Profilbild von stefan182

stefan182

Lesejury Star
offline

stefan182 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit stefan182 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.09.2023

Ein schöner Coming of Age-Roman mit klugen Überlegung über das Leben

Der letzte Sommertag
0

Inhalt: Nach 30 Jahren kehrt Niels das erste Mal in sein Heimatdorf zurück. Der Grund: kein freudiger. Niels Vater, mit dem er Jahre nur sporadisch Kontakt hatte, ist gestorben. In einer Gefühlslage, die ...

Inhalt: Nach 30 Jahren kehrt Niels das erste Mal in sein Heimatdorf zurück. Der Grund: kein freudiger. Niels Vater, mit dem er Jahre nur sporadisch Kontakt hatte, ist gestorben. In einer Gefühlslage, die irgendwo zwischen einer diffusen Trauer und einem Räsonieren über verpasste Gelegenheiten flimmert, muss Niels sich um die Beerdigung und die Auflösung des Hausstandes kümmern – und reist dabei ganz unvermittelt in das Jahr 1990, als für ihn noch alles möglich schien.

Persönliche Meinung: „Der letzte Sommertag“ ist ein Coming of Age-Roman von Marc Hofmann. Erzählt wird die Handlung aus der personalen Perspektive von Niels, wechselweise auf zwei Zeitebenen. Die (chronologisch) erste Zeitebene spielt im Frühjahr/Sommer 1990. In diesem Handlungsstrang begleiten wir Niels mit seinen beiden besten Freunden Ralf und Volker, die 1990 ihren ganz persönlichen Sommer erleben. Die (erste) Liebe spielt dabei eine genau so große Rolle wie (beste) Freundschaften und das (nicht zwangsläufig unbeschwerte) Familienleben. Diese Themen finden sich auch im „Heute“-Handlungsstrang – nur unter anderen Vorzeichen: Niels, Volker und Ralf treffen sich dreißig Jahre nach dem Sommer 1990 in ihrem Heimatdorf Feldhausen wieder. Es ist nun nicht mehr die erste Liebe – sondern zweite oder dritte –, über die gesprochen wird; man ist selbst in die Rolle der Eltern geschlüpft; das Freundschaftsband ist aber weitgehend so fest wie damals. Das Erinnern an das, was war, sowie das Überlegen und Diskutieren über das, was ist oder sein wird, steht hier im Fokus. Eine große Stärke – sowohl im 1990- als auch im Heute-Strang – ist die intensive Vermittlung starker Gefühle. Hoffnung gesellt sich zu Bedenken, Frohsinn steht Melancholie gegenüber und ein „Alles ist möglich“ paart sich mit einem „Hätte ich doch“ (besonders intensiv wird letzteres in Bezug auf Niels‘ Gedanken über die ausgebliebene Aussprache mit seinem Vater vermittelt). Darüber hinaus durchzieht „Der letzte Sommertag“ eine latente Spannung: Man merkt permanent, dass in „Heute“ etwas verschwiegen wird, was 1990 geschah; ein Geheimnis umwirkt die drei Freunde. Dieses Geheimnis bleibt lange Zeit offen, wird dann aber zuletzt mit einer überraschenden Wendung offenbart. Der Schreibstil von Marc Hofmann ist anschaulich und sensibel, sodass sich „Der letzte Sommertag“ flüssig lesen lässt. Insgesamt ist „Der letzte Sommertag“ ein schöner, gefühlvoller Coming of Age-Roman mit vielen klugen Reflexionen über das Leben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.09.2023

Ein spannender Kriminalroman mit Urlaubsflair

Sonne über Gudhjem
0

Inhalt: Nach einem Burnout möchte es der Kriminalpolizist Lennart Ipsen ruhiger angehen lassen. Daher hat er eine Stelle auf der Urlaubsinsel Bornholm angenommen. Ein Ort, in dem es beschaulich zu geht ...

