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Veröffentlicht am 01.10.2023

Schwedischer Generationenroman

Mein Herz ist eine Krähe
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"Mein Herz ist eine Krähe" von Lina Nordquist besteht aus zwei Handlungssträngen in verschiedenen Zeitebenen, die sich kapitelweise abwechseln.

Im ersten erzählt Unni aus der Ich-Perspektive in Gedanken ...

"Mein Herz ist eine Krähe" von Lina Nordquist besteht aus zwei Handlungssträngen in verschiedenen Zeitebenen, die sich kapitelweise abwechseln.

Im ersten erzählt Unni aus der Ich-Perspektive in Gedanken ihrem Sohn Roar ihre Geschichte. Sie beginnt 1898 mit ihrer Flucht aus Norwegen nach Schweden, zusammen mit dem einjährigen Roar und ihrem Geliebten Armod, enthält Rückblenden auf Unnis Vorgeschichte und beschreibt das Leben, das die kleine Familie sich mühsam und entbehrungsreich in Schweden in einer verlassenen Bauernkate aufgebaut hat.

Der zweite Handlungsstrang spielt kurz nach Roars Tod im Jahr 1973 (was sich aus der beiläufig erwähnten Geiselnahme in  Norrmalmstorg entnehmen lässt). Ich-Erzählerin ist hier Kara, die Schwiegertochter Roars, eine depressive, angstkranke und unglückliche Frau, die zusammen mit Roars Frau Bricken in der alten Bauernkate lebt. Nach und nach erfährt man mehr über Karas Leben und Gedanken, die vergangenen Jahre seit ihrer Hochzeit mit Roars Sohn Dag und über ihre dunklen Geheimnisse.

Die Figur von Roar ist das Bindeglied beider Stränge, und neben Unni und Kara die Hauptfigur des Romans.

Unni und Kara sind grundverschieden, was sich auch in unterschiedlichen Erzählstilen widerspiegelt. Unnis Schilderungen sind kraftvoll, bildhaft, voller Liebe, während Karas Part düster, voller Unzufriedenheit und Bitterkeit ist. Ich muss sagen, dass ich mich immer sehr auf die Unni-Kapitel gefreut habe, die packend und einfühlsam erzählt sind. Unnis Geschichte hat mich sehr berührt, ihr Glück im Kleinen, die Schicksalsschläge, die sie trafen, das harte Leben in Armut und die Grausamkeiten, die sie ertragen musste, und die zeigen, wie wenig ein Frauenleben zu Beginn des 20. Jahrhunderts zählte.

Karas Passagen empfand ich hingegen als recht langatmig. Hier hätte sich die Autorin für meinen Geschmack deutlich kürzer fassen dürfen. Ich hatte den Eindruck, dass diese Kapitel künstlich in die Länge gezogen wurden, um beiden Erzählungen einen gleichen Anteil zu geben. Hierdurch wiederholt sich in den Kara-Kapiteln vieles, seitenweise werden Dinge angedeutet, die man als Leser*in längst durchschaut hat. Erschwerend kommt hinzu, dass mir Kara von Anfang an sehr unsympathisch war und ich ihr Lamentieren und ihr Selbstmitleid nur schwer ertragen konnte.

Lina Nordquists Sprache ist sehr bildhaft, teilweise poetisch, voller detaillierter Beschreibungen und Vergleiche, und insbesondere in Unnis Kapiteln hoch emotional. Das ist meistens sehr schön zu lesen, wirkt an manchen Stellen aber doch etwas dick aufgetragen. Das ist aber sicherlich Geschmackssache, ich bevorzuge eher eine klar-nüchterne Sprache.

Fazit: Ein lesenswerter Generationen-Roman, insbesondere für Liebhaber poetischer Sprache, mit einem fesselnden ersten und einem etwas langatmigen zweiten Erzählstrang.

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Veröffentlicht am 22.09.2023

Interessante Thematik, aber mit Schwächen

Die Formel der Hoffnung
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Da ich vor einer Weile den Film "Solange ich atme" gesehen hatte, der die Lebensgeschichte des an Polio erkrankten Robin Cavendish erzählt, hat mich das Thema interessiert, und ich wollte in "Eine Formel ...

Da ich vor einer Weile den Film "Solange ich atme" gesehen hatte, der die Lebensgeschichte des an Polio erkrankten Robin Cavendish erzählt, hat mich das Thema interessiert, und ich wollte in "Eine Formel der Hoffnung" mehr über die Entwicklung der Polioimpfung erfahren.

