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Veröffentlicht am 10.09.2023

Drei Tage noch

Eigentum
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Drei Tage hat die 95jähre Mutter des Autors noch zu leben. Das kann er natürlich nicht wissen als die drei Tage beginnen, doch als er mit dem Schreiben des Buches beginnt weiß er das wohl. Und So erinnert ...

Drei Tage hat die 95jähre Mutter des Autors noch zu leben. Das kann er natürlich nicht wissen als die drei Tage beginnen, doch als er mit dem Schreiben des Buches beginnt weiß er das wohl. Und So erinnert er den Leser immer daran wie viele Tage, Stunden es noch sind. Und der Autor erinnert sich an die Erzählungen der Mutter und er lässt sie auch selbst nochmal zu Wort kommen. 1923 geboren und die Inflation kam. Das Geld war nichts mehr wert und alles war hin. Sparen, sparen, sparen heißt es und am Ende hat es die Mutter nicht zu einem Eigentum gebracht. Dabei wohnt sie ganz schön im Altenheim, das früher die Klinik war, in der sie ihre Kinder zur Welt gebracht hat.

Man denkt beim Lesen dieser Annäherung an die Mutter auch immer mal wieder an die eigene Mutter. Die zu einer ähnlichen Zeit geboren auch die Geschichten hatte, die sich ewig wiederholten. Wobei durchaus der Eindruck entsteht, dass die Mutter, um die es hier geht wesentlich erzählfreudiger war. Oder gibt es auch hier Auslassungen, von denen der Autor nichts weiß? Immerhin erinnert sich sein Bruder manchmal ganz anders als er. Die Mutter jedoch erscheint als Persönlichkeit, aus der in der heutigen Zeit mehr hätte werden können. Wie bedauerlich und schade für diese Generation, die von einem unnützen Krieg und dummen Kriegsherren ausgenutzt und missbraucht wurde. Nur mit den Menschen konnte die Mutter nicht so gut.

Mit leichten aber doch eindringlichen Worten schildert der Autor die letzten Tage mit seiner Mutter. Wie sie doch etwas tüdelig geworden ist, nicht mehr so viel Interesse hat, immer wieder einnickt. Gerade das lässt ihm Zeit, sie mit seinen Worten zwar, aber doch mit ihrem eigenen Tonfall die wichtigsten Stationen ihres Lebens Revue passieren zu lassen. Das ist wirklich sehr gelungen. Man fühlt mit der alten Dame, die ja auch mal jung war. Und wie schon gesagt, wird auch der Gedanke an die eigene Mutter wieder geweckt. Dieser Roman ist ein liebevolles Denkmal an eine Mutter, die mit ihren Ecken und Kanten beschrieben wird und obwohl vielleicht nicht von jedem geliebt, doch eine größere Anzahl von Menschen positiv beeinflusst hat.

Veröffentlicht am 07.09.2023

Die gute Ehe

The Marriage Act - Bis der Tod euch scheidet
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Groß Britannien soll wieder zu alter Stärke finden. King William ist beliebt und immer mehr Paare für eine Smart Ehe. Sie bekommen bessere Häuser, bessere Jobs, bessere Schulen für die Kinder, bessere ...

Groß Britannien soll wieder zu alter Stärke finden. King William ist beliebt und immer mehr Paare für eine Smart Ehe. Sie bekommen bessere Häuser, bessere Jobs, bessere Schulen für die Kinder, bessere Krankenversicherungskonditionen und noch einiges mehr. Was ist da schon das bisschen Überwachung durch eine KI. Mit einem Gerät werden zufällige zehn Minuten Gespräche der Paare aufgezeichnet und ausgewertet. Und so schlimm ist es auch nicht, wenn der Algorithmus meint, die Eheleute brauchen Hilfe. Dann sendet er kleine Nachrichten und Tipps Eine kleine Einschränkung bei all den Vorteilen.

Ist eine smarte Ehe wirklich so erstrebenswert? Auch der Sicht von mehreren Paaren werden die Auswirkungen, die es haben kann, wenn man sich in eine solche Abhängigkeit begibt, beleuchtet. Da ist Roxi, die Influencerin, die sich fremd in ihrer Familie fühlt und doch gleichzeitig für die Smart Ehe eintritt. Oder Corinne, die sich scheiden lassen möchte und heilfroh ist, dass sie keinen smarten Vertrag geschlossen hat. Und Arthur, der seine Liebe gefunden hatte und nun keine neue finden will. Und Jeffrey, der gar keine Beziehung hat. Er ist als Beziehungsberater tätig, der bedürftigen Paaren hilft, ihre Beziehung wieder ans Laufen zu bringen, wobei seine Lösungsvorschläge mitunter etwas endgültiges haben. Und schließlich Anthony, der einen tieferen Einblick in die smarten Gedanken der Erfinder der smarten Ehe hat.

