Cover-Bild Doppler
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Muery Salzmann
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 224
  • Ersterscheinung: 02.2023
  • ISBN: 9783990142394
Thomas Oláh

Doppler

Roman
Ein Reifenplatzer. Als erstes fliegen die Boccia­-Kugeln durch den Fahrgastraum, dann Mutti und Vati. Der unversehrt gebliebene Jun­ge wird zu den Großeltern verbannt, sein Exil heißt: Frankenhayn. Ein Schelm, wer dabei an Frankenstein denkt – wiewohl das Dorf, in einer weinseligen Gegend Österreichs zu verorten, und sein Personal durch­aus schaurige Züge aufweisen.
In Frankenhayn sind Schnurrbärte bei Frauen beliebter als bei Män­nern. Für die Großeltern, nächtens in Sarkophage ohne Deckel gebettet, scheint es die normalste Sache der Welt, das Herz eines Schweines zu verspeisen, das eben noch fröhlich vor sich hin quiekte. Dazu trinken sie Wein mit einer Andacht, die sehr an den Pfarrer und sein sonntägliches Ritual erinnert. Überhaupt steht das Katholische in innigster Verbindung mit dem Alkoholischen. Und dem Diabolischen: Die beiden Cousins, zwei Flaschen, wie sie im Buche stehen, lassen keine Gelegenheit zur Grausamkeit an Mitmensch und ­-tier aus. Die Flaschen wiederum, die auf den Tisch kommen, sind von monströser Größe: zweilitrig, Doppler genannt, geradezu emblematisch für diesen Sommer 1970, nach dem nichts mehr so ist wie vorher. Auch wegen dem Geheimnis, das die Großmutter unter ihrer Kleiderschürze trägt...
Thomas Oláhs erster Roman ist ungeheuer komisch und nichts für schwache Nerven. Ein bizarres Stück Österreich, ein furioses Stück Literatur!

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.09.2023

Erinnerungen

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Nach einem schweren Autounfall kommt ein kleiner Junge zu seinen Großeltern aufs Dorf, hier erlebt er eine ganz eigene Welt, die so ganz anders ist als die aus der er kommt. Zusammen mit seinen stehts ...

Nach einem schweren Autounfall kommt ein kleiner Junge zu seinen Großeltern aufs Dorf, hier erlebt er eine ganz eigene Welt, die so ganz anders ist als die aus der er kommt. Zusammen mit seinen stehts zu Streichen aufgelegten Cousins wird dieser Sommer für ihn unvergesslich.

Der Autor schickt seinen Protagonisten in eine sehr ländliche, vom Weinanbau geprägte Region Österreichs. Hier ticken nicht nur die großen Standuhren anders, die Menschen hier leben mit und vom Wein und fest verankert in ihren alten Traditionen. Für den Jungen aus der Stadt ein Kulturschock, da niemand ihm die Situation erklärt beginnt er seine neue Umgebung auf seine ganz eigene, kindliche Art zu begreifen. Der Leser lernt durch seine Augen die Großeltern kennen, auch für ihn immer Mutter und Vater, die etwas älteren Cousins, mit ihren derben Späßen, den prügelnden Onkel mit dem schielenden Auge, oder die etwas zurückgebliebene Tante, die die Katzen nur so lange lieb hat, wie sie klein sind. Auch einigen Dorfbewohnern begegnet man, wie dem Pfarrer zum Beispiel, bei dem es ein Geheimnis zu lüften gibt - trägt er unter der Soutane eine Hose, oder ist er nackt unterm Gewand.

Der Autor schreibt mit einer unglaublichen Leichtigkeit, schon die Anfangsszene steckt voller Komik, obwohl die Beschreibung des Autounfalls alles Andere als komisch ist. So geht es im ganzen Buch man hat ständig ein Grinsen im Gesicht, fühlt sich fast wie in Ludwig Thomaˋs Lausbubengeschichten, dann erkennt man aber den Ernst und oft auch die Tragik hinter den Worten. Da das Buch in den 70ger Jahren angelegt ist und auch Erinnerungen der Großeltern an den zweiten Weltkrieg und die Zeit danach vorkommen, ist die Sprache dementsprechend. Dem Leser muss klar sein, dass antisemitische Ausdrücke genauso vorkommen, wie Beschreibungen von Gewalt gegen Kinder und Tiere, oder eben eine Hausschlachtung, die im dörflichen Leben eine zentrale Rolle spielt. Man muss diese Teile des Buches im richtigen Kontext sehen können, ansonsten sollte man von der Lektüre eher Abstand nehmen.