Das Buch zeigt, wie aufwendig und schwierig die Suche nach einem wirksamen und zugleich sicheren Impfstoff gegen Polio war. Mir war bisher nicht bekannt, wie massiv und verheerend die endemischen Polioausbrüche weltweit bis in die 1960er Jahre waren, und welche Ansätze verfolgt wurden, um die Infektionswege zu identifizieren. Ein Verdienst des Buches ist es, die Wissenschaftlerin Dorothy Horstmann, die maßgeblich an der Erforschung des Polio-Virus beteiligt war und deren Forschung entscheidend zur Entwicklung eines Impfstoffs beitrug, zu würdigen. Während Jonas Salk und Albert Sabin weltweit berühmt sind, ist Dorothy Horstmanns Name in der Öffentlichkeit nicht bekannt.

Über die medizinischen Hintergründe, die damalige Behandlung von Poliopatienten (insbesondere die Eiserne Lunge) und die wissenschaftliche Forschungsarbeit von Horstmann, Sabin, Salk, Brodie und Co. hätte ich in diesem Buch gerne mehr erfahren. Dass ein Roman keine wissenschaftliche Abhandlung ist, versteht sich, aber die Autorin bleibt so sehr an der Oberfläche, dass selbst die grundlegende Methodik der Forschergruppen im Dunkeln bleibt. Hier hätte sie den Leserinnen durchaus mehr zutrauen dürfen. Dies wäre auch den beschriebenen Tagungen und Forschertreffen zugute gekommen, da die laienhaften Dialoge der Wissenschaftler untereinander recht unglaubwürdig sind. Das ist schade, da so im Roman nicht einmal klar wird, worin genau die Schwierigkeiten beim Nachweis des Polio-Virus im Blut bestanden und warum die Entwicklung der verschiedenen Polio-Impfungen (Lebend- und Totimpfstoffe) so viel komplizierter war als die anderer Impfstoffe.

Stattdessen spricht der Roman eher die Gefühlsebene an und bedient auch einige Klischees. Die weiblichen Wissenschaftlerinnen sind mitfühlende Teamworkerinnen, denen es ums große Ganze und die Linderung des Leids geht, während die männlichen Kollegen als skrupellose, selbstverliebte, von Ehrgeiz und Konkurrenzkampf getriebene Egomanen dargestellt werden. Dass Streben nach Ruhm und Konkurrenzdenken im Wissenschaftsbetrieb weit verbreitet sind, ist sicher richtig, doch auch Frauen sind davon nicht ausgenommen, und auch männlichen Wissenschaftlern möchte ich nicht absprechen, dass ihnen das Schicksal tausender gelähmter Kinder nahegeht. Die Figuren sind hier doch recht stereotyp geraten. Die fiktive Liebesgeschichte zwischen Dorothy Horstmann und Arne Holm sowie das angebliche "Knistern" zwischen Horstmann und Sabin nehmen für mich zu viel Raum ein, und auch der Schreibstil driftet hier zuweilen ins Kitschige ab ("Ihr Herz, dieser blumengleiche Muskel, begann, seine Blütenblätter zusammenzufalten.").

Wie Lynn Cullen im Nachwort betont, handelt es sich bei diesem Buch um einen Roman und keine Biographie. Die Eckdaten aus Dorothy Horstmanns Leben und dem ihrer Kolleg
innen dienen als Grundlage für eine fiktive Geschichte, bei der sich die Autorin einige Freiheiten nimmt und viel Gewicht auf emotionale Zuschreibungen und eine Lovestory legt.
FAZIT:
Insgesamt ein unterhaltsamer und interessanter Roman über die in Deutschland weitgehend unbekannte, aber an der Erforschung des Polio-Virus entscheidend beteiligte Dorothy Horstmann. Leider geht die Autorin nur sehr vage auf die wissenschaftliche Arbeit ein und legt den Focus mehr auf Emotionen und eine fiktive Liebesgeschichte.

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Veröffentlicht am 22.09.2023

Bewährte Thematik mit modernen Elementen

Mucks Maus und Missjö Katz. Es kann nur einen geben!
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"Mucks Maus und Missjö Katz" von Isabel Abedi hat mich vom Cover sofort angesprochen. Die Grundthematik - zwei von Natur aus verfeindete Tiere treffen in einem Haushalt zusammen und müssen sich arrangieren ...

