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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.10.2017

Ein Krimi mit sehr viel Atmosphäre

Die Gärten von Istanbul
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Nevzat, Hauptkommissar der Mordkommission Istanbuls und Ich-Erzähler des Romans, staunt nicht schlecht, als er mitten in Istanbul einen wie zu einen Pfeil drapierten Leichnam findet, in den gefesselten ...

Nevzat, Hauptkommissar der Mordkommission Istanbuls und Ich-Erzähler des Romans, staunt nicht schlecht, als er mitten in Istanbul einen wie zu einen Pfeil drapierten Leichnam findet, in den gefesselten Händen eine antike Münze des alten Byzas haltend, dem einstigen Gründer der Stadt. Und dies ist erst der erste einer Serie von Toten, jeweils drapiert an historisch wichtigen Plätzen der Stadt. Nevzat macht sich mit seinem jungen Team auf die Suche nach Gemeinsamkeiten der Opfer, welche scheinbar alle etwas mit der Geschichte Istanbuls zu tun haben.
Gleich vorweg: Dieser Roman ist nicht mit den schnelllebigen, unterkühlten westlichen Krimis vergleichbar. In Ahmet Ümits Roman spielen Geschichte und Kultur eine mindestens ebenso große Rolle wie der Kriminalfall an sich, ist die Handlung auf wunderschöne Weise verziert mit Atmosphäre und Emotionen. So erfährt der Leser während der Jagd nach dem Mörder erstaunlich vieles über Entstehung und Werdegang der Stadt, über das Leben und die unterschiedlichen Kulturen, welche in der Metropole anzutreffen sind und natürlich auch über die Protagonisten selbst. Hierbei muss man in Kauf nehmen, dass zwischendurch auch mal private Momente und Probleme des Kommissars über mehrere, kurz ausfallende Kapitel ihre Daseinsberechtigung einfordern, welches zwar ungewohnt scheint, jedoch Einblicke in das uns manchmal fremd vorkommende Leben bietet und den Protagonisten auf diese Art eine angenehme Tiefe verleiht. Ebenso findet ungewohnt viel über die Historie der Metropole Erwähnung, was zum Einen einer gewissen Relevanz des Falles zuzuschreiben ist, zum anderen den Krimi manchmal wie einen kleinen Reiseführer erscheinen lässt. Wer sich nicht daran stört, hat die Möglichkeit, in die Welt einer atemberaubenden Metropole einzutauchen und dem bedächtigem Kommissar Nevzat und seinem hitzköpfigen Mitarbeiter Ali bei der Spurensuche über die Schulter zu blicken. Ein spannendes Leseerlebnis, so wunderschön wie ein Kurzurlaub.

Veröffentlicht am 12.10.2017

Ein Gentleman und wie er die Welt sah

Ein Gentleman in Moskau
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Moskau, 1922: Das Zarentum ist abgeschafft,die Bildung der Sowjetunion steht bevor. In dieser Zeit wird Graf Alexander Iljitsch Rostov zu lebenslangem Hausarrest verurteilt: Er bewohnt fortan eine kleine ...

