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kerstin_aus_obernbeck

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Veröffentlicht am 14.09.2023

ein berührender Roman

Sylter Welle
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Lore und Ludwig haben in ihrem Leben gern Urlaub gemacht, bevorzugt Camping und dies gern auch auf Sylt. Nun gehen beide auf die 90 zu, für einen vielleicht letzten Urlaub auf der Lieblingsinsel haben ...

Lore und Ludwig haben in ihrem Leben gern Urlaub gemacht, bevorzugt Camping und dies gern auch auf Sylt. Nun gehen beide auf die 90 zu, für einen vielleicht letzten Urlaub auf der Lieblingsinsel haben sie ein Apartment in der „Sylter Welle“ gemietet und ihren Enkel Max für das Wochenende eingeladen.
Eigentlich ist für Max alles wie immer - und doch ist vieles anders. Natürlich ist Oma Lore noch immer resolut und Opa Ludwig nimmt vieles mit einem Augenzwinkern, jedoch wird die Leichtigkeit der Ferien, der Eindruck der schieren Unendlichkeit, den die Sommerferien früher versprüht haben, bei diesem Besuch vermehrt und sehr intensiv von Veränderung und Endlichkeit abgelöst.

Gemeinsam verbringen sie ein Wochenende, reden und schweigen über vergangene Zeiten, leben im Hier und Jetzt und genießen das Beisammensein.

„Ich sehe die beiden vor mir, wie sie da so nebeneinanderhocken, und es ist beinahe unmöglich, mir vorzustellen, dass sie ja irgendwann einmal zwei völlig voneinander getrennte Leben geführt haben müssen.“ (S.128)

„Sylter Welle“ erzählt die Geschichte einer Familie, die auch meine Familie sein könnte – insbesondere die bisweilen spröde westfälische Herzlichkeit ist mir nicht fremd.
Ja, Kartoffeln sind solide und um eine Schramme am Knie macht man kein großes Gewese. Selbstverständlich sind Detmolder Landbier und Pickert eine Spezialität, zum Glück sind die Zeiten von „Bärenfang“ vorbei (ich habe mich extra bei meinen Eltern erkundigt)

Der Autor erzählt aus dem Leben von Lore und Ludwig, von ihren Kindern und Enkeln, als ob man sich schon ewig kennt. Eine Familie, die sich nicht durch inflationäre Zuneigungsbekundungen hervortut, die jedoch füreinander da ist; Freud, Leid und Veränderung miteinander teilt. Und Max Richard Leßmann formuliert ganz wunderbar die Empfindung, die mit der Erkenntnis der Endlichkeit einhergeht.

Ein wunderbarer, zwischenzeilig warmherziger Roman. Dieser Text voller Wärme, Zuneigung und Liebe hat mich sehr berührt.

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Veröffentlicht am 14.09.2023

Absolutes Herzensbuch

Leonard und Paul
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„Lass uns einfach glücklich sein. Solange wir noch Zeit haben.“
Ein wunderbarer Satz aus einem wunderbaren Buch

Leonard und Paul, beide Ü30, sind geliebt und behütet aufgewachsen, allerbeste Freunde und ...

„Lass uns einfach glücklich sein. Solange wir noch Zeit haben.“
Ein wunderbarer Satz aus einem wunderbaren Buch

Leonard und Paul, beide Ü30, sind geliebt und behütet aufgewachsen, allerbeste Freunde und führen ein unaufgeregtes Leben in ruhigen Bahnen. Leonard arbeitet als Ghostwriter für Kinderlexika. Seine Mutter ist kürzlich verstorben, nun lebt er allein in seinem Elternhaus. Paul wohnt bei seinen Eltern und arbeitet als Aushilfspostbote.

Doch irgendwie ist klar, dass es nicht immer so weitergehen wird. Leonard hat den Wunsch nach einer Veränderung –

„Ich werde das Gefühl nicht los, dass ich die Türen und Fenster in meinem Leben ein bisschen aufschieben muss.“

– und stellt sich dieser zögerlich, bisweilen unbeholfen, aber voller Überzeugung und Ehrlichkeit. Und auch Paul, der nach Meinung seiner Schwester bisher munter in seinem kleinen Lebenskarussel herumgegondelt ist, nimmt auf seine Art und Weise, in seinem Rahmen sein Leben in die Hand.

