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Christina19

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.09.2023

Eine bedeutsame Botschaft mit viel Liebe gestaltet!

Die graue Stadt
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„Die graue Stadt“ ist das neue Kinderbuch von Torben Kuhlmann. Es erzählt von Robin, die mit ihrem Vater in die Stadt zieht und dort jegliche Farben vermisst: die Häuser, die Autos, selbst die Menschen ...

„Die graue Stadt“ ist das neue Kinderbuch von Torben Kuhlmann. Es erzählt von Robin, die mit ihrem Vater in die Stadt zieht und dort jegliche Farben vermisst: die Häuser, die Autos, selbst die Menschen sind grau. Bald schon kommt sie der Ursache für die Monotonie auf die Spur und kämpft mit ihrem neuen Freund für eine bunte Welt.
Die Geschichte rund um Robin ist kindgerecht formuliert, sodass sie für Grundschüler gut verständlich ist und sich zum Vorlesen bzw. für ältere Schüler zum selbstständigen Erlesen eignet. Dabei überzeugt sie mit einem gewissen sprachlichen Niveau hinsichtlich der Wortwahl, der Grammatik und des Satzbaus. Das Buch bietet sich in meinen Augen allerdings nicht nur für junge Rezipienten an, sondern hält auch für erwachsene Leser die eine oder andere Stelle bereit, die zum Schmunzeln, Staunen oder Nachdenken anregt.
Wie in allen Büchern von Torben Kuhlmann lebt auch diese Geschichte durch die tollen Illustrationen. Die Bilder sind sehr stimmungsvoll, absolut bezaubernd und zeugen von dem großen Talent des Autors. Es macht immer wieder Freude, durch die Seiten zu blättern und die Zeichnungen auf sich wirken zu lassen!
„Die graue Stadt“ zeigt, dass Kinder alles erreichen können, wenn sie den richtigen Verbündeten an ihrer Seite wissen und fest an ihr Ziel glauben. Die Geschichte ist darüber hinaus aber noch so viel mehr: Sie wendet sich gegen das triste Grau – und damit ein Stück weit auch gegen Anpassung und Unterordnung. Sie steht stattdessen für Farben, für Fröhlichkeit und setzt sich für Vielfalt in der Gesellschaft ein.
Torben Kuhlmann beweist mit seinem neuen Buch einmal mehr, was er kann! Große Empfehlung!

Veröffentlicht am 18.09.2023

Das ungeheuerliche Leben eines Sklaven im Römischen Reich - absolut fesselnd!

Ich, Sperling
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"Ich, Sperling" ist ein Buch, das sich kaum in einem Wort beschreiben lässt. Die Geschichte um Pusus, auch Antinoos genannt, ist gewaltig, oft erschütternd, streckenweise berührend und zu jeder Zeit absolut ...

"Ich, Sperling" ist ein Buch, das sich kaum in einem Wort beschreiben lässt. Die Geschichte um Pusus, auch Antinoos genannt, ist gewaltig, oft erschütternd, streckenweise berührend und zu jeder Zeit absolut fesselnd.
Im Mittelpunkt steht ein Sklave, der als alter Mann am Ende seines Lebens die Erlebnisse in seiner Kindheit niederschreibt. Er wächst in einer Taverne mit angeschlossenem Bordell auf, wo er zunächst in der Küche und im Gastraum hilft, ehe er die Wölfinnen im Obergeschoss bei ihrer Arbeit unterstützen muss. Dabei bewegt er sich stets zwischen dem unmenschlichen Alltag, der gedanklichen Flucht als Sperling und der Liebe zu seiner Ziehmutter.
Der Autor schafft es, mit einem sehr eingängigen Schreibstil die grausame Realität aufzuzeigen, die das Leben der Sklaven mit sich brachte, ohne Dinge zu beschönigen oder gar zu romantisieren. Beim Lesen entstehen durch die detaillierten, mitunter auch nüchternen Beschreibungen lebendige Bilder vor dem inneren Auge, sodass die Geschichte intensiv erlebbar wird. Schnell kann man dabei vergessen, dass das Werk keinen historischen Aufzeichnungen entspringt, sondern vollkommen fiktiv ist.
Wenn ich etwas kritisieren müsste, dann die Tatsache, dass entgegen meiner Erwartungen nicht das gesamte Leben von Sperling thematisiert wird. Die Handlung endet, als er noch ein Kind ist. Obwohl das Ende stimmig ist und einen guten Abschluss bildet, frage ich mich, was als Erwachsener aus dem Protagonisten wurde. Musste er weiterhin als Prostituierter arbeiten? Wie gelangte er nach Britannien? An dieser Stelle hoffe ich auf einen zweiten Teil mit einer Fortsetzung, die ich nur zu gerne lesen würde.
Eine klare Empfehlung für "Ich, Sperling"!

