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Veröffentlicht am 15.09.2016

wunderschön

Memory Wall
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Der Einband des kleinen Büchleins „Memory Wall“ ist wunderschön mit seinem seidigen schimmernden Papier und den vielen spiralförmigen Schneckenhäusern. Er verspricht einen Anspruch, der sich durchaus in ...

Der Einband des kleinen Büchleins „Memory Wall“ ist wunderschön mit seinem seidigen schimmernden Papier und den vielen spiralförmigen Schneckenhäusern. Er verspricht einen Anspruch, der sich durchaus in der Novelle von Anthony Doerr widerfindet.
Ich habe nach dem Vorgänger „Alles Licht das wir nicht sehen“ nicht lange überlegen müssen, um mich für dieses neue Buch von Doerr zu erwärmen. Die Geschichte war für mich umso mehr eine Überraschung, da ich vorher die Inhaltsangabe nicht gelesen hatte. Erzählt wird von Alma Konachek, einer 74-jährigen weißen Südafrikanerin, die allein in einem großen Haus wohnt, nur tagsüber betreut von ihrem dunkelhäutigen Diener für Alles, Pheko. Almas Mann ist vor 4 Jahren gestorben und seitdem ist sie an Demenz erkrankt und verliert Stück für Stück alle Erinnerungen. Aber es gibt inzwischen eine Firma, die eine Möglichkeit gefunden hat, Erinnerungen in kurzen Abschnitten auf Kassetten zu speichern, so dass man sie immer wieder in einem Gehirn abspielen kann. Alma hat inzwischen hunderte solcher Kassetten und schaut“ sie sich ständig aufs Neue an; vor allem diejenigen, in denen sie sehr glücklich war.
Nachts, wenn Alma alleine ist, kommt der Gauner Roger in ihr Haus. Er hat den Jungen Luvo dabei, mit dessen Hilfe er in Almas Kassetten nach einer ganz bestimmten Erinnerung sucht. Einer, die ihm sehr viel Geld verspricht, so er sie denn finden sollte und die Informationen darauf an einen anderen verkaufen kann. Dank Almas Demenz kann er immer wieder kommen und niemand weiß davon.
In dieser Novelle, die ja nur 134 Seiten umfasst, steckt ein ganzes Universum voller interessanter Figuren und ein Panoptikum an menschlichen Gefühlen, Wünschen und Fragen über den Wert der Erinnerungen und was das große Vergessen mit den Betroffenen macht.
Obwohl Alma sicherlich vor ihrer Erkrankung eine sperrige Persönlichkeit hatte, war sie mir sympathisch. Vielleicht auch, weil der liebenswerte Pheko sie so sorgfältig und fast hingebungsvoll versorgt, dass ich seine Fürsorge für Alma nachempfinden konnte. Die Frage, ob es nicht eine Bereicherung wäre, wenn man tatsächlich Erinnerungen speichern könnte, ist nicht nur eine rein philosophische, denn es wird ja hier sogar versucht sie zu stehlen. Es gibt wohl einen Markt für gestohlene Erinnerungen und das Ganze hat bereits eine Dimension, die nicht nur positiv für die Betroffenen ist.
Besonders hervorheben möchte ich die wunderschöne Sprache, die nicht nur neue Wortschöpfungen kreiert, die mit der Erinnerungsspeicherung einhergehen, sondern auch Stimmungen, Augenblicke und Gefühle auf eine eindringliche und warme Art und Weise beschreibt. Auch das Setting Südafrika erhält hier viel Raum und ist wichtig für die Handlung.
Es gibt mehr als eine überraschende Wendung und das Ende ist für mich weder zu kitschig-glücklich noch allzu deprimierend.

Ich bin begeistert von dieser Novelle und kann es nur wärmstens empfehlen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

schöne Liebesgeschichte

Die Walfängerin
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Kapitän Rune Boys, der reichste und angesehenste Mann auf Sylt, macht der blutjungen Maren, Tochter eines kleinen Fischers, einen Heiratsantrag. Aber das Mädchen hat ihren eigenen Kopf und ist heftig in ...