Dieser Roman zeiht einen wirklich in seinen Bann, zumindest wenn man den technischen Entwicklungen und den Auswüchsen, zu denen sie führen können, sowieso eher skeptisch gegenüber steht. Es ist eben so wie so oft im Leben, man bekommt eine Mohrrübe vorgehalten und merkt nicht, was man dafür aufgeben muss. Jedenfalls nicht bis es zu spät ist und man gegängelt wird und gezwungen wird, irgendetwas über sich ergehen zu lassen, was sie nie wollten. Und dürfen Regierungen so mit ihrem Volk umgehen? Eigentlich eher nicht, sie tun es aber. Kann man sich dagegen wehren? Am besten lässt man die Manipulatoren und Agitatoren nicht erst an die Macht kommen. Doch was macht man, wenn sich alle irgendwie bescheuert verhalten? Man kann selbst aktiv werden und wenn es nur dafür reicht eine Wahl der Vernunft zu treffen. Es ist packend zu lesen, welche Entscheidungen die Akteure in diesem Roman treffen, der eine wahrscheinlich leider nicht mehr ferne Zukunft ausgesprochen gut abbildet.

Veröffentlicht am 03.09.2023

Das Davor und das Danach

Paradise Garden
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Billie ist vierzehn als ihre Mutter stirbt. Und die Welt danach ist nicht mehr die gleiche wie davor. Alles erscheint kalt und leer. Der Sommer hat seine Farbe verloren. Dabei war alles so schön geplant. ...

Billie ist vierzehn als ihre Mutter stirbt. Und die Welt danach ist nicht mehr die gleiche wie davor. Alles erscheint kalt und leer. Der Sommer hat seine Farbe verloren. Dabei war alles so schön geplant. Endlich einmal hatten Billie und ihre Mutter Marika Glück. Bei einem Radio-Quiz haben sie gewonnen. Und von dem Geld wollten sie endlich mal in Urlaub fahren. Die Hochhaussiedlung, in der sie wohnen, ist zwar vertraut, aber auch etwas, wodurch sie abgestempelt sind. Doch unerwartet meldet sich Marikas Mutter an. Sie sei krank und die deutschen Ärzte sollten herausfinden, was ihr fehlt.

Auch Jugendliche wollen nicht, dass sich in ihrem Leben etwas ändert. Sie haben mit sich selbst genug zu tun, da wäre es schön, wenn der äußere Rahmen bleibt. Doch Billie ist dieses Glück nicht beschieden. Unerwartet muss sie sich die kleine Zwei-Zimmer-Wohnung nicht nur mit ihrer Mutter sondern auch mit ihrer Großmutter teilen. Von ihrer besten Freundin Lea muss sie eine andere Seite kennenlernen. Und der Tod ihrer Mutter löscht Billies bisheriges Leben aus. Es war ein einfaches und bescheidenes Leben,, dass Billie und Marika führten, aber Marika hatte Phantasie und sie waren glücklich, wenn es auch zum Monatsende manchmal knapp wurde.

Mit diesem Debütroman ist der Schriftstellerin Elena Fischer etwas Besonderes gelungen. Gerade zu Beginn trifft sie den Ton der Jugend hervorragend. Auch wenn man im weiteren Verlauf der Geschichte manchmal etwas erstaunt ist, was Billie alles schafft, ohne aufgehalten zu werden. Der jugendliche Schmelz bleibt jedoch erhalten. Ja, so eine Platte von Miles Davis könnte man auch mal hören. Und man erinnert sich, dass es auch im eigenen Leben Momente des Davor und des Danach gibt. Dann fühlt man mit Billie mit und wünscht ihr ein besseres Los. Zum Glück ist Billie eine, die auch oder gerade in ihrem jungen Jahren ihr Schicksal in die eigenen Hände nimmt. Auf ihrem Weg lernt sie ihre Mutter noch einmal neu kennen. Ihre Großmutter erfährt eine Wandlung, die nicht etwas unerwartet kommt. Doch diesen wunderbaren Roman kann man in sich aufsaugen und man freut sich einfach über die Sätze, die die Autorin so klug aneinander gefügt hat.

Zurecht hat es dieser schöne Roman auf die Longlist des Deutschen Buchpreises 2023 geschafft.

Veröffentlicht am 13.08.2023

Am Fluss

Kerbholz
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Im Jahr 1978 erhält der Engländer John Chamberlain ein Angebot für einen Job in Neuseeland. Gemeinsam mit seiner Frau Julia und den vier Kindern möchte er vor Arbeitsantritt das Land erkunden. Bei regnerischem ...

Im Jahr 1978 erhält der Engländer John Chamberlain ein Angebot für einen Job in Neuseeland. Gemeinsam mit seiner Frau Julia und den vier Kindern möchte er vor Arbeitsantritt das Land erkunden. Bei regnerischem Wetter geschieht ein tragischer Unfall, den nur die drei älteren Kinder überleben. Zum Glück werden sie nach kurzer Zeit in de Wildnis von Einheimischen aufgenommen. Allerdings müssen die Kinder feststellen, dass ihre Retter durchaus eigene Ziele verfolgen. Dass die Familie in England intensiv nach ihnen sucht, ahnen sie nicht. Besondere ihre Tante Susanne will lange nicht glauben, dass die Chamberlains einfach spurlos verschwunden sind.