Veröffentlicht am 16.09.2023

Ein außergewöhnliches Kinderbuch für Sehende und Blinde

Das schwarze Buch der Farben
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"Das schwarze Buch der Farben" ist ein ganz außergewöhnliches Kinderbuch. Es enthält etliche schwarze Doppelseiten, die sich jeweils einer Farbe widmen. Auf der linken Seite finden sich dabei Beschreibungen, ...

"Das schwarze Buch der Farben" ist ein ganz außergewöhnliches Kinderbuch. Es enthält etliche schwarze Doppelseiten, die sich jeweils einer Farbe widmen. Auf der linken Seite finden sich dabei Beschreibungen, wie die Farbe riecht, schmeckt oder sich anfühlt. Diese sind jeweils in lateinischer Schrift für Sehende sowie in Braille-Schrift für Blinde dargestellt. Auf der rechten Seite sind passende Bilder abgedruckt, die durch einen Relieflack ertastet werden können.
Das Buch ist eine tolle Möglichkeit für blinde Kinder, sich Farben besser vorzustellen. Sehenden hilft das Werk, ein Stück weit in die Welt der Nicht-Sehenden einzutauchen und Verständnis für sie zu entwickeln.
Leider scheint dieses Buch nicht mehr neu aufgelegt zu werden und ist daher in der deutschen Ausgabe nur noch vereinzelt gebraucht verfügbar.

Veröffentlicht am 04.09.2023

Warum man seine Pläne nicht aufschieben sollte

Kleine Probleme
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Lars, 49 Jahre alt, Familienvater, hat große Pläne: Als Autor möchte er sein Lebenswerk, „das beste Buch der Welt“, schreiben. Außerdem will er mit dem Rauchen aufhören, muss noch die Steuererklärung machen ...

Lars, 49 Jahre alt, Familienvater, hat große Pläne: Als Autor möchte er sein Lebenswerk, „das beste Buch der Welt“, schreiben. Außerdem will er mit dem Rauchen aufhören, muss noch die Steuererklärung machen und das Bett seiner Tochter sollte er auch noch aufbauen. Wäre da nicht die fehlende Motivation, die dafür sorgt, dass er alles vor sich herschiebt, über Tage, Monate, Jahre. Als der 31. Dezember anbricht und sich damit wieder ein Jahr dem Ende neigt, versucht Lars endlich all seine Punkte auf der To-do-Liste abzuhaken und damit Johanna, die nach 25 Jahren Beziehung Abstand von ihm genommen hat, zurückzugewinnen.