Kapitän Rune Boys, der reichste und angesehenste Mann auf Sylt, macht der blutjungen Maren, Tochter eines kleinen Fischers, einen Heiratsantrag. Aber das Mädchen hat ihren eigenen Kopf und ist heftig in den Nachbarsjungen Thies verliebt und lehnt den Antrag mehrmals ab, obwohl sie weiß, dass sie an der Seite des Kapitäns auch für ihre Eltern ein besseres Leben erreichen könnte. Schon bald schlägt das Unglück zu und stürzt ihre Familie in den finanziellen Ruin und ihr bleibt nichts anders übrig als Rune Boys um finanzielle Hilfe zu bitten. Statt der Rückzahlung verlangt er, dass sie einen Sommer lang auf seinem Walfänger als Küchenjunge arbeitet.
Maren ist eine eigenwillige Heldin, die zu Beginn der Geschichte noch sehr blauäugig und verträumt auf ihr zukünftiges Leben an der Seite eines geliebten Ehemannes blickt. Aber das Leben auf Sylt ist sehr hart, denn die Natur kennt kein Erbarmen und außer dem Fischfang gibt es kaum Möglichkeiten auf der Insel Geld zu verdienen und die meisten Menschen sind sehr arm und müssen oft hungern. Auch schätzt sie sowohl ihre eigenen Gefühle als auch die der anderen anfangs oft falsch ein und benimmt sich wie ein eigensinniges Kind. Aber im Laufe der Zeit wächst sie an den Herausforderungen und Stück für Stück wird sie erwachsen und erkennt ihre wahren Gefühle.
Der Titel „Die Walfängerin“ ist vielleicht etwas hochgegriffen, denn eigentlich fährt Maren ja nur als kleiner Küchenjunge auf dem Schiff mit. Das harte Leben auf Sylt und auf dem Schiff wird eindringlich geschildert und man erfährt einige interessante Details aus der damaligen Zeit und kann den Wind und die Wellen fast selber spüren während man mit Maren mitleidet und hofft, dass Alles noch zu einem guten Ende kommt.
In dem Büchlein steckt aber auch eine große Liebesgeschichte und es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht dieses Buch zu lesen. Ich konnte es wirklich kaum zur Seite legen und vergebe sehr gerne die volle Punktzahl.

Veröffentlicht am 15.09.2016

spannende Fortsetzung

Die Toten von Natchez
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„Die Toten von Natchez“ ist der zweite Band einer Trilogie. Er schließt zeitlich nahtlos an den Vorgänger an. Selten hatte ich bei einer Fortsetzung so dringend den Wunsch davon abzuraten, dieses Buch ...

„Die Toten von Natchez“ ist der zweite Band einer Trilogie. Er schließt zeitlich nahtlos an den Vorgänger an. Selten hatte ich bei einer Fortsetzung so dringend den Wunsch davon abzuraten, dieses Buch zu lesen OHNE vorher „Natchez Burning“ zu kennen. Wer hier als Quereinsteiger sein Glück versucht, wird sicherlich schon auf den ersten 100 Seiten verzweifeln und wahrscheinlich den Spaß an diesem Buch verlieren, bevor es richtig losgeht. Der Autor bemüht sich zwar, in dieser langen Anfangssequenz die Geschehnisse des 1000-seitigen ersten Teiles zu komprimieren und zu erklären, aber diese Informationen kommen in so geballter Fülle und sind so trickreich und verschlungen wie die ganze Geschichte mit seinen vielen Protagonisten nun mal ist, so dass ich mir nicht vorstellen kann, wie man das alles verstehen und in logische Zusammenhänge bringen soll. Für mich hingegen war es hilfreich, denn meine Erinnerungen wurden nochmals aufgefrischt und ich konnte deshalb gut und schnell wieder einsteigen. Und bald nimmt die Story wieder ganz gehörig Fahrt auf.
„Die Toten von Natchez“ ist ein fetter blutiger Thriller in dem Greg Iles sich nicht scheut die ganz großen ungelösten Kriminalfälle der USA in epischer Länge anzupacken und seine eigenen Theorien mit tatsächlichen Fakten und Erkenntnissen zu vermischen. Allen voran natürlich die Morde an den drei K’s - wie sie hier genannt werden - JFK, RFK und Martin Luther K. Aber auch der Ku-Klux-Klan kommt nicht zu kurz und die blutigen Unruhen nach dem verheerenden Kathrina-Sturm fehlen ebenso wenig. Die aus dem ersten Teil bereits bekannten Doppeladler sind eine verschworene Verbrecherbande, die bereits seit über einem halben Jahrhundert im Süden der Vereinigten Staaten ihr Unwesen treiben und nach den anfänglichen rassistisch motivierten Morden jetzt mit ihren Söhnen und Enkelsöhnen in allen Bereichen des organisierten Verbrechens angekommen sind. Sie haben bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft ebenso ihre Männer in maßgeblichen Positionen, wie sie Freunde und Partner in allen Wirtschaftsbereichen und der Politik haben. Eine Hand wäscht hier die andere und vor Erpressung, Unterschlagung, Mord und Totschlag wird nicht zurückgeschreckt. Und es scheint fast aussichtlos ihre Gemeinschaft aufzubrechen, ihnen irgendetwas nachzuweisen oder sie gar zur Rechenschaft zu ziehen für ihre Taten. Wer ihnen in den Weg kommt wird vernichtet. Auf die eine oder andere Art und Weise.