Die Erlebnisse der Kinder sind nicht leicht zu ertragen. Sie müssen den Verlust ihrer Eltern und ihrer kleinen Schwester verwinden. Gleichzeitig hoffen sie, dass sie überleben. Katherine; Maurice und Tommy haben unterschiedliche Verletzungen davongetragen und es erscheint keineswegs sicher, dass sie überleben. Sie sind deshalb erstmal heilfroh als sie von einem Typen gefunden werden, der zwar etwas abgerissen aussieht und eher brummelig daherkommt, der sie aber zu einem Haus bringt. Dort werden die Kinder von Martha versorgt. Allerdings gibt es im Haus von Martha und Peters keinen Strom und die Fragen der Kinder nach einer Stadt oder einem Arzt, werden ausweichend beantwortet.

In diesem beeindruckenden Roman werden die Ereignisse nach einem tragischen Unfall auf besondere Art geschildert. Diese Art sollte man sich selbst erschließen, denn daraus zieht sich das Überraschende des Buches. Mit den Kindern empfindet man, sie verlieren ihre Eltern, ihre Sicherheit und sie wollen in der rauen Landschaft überleben. Obwohl Katherine und Maurice kaum Teenager sind Tommy sogar noch jünger, müssen sie irgendwie klarkommen. Die eigennützige Rettung durch Peters hilft ihnen insoweit, dass sie weitgehend gesunden. Doch der Wunsch nach der echten Rettung, der Rückkehr in die Zivilisation, bleibt zunächst unerfüllt. Gleichzeitig verfolgt man die Suche, die Suzanne von England aus startet. Ihre schwindende Hoffnung macht einen traurig, weil man als Leser zwangsläufig weiß, dass wenigstens die Kinder noch leben. Zwar überkommt einen das Gefühl, der Roman sei ein wenig zu früh beendet, doch ist man beim Lesen dieser ungewöhnlichen Geschichte so gepackt, dass man kaum aufhören kann bevor die letzte Seite umgeblättert ist.

Veröffentlicht am 13.07.2023

Aotearoa

6 Tote
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Die Polizistin Hana Westerman tut ihren Dienst in Auckland. Ihre siebzehnjährige Tochter Addison, die bei ihrem Vater lebt, probiert sich als Künstlerin und Sängerin aus. Hana und ihr Ex-Mann Jaye werden ...

Die Polizistin Hana Westerman tut ihren Dienst in Auckland. Ihre siebzehnjährige Tochter Addison, die bei ihrem Vater lebt, probiert sich als Künstlerin und Sängerin aus. Hana und ihr Ex-Mann Jaye werden werden auch die Wache gerufen. Es scheint so als habe Addison diesmal über die Stränge geschlagen. Bald darauf entdeckt Hana einen Toten, der in einem geheimen Raum versteckt ist. Er wurde mit gefesselten Händen und Füßen aufgehängt. Ein Mord, für den es kein Motiv zu geben scheint. Allerdings muss sie bald feststellen, dass die die Nachforschungen zu dem Todesfall sie auch mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontieren werden.

Laut Klappentext soll dies der erste Fall für Hana Westerman sein, wobei man gespannt sein darf, was für eine Überleitung der Autor wählen wird. Hana gehört zu den Maori und schon als junge Frau stand es für sie fest, dass das der richtige Beruf für sie ist. Sie hat gelernt in ihrem Beruf nach vorne zu blicken und immer den nächsten schwierigen Fall zu lösen. Dass sie jedoch wegen ihrer Herkunft und der Kolonialgeschichte Neuseelands einmal an ihren Idealen zweifeln würde, damit hat sie nicht gerechnet. Doch Hana Westerman will und muss sich stellen. Jaye, der nicht nur ihr Ex, sondern auch ihr Chef ist, ist in die Ermittlungen eingebunden.

Mit Detective Senior Sergeant Hana Westerman betritt eine sehr interessante Ermittlerin die Bühne, wobei Auckland auch ein tolles Setting ist. Während des Lesens ist festzustellen, wie wenig über die Geschichte Neuseelands und ihrer Einwohner bekannt ist. Auch am anderen Ende der Welt sind die Kolonialmächte sehr rücksichtslos und unachtsam mit denen umgegangen, die eigentlich eher da waren. Erst in der heutigen Zeit wird Eigentum zurückgegeben, allerdings bei weitem nicht in dem Umfang, der angemessen wäre. Und Hana hat den Weg zu den Weißen gewählt, was ihre Familie nicht vollständig verstehen kann. Dieser Widerspruch zwischen der Tradition ihrer Herkunft und den Ansprüchen des von Weißen geprägten Polizeidienstes trägt diesen Roman. Es dauert ein Weilchen, bis das erkennbar wird, doch dann hat man einen ausgesprochen packenden Kriminalroman, der so lehrreich ist, dass man gerne bald mit dem nächsten Fall weiterlernen möchte. Ein sehr gelungener Reihenstart.