Moskau, 1922: Das Zarentum ist abgeschafft,die Bildung der Sowjetunion steht bevor. In dieser Zeit wird Graf Alexander Iljitsch Rostov zu lebenslangem Hausarrest verurteilt: Er bewohnt fortan eine kleine Bedienstetenkammer im hochangesehenen Hotel am Platz, dem "Metropol", in welchem er bisher fürstlich wohnte. Nur dank eines regime-kritischen Gedichts, welches er Jahre zuvor unter seinem Namen veröffentlichte, entgeht er der Hinrichtung des Adels.
Grav Rostov ist ein Gentleman der Alten Schule. Galant bringt er die neuen Machthaber um das Erfolgserlebnis, ihm seine Zukunft verbaut zu haben, und macht stets das Beste aus der Situation. Geschickt versteht der Feingeist und Genießer, die richtigen Freundschaften im Hotel zu schließen und beobachtet die Veränderungen der folgenden Jahrzehnte aus dem Hotel heraus.
Amor Towles hat mit diesem Roman wahrlich einen kleinen Schatz zu Papier gebracht. Graf Alexander "Sascha" Rostov ist eine Person, welche einem einfach sympathisch sein muss. Mit seinen alten Werten von Freundlichkeit und Höflichkeit, gepaart mit einem großen kulturellen und politischen Wissen, ist er wahrlich eine beeindruckende Figur. Am meisten faszinierte mich, wie er über längere Zeit seine Ziele stets vor Augen hatte, welche jedoch dem Leser vorerst verborgen blieben. Bis auf seine Freiheit mangelt es dem Grafen kaum an etwas, und als er die kleine Tochter einer alten Freundin bei sich aufnimmt und großzieht, lernt auch der Graf eine unerwartete, väterliche Seite an sich kennen. Geschickt eingewoben in das Leben des Grafen ist auch die sowjetische bzw. Weltgeschichte von 1922 bis 1954, erzählt durch die Augen des Protagonisten sowie seiner Bekannten im Hotel und verdeutlicht durch das Cover des Romans: Dem Grafen, wie er die Welt vom Fenster des Hotels aus beobachtet.
Ich hatte das Vergnügen, "Ein Gentleman in Moskau" als Hörbuch genießen zu dürfen. Das 9 CDs starke Hörbuch in gekürzter Fassung wird gelesen von Hans Jürgen Stockerl, welcher die Stimmung sowie die Erscheinung des Grafen gekonnt einfängt und dem Hörer auf eine Art wiedergibt, welche es schwer macht, zwischendurch eine Pause einzulegen. Als wahres Highlight kann ich dieses Hörbuch wirklich jedem uneingeschränkt empfehlen.

Veröffentlicht am 28.09.2017

Die Bibel als Persönlichkeits-Coach?

Und du wirst den verborgenen Schatz in dir finden
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Es ist schon ein Kreuz mit dem Kreuz: Jérémie, Priester einer kleinen französischen Stadt, möchte den Menschen die frohe Botschaft Jesu mitteilen - doch es kommen grad mal ein Dutzend Anwohner in seine ...

Es ist schon ein Kreuz mit dem Kreuz: Jérémie, Priester einer kleinen französischen Stadt, möchte den Menschen die frohe Botschaft Jesu mitteilen - doch es kommen grad mal ein Dutzend Anwohner in seine geräumige Kirche. Jérémie ist verzweifelt. Alice, erfolgreiche Pariser Unternehmensberaterin, möchte ihrem alten Jugendfreund helfen. Doch Alice ist Atheistin...

"Kein Fehler ist größer als Begehren nach Besitz." (Zitat S. 182)

Mir hat es Spaß gemacht mitzuverfolgen, wie Alice zunächst die Bibel durchlas und einige Stellen daraus mit skeptisch-amüsanten Kommentaren versah. Vor allem die Seligsprechungen, welche, wörtlich genommen, einen wirklich schnell mal ungläubig den Kopf schütteln lassen. Nachdem sie Jérémie zu einem Coach für Selbstvertrauen geschleppt hat beginnt sie, sich zusätzlich einigen fernöstichen Glaubensrichtungen zu widmen, welche im Gegensatz zum dualistischen Christentum das Paradies im Menschen selbst versprechen. Gibt es vielleicht doch Gemeinsamkeiten zwischen Daoismus, Hinduismus, Buddhismus und den christlichen Lehren Jesu? Und wie kann Alice ihre Erkenntnisse nutzen, um Jérémie zu einem vollen Gottesdienst zu verhelfen?
Alice' Nachforschungen und Gedankenbeispiele sind gut gewählt und leicht verständlich. Immer mehr rückt hierbei das "Ego" in den Mittelpunkt, der Schlüssel zu Glück oder Unglück. Das Buch ist somit ein unterhaltsamer Roman, welcher sich nicht nur auf moderne Art mit Religionen beschäftigt sondern zugleich zum Nachdenken anregt und dem ein oder anderen Leser eine kleine Lebenshilfe sein mag. Und natürlich bleibt auch die Angst vor Veränderungen nicht aus, in diesem Fall personifiziert durch zwei Frauen aus Jérémies Gemeinde.
Mir hat das Buch sehr gefallen, da es auf unterhaltsame und teils auch humorvolle Weise einen bleibenden positiven Eindruck hinterlassen hat.

