kommissar Berg und seine Kollegin Landers ermitteln währenddessen in einem tödlichen Autounfall, bei dem ein Hoffnungsträger der DbD ums Leben kam…
Der Kriminalfall spielt hier eigentlich nur eine Nebenrolle. Spannend ist vielmehr die Entwicklung der beiden Protagonisten. Gekonnt seziert Leif Tewes deren Gesinnung und Gefühle. Es gibt viele Parallelen zwischen Thomas und Farim, beide radikalisieren sich. Eigentlich sind sie gar nicht so verschieden. Die Figuren sind natürlich überzeichnet, die Geschichte voller Klischees. Aber es gibt eben nicht nur Schwarz und Weiß, sondern Vielschichtigkeit.
Erst als - kurz vor der Bundestagswahl - in Frankfurt eine Bombe explodiert, werden die Ermittlungen forciert. Die Spuren führen nach Duisburg, die Stadt, in der Farim geboren ist. Aber ist es wirklich so einfach? Nicht nur Berg kommen Zweifel…
Selbst wenn der Leser der Polizei immer einen Schritt voraus ist, wird dennoch Spannung aufgebaut - und gehalten. Gut gefallen haben mir die Dialoge zwischen Berg und seiner Frau und, dass es auch wieder einen Soundtrack zum Roman gibt.
Natürlich muss man eine Weile über die im Buch mitgeteilten Fakten grübeln und sie erst einmal verdauen. Positiv ist zu vermerken, dass der Autor nie den mahnenden Zeigefinger hebt. Zitat: „Aber ich will den Lesern deutlich zeigen, dass es immer noch andere Wege gibt als die einfachen Scheinwahrheiten von Verführern und Populisten.“

Fazit: Gelungener Mix aus Realität und Fiktion über ein brandaktuelles Thema. Bestens recherchiert. Ein Buch mit Herzblut. Ich bin begeistert!

Veröffentlicht am 31.08.2017

Der siebte Dämon

Kreuzschnitt
0

Øistein Borge geht gleich in medias res: Oslo, im Oktober 2013: Kommissar Bogart Bulls Frau und Tochter sterben bei einem Autounfall. Richard Torp, den Bull hinter Gitter gebracht hatte, wollte sich rächen. ...

Øistein Borge geht gleich in medias res: Oslo, im Oktober 2013: Kommissar Bogart Bulls Frau und Tochter sterben bei einem Autounfall. Richard Torp, den Bull hinter Gitter gebracht hatte, wollte sich rächen. Zitat: „Du hast mein Leben zerstört. Jetzt habe ich deins zerstört.“ Bull sucht Trost im Alkohol.
Ein halbes Jahr später: In einem weiteren Handlungsstrang, der in Südfrankreich verortet ist, lernen wir den Immobilentycoon Axel Krogh kennen. Er wird in seiner Villa überfallen und brutal ermordet, während seine Tochter und ihr Ehemann mit seinem Teilhaber nebst Gattin zum Essen sind.
Auf Kroghs Rücken hat der Täter ein mysteriöses Kreuz hinterlassen. Außerdem ist ein Gemälde verschwunden, das einen Dämon zeigt und mit einer sieben signiert ist. Bull, der inzwischen nur noch Cola trinkt, soll im Auftrag von Europol ermitteln.
Weitere Menschen sterben. Wer ist der Täter und wo liegt das Motiv? Die Spuren führen Bull in die Vergangenheit: zu einem grausamen, ungesühnten Verbrechen in den vierziger Jahren…
Es geht um Rache und Gerechtigkeit. Zudem hat Øistein Borge eine Thematik gewählt, die nicht schon x-fach kriminalliterarisch abgearbeitet wurde. Selbst wenn der Leser der Polizei immer einen Schritt voraus ist, wird dennoch Spannung aufgebaut - und gehalten.
Die Figurenzeichnung ist glaubhaft und durchdacht. Bogart Bull, was für ein cooler Name(!), und sein französischer Kollege Jean Moulin sind mir sofort ans Herz gewachsen.
Der Autor hat nicht nur bestens recherchiert, sondern auch eine hochkomplexe Geschichte geschrieben, die sich zudem flott lesen lässt. Man merkt gleich, dass Øistein Borge ein Profi ist, der das Schreiben gelernt hat. Mit Gesellschaftskritik spart der Autor nicht. Auch der Humor kommt nicht zu kurz.
Dass Øistein Borge im Finale nochmal richtig Gas gibt, steigert das Lesevergnügen. Denn einige Überraschungen gegen Ende des Krimis hält der Autor für seine Leser noch bereit.

Fazit: Spannendes und atmosphärisches Debüt. Starker Stoff. So muss Krimi!