"Mucks Maus und Missjö Katz" von Isabel Abedi hat mich vom Cover sofort angesprochen. Die Grundthematik - zwei von Natur aus verfeindete Tiere treffen in einem Haushalt zusammen und müssen sich arrangieren - ist nicht neu, doch Isabel Abedi greift den Konflikt mit viel Kreativität und modernen Elementen auf. So ist die Menschenfamilie queer und multikulturell, was ganz selbstverständlich in die Geschichte integriert wird. Gerade diese Natürlichkeit im Umgang damit hat mir ausgesprochen gut gefallen. Etwas gezwungen fand ich hingegen, dass auch noch Veganer, Flexitarier, Pescetarier und Vegetarier vorkamen, das wirkte dann schon etwas arg didaktisch. Die beiden Kinder wachsen mit zwei Vätern auf, das Mädchen Minou hat eine französische Mutter, die Mutter des Jungen Rajo ist bereits verstorben, und einer der Väter hat persische Wurzeln. Neben Mucks Maus und Missjö Katz spielt auch die Kopflaus Stanis Laus eine wichtige Rolle, die die Geschichte mit Zitaten und Weisheiten berühmter Köpfe bereichert. Ganz nebenbei setzt sich das Buch auch mit Diskriminierung auseinander, etwa wenn einzelne Katzengeschwister wegen ihrer Optik vor die Tür gesetzt werden, oder Mucks sich darüber beschwert, dass eine neue Katze gerne in die Familie integriert wird, während eine seit Generationen im Haus lebende Maus vertrieben werden soll - oder Schlimmeres.

Die Altersempfehlung ist mit 8 Jahren angegeben, doch ich könnte mir vorstellen, dass es sich auch sehr gut zum Vorlesen ab ca. 6 Jahren eignet, wobei jüngeren Kindern sicher einige Fremdwörter erklärt werden müssen. Mein Sohn ist neun, und ihm ist das Buch bereits zu kindlich, er orientiert sich schon Richtung Jugendliteratur.

Die Geschichte wurde von Ina Hattenhauer sehr reichhaltig, ausdruckstark und lebendig illustriert. Auf jeder Buchseite befinden sich große,  durchgehend farbige Zeichnungen, die das Gelesene wunderbar unterstreichen und auch kleine Lesemuffel bei der Stange halten.

Insgesamt ein modernes, sehr gut gelungenes und unterhaltsames Kinderbuch mit wichtigen Botschaften und sehr ansprechenden Illustrationen. Lesenswert!

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Veröffentlicht am 18.09.2023

Mütter und Töchter

Nachtfrauen
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Die Aufarbeitung schwieriger Mutter-Tochterbeziehungen und das Leben von Frauen über  mehrere Generationen sind zur Zeit Thema vieler Romane. Auch Maja Haderlaps "Nachtfrauen" reiht sich hier ein.

Mira, ...

Die Aufarbeitung schwieriger Mutter-Tochterbeziehungen und das Leben von Frauen über  mehrere Generationen sind zur Zeit Thema vieler Romane. Auch Maja Haderlaps "Nachtfrauen" reiht sich hier ein.

Mira, Mitte 50, verheiratet mit einem Lehrer in Wien, kehrt für einige Tage nach Jaundorf, den Ort ihrer Jugend zurück, um ihre Mutter Anni schonend darauf vorzubereiten, dass sie den Hof, auf dem sie seit Jahrzehnten lebt, verlassen muss, da das Haus abgerissen wird. Mit dieser Reise kehren Erinnerungen zurück an schmerzhafte Erlebnisse, die Mira weit hinter sich lassen wollte und denen sie sich nun neu stellen muss. Als Kärntner Slowenin war sie seit ihrer Jugend auf der Suche nach ihrer Identität, erlebte Ausgrenzung und Zugehörigkeit als zwei Seiten einer Medaille: Bekannte sie sich zu ihren slowenischen Wurzeln, war sie eine Aussenseiterin bei den Deutschkärtnern, distanzierte sie sich von ihrem Erbe, nahm es ihr die slowenische Gemeinschaft übel. Die Begegnung mit ihrer Jugendliebe Jurij weckt alte Gefühle. Auch zwischen Mira und ihrer Mutter Anni blieb vieles ungesagt, das jahrzehntelang zwischen ihnen stand.

