Cover-Bild Mattanza
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23,00
inkl. MwSt
  • Verlag: mareverlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 192
  • Ersterscheinung: 08.08.2023
  • ISBN: 9783866486706
Germana Fabiano

Mattanza

Barbara Neeb (Übersetzer), Katharina Schmidt (Übersetzer)

Seit jeher bestimmen das Meer, der Wind und vor allem der Thunfisch das Leben auf der kleinen süditalienischen Insel Katria. Angeführt vom Raìs, gibt die Mattanza, der Höhepunkt des traditionellen Thunfischfangs, den Rhythmus der Insulaner vor. Doch nachdem der Enkel und letzte legitime Erbe des Raìs gegen alle Erwartungen als Mädchen geboren wird, muss Nora beweisen, dass sie auch als Frau die Traditionen ihrer Gemeinde wahren und ihrem Großvater nachfolgen kann.
Während sich die Welt um Katria immer schneller dreht, erreichen die ersten Wellen des Tourismus die Insel und schließlich auch der Strom an Menschen, für die dieses Stück Land das erste Stückchen Europa bedeutet. Der Wandel scheint unaufhaltsam und stellt Nora vor die Frage, wie weit sie zu gehen bereit ist, um ihre Traditionen zu schützen.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.06.2024

Einfühlsame Geschichte einer Insel

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Als auf der Insel Katria Nora Greco geboren wird, bricht eine neue Zeit an: Die Tunfischjagd wird, wenn ihr Großvater zurücktritt, erstmals von einer Frau angeführt werden. Ihr Leben lang wird Nora darauf ...

Als auf der Insel Katria Nora Greco geboren wird, bricht eine neue Zeit an: Die Tunfischjagd wird, wenn ihr Großvater zurücktritt, erstmals von einer Frau angeführt werden. Ihr Leben lang wird Nora darauf vorbereitet, dann übernimmt sie, als sie gerade volljährig geworden ist. Aber die Zeiten auf Katria ändern sich auch in anderer Hinsicht: Tourismus, moderne Tunfischjagd und schließlich auch die Ankunft vieler Geflüchteter über das Mittelmeer bedrohen die traditionelle Lebensweise und Tunfischjagd auf Katria, was Nora als Anführerin vor große Herausforderungen stellt.
Der Roman ist einfühlsam geschrieben, die poetischen Beschreibungen des Meeres passen wunderbar zum Mare Verlag, die Menschen im Dorf werden liebenswert aber komplex dargestellt. Ich habe die fiktive Geschichte der kleinen Insel gerne mitverfolgt. Nur das Titelbild passt für mich nicht gut - Noras Augen werden ganz anders beschrieben und die gesamte Insel spielt eine viel größere Rolle im Roman. Nur aufgrund des Titelbilds wäre ich am Roman vorbeigegangen.

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Veröffentlicht am 13.06.2024

Wer wir sind im Leben

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Entgegen allen Hoffnungen gebärt die Tochter des Anführers des traditionellen Thunfischfangs nicht den ersehnten Enkelsohn, eine dritte Tochter ist es geworden. Die Inselbewohner Katrias sind erstaunt, ...

Entgegen allen Hoffnungen gebärt die Tochter des Anführers des traditionellen Thunfischfangs nicht den ersehnten Enkelsohn, eine dritte Tochter ist es geworden. Die Inselbewohner Katrias sind erstaunt, als der Raìs das Mädchen trotzdem zu seiner Nachfolgerin erwählt, zu sich nimmt und ausbildet. Nora weiß noch nicht, was für ein schweres Erbe auf sie wartet, abhängig von den Besitzern der Tonnara, beeinflusst durch den Lauf der Welt.

„Eleonora war eine Mogelpackung; sie war das Kind, das sich an die Stelle eines anderen geschoben und das niemand gerufen hatte. In jener Februarnacht, in der sie geboren wurde, hatten die Tonnaroti erkannt, dass selbst Gott nicht unfehlbar war, an Eleonora klebte der Fluch der Insel, und niemand konnte etwas dagegen tun.“ (Seite 10)

Alles begann im Jahr 1960, als der ersehnte Enkelsohn ausblieb und das abergläubische Inselvolk schlimme Auswirkungen befürchtete. Über fünfzig Jahre lang durfte ich ihnen über die Schulter schauen, nahm Anteil, hab getrauert, die Daumen gehalten, fühlte ihre Freude genauso wie ihren Schmerz. Die Bewohner der Insel mit ihren Ängsten und Sorgen, ihren Marotten und dem unerschütterlichen Glauben, dass alles gut wird, egal, was kommt, schlichen sich in mein Herz, nahmen dort Platz, machten sich breit und hielten es gefangen bis zuletzt. Das Beharren an einer Tradition, die sich im Laufe der Jahrzehnte auf Katria nicht verändert, aber irgendwann aus verschiedenen Gründen überholt hat, konnte ich verstehen, auch wenn der Thunfischfang auf eine blutige, um nicht zu sagen barbarische Art erfolgte. Die Beschreibungen faszinierten und stießen mich gleichermaßen ab.

