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Christina19

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.01.2024

Kritik an der japanischen Gesellschaft

Die Ladenhüterin
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„Die Ladenhüterin“ erzählt von Keiko, die ihr Leben dem Konbini, einem 24-Stunden-Supermarkt, verschrieben hat. Sie verdingt sich als Aushilfe, als welche es ihre Aufgabe ist, Kunden stets freundlich zu ...

„Die Ladenhüterin“ erzählt von Keiko, die ihr Leben dem Konbini, einem 24-Stunden-Supermarkt, verschrieben hat. Sie verdingt sich als Aushilfe, als welche es ihre Aufgabe ist, Kunden stets freundlich zu begrüßen, die Regale regelmäßig aufzufüllen und die Kasse zu bedienen. Als sie auf Shiraha trifft, bringt das ihr gewohntes Leben gehörig durcheinander.

Dieses Buch hat mich anfangs gut unterhalten, mich zwischenzeitlich verwirrt und schließlich vollkommen ratlos zurückgelassen. Die Geschichte hat dadurch noch lange in mir nachgeklungen, sodass ich erst einige Zeit später ein Fazit daraus ziehen konnte.
Keiko, die Protagonistin des Romans, wird von Beginn an als Außenseiterin dargestellt. Sie arbeitet nicht in Vollzeit, sondern lediglich als Aushilfe. Während gleichaltrige Frauen längst verheiratet sind und Kinder haben, geht sie alleine durch das Leben. Oft wirkt Keiko sehr emotionslos – als hätte sie autistische Züge. Dennoch versucht sie sich bestmöglich an die an sie gestellten Erwartungen von Familie, Freunden, der japanischen Gesellschaft anzupassen und sie möglichst vollends zu erfüllen. Dabei verliert sie sich jedoch zunehmend selbst.
Sayaka Murata hält mit ihrem Werk der japanischen Gesellschaft den Spiegel vor. Sie zeigt, welche Erwartungen an den Einzelnen gestellt werden und wie dessen Mitmenschen reagieren, wenn sich eine Person anders verhält. Ein Abweichen von der Norm ist ganz offensichtlich nicht erwünscht. Stattdessen hat jeder Mensch sein irdisches Dasein und entsprechend jede seiner Handlungen dem Wohl der Gemeinschaft zu widmen. Die Autorin übt mit „Die Ladenhüterin“ deutliche Kritik an dieser Einstellung und zeigt durch ihre Hauptfigur Keiko auf, dass man dem eigenen Herzen folgen sollte, um glücklich zu werden.

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  • Cover
Veröffentlicht am 06.09.2023

Hass und Gewalt als Teil der Menschheit(sgeschichte)

NOVA
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Als seine Frau und sein Sohn bedroht werden, lernt sich Davide neu kennen. Trotz der Gefahr für seine Familie ist er nämlich nicht in der Lage, einzugreifen und sie zu beschützen. Stattdessen ist der Neurochirurg ...

Als seine Frau und sein Sohn bedroht werden, lernt sich Davide neu kennen. Trotz der Gefahr für seine Familie ist er nämlich nicht in der Lage, einzugreifen und sie zu beschützen. Stattdessen ist der Neurochirurg wie gelähmt und schaut zu, wie ein Fremder die Situation brutal klärt. Unfähig zu Gewalt macht sich Davide daran, seine Kräfte zu entdecken und zu lernen, diese einzusetzen.

