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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.09.2023

Fesselnd bis zur letzten Seite

Der Totengräber und der Mord in der Krypta (Die Totengräber-Serie 3)
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In diesem dritten Fall bekommen es Leo von Herzfeldt und Julia Wolf mit Spiritisten und verschwunden Waisenkindern zu tun.

Doch von Beginn an: Oberpolizeirat Stukart lässt Leo von Herzfeldt und Julia ...

In diesem dritten Fall bekommen es Leo von Herzfeldt und Julia Wolf mit Spiritisten und verschwunden Waisenkindern zu tun.

Doch von Beginn an: Oberpolizeirat Stukart lässt Leo von Herzfeldt und Julia Wolf aus der Opernaufführung, in der die berühmte Maria Vanotti singt, holen. Der Grund: Sein Freund Dr. Lichtenstein liegt tot in der Krypta unter dem Stephansdom. Der Mediziner hat angedeutet, die betrügerischen Machenschaften in der Spiritistenszene offen zu legen. Da der Tote ebenso wie Stukart und Herzfeldt jüdischer Abstammung ist, befürchtet Stukart, dass die Ermittlungen im bekannt antisemitischen eingestellten Polizeiwesen, nicht wirklich ordnungsgemäß betrieben werden.

Leo ist ein rational denkender Polizist, deswegen hat er so seine Zweifel an Séancen und Spiritisten. Da er zu wenig darüber weiß, wendet er sich an Augustin Rothmayer, den Totengräber vom Zentralfriedhof. Der hat allerdings selbst eine schwierige Zeit, denn Jossi, der Freund seiner Adoptivtochter Anna ist plötzlich verschwunden. Genauso verschwunden, wie der kleine Czerny, ein Sohn aus begütertem Haus, dessen Eltern Verbindungen zum Kaiser nachgesagt werden und zahlreiche Knaben aus dem Waisenhaus in Margarethen. Während sich Oberinspektor Leinkirchner, ein Antisemit und Intrigant, mit dem Fall Czerny herumschlägt, sind ihm die verschwundenen Waisenkinder völlig egal.

Bald wird klar, dass die beiden Fälle Gemeinsamkeiten aufweisen, doch wirklich belastbare Beweise gibt es noch nicht. Und welche Rolle spielt der Journalist, den Polizeifotografin Julia Wolf aus ihrer Jugend kennt?

Meine Meinung:

Mit diesem dritten Fall für Leo von Herzfeldt und Augustin Rothmayer lässt uns Oliver Pötzsch wieder in das Fin de Siècle in Wien abtauchen. Die Diskrepanz zwischen Arm und Reich ist größer denn je. Die einen haben kein Dach über dem Kopf und bei anderen ist mit Telefon und Automobil die Moderne eingezogen. Es ist die Zeit des Bürgermeisters Karl Lueger, eines glühenden Antisemiten, der ständig über Juden herzieht, aber mit deren Geldern die Stadt am Laufen hält. Diese antijüdische Stimmung beherrscht auch den Polizeiapparat wie an Oberinspektor Paul Leinkirchner deutlich zu erkennen ist.

Wie wir es von Oliver Pötzsch gewöhnt sind, hat er penibel recherchiert und ist dabei auf einen bekannten wie umstrittenen Forscher gestoßen: Karl Freiherr von Reichenbach (1788-1869), der sein Leben lang nach dem „Od“, jenem Stoff, der das Leben darstellen soll, geforscht hat. Wer mehr über Reichenbach erfahren will, dem sei Bettina Bàlakas Roman „Der Zauberer vom Cobenzl“ empfohlen.

Außerdem gibt sich Arthur Conan Doyle, der Schöpfer von Sherlock Holmes, die Ehre, Leo von Herzfeldts Mutter durch Wien zu begleiten. Der Schriftsteller hat als Jugendlicher ein Jahr lang eine Schule in Wien besucht.

Neben den komplexen Kriminalfällen kommt auch die menschliche Seite nicht zu kurz. Für Julia, die alleinstehende Mutter Julia, die ihren Lebensunterhalt als Polizeifotografin verdient, scheint sich eine berufliche Veränderung anzubahnen, die auf eine Fortsetzung der Reihe hoffen lässt. Stoff dafür gibt es im Wien des Fin de Siècle ja genug.