„Leonard und Paul“ ist eine wunderschöne Geschichte über zwei Menschen, die im Alltag übersehen werden, die in einer Art sozialen Unsichtbarkeit eine Randexistenz führen - und dabei ihrem Umfeld, der Gesellschaft, viel zu geben haben, denn was sie auszeichnet, sind
scheinbar unerschütterliche Freundlichkeit, Ehrlichkeit und Friedfertigkeit und der Glaube, an das Gute. Erzählt wird die Geschichte einer Freundschaft von zwei besonderen Menschen. Das Buch hat mich berührt, mir hat diese stille, unaufgeregte und warmherzige Geschichte sehr gut gefallen.

„Wenn es eines gab, woran sich die innige Zuneigung der beiden Freunde ablesen ließ, dann war es der Enthusiasmus, mit dem sie ihrer Freude über gute Nachrichten teilten, gewiss, dass jedem dem anderen nur das Allerbeste wünschte.“

– und so ist es mir auch beim Lesen ergangen, ich habe Leonard und Paul nur das Allerbeste gewünscht.


ES WIRD EMPFOHLEN, OBIGES ZU BEACHTEN
(um das zu verstehen, sollte man das Buch lesen)

Ein wirklich wunderbares, absolut lesenswertes Buch!

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Veröffentlicht am 14.09.2023

ein ganz wunderbares Buch

Das Café ohne Namen
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Wien 1966. Robert Simon, 31, lebt in Wien zur Untermiete bei einer Witwe. Er ist in einem Heim für Kriegswaisen aufgewachsen und hat nach Ende der Schulzeit mit Gelegenheitsjobs auf dem Markt Geld verdient. ...

Wien 1966. Robert Simon, 31, lebt in Wien zur Untermiete bei einer Witwe. Er ist in einem Heim für Kriegswaisen aufgewachsen und hat nach Ende der Schulzeit mit Gelegenheitsjobs auf dem Markt Geld verdient. Er ist fleißig, umgänglich und bei den Marktleuten aufgrund seines ruhigen, besonnenen Wesens beliebt.
Wien ist im Aufbruch, die Stadt verändert sich und auch Robert möchte seinem Leben eine Wendung geben – er pachtet das ehemalige Marktcafé, dass schon eine Weile leer steht.

Der Markt und das Café liegen in einem der weniger gut betuchten Viertel der Stadt. Es bietet keine spektakulären Speisen und Getränke, sondern eine solide Karte: Bier, Wein, Schmalzbrote. Die Kundschaft besteht aus Händlern vom Markt, Handwerkern, Menschen aus dem Viertel – und wie im echten Leben hat auch im „Café ohne Namen“ jeder Mensch seine eigene Geschichte.

Robert Seethaler erzählt in dem Roman eine Geschichte von Veränderung. In dem Café treffen die Menschen aufeinander, sprechen über das hier und jetzt und was kommen mag – und nicht jeder kann mit dem Wandel, der immer schneller werdenden Zeit mithalten. Aber es gibt auch Hoffnung, Liebe und Lichtblicke - Schönes, in einer bisweilen trüben Welt.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Ruhig und zurückhaltend und dennoch sehr lebhaft erzählt Robert Seethaler die Geschichte von Robert Simon, von seinen Gästen im Café und von der Stadt Wien im Wandel der Zeit.
Beim Lesen bin ich mit Robert durch Wien geschlendert, habe den Prater besucht, mit ihm an der Donau gesessen – und ich habe seine Gäste im Café beobachtet, wie sie einander begegnen, diskutieren, streiten, Karten spielen, leben, lieben und lachen.

Ein ganz wunderbares Buch! Absolute Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 14.09.2023

Ein wunderbarer Wohlfühlroman

Die Butterbrotbriefe
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Kati Waldstein ist fast 40, Verwaltungsangestellte, geschieden und es hält sie nur wenig in dem Ort, in dem sie lebt. Ja, da sind Onkel Martin, der eigentlich Versicherungen verkauft, aber mehr Zeit und ...

Kati Waldstein ist fast 40, Verwaltungsangestellte, geschieden und es hält sie nur wenig in dem Ort, in dem sie lebt. Ja, da sind Onkel Martin, der eigentlich Versicherungen verkauft, aber mehr Zeit und Enthusiasmus in sein Arktis-Museum steckt und Madame Catherine, Friseurin, Freundin, ein wenig Ersatz-Familie – aber das war’s dann auch irgendwie.
Kati möchte nicht feststecken, sie will weiterziehen und ein neues Leben beginnen. Ihr Vater hat über Jahre Butterbrotpapier für sie gesammelt und dieses nutzt sie nun, um per Brief Abschied zu nehmen und „Lebwohl“ zu sagen.
37 Briefe sind es, die sie per Hand oder mit der Schreibmaschine verfasst und dem jeweiligen Empfänger persönlich überbringt. Und mit jedem weiteren Brief rückt der Abschied näher.