„Die Tonnara mit ihren vier Phasen hatte gerade begonnen: Cruciatu, das Spannen und Fixieren der Verankerungsseile, Calatu, das Ausbringen der Netze, Mattanza, das Töten, und Salpatu, das Einholen und Einlagern der Reusenanlage, wonach alles bis zum nächsten Jahr aus dem Kopf verbannt war.“ (Seite 55)

Die Geschichte konnte leise und melancholisch, aber auch stürmisch und ungezügelt sein, genauso wie das Meer, das die Insel umgab. Zu Beginn irritierten mich die vielen italienischen Begriffe, die zum Glück später immer wieder übersetzt worden sind. Die Sprache war schön, manchmal fast poetisch, ich fühlte mich wohl und wäre gerne geblieben, auch wenn der Zauber verging und die Tradition mit ihm. Ich fühle Sehnsucht nach Katria, würde gerne aufs Meer hinaus, zu den Wellen und zu dem Wind, bleibe dankbar dafür, dass ich dabei gewesen bin.

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Veröffentlicht am 12.09.2023

Die Welt verändert sich

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Schon das Cover hatte mich sehr angesprochen. Ich fühlte den Blick der jungen Frau auf mich gerichtet, als ob sie mich aufforderte, mich mit dem Buch zu beschäftigen. Und tatsächlich konnte ich zu der ...

Schon das Cover hatte mich sehr angesprochen. Ich fühlte den Blick der jungen Frau auf mich gerichtet, als ob sie mich aufforderte, mich mit dem Buch zu beschäftigen. Und tatsächlich konnte ich zu der Insel schnell eine Verbindung aufbauen, weil wir sie schon einmal als Touristen von Trapani aus besucht hatten.
Wir hatten die Insel Katria als Favigniana kennengelernt und hatten den Tag dort sehr genossen. Umso erfreuter war ich, nun durch das Buch etwas über die Tradition des Thunfischfangs zu erfahren.
Die Mattanza ist eine alte Methode des Thunfischfangs. Obwohl diese im Laufe der Zeit viele typische Eigenschaften verloren hat, besitzt sie immer noch den Charme einer alten Zeremonie.
Die gesamte Prozedur wird vom Rais angeleitet. Er entscheidet, wann die Mattanza anfängt und wann sie aufhört, wann die Netze geöffnet und wann geschlossen werden sollen. Er ordnet die Position der Boote an, so dass sie den Eingang der Thunfische in das Todesnetz erleichtern.
Auf Katria hat die Familie Lombardo seit vielen Jahrhunderten den Rais gestellt, immer ging das Amt an einen männlichen Nachfolger weiter, der von seinem Vorgänger ausgebildet und angeleitet wurde.
Aber 1960 kommt anstatt eines Jungen ein weiteres Mädchen zur Welt und so wird Nora die erste Rais in der Geschichte Katrias. Ihr Großvater nimmt sich ihrer an, nimmt sie in sein Haus auf und bringt ihr alles bei, was sie wissen muss. Sie wird eine würdige Nachfolgerin und es ist nicht ihr anzulasten, dass die Welt sich ändert.
Vor allem ändern sich die Methoden des Fischfangs. Die kleinen Fischerboote kommen gegen die Hochseetrawler nicht an, die Thunfischschwärme waren schon abgefischt, bevor sie Katria überhaupt erreichen konnten. Und dieser gute Thunfisch geht zu einem sehr hohen Prozentsatz nach Japan. Italien erhält nur noch eine zweitklassige Qualität.
Es gab da außerdem Ereignisse, die in den letzten Jahrzehnten den Wandel im Mittelmeer beschleunigt haben, den Menschen einerseits ihre Lebensgrundlage nehmen, ihnen aber andererseits auch eine neue Grundlage bieten. Hier ist vor allem der Tourismus zu nennen.
Ganz aktuell sind Katria und Lampedusa auch durch die Flüchtlingsboote übers Mittelmeer bekannt geworden. Die Flüchtlingsströme gefährden nun schon wieder den gerade gut aufgenommenen Tourismus. „Wer kommt schon gerne auf eine Insel, auf der hinter Stacheldraht Hunderte von Menschen eingesperrt sind“.
Es waren aber auch noch andere Themen, die im Buch zwar nicht explizit angesprochen, aber dennoch unterschwellig behandelt wurden:
• Die Bedeutung von Tradition und althergebrachten Riten
• Die Rolle der Frau
• Die Unterschiede zwischen Besitzenden und Besitzlosen nicht nur in der Entscheidungshoheit über ihren Besitz sondern auch in der Hingabe an die Tradition
Nora hat sich der Tradition verschrieben, es war zwar nicht ihre Entscheidung Rais zu werden, aber sie trägt diese Entscheidung mit. Sie heiratet, aber es stellt sich kein Nachwuchs ein. Als ob der fehlende Stammhalter mit den ausbleibenden Thunfischen zusammenhängen würde.
Es ist ein sehr nachdenkliches Buch, ein Buch über die sich verändernde Welt, die selbst im letzten Zipfel Europas noch deutliche Spuren hinterlässt. Germana Fabiano schreibt wortgewaltig, ihre Beschreibungen lassen die Welt der Fischer vor den Augen des Lesers aufscheinen. Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich bin froh, darauf aufmerksam geworden zu sein. Bei nächster Gelegenheit werde ich es an Freude in Trapani weitergeben, die uns damals auf Favignana aufmerksam gemacht hatten.