Auf das Buch bin ich durch sein Cover aufmerksam geworden, das ein Bild des japanischen Malers Ohara Koson ziert und mir ausgesprochen gut gefällt! Der dargestellte weiße Reiher im Regen spiegelt den Protagonisten perfekt wider. Auch Lars, aus dessen Perspektive die Geschichte erzählt wird, hat manchmal das Gefühl, im Regen zu stehen und abgehängt zu sein, denn aller Anfang ist schwer, wie er selbst feststellt. Als er nun am letzten Tag des Jahres all seine Aufgaben erledigen will, verlässt ihn immer wieder die Motivation. Er verliert sich ständig in Gedanken oder Erinnerungen, kommt dabei regelrecht ins Philosophieren und schweift mitunter sehr weit aus. All das kostet ihm eine Menge Zeit und so hatte ich als Leser das Bedürfnis, den Protagonisten wachzurütteln und anzutreiben. Ich konnte es Johanna, der Mutter seiner beiden Kinder, also gut nachempfinden, dass sie jahrelang das Gefühl hatte, sich um ihn kümmern zu müssen und schließlich Zeit für sich selbst brauchte.
Obwohl der Protagonist teilweise zu bedauern ist, schildert er seine Erlebnisse mit viel Humor, sodass ich an etlichen Stellen des Buches schmunzeln musste. Sprachlich war der Roman für mich sehr originell, da er mit teilweise langen Sätzen, manchmal unvollständigen Sätzen und kreativen Verbildlichungen daherkommt. Zuerst musste ich mich an diesen Erzählstil gewöhnen, fand dann aber doch schnell rein und habe ihn bis zum Schluss sehr genossen.
Eine klare Empfehlung für diesen Roman, mit dem Nele Pollatschek aufzeigt, warum man seine Pläne nicht aufschieben sollte.

Veröffentlicht am 21.08.2023

Eine besondere Hauptfigur, die sich zunehmend selbst akzeptiert

Mein schrecklich schönes Leben
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Von ihren Mitmenschen wird Cassandra immer als "seltsam", als "anders" beschrieben. Ihr fällt es schwer, Freundschaften zu knüpfen, ihre Beziehungen halten nur kurz, in ihren WGs eckt sie schnell an und ...

Von ihren Mitmenschen wird Cassandra immer als "seltsam", als "anders" beschrieben. Ihr fällt es schwer, Freundschaften zu knüpfen, ihre Beziehungen halten nur kurz, in ihren WGs eckt sie schnell an und Jobs kann sie nicht lange halten. Als ihr die Gabe zuteil wird, in der Zeit zurückzureisen, nutzt sie diese, um in der Vergangenheit Fehler zu korrigieren. Jede Änderung, die sie vornimmt, hat einen Einfluss auf den Verlauf der Dinge - teils treten die erwünschten positiven Effekte ein, teils lösen die Änderungen ungeahnte Folgen aus. Cassandra muss lernen, dass ihr auch alle Zeit der Welt nicht hilft, sich endlich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen und ihr Schicksal anzunehmen.

So "sonderbar", wie Cassandra ihrem Umfeld erscheint, wird sie auch dem Leser zunächst vorgestellt. Die Hauptfigur nimmt Emotionen als Farben wahr, kann sie nicht einordnen und weiß folglich nicht, wie sie angemessen darauf reagieren soll. Sie liebt klare Strukturen und hasst Veränderung. Eine besondere Vorliebe hegt sie für die griechische Mythologie, die sie scheinbar bis ins letzte Detail kennt. Die Gründe für diese Eigenheiten werden gegen Ende des Romans aufgelöst, was in meinen Augen jedoch nicht nötig ist, da das Verhalten der Protagonistin leicht eingeordnet werden kann. Der Roman gibt mit ihr einer Person aus dem neurodivergenten Spektrum eine Bühne und zeigt damit die Vielfalt der Menschen. Cassandra, die als Ich-Erzählerin auftritt, bleibt jedoch nicht eindimensional "merkwürdig", sondern wird durch eine Portion Humor, die an vielen Stellen durchblickt, sehr sympathisch und liebenswert dargestellt.
Mit den Zeitreisen, die die Protagonistin unternimmt, wird in der Geschichte außerdem aufgezeigt, dass auch kleine Veränderungen eine große Wirkung erzielen können - ganz dem Butterfly Effect folgend. Dennoch kann Cassandra sich bestimmter Ereignisse nicht entziehen und findet damit mehr und mehr zu sich.
Der Verlauf des Romans war für mich an keiner Stelle vorhersehbar und so kam auch das Ende überraschend.