Fazit:

Ein gelungener historischer Krimi aus dem Wien um 1895, bei dem die Stimmung und die gesellschaftlichen Konventionen der Hauptstadt der Donaumonarchie sehr gut getroffen sind. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung für die ganze Reihe.

Veröffentlicht am 20.09.2023

Eine gelungene Biografie

Willy Brandt
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Das Bild vom knienden Willy Brandt vor der Gedenkstätte des Warschauer Ghettos am 7. Dezember 1970 geht um die Welt. Der Name Willy Brandt steht für den moralischen Fortschritt der BRD im Umgang mit der ...

Das Bild vom knienden Willy Brandt vor der Gedenkstätte des Warschauer Ghettos am 7. Dezember 1970 geht um die Welt. Der Name Willy Brandt steht für den moralischen Fortschritt der BRD im Umgang mit der eigenen Vergangenheit.

Das ist auch der Grundtenor dieser Biografie, die nicht nur den außergewöhnlichen Politiker, sondern auch den Menschen beschreibt. Einen Menschen, der nicht ohne Fehler ist, der als Herbert Frahm geboren, in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen ist und die Jahre des Nazi-Terrors im Exil verbracht hat.

Gunter Hofmann hat bereits mehrere Biografien deutscher Politiker geschrieben, die sich dadurch auszeichnen, dass nicht nur Persönlichkeiten porträtiert werden, sondern auch die Nachkriegsgeschichte erzählen. Das Buch liest sich aufgrund der zahlreichen Anekdoten flüssig. Zahlreiche Schwarz-Weiß-Fotos ergänzen das Buch.

Fazit:

Eine gelungene Biografie, die ich bestimmt nochmals zur Hand nehmen werde. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 20.09.2023

Eine gelungene Fortsetzung

Der böse Vater
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Nachdem eine Intrige Hardy Engel 1924 unschuldig hinter Gitter gebracht hat, holen ihn ähnliche Machenschaften fünf Jahre später wieder aus dem Kittchen heraus. Diesmal steckt niemand geringerer als Filmmogul ...

Nachdem eine Intrige Hardy Engel 1924 unschuldig hinter Gitter gebracht hat, holen ihn ähnliche Machenschaften fünf Jahre später wieder aus dem Kittchen heraus. Diesmal steckt niemand geringerer als Filmmogul Randolph William Hearst dahinter.

Hardy Engel soll eine Erpressung, der Hearst ausgesetzt ist aufklären. Dabei geht es um einen unklaren Todesfall auf Hearsts Jacht vor einigen Jahren. Blöderweise wurde die Leiche eingeäschert, die damals Anwesenden bestochen und die Polizeiprotokolle ver- wenn nicht gar gefälscht. Niemand scheint die Wahrheit zu sagen, und wenn nicht direkt gelogen wird, enthält man Hardy die Wahrheit vor.

Als er dann noch von Filmproduzenten Julius Laemmle den Auftrag erhält, auch für ihn zu arbeiten, wird es kompliziert und Hardy findet sich in Hollywoods Intrigensumpf, was er ja eigentlich unbedingt vermeiden wollte, wieder. Daneben sucht er noch nach seiner früheren Freundin Polly, die damals von ihm schwanger war.

Meine Meinung:

Auch der vierte Krimi rund um den Privatdetektiv Hardy Engel führt uns tief in den Moloch Hollywood, in dem intrigiert, bestochen und gemordet wird. Dabei spielen zahlreiche Hollywood-Größen eine mehr oder weniger undurchsichtige Rolle. Die Zeit um 1929 ist eine höchst instabile. Alles ist in Bewegung und der Börsencrash steht unmittelbar bevor. So verdrängt der neuartige Tonfilm die Stars der Stummfilmära aus dem Rennen um Profit und Gunst des Publikums. Filmstudios stehen am Rand der Pleite, werden aufgekauft, manchmal auch unter Zuhilfenahme von unlauteren Mitteln.

Geschickt werden Fakten mit Fiktion verknüpft. So dürfen wir bekannten Schauspielerinnen und Schauspielern begegnen, deren Liebesleben oft recht komplex ist. Ungewollte Schwangerschaften, verheimlichte Kinder, falsche Mütter und böse Väter.