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Veröffentlicht am 12.09.2023

Der Thunfischfang und ein Dorf, das davon lebt, im Wandel der Zeit

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1960, Katria, eine Insel vor der Küste Siziliens, die hier angesiedelten Menschen leben von der Mattanza, der Thunfischjagd. Das Dorf, das sich hier mit dieser traditionellen und schonenden Fischfang-Methode ...

1960, Katria, eine Insel vor der Küste Siziliens, die hier angesiedelten Menschen leben von der Mattanza, der Thunfischjagd. Das Dorf, das sich hier mit dieser traditionellen und schonenden Fischfang-Methode seinen Lebensunterhalt sichert, ist fiktiv. Die Mattanza jedoch gab es wirklich, bis die Thunfischschwärme vor der Küste versiegten, weil internationale Fischfangflotten die Fische regelrecht abfischten.
Diese Geschichte, sie erzählt von diesem Wandel der Zeit, anhand einer kleinen dörflichen Lebensgemeinschaft. Sie erzählt, was diese Welt 'da draußen' mit denen macht, die ihre Arbeit nicht über die Natur hinweg, sondern im Einklang mit ihr, leben, so dass eine Balance erhalten bleibt. Das Wort Überfischung klingt in den Ohren. Dieses Buch, es erzählt aber auch von den inneren Strukuren in diesem menschlichen Verbund, auch hier im Wandel der Zeit. Und ganz vorne weg, erzählt dieses Buch vom Rais, der den Takt angibt, der vorgibt, was, wann zu tun ist, im Laufe der Jahreszeiten und im Lauf der Zeit. Der Vater dieser einen Familie, er überträgt diese Aufgabe auf seinen Sohn. So ist es Tradition. Doch dann werden über zwei Generationen 'nur' Töchter geboren und der Rais beschließt, seine Enkelin Eleonora zu seiner Nachfolgerin zu erziehen. Ein Bruch, zugleich ein Umbruch. Und die junge Frau, sie muss sie früh tragen, diese Bürde und für die Menschen, für die sie verantwortlich ist, das Richtige tun.
Ein beeindruckendes Buch, in seiner unausweichlichen Schicksalhaftigkeit, den menschlichen 'Begegnungen', in der Konsequenz, wohin es führt, 50 Jahre Leben.

Veröffentlicht am 04.09.2023

Eine Leseempfehlung.

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Germana Fabiano hat hier eine Geschichte geschrieben, die man nicht so einfach beiseite legen kann. Sie erzählt von der Insel Katria, der Traditionen rund um die Mattanza, den Aberglauben der Menschen ...



Germana Fabiano hat hier eine Geschichte geschrieben, die man nicht so einfach beiseite legen kann. Sie erzählt von der Insel Katria, der Traditionen rund um die Mattanza, den Aberglauben der Menschen und dem nicht mehr zu verhindernden Wandel.

Auf nur knapp 200 Seiten schafft sie es, dass man von Zuversicht in Trostlosigkeit, von Hoffnung in Trauer und Verzweiflung und von der Tradition und Gewohnheit in den Wandel rutscht. Ihre Protagonisten sind alle etwas sperrig, distanziert und schwer zu greifen. Der Lesende bleibt bei dieser Geschichte außen vor und darf nur zuschauen, wie das Dorf um seine Existenz kämpft. Eine große Rolle spielt dabei der Thunfischfang, die Mattanza und der Raìs, der den Ablauf der Mattanza bestimmt und eine respektierte Person auf der Insel ist.

Jahrhundertelang war der Raìs ein Mann und die Tradition verlangt einen männlichen Nachkommen. Doch es wird ein Mädchen geboren. Der alte Raìs setzt den ersten Bruch mit der Tradition durch und trainiert und erzieht das Mädchen zum nächsten Raìs.

Der Thunfischfang wird sehr detailliert (inkl. einer Zeichnung) beschrieben und hinterlässt ein mulmiges Gefühl. Einerseits ist es ein grausames Vorgehen gegen diese Tiere, aber andererseits leben die Inselbewohner nur von diesem Tieren. Doch genau diese Grundlage wird den Bewohnern durch die Globalisierung immer mehr entzogen.

Zusätzlich müssen sich die Bewohner mit den zunehmenden Tourismus und den Bootsflüchtlingen auseinandersetzen. Die Menschen kommen an ihre Grenzen, sind überfordert, fühlen sich hilf- und machtlos gegenüber den vielen Flüchtlinge und den Touristen und sie fürchten ihre Insel zu verlieren.

Es ist eine packende und traurige Geschichte, die den Lesenden nachdenklich zurücklässt. Eine Leseempfehlung.