Wien ohne Kitsch und Romantik
Tanz der Furien – Wiener AbgründeWien, 1880: Leopold Kern wird als Sonderermittler eingesetzt, besondere Kontakte zur Halbwelt haben ihm den Spitznamen Hurenpoidel eingebracht. Auch diesmal geht es um Prostitution, Schulden und Bandenkrieg. ...
Wien, 1880: Leopold Kern wird als Sonderermittler eingesetzt, besondere Kontakte zur Halbwelt haben ihm den Spitznamen Hurenpoidel eingebracht. Auch diesmal geht es um Prostitution, Schulden und Bandenkrieg. Während die Feierlichkeiten anlässlich Kaiser Franz Josefs 50. Geburtstag vorbereitet werden, will sich Kern für seine Versetzung auf ein Abstellgleis im Polizeidienst rächen und gerät bald selbst mitten in verbrecherische Vorgänge in der Wiener Leopoldstadt.
Nicht zimperlich geht Peter Lorath mit seiner Wortwahl um, der blade Ferdl, päule gehen, Häf’n, Grispindel und Schwuf passen perfekt in die weniger noblen Grätzel, in denen auch diesmal wieder die Handlung spielt. Ein wenig Liebelei zwischen dem Steininger und einem Wäschermadl kann da kaum ablenken von brutalen Handgemengen und Messerstechereien, bösen Intrigen und verfeindeten Verbrechergruppen. Ausgezeichnet platziert der Autor das spannende Geschehen in eine aufregende Zeit des Umbruchs und zeigt dem Leser ein Wien ohne Kitsch und Romantik. Vielmehr lenkt er unser Augenmerk auf die staubigen Baustellen entlang der Ringstraße, ausgebeutete Arbeiter, die kaum genug zum Leben haben, Wohnungsnot, Prostitution, Geschlechtskrankheiten und Wundbrand. Ein anderes Wien, die dunkle Sicht auf die Gründerzeit ist es, das bei Peter Lorath Neugierde weckt, ebenso wie der Ermittler Kern, welcher seine ganz persönliche Geschichte mit sich trägt – keiner, der auf den ersten Blick sympathisch ist, keiner, der sich klaglos seinem Schicksal fügt, sondern aufmüpfig und impulsiv daherkommt und als begnadeter Kriminalist gilt.
Die Verstrickungen, wer gegen wen agiert, wen man als Verbündeten und wen als Feind ansehen kann, sind kompliziert und ein wenig verwirrend, nichtsdestotrotz bleibt das Geschehen stets interessant und hält die eine oder andere Überraschung bereit.
Lebendige Bilder, eine authentische Sprache und Szenen mit mafiaähnlichen Gruppen prägen den lesenswerten zweiten Teil der Krimireihe „Leopold Kern“. Ich empfehle auch diesen gerne weiter und bin gespannt, ob und wie es weitergeht.