Womit ich gleich zum Titel komme: Der kann gleich mehrfach interpretiert werden. Zum einem ein leiblicher Vater, der sich um seinen Nachwuchs als „lieber Onkel“ präsentiert, ein, als Onkel eingeführter Schwager der Mutter, der von dem Kind als Vater akzeptiert wird und dann noch das schwierige Vater-Sohn-Verhältnis von Carl und Julius Laemmle. Vater Carl ist, obwohl nach Hollywood ausgewandert, ein der jüdischen Tradition verhafteter Deutscher, der seinen Sohn Julius natürlich mit einer jüdischen Tochter aus guten Haus verheiratet wissen will, und keinesfalls eine „Schickse“ an seiner Seite duldet. Also, böse Väter lauern überall - es ist nur eine Frage der Sichtweise.
Auch Hardy zerbricht sich den Kopf, welcher Vater er seinem Kind mit Polly sein könnte.

Autor Christof Weigold hat wieder viel Herzblut in die Recherche gesteckt und einen höchst komplexen Kriminalfall entwickelt. Manchmal ist nicht klar, ob Hardy aus diesem Interessenkonflikt unbeschadet herauskommt.

Das Einzige, woran ich ein wenig Kritik üben muss, ist das Cover. Der vierte Band fällt mit seinem bunter Cover völlig aus der Reihe. Dieser Stilbruch nach den in dunkelgrau bis schwarzen Farbtönen gehalten drei Vorgängern, ist ziemlich hart. Allerdings passt es zu den Umwälzungen im Filmgeschäft. Der Umstieg von Stumm- auf Tonfilme bedarf einer optischen Neuausrichtung. Allerdings wird noch in Schwarz-Weiß gedreht.

Fazit:

Für Fans von komplexen Krimis, die gekonnt Fakten mit Fiktion verknüpfen ist die Hardy-Engel-Reihe höchst empfehlenswert. Gerne gebe ich hierfür 5 Sterne.

Veröffentlicht am 20.09.2023

Ein gelungener Abschluss

Das Haus der Perlen – Strahlen der Liebe
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Dieses Buch ist der Abschluss der Trilogie rund um „Das Haus der Perlen“, des heute noch, wenn auch unter anderen Eigentümern, existierenden Juweliers Thomass in München.

Man schreibt das Jahr 1924 und ...

Dieses Buch ist der Abschluss der Trilogie rund um „Das Haus der Perlen“, des heute noch, wenn auch unter anderen Eigentümern, existierenden Juweliers Thomass in München.

Man schreibt das Jahr 1924 und das Ehepaar Henya und Jakob Schmerler führt das traditionsbewusste „Haus der Perlen“. Die Kinder des Paares sind wohlgeraten: Tochter Luise geht nach langem Bitten beim Vater in die Goldschmiedelehre, Sohn Valentin ist Rechtsanwalt in einer angesehenen Kanzlei. Doch als Fritz Thomass, der Eigentümer, Geschäft und Haus beim Glücksspiel ausgerechnet an den ärgsten Feind der Schmerlers verliert, scheint das Ende des Juweliers besiegelt.

Doch mit Ayumi, der Nichte des Perlenzüchters Kokichi Mikimoto, der in Europa mit seinen fast makellosen Zuchtperlen Fuß fassen will, naht die Rettung. Gehört doch Ayumi zur australisch-japanischen Verwandtschaft der Schmerlers.

Dass die Investition in den Juwelier im München von 1924 nicht reibungslos verlaufen wird, versteht sich von selbst. Denn neben zahlreichen Missverständnissen auf persönlicher Ebene stehen der aufkeimende Nationalsozialismus sowie die drohenden wirtschaftlichen Probleme der Weimarer Republik der Rettung des Geschäftes im Weg.

Meine Meinung:

Dem Autorenduo ist es wieder gelungen, die politischen Ereignisse gekonnt in den Roman einzuflechten. Sehr gut ist auch der Fremdenhass beschrieben. Noch weiß niemand, dass Japan Hitlers Verbündeter im Zweiten Weltkrieg sein wird und die „heroische japanische Rasse den Ariern gleichgestellt“ sein wird.