Umso unverständlicher mutet es dem Leser an, dass die „vornehmlich Guten“ in dieser Geschichte erst einmal alle eigene Wege gehen, um die Doppeladler zu bekämpfen. Da jeder eine andere Motivation hat und ein anderes Ziel anstrebt, sind jede Menge „Einzelkämpfer“ unterwegs und es ist von vorne herein klar, dass das nicht für jeden gut ausgehen wird und dass sie sicherlich diese Verbrecherorganisation nur gemeinsam vernichten können.
Während Bürgermeister Penn sich mit dem örtlichen Sheriff zusammentut und versucht, seinen Vater zu finden und zu schützen ist eben derselbe unterwegs, um den Gegner mit allen Mitteln zu schwächen und zu verhindern, dass die Doppeladler noch mehr Einfluss erlangen. Die Journalistin Caitlin ist auf der Jagd nach der ganz großen Story und wenn möglich gar dem Pulizerpreis und geht dafür viel zu viele Risiken ein und überblickt nicht immer, in welche Gefahr sie sich und andere mit ihren Enthüllungen bringt. FBI-Agent Keiser indessen will unbedingt die Morde an den drei K’s auflösen. Und jeder verheimlicht jedem wichtige Informationen und Beweise. Die Gegner, allen voran Forest Knox, sind durchtrieben, menschenverachtend, einflussreich und zahlreich und keineswegs zu unterschätzen. Und so wird der blutige Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Recht und Ordnung in diesem zweiten Band ähnlich vehement fortgesetzt, wie im ersten Band.
Ja, es gibt ein paar Zufälle, die die Story auf ziemlich deutliche Weise vorantreiben. Ja, nicht jede Handlung der Protagonisten ist nachvollziehbar. Ja, man mag nicht glauben, dass eine Verbrecherbande wirklich solche Machtbefugnisse in der amerikanischen Gesellschaft hat, dass sie Präsidenten und Prediger und Bürgerrechtler ebenso ungestraft töten kann, wie Polizisten und Reporter. Aber trotz all der kleinen Schönheitsfehler hat es Greg Iles geschafft, dass ich mich über 1000 Seiten nicht gelangweilt habe. Seine Charaktere sind glaubhaft und kraftvoll, die Story spannend und mit überraschenden Wendungen. Man merkt, dass der Autor sein Herzblut und jede Menge Recherchearbeit in diesen Dreiteiler gesteckt hat. Man muss an der Geschichte dran bleiben aber man bekommt dafür einen unterhaltsamen, typisch amerikanischen, sehr gehaltvollen Thriller.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Killer

Blood on Snow. Der Auftrag
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Olav ist ein seltsamer Auftragskiller.

