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Veröffentlicht am 17.09.2023

So fern und doch so nahe

Miss Kim weiß Bescheid
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„Miss Kim weiß Bescheid- Storys“ von Cho Nam-Joo
In diesem Buch erwarten einen acht verschiedene Geschichten koreanischer Frauen. Alle eint die Elegie des Lebens und der stille Protest gegen ihre ihnen ...

„Miss Kim weiß Bescheid- Storys“ von Cho Nam-Joo
In diesem Buch erwarten einen acht verschiedene Geschichten koreanischer Frauen. Alle eint die Elegie des Lebens und der stille Protest gegen ihre ihnen zugedachte Rolle. Gut ausgebildete junge Frauen, die unter der Last der Arbeit und gleichzeitigen Rolle als Mutter, Ehefrau und Haushälterin zusammenbrechen und sich trübsinnig und resigniert dazu entschließen ihre Arbeit zu kündigen. Oder Frauen kurz vor ihrer Pension, die schwer gearbeitet haben und sich nun ihren Lebenstraum erfüllen wollen, von denen jedoch erwartet wird, dass sie sich um ihre Enkelkinder kümmern. Bestürzt hat mich jedoch auch eine Story zur sexuellen Belästigung von Schulmädchen, deren männliche Klassenkammeraden die knappe Schuluniform nutzten, um den Mädchen unter die Röcke zu filmen.
Zwischen Deutschland und Südkorea liegen rund 8100 km und dennoch kamen mir die Erzählungen und Gefühle der Frauen stark bekannt vor. In Deutschland wird händeringend nach Fachkräften gesucht, während viele Mütter verzweifelt nach Betreuungsmöglichkeiten ihrer Kinder suchen, um arbeiten gehen zu können. Die Frauen in Cho Nam-Joos Geschichten protestieren nicht laut, sie leiden eher still und versuchen selbst ihr Leben für sich erträglich zu gestalten. Und die Absurdität dieses Dilemmas wird in der Geschichte mit den sexuell belästigten Mädchen deutlich. Die Mütter der beschuldigten Jungen laufen Sturm und bedrängen die Mutter eines der Mädchen ihre Aussage zu ändern, da sie Nachteile für die Karriere ihrer Söhne vermuten, wenn ein Vermerk in ihrer Schulakte steht. Ketzerisch stellte ich mir die Frage, warum wir Frauen eigentlich immer wieder unglücklich in diese Rollen verfallen, wenn wir es doch eigentlich sind, die die Jungs aufziehen, ihnen Regeln und Werte mitgeben. Sind wir es dann nicht auch die die Macht darüber haben, wie die Gesellschaft einmal aussehen soll? Cho Nam-Joo regt sehr zum Nachdenken an. Nicht, indem sie uns klare Botschaften sendet, sondern indem sie uns Geschichten erzählt, die viele Frauen von uns kennen und so ein Gemeinschaftsgefühl erzeugt. Großartige Erzählkunst!

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Veröffentlicht am 14.09.2023

Darfs ein bisschen Fantasy sein?

Silber - Das erste Buch der Träume
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Liv und ihre Schwester Mia sind an keinem Ort zu Hause. Ihre Mutter ist Professorin und fast jedes Jahr an einer anderen Uni der Welt angestellt. So müssen auch die zwei immer wieder Abschied nehmen und ...

Liv und ihre Schwester Mia sind an keinem Ort zu Hause. Ihre Mutter ist Professorin und fast jedes Jahr an einer anderen Uni der Welt angestellt. So müssen auch die zwei immer wieder Abschied nehmen und neu beginnen. Deshalb sind sie eigentlich sehr glücklich, dass ihre Mutter nun doch tatsächlich in London sesshaft werden möchte. Eigentlich! Denn der Grund dafür ist Ernest- ein neuer Mann im Leben ihrer Mutter. Widerwillig spielen sie mit und versuchen an der neuen Schule heimisch zu werden. Und dort sind ja schließlich auch ein paar interessante Jungs zu finden. Und eine Gruppe Jungs scheint ein ganz besonderes Geheimnis zu wahren. Als Liv den Jungen in ihrem Traum begegnet wird es spannend.
Kerstin Gier scheibt einfach unglaublich zauberhaft. Der Roman hat viel Esprit und Witz, aber auch die richtige Mischung an Romantik (jedenfalls für einen Jugendroman) und Spannung. Die Vorstellung dieser Traumwelt hat mir richtig gut gefallen. Aber auch die sehr charismatischen Figuren, wie das bayrische Kindermädchen, dass das ganze Jahr über Vanillekipfel backt oder die zerstreute Professor-Mutter fand ich großartig. Auch wenn ich bestimmt nicht mehr der Zielgruppe entspreche, habe ich mich sehr gefreut von Kerstin Gier in diese fantastische Welt entführen zu lassen. Und kann es allen Junggebliebenen nur empfehlen.

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Veröffentlicht am 04.09.2023

Der Abwesende

Vatermal
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Arda ist schwer krank. Während er auf der Intensivstation liegt, schreibt er einen Brief an seinen unbekannten Vater. Metin hat die Familie verlassen als Ardan noch sehr klein war und ist zurück in die ...