Inhalt: Nach einem Burnout möchte es der Kriminalpolizist Lennart Ipsen ruhiger angehen lassen. Daher hat er eine Stelle auf der Urlaubsinsel Bornholm angenommen. Ein Ort, in dem es beschaulich zu geht – eigentlich. Denn: Kurz nach Ipsens Ankunft wird die Leiche des lokalen Schweinebauers Kristensen aufgefunden – in dessen eigener Räucherkammer. Schnell wird klar: Kristensen war nicht besonders beliebt auf der Insel, lag mit fielen Leuten im Clinch, wodurch Ipsens Ermittlungen nicht unbedingt erleichtert werden…

Persönliche Meinung: „Sonne über Gudhjem“ ist ein Kriminalroman von Michael Kobr. Erzählt wird die Handlung aus der personalen Perspektive von Lennart Ipsen. Ipsen, der sich gerade von einem Burnout erholt hat, wird mit seinen Gefühlen und Gedanken authentisch und lebendig dargestellt: Permanent reflektiert er, wie er eine für sich geeignete Work-Life-Balance hinbekommt, wobei ihm das Erreichen dieser Balance mal besser, mal schlechter gelingt. Die Handlung selbst besitzt eine schöne Spannungskurve. Dies liegt einerseits daran, dass der Fall einige rätselhafte Momente aufweist, die man (zunächst) nicht genau einschätzen kann. Daneben werden – durch die vielen potentiellen Verdächtigen – mehrere falsche Fährten gelegt, die die Undurchsichtigkeit der Handlung erhöhen. Die Auflösung des Mordfalls hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Ohne zu viel verraten zu wollen: Sie ist komplexer und hintergründiger, als es zunächst den Anschein hat. Neben dem eigentlichen Fall spielt auch das Leben auf Bornholm eine große Rolle innerhalb von „Sonne über Gudhjem“. Dabei werden besonders der eher gelassene Lebensstil der Bornholmer sowie die Natur der Insel atmosphärisch dicht beschrieben. Auch das Zunehmen des Tourismus auf Bornholm wird thematisiert, wobei Kobr die Schattenseiten der Touristik für die Insel nicht verschweigt. Der Schreibstil von Michael Kobr ist angenehm und sehr flüssig zu lesen, sodass man wirklich durch den Roman fliegt. Insgesamt ist „Sonne über Gudhjem“ ein spannender Kriminalroman, in dem – trotz des Mordes – ein schöner Urlaubsflair aufkommt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.09.2023

Ein spannender, kunstaffiner Kriminalroman

Das neunte Gemälde
0

Inhalt: Ein Anruf ereilt den Kunstexperten Lennard Lomberg. Am Apparat: Ein gewisser Gilles Dupret, der Lomberg dafür gewinnen möchte, ein seit Ende des Zweiten Weltkrieges verschollenes Gemälde rückzuführen. ...

Inhalt: Ein Anruf ereilt den Kunstexperten Lennard Lomberg. Am Apparat: Ein gewisser Gilles Dupret, der Lomberg dafür gewinnen möchte, ein seit Ende des Zweiten Weltkrieges verschollenes Gemälde rückzuführen. Der wenig interessierte Lomberg lehnt zunächst ab, doch dann deutet Dupret an, Lombergs Vater – mit dem Lomberg sich kurz vor dessen Tod zerstritten hatte und nicht mehr aussprechen konnte – habe eine Vergangenheit mit dem Gemälde. Allerdings: Bevor Lomberg und Dupret sich persönlich final über die Rückführung austauschen können, wird Dupret ermordet aufgefunden. Das Gemälde hingegen bleibt verschwunden. Lomberg begibt sich auf die Suche nach dem Gemälde – eine Suche, die ihn nicht nur auf die Spur eines Kunstskandals führt, sondern auch ein Familiengeheimnis offenbart…