Der Schreibstil ist bildhaft und authentisch. Die aufwendigen Recherchen rund um den Hofjuwelier Thomass haben sich gelohnt. Fakten sind mit Fiktion gekonnt zu einem opulenten historischen Roman verknüpft.

Fazit:

Gerne gebe ich auch dem Abschluss der Trilogie 5 Sterne.

Veröffentlicht am 20.09.2023

nichts für Zartbesaitete

Zerstörung, 1947
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Gleich vorweg, dieser zweite Krimi aus der Reihe „Adler, weibliche Kriminalpolizei, Berlin“ ist nichts für Zartbesaitete. Zahlreiche Verbrechen werden detailliert geschildert.

Man schreibt das Jahr 1947. ...

Gleich vorweg, dieser zweite Krimi aus der Reihe „Adler, weibliche Kriminalpolizei, Berlin“ ist nichts für Zartbesaitete. Zahlreiche Verbrechen werden detailliert geschildert.

Man schreibt das Jahr 1947. Berlin ist in vier Besatzungszonen aufgeteilt, was die Verwaltung und die Jagd nach Nazi-Größen sowie nach anderen Verbrechern nicht wirklich erleichtert. Die Stadt liegt nach wie vor in Trümmern und die Frauen müssen sich den neuen Herausforderungen stellen. Denn neben dem Aufräumen, dem Anstellen um die wenigen Nahrungsmittel, kehren ihre Männer, versehrt an Körper und Geist aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Jede, jeder ist sich selbst die bzw. der Nächste, Mitgefühl ist durch eine allgemeine Verrohung abhandengekommen.

In dieser Nachkriegsgesellschaft wird in den Ruinen des Anhalter Bahnhofs die Leiche einer vorerst unbekannten Frau gefunden: erdrosselt, ohne Papiere und mit Säure übergossen. Sie wird nicht die einzige entstellte Tote bleiben.

Luise Adler von der weiblichen Kriminalpolizei setzt alles daran, den Serienmörder zu stellen. Dabei muss sie nicht nur gegen die Windmühlen der alliierten Besatzungsverwaltungen, sondern auch gegen ihre eigenen Dämonen kämpfen. Was sie noch nicht weiß, die dunklen Schatten der Vergangenheit ihr Leben bedrohen. Nebenbei erhält sie eine neue Polizeikollegin, die manchmal übermotiviert, die diffizilen Ermittlungen unabsichtlich torpediert.

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist alles andere als leichte Kost. Hier zeigt sich, dass der Zweite Weltkrieg das Schlechteste in den Menschen hervorgeholt hat, das selbst vor dem eigenen Kind, das das Ergebnis einer Vergewaltigung ist, nicht Halt macht. Die prekäre Lebensmittelsituation, die zahlreiche Menschen dazu zwingt, ihre letzten Habseligkeiten (oder Diebesgut) auf dem Schwarzmarkt zu veräußern, sowie die skrupellosen Geschäftemacher sind ebenso Thema, wie die Prostitution von Frauen und Kindern, die ihre Körper feilbieten, um Überleben zu können. Als krassen Gegensatz hierzu sehen wir die Nazi-Bonzen, die es vorerst geschafft haben, unterzutauchen und, während sie auf eine Fluchtmöglichkeit nach Südamerika suchen, ihre Taten zu verschleiern, und Mitwisser sowie Feinde eliminieren.

Doch es gibt sie noch, die Hilfsbereitschaft, wenn auch als zartes Pflänzchen und ein wenig unter dem Dreck versteckt. So wird ein kleines Mädchen, dessen Mutter einen dieser Säureanschläge überlebt, von Luise Adlers Vater beaufsichtigt.

Stephan Weichert ist mir diesem zweiten Krimi für Luise Adler ein ziemlich realistisches Bild der frühen Nachkriegszeit gelungen. Er rückt den manchmal romantisch verklärten Blick auf die sogenannten Trümmerfrauen und den Schwarzmarkt hier ziemlich abrupt zurecht.

Fazit:

Obwohl ich recht bald eine Idee vom Täter hatte, denn der Autor streut das eine oder andere Indiz geschickt in die Handlung, bleibt dieser Krimi fesselnd bis zur letzten Seite, weshalb er 5 Sterne von mir erhält.