Veröffentlicht am 07.09.2017

Das Geheimnis der Schattenfrau wird gelüftet

Das Erbe der Macht - Schattenchronik 3: Ascheatem (Bände 7-9)
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Das dritte Hardcover der Urban Fantasy Serie beinhaltet die Folgen 7 bis 9 und schließt an den Cliffhanger der Folge 6 an, als die Identität der Schattenfrau gelüftet wurde. Fasziniert konnte ich mitverfolgen ...

Das dritte Hardcover der Urban Fantasy Serie beinhaltet die Folgen 7 bis 9 und schließt an den Cliffhanger der Folge 6 an, als die Identität der Schattenfrau gelüftet wurde. Fasziniert konnte ich mitverfolgen wie die Schattenfrau von dem, was sie einst war, zu dem wurde, was sie heute ist. Eine sehr beeindruckende Reise durch die Vergangenheit mit sehr bewegenden Momenten. Derweil entpuppt sich die Suche nach dem verbliebenen Sigilsplitter als "Suche nach dem geschrumpften Essenzstab im Heuhaufen", müssen die Lichtkämpfer vielerlei Abenteuer an den unterschiedlichsten Orten und gegen starke Feinde bestehen. Zudem lüften die Unsterblichen ein düsteres Geheimnis ihrer Vergangenheit und senden die Lichtkämpfer auf eine hochgefährliche Mission...
Die Abenteuer und Geheimnisse sind auch diesmal wieder wunderbar spannend und lassen auf keiner Seite Langeweile aufkommen. Und jedesmal, wenn man denkt, das Geschehene sei nicht mehr zu toppen, schafft es Andreas Suchanek, doch noch mal einen draufzusetzen. Die Serie ist herrlich komplex gestaltet und fordert durch Alex' liebenswert-freche Art regelmäßig die Schmunzelmuskulatur. Leider ist eine ausführlichere Rezension schwerlich möglich, ohne zu spoilern.

Veröffentlicht am 27.08.2017

Die Macht des Schicksals

Töte mich
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Ist ein Happy End trotz einer Leiche möglich? Oder gar erst wegen der Leiche? Bei Amélie Nothomb wird man positiv überrascht!
Zunächst einmal sollte man sich nicht vom Umfang des Büchleins täuschen lassen: ...

Ist ein Happy End trotz einer Leiche möglich? Oder gar erst wegen der Leiche? Bei Amélie Nothomb wird man positiv überrascht!
Zunächst einmal sollte man sich nicht vom Umfang des Büchleins täuschen lassen: Äußerlich zwar ein Leichtgewicht, verbirgt sich zwischen den Buchdeckeln eine grandiose Novelle über den belgischen Adel, welcher sich Dank seiner selbst auferlegten Etikette zielsicher in die Insolvenz steuert. Und zwischen all den teils spitzzüngigen, teils schwarzhumorigen Einblicken in die Adelsfamilie Neville die Frage, ob das Schicksal sich am Ende selbst erfüllen wird. So wurde das Drittgeborene, nach den ersten beiden Kindern Oreste und Électre, nicht sinngemäß Iphigénie benannt, da nach altgriechischem Vater- und Muttermöder ein Kindsmord dem Grafen nicht angemessen erschien. Doch droht genau dies den Vater einzuholen: Nachdem ihm weisgesagt wird, er werde auf seiner Gartenparty einen Gast umbringen, fordert seine depressive, jüngste Tochter das ihr zustehende Schicksal ein und verlangt von ihrem Vater "Töte mich!"
Allerfeinste Unterhaltung mit Esprit und Niveau!