Severin hat bereits sein altes Leben, die Familie und Arbeit als Klavierstimmer, hinter sich gelassen. Die Beiden begegnen sich und Severin ist überzeugt, dass er Kati nicht zufällig getroffen hat. Aber die Schatten ihrer Vergangenheiten und Katis fester Entschluss, einen Neubeginn zu wagen, sind wuchtige Steine, die ihnen das Schicksal in den Weg gelegt hat.

Was soll ich sagen? „Die Butterbrotbriefe“ ist einfach eine schöne Geschichte.

Kati, mit ihrem orangefarbenen Beetle, ihrer Sympathie für The Verve, Oasis und Blur und ihrem Engagement für Andere, resolut, emphatisch, verletzlich, ist eine tolle Protagonistin.
Severin ist ein Träumer, ein Mensch, der in Landschaften Musik sieht, ein Feingeist, dem es das Leben nicht leicht gemacht hat, dem es an Vertrauen und Hoffnung mangelt, der aber auch Mut hat und das Schöne erkennt.

Wenn Carsten Henn erzählt, dann ist das alles sehr bildhaft. Ich sehe das Museum samt Elch und Rentier, den Friseursalon und das Kino vor mir, höre Madame Catherine singen und Onkel Martin von der Arktis erzählen, erlebe eine Geschichte vom Suchen und Finden, von Abschied und Ankommen.

„Die Butterbrotbriefe“ ist ein wunderbarer Wohlfühl-Roman. Große Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 13.07.2024

ein Krimi mitten aus dem Dorf-Leben, herrlich skurril und unterhaltsam

Eierlikör und Giftmischerei
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Im Hunsrück probt die Mühlbacher Theatergruppe für ihre jährliche Aufführung das Stück „Zwei Frauen und ein Todesfall“. Herbert tut sich mit der Umsetzung seines Bühnentodes schwer, die Proben gestalten ...

Im Hunsrück probt die Mühlbacher Theatergruppe für ihre jährliche Aufführung das Stück „Zwei Frauen und ein Todesfall“. Herbert tut sich mit der Umsetzung seines Bühnentodes schwer, die Proben gestalten sich schwierig, denn neben den verschiedenen Ansichten hinsichtlich der künstlerischen Umsetzung, stellen zwischenmenschlichen Animositäten und kleine Eifersüchteleien eine weitere Herausforderung dar.
Magda hat schon eine Weile ein Auge auf Herbert geworfen, dieser schwebt jedoch nach Unterstützung durch die Partnervermittlung „Goldene Zeiten“ mit Edith auf Wolke 7 und selbst der Streit mit seinem Nachbarn Ortwin und der langjährige Zwist um das Erbe mit seinem jüngeren Bruder Mathias, erscheinen plötzlich zweitrangig. Herbert ist in love und happy und if you happy and you know it trink einen Eierlikör.
Backen, kochen, brauen … Loni hört dabei ACDC und ist die Queen in der Küche, ihr Eierlikör ist unübertroffen und gern stellt sie Herbert ein Fläschchen zur Verfügung.

Bei der nächsten Theaterprobe fehlt Herbert. Loni und Anneliese machen sich auf den Weg zu ihm. Sie finden ihn im Wohnzimmer leblos auf dem Boden liegend und jede Hilfe kommt zu spät.

War es ein natürlicher Tod oder hatte jemand einen Grund, Herberts Leben ein Ende zu setzen? War seine neue Liebe auf sein Geld aus, der Nachbarschaftsstreit mit Ortwin doch nicht beigelegt, ist eine verschmähte Liebe ein Motiv für einen Mord?
Was war im Eierlikör, inwiefern ist Loni an Herberts Ableben beteiligt?

Kerstin Mohr lässt erneut Loni und Anneliese bei einem Mord im Dorf ermitteln. Die Geschichte ist kurzweilig, wer selbst in einem Dorf lebt, wird einiges wiedererkennen. Die Charaktere sind sympathisch und die Lösung des Falls war gut herbeigeführt und stimmig.

Ein Krimi, der Spaß macht und gut unterhält.

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