Arda ist schwer krank. Während er auf der Intensivstation liegt, schreibt er einen Brief an seinen unbekannten Vater. Metin hat die Familie verlassen als Ardan noch sehr klein war und ist zurück in die Türkei gegangen, wo er eine neue Familie gegründet hat. Ardan blieb zurück mit seiner älteren Schwester Aylin und der Mutter, die beide nicht gut miteinander auskommen. Die Mutter hatte selbst keine glückliche Kindheit. Als ihre Familie nach Deutschland ging sollte es ein Neuanfang sein und wurde doch nicht neu nur anders. Obwohl sich Ardan in seinem Brief an seinen Vater wendet, erzählt er uns viel von den beiden Frauen in seinem Leben, Aylin und ihrer Mutter. Die Konflikte, die die beiden austragen, wie beide versuchen auf ihre eigene Weise glücklich zu werden und wie sie doch verzweifelt um eine Perspektive im Leben kämpfen. Aber wir erfahren auch viel über Arda, wie er als Außenseiter unter Außenseitern aufwächst, am Rand der Gesellschaft, weil ihn die Gesellschaft dort platziert hat. Ich bin tief in diese Geschichte hinabgetaucht und habe die Perspektive der unterschiedlichen Figuren eingenommen und mich in allen irgendwie zu Hause gefühlt. Necati Öziri schenkt uns wunderschöne Sätze, die noch lange nachhallen, die wieder zurechtrücken, was die Gesellschaft in ihrer Arroganz auseinanderzerrt. Zurecht steht dieses Buch auf der Longlist des Deutschen Buchpreises, denn es beinhaltet so viel und erfasst so klar, was kaum ein anderes Buch vermag.

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Veröffentlicht am 28.08.2023

Facettenreicher Roman

Wilde Jagd
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Seine Frau hat ihn verlassen und seine Tochter möchte nichts mehr von ihm wissen. Unschuldig daran ist er nicht, der 53-jährige Philosophie-Professor Quintus, aber gewollt hat er es sicher nicht. So zieht ...

Seine Frau hat ihn verlassen und seine Tochter möchte nichts mehr von ihm wissen. Unschuldig daran ist er nicht, der 53-jährige Philosophie-Professor Quintus, aber gewollt hat er es sicher nicht. So zieht er sich in sein einsames Elternhaus im kleinen Ort Stein am Gebirge zurück, um sein Leben neu zu sortieren. An seiner Seite der Hund seiner Tochter, der ihn zwingt zumindest etwas Routine im verlotterten Tagesablauf zu pflegen und eine Wohltat für uns Leser. Schon bald begegnet Quintus der seltsamen Altenpflegerin Evelina die auf der Suche nach ihrer verschwundenen Schwester ist. Mehr und mehr merkwürdige Ereignisse häufen sich in dem kleinen Ort, die Quintus aus der Façon bringen und auf ganz neue Wege. Das Buch wurde in das Genre Roman eingestuft, was meiner Meinung nach dem nicht gerecht wird. Es hat viel von einem Kriminalroman, jedoch auch Witz, Spannung eine Prise Esoterik, handelt von Selbstfindung in der Mitte des Lebens, Anthropologie und Soziologie. Während der arme Quintus selbstmitleidig die seit 14 Jahren abgelaufenen Dosen-Ravioli kalt in sich hineinstopft, pflegt die verzweifelte Evelina den alten Zillner mit einem Auge in der Realität mit dem anderen in eine Zwischenwelt gerichtet. Und während die Gerüchte durchs Dorf wabern, einer dem anderen nicht traut und die Fußpflegerin Sabine den Philosophen mit erschreckenden Erkenntnissen über den Menschen als solchen, blass werden lässt, werden wir Leser in eine Geschichte gezogen, in der einfach nichts klar ist (nicht mal das Genre). Verzweifelt klammert man sich an Strohhalme, um im Strom der Geschichte wenigstens etwas Halt zu finden, der einem jedoch zwei Seiten weiter schon wieder entrissen wird. Mich hat diese Geschichte total gepackt. Ich war amüsiert, gespannt, aufgeregt und am Ende fassungslos. Für mich war es in jedem Fall ein Jahreslesehighlight.

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Veröffentlicht am 26.08.2023

Tod auf viele Arten

Die Nacht – Wirst du morgen noch leben?
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Dies ist der zweite Teil mit der Europol-Kommissarin Inga Björg und dem Ex-Cobra-Polizisten Christian Brand. Wie auch schon im ersten Teil beginnen mehrere Handlungsstränge gleichzeitig. Zum einen ist ...

Dies ist der zweite Teil mit der Europol-Kommissarin Inga Björg und dem Ex-Cobra-Polizisten Christian Brand. Wie auch schon im ersten Teil beginnen mehrere Handlungsstränge gleichzeitig. Zum einen ist da Hanna, die auf dem Moselsteig ihr Selbst sucht, zum anderen der prollige Strafverteidiger Dornhoff, der von einem Unbekannten unter Druck gesetzt wird, sowie die taffe Notärztin Sophia. Und irgendwie ahnen wir schon: Es wird alles zusammenlaufen. Wer wird Opfer, wer wird Täter sein? Zuerst verwirrten die vielen einzelnen Handlungsstränge etwas. Doch durch die kurzen Kapitel und das schnelle Switchen zwischen den Szenen, kommt man sehr schnell in einen zog-ähnlichen Lesefluss. Es beginnt rasant und so bleibt es auch das ganze Buch hindurch. Es gibt kaum Gelegenheit zum Durchatmen oder Buchweglegen. Mir hat dieser zweite Teil noch besser gefallen als der erste. Auch das Finale war auf den Punkt und sehr überraschend. Starke Nerven sind auch von Vorteil, da hier schon ziemlich unübliche Tötungsarten beschrieben werden. Das hatte etwas von mittelalterlicher Folterkammer und könnte schlaflose Nächte bereiten. Also auf in die Nacht!

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