Während der erste Buchteil Miras Perspektive schildert, wechselt diese im zweiten Teil zu ihrer Mutter Anni. Dieser Wechsel war sehr aufschlussreich, da man als Leser*in nun auch an Annis Gefühlen und Gedanken teilhat und ihre Sicht auf Mira kennenlernt. Auch Annis Kindheit wird thematisiert, ihre streng religiöse Erziehung, das Leben ihrer Mutter Agnes, einer Tagelöhnerin, und ihrer Tante Dragica, die im Krieg als Partisanin gekämpft hatte.

Als Deutsche war mir die Geschichte der Kärntner Slowenen nicht bekannt, und ich habe hierzu zunächst gegoogelt, um die Situation im Buch nachvollziehen zu können. Die Konflikte zwischen Anni und Mira werden vor dem Hintergrund der jeweiligen Kindheit gut nachvollziehbar, auch das Schweigen zwischen den Generationen, die Missverständnisse und das Unvermögen, über Gefühle sprechen zu können, ist eindrücklich beschrieben. Dennoch blieb ich innerlich in einer gewissen Distanz zu allen Figuren und der Roman konnte mich emotional nicht greifen. Mir fehlte das gewisse Etwas, die Figuren blieben statisch und wurden nicht richtig lebendig. So bleibe ich mit etwas gemischten Gefühlen zurück.

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Veröffentlicht am 18.09.2023

Ein etwas schwächerer Band

Keeper of the Lost Cities – Sternenmond (Keeper of the Lost Cities 9)
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Mit Sternenmond ist nun der neunte Band der Keeper-of-the-Lost-Cities-Reihe erschienen, und wie von der Autorin angekündigt, dürfte es sich um den vorletzten Teil handeln vor dem großen Finale in Band ...

Mit Sternenmond ist nun der neunte Band der Keeper-of-the-Lost-Cities-Reihe erschienen, und wie von der Autorin angekündigt, dürfte es sich um den vorletzten Teil handeln vor dem großen Finale in Band 10.

Mein Sohn und ich habe das Buch gemeinsam gelesen und fanden die erste Hälfte ziemlich zäh und langatmig. Hier mussten wir uns eher durch die Seiten kämpfen, die sich vor allem um Sophies Gefühle drehen, ihre Entwicklung und um eine schwierige Entscheidung, die sie treffen muss. Die Teenie-Gefühlsebene nervte vor allem meinen Sohn, der sich eher für die actionreichen Abenteuer begeistern kann als für Sophies Herzensangelegenheiten. Keefe haben wie in diesem Buch sehr vermisst, da er für uns einer der unterhaltsamsten Charaktere der Reihe ist. Die Handlung wird erst spät wirklich spannend und fesselnd, und gut 200 Seiten weniger hätten dem Buch gutgetan. Generell haben wir bereits seit den letzten Bänden den Eindruck, dass die Geschichte künstlich in die Länge gezogen wird, und uns konnte sie zuletzt nicht mehr so sehr begeistern wie anfangs. Wir hoffe sehr, dass mit dem nächsten Band tatsächlich die Reihe zu dem fulminanten Ende findet, das sie verdient hat.Mit Sternenmond ist nun der neunte Band der Keeper-of-the-Lost-Cities-Reihe erschienen, und wie von der Autorin angekündigt, dürfte es sich um den vorletzten Teil handeln vor dem großen Finale in Band 10.

Mein Sohn und ich habe das Buch gemeinsam gelesen und fanden die erste Hälfte ziemlich zäh und langatmig. Hier mussten wir uns eher durch die Seiten kämpfen, die sich vor allem um Sophies Gefühle drehen, ihre Entwicklung und um eine schwierige Entscheidung, die sie treffen muss. Die Teenie-Gefühlsebene nervte vor allem meinen Sohn, der sich eher für die actionreichen Abenteuer begeistern kann als für Sophies Herzensangelegenheiten. Keefe haben wie in diesem Buch sehr vermisst, da er für uns einer der unterhaltsamsten Charaktere der Reihe ist. Die Handlung wird erst spät wirklich spannend und fesselnd, und gut 200 Seiten weniger hätten dem Buch gutgetan. Generell haben wir bereits seit den letzten Bänden den Eindruck, dass die Geschichte künstlich in die Länge gezogen wird, und uns konnte sie zuletzt nicht mehr so sehr begeistern wie anfangs. Wir hoffe sehr, dass mit dem nächsten Band tatsächlich die Reihe zu dem fulminanten Ende findet, das sie verdient hat.

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