Namensgebend für das Buch sind die zweilitrigen Weinflaschen, die Doppler, in die der Großvater seinen Wein abfüllt, aber so wurden wohl auch Brillen genannt, daher der Bezug zum Cover. Mich hat es allerdings etwas irritiert, als plötzlich, ohne erkennbaren Zusammenhang einige Seiten eingestreut waren, in denen es um einen Brillenliebhaber geht, der über die gebratene Scholle auf seinem Teller sinniert, oder Sigmund Freund, der über den Weggang aus Wien nachdenkt.

Ein tragischkomisches Buch mit Erinnerungen an einen besonderen Sommer und einem nostalgischen Blick auf das Leben unserer Großeltern. Wahrscheinlich nicht für jeden Leser passend.

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Veröffentlicht am 20.09.2023

Großelternurlaub

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Auf diese Art bei den Großeltern anzukommen, hat der Junge nicht gedacht. Auf einer Autofahrt verliert sein Vater die Kontrolle über den Wagen. Und die Familienmitglieder landen im Krankenhaus. Der Junge ...

Auf diese Art bei den Großeltern anzukommen, hat der Junge nicht gedacht. Auf einer Autofahrt verliert sein Vater die Kontrolle über den Wagen. Und die Familienmitglieder landen im Krankenhaus. Der Junge ist kaum verletzt und es wird entschieden, dass er den Sommer 1970 bei den Großeltern verbringen soll. Was für eine fremde Welt ist dieses Frankenhayn. So richtig scheint die heutige Zeit noch keinen Einzug gehalten zu haben. Doch irgendwie will man sich eingewöhnen. Die Großeltern werden von allen Mutter und Vater genannt. Die beiden Cousins sind echte Rabauken, die mit ihren Späßen manchmal recht weit gehen. Doch so langsam beginnt der Junge den Geschichten zu lauschen.

Damals gab es noch nicht so ausgiebige Besuchszeiten in den Krankenhäusern und den Kindern wurde auch nicht viel erklärt. Und so wird der Junge in die Welt der Großeltern geworfen. Sie reden nicht viel, dafür arbeiten sie viel und sprechen auch viel dem Wein zu. Sie besitzen einen Weinberg und der will gehegt und gepflegt werden. Abgefüllt wird er irgendwann in Zweiliterflaschen, die Doppler genannt werden. Auch der Junge darf probieren, verkosten nennt man das. Meist ist er auf sich allein gestellt, aber ins Dorfleben eingefügt als wäre er schon immer da gewesen. Manche Dinge sind einfach so und werden auch so genommen wie sie sind.

Auf den Listen der Nominierten zu den Buchpreisen lässt sich immer etwas entdecken. Und wenn es dann ein Autor sowohl auf die Shortlist Debüt des Österreichischen Buchpreises 2023 als auch auf die Longlist zum Deutschen Buchpreis 2023 geschafft hat, dann spricht das schon für sich. Es ist eine Schilderung eines Ausschnitts einer Kindheit, die in Erinnerung bleibt. So ein Sommer prägt sicher, der zeitweilige Verlust der Eltern, die Begegnung mit etlichen ersten Malen bei den Großeltern und die Unsicherheit, wie lange der Aufenthalt dauern wird. Vielleicht hätte doch eine Erklärung zu den Unfallfolgen gutgetan und nicht immer wird ganz klar, wie der Junge an einige Geschichten gekommen sein soll. Und doch ist es beeindruckend, wie die Lektüre auch eigene Erinnerungen wachruft und wie viel Zeitgeschichte in den Roman hinein geschrieben wurde. Die Welt der Großeltern ist eine Welt, die auch an die Welt der eigenen Großeltern erinnert, mit dem, was einfach hingenommen wurde, über das nicht groß geredet wurde und in der man doch klarkam. Ein sehr beeindruckendes Erstlingswerk, das gerne gelesen wird.