In „NOVA“ lernen wir eine Hauptfigur kennen, die sehr gebildet erscheint und sanftmütig auftritt. Meinungsverschiedenheiten klärt Davide mit Worten – nichts läge ihm ferner als seinen Mitmenschen Schaden durch eine körperliche Auseinandersetzung hinzufügen zu wollen. Entsprechend beschreibt er sich selbst als „Feigling“. Dieser bleibt Davide jedoch nicht, denn er macht im Laufe des Romans eine deutliche Entwicklung durch: Er lernt Aggressionen, Wut und die damit verbundene Gewalt als Urinstinkte kennen, die in jedem Menschen tief verwurzelt sind und die sich nicht dauerhaft unterdrücken lassen. Sein Mentor vermittelt ihm jedoch, dass man die Gewalt beherrschen können muss, ehe sie den Menschen beherrscht. Nicht in jeder Situation gelingt das und so gipfelt auch der Roman in einem erschütternden Finale. Hier stellt sich die Frage, ob Wut, Hass und Gewalt wirklich der richtige Weg sind, um sich zur Wehr zu setzen.
Neben Davide stehen vor allem seine Frau Barbara und sein Sohn Tomasso im Fokus des Geschehens. Mit ihnen und ihren Erlebnissen enthält das Buch einige Nebenschauplätze, die zwar unterhaltsam, für den Kern der Handlung meines Erachtens jedoch nicht relevant sind.
Sprachlich empfand ich den Roman stellenweise etwas herausfordernd, da er viele fachliche Termini enthält, insbesondere solche aus dem medizinischen Bereich.

Veröffentlicht am 26.08.2023

Eine ungewöhnliche Idee mit einem Ende, das mich ratlos zurücklässt

Weil da war etwas im Wasser
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In seinem Debütroman, der für den Deutschen Literaturpreis nominiert ist, bringt uns Luca Kieser einen Riesenkalmar näher. Als dieser ein Tiefseekabel berührt, beginnen seine Tentakel zu erzählen. Sie ...

In seinem Debütroman, der für den Deutschen Literaturpreis nominiert ist, bringt uns Luca Kieser einen Riesenkalmar näher. Als dieser ein Tiefseekabel berührt, beginnen seine Tentakel zu erzählen. Sie berichten zunächst von den Lebensgeschichten einer jungen Praktikantin auf einem Frosttrawler sowie einer älteren Frau, die für einen Geheimdienst in der Antarktis arbeitet. Durch einen Zufall treffen sie aufeinander, wobei dies, wie man noch erfährt, nicht die einzige Verbindung im Leben der beiden ist... Die Tentakel erzählen außerdem von Schriftstellern, die sich dem vermeintlichen Ungeheuer aus der Tiefsee gewidmet haben: Jules Verne, Peter Benchley und schließlich ein junger Autor der Gegenwart, der wiederum die Erlebnisse mit seinem eigenen „Tentakel“ schildert.

Die Idee, ein Tier bzw. dessen Gliedmaßen erzählen zu lassen, ist ebenso außergewöhnlich wie grandios. Der Autor schreibt dabei jedem Tentakel eine Eigenschaft zu: vom Armen über den Süßen bis zum Bisschen-Schüchternen. Jeder von ihnen vermittelt seine Geschichte, wobei die unterschiedlichen Erzählstränge und die Vielzahl an Figuren für mich mitunter etwas verwirrend waren. Sehr gelungen finde ich die Zusammenhänge, sie sich im Laufe des Romans auftun und dafür sorgen, dass sich alles mehr und mehr zu Gesamtbild zusammenfügt. Manche Stellen vermochten es, mich in ihren Bann zu ziehen, während sich andere mir nicht erschlossen und mich entsprechend ratlos zurückließen. Daher bin ich nun auch etwas nachdenklich über die Kernaussage des Romans, insofern es denn eine gibt: In meinen Augen geht es wohl darum, ein Tier wie den Kalmar nicht zum Monster zu degradieren, sondern als das faszinierende Wesen wahrzunehmen, das er ist. Es geht aber ein Stück weit auch darum, falsche Scham abzulegen, offen über alle erdenklichen Themen zu sprechen, insbesondere mit Sexualität aufgeschlossen umzugehen.
Zuletzt einige Sätze zum Aufbau des Buches, den ich als sehr besonders empfinde: Kieser verwendet in seinem Roman eine Reihe an Paratexten wie Fußnoten mit Anmerkungen oder Verweisen sowie einen Anhang mit Tagebucheinträgen und einem Familienstammbaum. Beim Lesen wird man aktiv aufgefordert, vor- oder zurückzublättern und in anderen Kapiteln zu lesen. Zum besseren Verständnis der Handlung sollte man diesen Anweisungen folgen.