Klar, der Job ist sowieso schon ein sehr ungewöhnlicher und man rechnet sicherlich nicht mit Durchschnittstypen in diesem Metier. Aber einer, der eigentlich mehr ...

Olav ist ein seltsamer Auftragskiller.

Klar, der Job ist sowieso schon ein sehr ungewöhnlicher und man rechnet sicherlich nicht mit Durchschnittstypen in diesem Metier. Aber einer, der eigentlich mehr Empathie für seine Mitmenschen hat als der Normalbürger, einer, der sich um alles und jeden Gedanken macht. Einer, der sich selber für Drogengefährdet, schlecht in Mathe und prinzipiell immer für die Schwachen eingenommen hält, der ist als Mörder denkbar ungeeignet auf den ersten Blick. Vielleicht wirkt er ja nach außen hin etwas einfältig und seltsam, aber gleichzeitig ist er sehr intelligent und hilfsbereit.

Eine ungewöhnliche Mischung also, die sich durch Nesbos gewohnt lässige Art des Erzählens sehr amüsant liest und ich habe mich von Anfang an gefragt, ob so ein Typ so eine Geschichte um Mord und Gewalt überhaupt überleben kann. Das will ich natürlich nicht verraten. Die Geschichte ist jedenfalls spannend und kongenial erzählt.

Gerne hätte ich noch 100 Seiten mehr gelesen über Olav und wie er dazu kommt, dass er einen Auftrag ablehnt, weil er sich in das Mordopfer verliebt und was daraus wird, wenn man so einen speziellen Auftrag nicht nach den Wünschen des Kunden erfüllt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Liebhaber

Der japanische Liebhaber
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ch habe ja fast alle von Isabell Allendes Büchern gelesen und war von den meisten schwer begeistert. Deshalb habe ich mich auch besonders über diesen Gewinn bei Vorablesen gefreut war sehr gespannt auf ...

ch habe ja fast alle von Isabell Allendes Büchern gelesen und war von den meisten schwer begeistert. Deshalb habe ich mich auch besonders über diesen Gewinn bei Vorablesen gefreut war sehr gespannt auf diesen neuen Roman der chilienischen Autorin. Und ich wurde wieder einmal nicht enttäuscht, nein, dieses Mal hat mich die Schriftstellerin tatsächlich noch ein bisschen überrascht, da die Geschichte meiner Meinung nach ein kleines bisschen anders ist, als frühere Werke. Für mich macht einen entscheidenden Unterschied, dass keine Südamerikaner die Hauptpersonen sind, dass auch die Handlung nicht in Chile oder einer südamerikanischen Lokalität spielt. Sie wagt diesmal einen Sprung aus ihrer gewohnten Struktur.

Es geht zum einen um das polnische Flüchtlingskind Alma, die durch die Judenverfolgung der Nazis aus Europa vertrieben und von den Eltern zu ihrer eigenen Sicherheit wie ihr Bruder nach USA zu ihrer Tante geschickt wird. In dem japanischen Gärtnersohn Ichimei , dessen Vater bei der Familie der Tante angestellt ist, findet sie ihre große Liebe. Als ihr Mann einige Jahre später früh verstirbt, führt sie eine geheime Beziehung zu ihrem Geliebten, die ein Leben lang hält.

Erst ihr Enkelsohn Seth und ihre Assistenten Irina decken auf, dass Alas Leben voller Heimlichkeiten und Geheimnisse war und dass Alma nicht nur eine eigensinnige und spröde sondern auch eine liebende und kluge Frau ist, die ihr Leben neben aller Konventionen gelebt hat.

Isabell Allende erzählt gewohnt einfühlsam und mit einem besonderen Augenmerk auf den Eigenarten und Besonderheiten der Charaktere. Nebenbei erfährt mein einige sehr interessante Details über die Zeit im und nach dem zweiten Weltkrieg.

Gerade die gealterte Alma habe ich sehr ins Herz geschlossen. Ihre Lebensweisheit und ihr Wunsch auch im hohen Alter Unabhängigkeit und Freiheit zu leben, hat mir sehr gefallen.