Persönliche Meinung: „Das neunte Gemälde“ ist ein kunstaffiner Kriminalroman von Andreas Storm. Es handelt sich um den ersten Band der „Lennard-Lomberg-Reihe“. „Das neunte Gemälde“ spielt auf drei Zeitebenen: Ein – im Vergleich zu den anderen beiden Strängen – kürzerer Handlungsstrang spielt 1943 im von der Wehrmacht besetzten Paris, ein weiterer in den 1960er-Jahren im damaligen Regierungssitz Bonn. Der dritte Handlungsstrang, der unterschiedliche Handlungsorte besitzt, spielt im Jahr 2016, der Gegenwartszeit der Handlung. Mein persönliches Highlight ist hier der in Bonn spielende Handlungsstrang: Die politische/gesellschaftliche Atmosphäre des „alten“ Bonn sowie des Nachkriegsdeutschlands wird greifbar beschrieben; der Plot nimmt durch die Hinterzimmer-Ereignisse Züge eines Agententhrillers an. Die drei Handlungsstränge werden jeweils mit Bedacht von einem auktorialen Erzähler erzählt, der immer wieder in die personalen Perspektiven verschiedener Akteure schlüpft. Schwerpunktmäßig werden hierbei die Perspektiven von Lennard Lomberg und dessen Vater Ernst Lomberg eingenommen. Zu der Handlung des Romans möchte ich gar nicht zu viel vorwegnehmen. Nur: Sie besitzt eine hohe Spannungskurve, eine schöne Komplexität, einige überraschende Wendungen und eine große Affinität zur zeitgenössischen Kunst. Besonders gut gelungen (auch tempomäßig) ist die Verzahnung der unterschiedlichen Zeitebenen: Zunächst tappt man während der Lektüre im Dunkeln, sucht Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Zeitebenen, die über das titelgebende neunte Gemälde hinausgehen; sukzessiv, je weiter man liest, lichtet sich die Handlung aber, wodurch die Querverbindungen zwischen den Handlungssträngen immer deutlicher werden – und sich einige überraschende Verknüpfungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart offenbaren. Der Schreibstil von Andreas Storm ist eingängig und lässt sich angenehm lesen. Insgesamt ist „Das neunte Gemälde“ ein spannender Kriminalroman, der besonders durch eine schöne Komplexität und eine perfekte Verzahnung der Zeitebenen auftrumpft.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.09.2023

Ein Sommerroman, der bei aller Leichtigkeit nicht vor ernsten Themen zurückschreckt

Heartbreak
0

Inhalt: Tom hat einen Höhepunkt in seiner bisherigen Karriere erreicht: Er wird die Hauptrolle im neuen „Bello“-Film spielen – einem der gehyptesten Filme Deutschlands. Allerdings kommt es kurz vor Drehbeginn ...

Inhalt: Tom hat einen Höhepunkt in seiner bisherigen Karriere erreicht: Er wird die Hauptrolle im neuen „Bello“-Film spielen – einem der gehyptesten Filme Deutschlands. Allerdings kommt es kurz vor Drehbeginn zu einem Skandal, der nicht spurlos an Tom vorbeigeht. Auch das Leben von Marie ändert sich von einem Tag auf den anderen. In den letzten Monaten ging es ihr mental immer besser – auch durch die Unterstützung von Emil, ihrem Freund. Doch dieser bricht den Kontakt plötzlich ab, scheint spurlos verschwunden zu sein. Tom und Marie könnten nicht unterschiedlicher sein – und doch kreuzen sich ihre Wege unerwartet in der Toskana.

Persönliche Meinung: „Heartbreak“ ist ein Sommerroman von Tarkan Bagci. Erzählt wird die Handlung wechselweise aus den personalen Perspektiven von Tom und Marie. Beide Figuren sind lebendig und sympathisch gezeichnet, wobei Marie eine besondere Tiefe besitzt. Sie ist an einer Depression mit Zwangsstörung erkrankt, wobei dies in enttabuisierender Weise offen, authentisch und einfühlsam beschrieben wird. Neben psychischen Erkrankungen wird (vor allem im Handlungsstrang von Tom) ein weiterer gesellschaftlich wichtiger Gegenstand thematisiert: die Schattenseiten von Social Media wie bspw. die Unmittelbarkeit der Kommunikation, die ständige Erreichbarkeit und die dynamische, sich rasant formierende Mob-Mentalität. Trotz dieser ernsten Themen kommt aber auch die Leichtigkeit innerhalb des Romans nicht zu kurz: Gewürzt ist „Heartbreak“ mit einer schönen Prise Humor und spätestens, wenn Tom und Marie gemeinsam die sonnigen Tage und lauen Nächte der Toskana miteinander verbringen, kommen Sommergefühle auf. Spannung entsteht innerhalb von „Heartbreak“ durch zwei Aspekte. So fragt man sich während der Lektüre einerseits permanent, wie/ob Tom sich aus dem Skandal retten kann. Andererseits sorgt das seltsame Verhalten von Maries mysteriösem (Ex-)Freund für Spannung. Daneben entwickelt sich in „Heartbreak“ zudem eine zarte Liebesgeschichte. Der Schreibstil von Tarkan Bagci ist sehr eingängig und besitzt eine schöne Leichtigkeit, sodass man „Heartbreak“ sehr flüssig lesen kann. Insgesamt ist „Heartbreak“ ein Sommerroman der anderen Art, der einerseits voller Leichtigkeit ist, andererseits aber auch vor ernsten Themen nicht zurückschreckt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.09.2023

Ein Coming of Age-Roman, der zum Wohlfühlen einlädt

Der große Sommer
0

Inhalt: Die Sommerferien stehen an – doch für Friedrich werden sie ganz anders, als er sich vorgestellt hat. Seine Versetzung steht auf der Kippe: In Mathe und Latein hat er jeweils eine 5 kassiert, muss ...