Veröffentlicht am 17.08.2023

Abschied und Neuanfang

Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe
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Die Kinder sind fast erwachsen und ihr Auszug steht bevor. Ihre Mutter, eine alleinerziehende Frau mittleren Alters, muss sich damit anfreunden, dass dies auch für sie einige Veränderungen bedeutet, allen ...

Die Kinder sind fast erwachsen und ihr Auszug steht bevor. Ihre Mutter, eine alleinerziehende Frau mittleren Alters, muss sich damit anfreunden, dass dies auch für sie einige Veränderungen bedeutet, allen voran der Auszug aus der nun viel zu großen Wohnung. Die anstehenden Veränderungen behagen ihr nicht und so beginnt sie, ihr bisheriges Leben zu reflektieren. Ihre Erinnerungen nehmen einen Großteil des Buches ein. Die Protagonistin merkt, wie lückenhaft ihr Gedächtnis ist und dass es sie manchmal auch trügt. Doch sie beginnt auch noch vorne zu blicken und sich mit dem neuen Lebensabschnitt vertraut zu machen.

Die Hauptfigur beschreibt ihre Erinnerungen in kurzen Kapiteln, die nicht in chronologischer Reihenfolge geordnet sind - als erzähle sie jeweils die Episode ihres Lebens, die ihr gerade einfällt. Diese ständigen Zeitsprünge und wechselnden Szenerien sorgten dafür, dass ich nur schwer in das Buch kam und einige Mühe beim Lesen hatte.
Die beschriebenen Erinnerungen bergen mitunter Kritik an der Herkunftsfamilie der Protagonistin sowie an den Erwartungen der Gesellschaft an Frauen bzw. Mütter. Generell erinnert sie viele Episoden ihres Lebens, die für sie sehr anstrengend waren oder in denen sie sich ungerecht behandelt fühlte. Das Buch erhält dadurch eine gedrückte, negative Grundstimmung.
Obwohl die Hauptfigur zunehmend ihre eigenen Bedürfnisse erkennt und Vorzüge des neuen Lebensabschnittes wahrnimmt, vermittelt auch das Ende des Romanes kaum ein positives Gefühl.

Veröffentlicht am 16.06.2023

Ein seichter Liebesroman für zwischendurch

Ein Kännchen Glück
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Ein Kännchen Glück ist ein leicht zu lesender Liebesroman. Er erzählt von der quirligen Nele, die in einer Mehrgenerationen-WG lebt und dort eines Tages auf den ruhigeren Ben trifft. Obwohl die beiden ...

Ein Kännchen Glück ist ein leicht zu lesender Liebesroman. Er erzählt von der quirligen Nele, die in einer Mehrgenerationen-WG lebt und dort eines Tages auf den ruhigeren Ben trifft. Obwohl die beiden Protagonisten gegensätzlicher nicht sein könnten, verlieben sie sich ineinander.
Gut gefällt mir die Idee einer Glückskanne, wie sie in der Geschichte vorkommt, und der symbolische Charakter dieser. Dazu passend haben die Kapitel Zwischenüberschriften "Glück ist...", was ich ebenfalls mochte.
Die Geschichte ist in einer einfachen Sprache gehalten. Sie ist dadurch gut lesbar, könnte für meinen Geschmack aber etwas gewählter formuliert sein.
Die Figuren des Romans sind leider recht eindimensional dargestellt und klischeehaft überzeichnet. Hier hätte ich mir mehr Facetten gewünscht.
Das Ende war etwas vorhersehbar, aber passend für diesen Liebesroman.

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