Weibliche Selbstbestimmung
Drei Freundinnen planen einen gemeinsamen Urlaub in Berlin. Kurz bevor es dazu kommt, fährt Nora zu ihrer Mutter ins Rheintal, verschwindet in ihrem alten Kinderzimmer, legt sich dort ins Bett und verfällt ...
Drei Freundinnen planen einen gemeinsamen Urlaub in Berlin. Kurz bevor es dazu kommt, fährt Nora zu ihrer Mutter ins Rheintal, verschwindet in ihrem alten Kinderzimmer, legt sich dort ins Bett und verfällt in Schweigen.
Kurzerhand entschließen sich Szibila und Romi ihr hinterher zu reisen und quartieren sich in einem Wellnesshotel ein. Während Romi, die selbst gerade in einer Selbstfindung und Neuerfindung ihrer Partnerschaft steckt, sehr verstört ist von Noras Verhalten, scheint Szibila, die den Männern abgeschworen hat und keine Beziehung eingehen möchte, da sie Abhängigkeit befürchtet, nicht weiter beunruhigt über Noras Zustand.
Es folgen fünf Tage, in denen Romi und Szibila sich selbst und auch einander näher kommen und letztendlich auch Nora wieder zu sich findet.
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Laura Vogt erschafft sehr nahbare und tiefgründige Charaktere mit Stärken und Schwächen, voll von Fragen und Widersprüchen, angereichert mit Wünschen und einer Vorstellung vom Leben, wie es sein könnte.
Da ist Nora, die mit ihrem Muttersein hadert und sich gern mal in sich zurückzieht, sonst aber ein sonniges Gemüt hat und ihrer Tochter eine bessere Sicht auf das Frau sein vermitteln will.
Da ist Romi, gerade schwanger mit ihrem zweiten Kind, die sich vor kurzem in Dennis verliebt hat, aber auch ihren Mann liebt und Polyamorie für sich entdeckt. Die Alles und Nichts will und Angst hat am Ende zu versagen.
Und da ist Szibila, deren Menstruationsbeschwerden sehr viel tiefer gehen und einen anderen Ursprung haben, die nichts von Abhängigkeit hält und diese in jeder Beziehung vermutet. Sie bleibt lieber allein als sich einem Mann zu unterwerfen und ist im Allgemeinen der Ansicht, dass es nicht gut ist, dass wir Menschen auf diesem Planeten sind.
Sie alle eint der Wunsch anders zu sein, ihr Leben abseits von Normen und Konventionen zu führen, selbst zu bestimmen.
Genau darum geht es auch. Es geht um große (feministische) Fragen, angefangen bei der, was eine Frau sich rausnehmen darf, inwieweit sie ihr Leben selbst bestimmen darf und was das für sie und ihre Umwelt bedeutet. Es geht darum Sozialisierungen zu hinterfragen und auch alte Muster zu durchbrechen. Wer sagt, das eine Frau unbedingt einen Mann an ihrer Seite braucht? Wer sagt, dass eine Mutter immer in erster Linie für die Kinder da ist, die Care-Arbeit übernimmt, die Wünsche aller anderen über die eigenen stellt? Und wer sagt, dass Mutterschaft immer etwas Schönes ist?
Vogt zeigt auf, dass es schwer ist, die gesellschaftliche Prägung abzulegen, dass es mit Selbstzweifel einhergeht und nicht selten in Selbstaufgabe endet, sie zeigt aber auch, dass es möglich ist für sich selbst einen anderen, passenderen Weg zu finden.
Anhand verschiedener Familiengeschichten wird außerdem klar, welche Last und Überzeugungen von der Kindheit ins Erwachsenenalter übergehen und wie diese das Denken und Fühlen beeinflussen können.
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Ein starker Roman der Individualismus über Erwartungen von außen stellt, der die Freiheit der*des Einzelnen beleuchtet und gute Denkanstöße gibt.
Bis auf das Ende, dass mir persönlich viel zu offen war, hat es mir sehr gut gefallen und ich kann es euch wärmstens empfehlen.