Inhalt: Die Sommerferien stehen an – doch für Friedrich werden sie ganz anders, als er sich vorgestellt hat. Seine Versetzung steht auf der Kippe: In Mathe und Latein hat er jeweils eine 5 kassiert, muss in die Nachprüfungen und dementsprechend die Ferien hindurch lernen. Als wäre dies nicht genug, wird für ihn auch der alljährliche Familienurlaub gecancelt. Seine Ferien soll er bei seinen Großeltern verbringen – wobei sein Großvater ein wortkarger, konsequenter Mann ist, der Friedrich postwendend einen Lernplan vorlegt. Alles keine rosigen Aussichten – wären da nicht Friedrichs beste Freunde Alma und Johann. Und Beate, ein Mädchen, mit dem er kurz vor den Ferien im Freibad den Sprung seines Lebens gemacht hat.

Persönliche Meinung: „Der große Sommer“ ist ein Coming of Age-Roman von Ewald Arenz. Erzählt wird die Handlung, die hauptsächlich zu Beginn der 1980er-Jahre spielt, aus der Ich-Perspektive von Friedrich (genannt Frieder). Eine große Stärke des Romans ist die lebendige Zeichnung der auftretenden Figuren: Diese besitzen Ecken und Kanten, sind aber zugleich sehr liebenswürdig. Besonders Friedrichs Gefühls- und Gedankenwelt – mit allen Hoffnungen, Sorgen und Ängsten – wird authentisch sowie einfühlsam beschrieben, sodass man unweigerlich mit Frieder bangt und hofft. Erfrischend sind zudem die – mal leichten, mal tiefgründigen – Dialoge, die die Figuren miteinander führen. Die Coming of Age-Handlung des Romans besitzt drei inhaltliche Schwerpunkte. Einen Schwerpunkt bildet die Freundschaft (mit all ihren euphorisierenden Höhen und devastierenden Tiefen) zwischen Friedrich, Alma und Johann. Nicht minder eine Achterbahn der Gefühle ist der zweite Schwerpunkt: Eine zart beschriebene Liebesbeziehung, die sich zwischen Beate und Friedrich entspinnt. Zuletzt spielt auch die Beziehung zwischen Friedrich und seinem Großvater, über den Friedrich sein Bild revidieren muss, eine große Rolle innerhalb der Handlung. Insgesamt entwickelt sich „Der große Sommer“ durch diese drei Schwerpunkte zu einem Buch mit Wohlfühlatmosphäre, in dem die unterschiedlichsten Gefühle – von Euphorie, Liebe und Hoffnung über Enttäuschung, Wut und Trauer – thematisiert werden. Eingewoben in den Roman sind zudem immer wieder kluge, tiefgründige Betrachtungen über das Leben an sich. Neben dieser zu Beginn der 1980er-Jahre spielenden Haupthandlung findet sich zudem eine kleine Nebenhandlung, die in der „Gegenwart“ spielt: Der erwachsene Friedrich läuft – auf der Suche nach einem Grab – über einen Friedhof. Diese Nebenhandlung ist mein einziger kleiner Wermutstropfen in Bezug auf „Der große Sommer“: Zwar sorgt sie innerhalb des Romans konsequent für Spannung, doch bleibt sie für mich zuletzt zu offen (aber das ist insgesamt Meckern auf hohem Niveau). Der Schreibstil von Ewald Arenz besitzt eine besondere Leichtigkeit und Bildhaftigkeit, sodass sich „Der große Sommer“ sehr angenehm lesen lässt. Insgesamt ist „Der große Sommer“ ein schön geschriebener Coming of Age-Roman der tolle Charaktere besitzt und zum Wohlfühlen einlädt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere