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Veröffentlicht am 14.02.2024

Ein Sachbuch im Krimigewand

Die Spiele
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Hier haben wir von allem etwas: Ein wenig Krimi, ein wenig Liebesgeschichte, ein wenig Männerfreundschaft. Einen Bericht über die Arbeit von Journalisten und Diplomaten, Geheimdienst, Sport nicht zu vergessen. ...

Hier haben wir von allem etwas: Ein wenig Krimi, ein wenig Liebesgeschichte, ein wenig Männerfreundschaft. Einen Bericht über die Arbeit von Journalisten und Diplomaten, Geheimdienst, Sport nicht zu vergessen. Denn die olympischen Spiele sind auch dabei, jedenfalls wird entschieden, wo sie demnächst stattfinden sollen. Das Ganze spielt in Shanghai 2021 und manchmal auch in Mosambik, aber dort um 1990 herum. Zwischen diesen beiden Orten, bzw. Ländern und den Zeiten wird auch wild hin und her geswitcht. Klingt das nach einer unbekömmlichen Mischung? Ach ja, DDR habe ich noch vergessen. Nun, teils, teils.

Die ersten drei Viertel – bis auf die Leseprobe – sind recht zäh und nahmen mir fast jegliche Freude am Lesen. Das letzte Viertel ist dann leidlich spannend, leider mit einem Logikfehler, auf den ich hier nicht eingehen kann, sonst würde ich zu viel verraten. Da hat das Lektorat wohl was übersehen.

Die ausländischen Protagonisten, die hier in China die Machtspiele spielen, sind alle Säufer, bis auf die deutsche Diplomatin Lena. Zwischendurch gibt es noch einen ziemlich überflüssigen Besuch der deutschen Langzeitkanzlerin mit ihrer Truppe in Shanghai. Mit echten Namen der Truppe. Seltsam.

Zum Thema Männerfreundschaft: Der deutsche Journalist Thomas Gärtner und der Schwarze Charles Murandi aus Mosambik befreundeten sich vor siebenundzwanzig Jahren in Afrika. CM hat mal in der DDR gearbeitet und ist dabei, wie viele seiner Kollegen, betrogen worden. Finanziell. 2021 bestellt CM TG nach Shanghai, verspricht ihm dabei die Übergabe wichtiger, geheimer Papiere, bzw. Verträge. Um dieses Motiv herum rankt sich die Handlung.

Wer also hat Charles Murandi in Shanghai ermordet und warum? Thomas Gärtner wurde von den Hotelkameras gesehen, als er das Zimmer seines Freundes verließ, mit Papieren in der Hand. Es gibt auch noch einen anderen deutschen Journalisten, Sascha Daniels, der sich legal im Land aufhält – im Gegensatz zu Gärtner, der sich sein Visum rechtswidrig erschlichen hat.

Ein paar andere Figuren schleichen auch noch durch Shanghai: Da gibt es Kommissar Luo, seinen Vorgesetzen Herrn Pan, Lenas Vorgesetzten Dr. Hirsch, Lenas Haushaltshilfe Yaya, die neugierige Verkäuferin Tante Wu etc. In Mosambik gibt es auch noch so einiges an Personal, nebst Hund Lupo.

Fazit: Trotz bildschönem Cover konnte der Roman mich überhaupt nicht überzeugen und ich empfand das Lesen als Qual, habe oft an Abbruch gedacht. Denn die zähe, verworrene Handlung mit lauter saufenden, teils sexbesessenen, unsympathischen Protagonisten hat mir keinen Spaß bereitet. Ich finde den Roman nicht empfehlenswert.
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Veröffentlicht am 27.12.2023

So schade, wie sie sich hier verzettelt

Die Verletzlichen
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Da ich ein großer Fan von Sigrid Nunez bin und etliche ihrer Bücher mit Freude gelesen habe – u. a. „Der Freund“ (5 Sterne, überaus empfehlenswert) bin ich nun so bitter enttäuscht von „Die Verletzlichen“, ...

Da ich ein großer Fan von Sigrid Nunez bin und etliche ihrer Bücher mit Freude gelesen habe – u. a. „Der Freund“ (5 Sterne, überaus empfehlenswert) bin ich nun so bitter enttäuscht von „Die Verletzlichen“, dass ich dafür höchstens 2 Sterne vergeben kann.

Ein roter Faden fehlt absolut, hier wurde ein Leipziger Allerlei gekocht, so dass ein großes (nicht schmackhaftes) Durcheinander entstanden ist. Sozusagen aneinandergereihte Intermezzi. Es ist nun nicht so, dass ich die einzelnen Aussagen so schrecklich finde, aber ich wollte einen Roman lesen und keine Wortschnipsel, bzw. Puzzlestücke von hier, da und dort. Aus ihrer Jugend, aus dem Freundinnenkreis zu ganz anderer Zeit und ja – manchmal auch – tatsächlich doch aus Papageienhausen. So wie es eigentlich bei diesem Roman sein sollte.

Die wenigen Versatzstücke, wo es um die eigentliche Geschichte geht, die gefielen mir gut und das sollte auch so sein. Ein Papagei ist ein kluges Tier und Eureka (ein Männchen?) scheint besonders intelligent zu sein. Auch der junge Mann, der ursprünglich auf Eureka aufpassen sollte, ist ein besonderes Exemplar seiner Gattung. Davon hätte man gerne mehr gehabt. Hier wäre sicher eine Kurzgeschichte, die beim Thema blieb, bei Weitem gefälliger gewesen.

Zwischenzeitlich, als ich vom „Roman“ noch nicht so genervt war, hatte ich mir noch von SN „Sempre Susan“ bestellt, da ich ansonsten alle auf Deutsch erschienenen Romane von ihr kenne. Okay, „Sempre Susan“ werde ich noch lesen, aber ansonsten werde ich mich in Zukunft von dieser Autorin verabschieden. Vielleicht hat sie auch bereits einfach ihr Pulver verschossen?

„Seit Jahren entmutigte mich die zunehmende Verschandelung: die brutalen Wolkenkratzer, die Müllberge und der Höllenlärm, grelle Werbung, wohin man blickte.“ Seite 112. Die Rede ist hier von New York, meine Frage dazu: Warum wohnt sie dann da? (Im Klappentext steht, dass sie in New York City lebt.)

Noch ein paar Worte zum Cover: für mich das scheußlichste Cover meiner umfangreichen Leseliste 2023. An die Designer: Das könnt ihr doch besser, siehe „Der Freund“.

Fazit: Von Politik über Bratkartoffeln – oder aus jedem Dorf ein Hund – das muss man echt nicht haben. Zudem teile ich ihre politischen Ansichten so was von gar nicht. Politik hat auch in Belletristik m. E. nach nichts zu suchen. Dafür gibt es Sachbücher, Punkt.

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Veröffentlicht am 29.10.2023

Bedient das Narrativ

Die Privilegierten
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Da ich den Roman der Longlist 2023, der später in die Shortlist kam, „Muna“ gelesen hatte, wollte ich auch ganz bewusst einen Roman lesen, der in diesem Jahr nicht nominiert wurde. Und das war dann eben ...

Da ich den Roman der Longlist 2023, der später in die Shortlist kam, „Muna“ gelesen hatte, wollte ich auch ganz bewusst einen Roman lesen, der in diesem Jahr nicht nominiert wurde. Und das war dann eben Thomas von Steinaeckers „Die Privilegierten“ mit 623 Seiten.

Der Roman beginnt mit dem Schulalter des Protagonisten und Ich-Erzählers Bastian Klecka und endet weit in der Zukunft, etwa im Jahr 2039. Er umspannt also ungefähr sechzig Jahre. Die Geschichte hat herausragende Momente, besonders bei den Tiergeschichten: drei Mal Katze, einmal Wolf. Dazu kommt Bastians Verzweiflung im Alter, die so berührend und nachvollziehbar beschrieben ist, dass man nicht nur mitfühlt, sondern sogar Angst bekommt vor dem möglichen eigenen Erleben solcher Zustände. Respekt!

Eine lebenslange Freundschaft verbindet die drei Klassenkameraden: Bastian, Ilie Popescu und Madita. Sie gründen den „Klub der Katze“. Auch wenn die Berufe, Lebenswege und späteren Wohnorte dieser drei Freunde so unterschiedlich sind, wie sie nur sein können, halten sie immer Kontakt, mal mehr, mal weniger, aber immer.

Bastians Eltern sterben früh bei einem Unfall und der Großvater zieht ihn auf. Wir lesen von seiner Schul- und Studentenzeit, bis zur Heirat und Geburt des Sohnes Samy und weit darüber hinaus. Über Berufs- und Wohnortwechsel, alles sehr ausführlich und streckenweise auch recht langatmig.

Das Kennen- und Liebenlernen der späteren Ehefrau Brigitte bleibt für mich sehr blass. Die gegenseitigen Abmachungen und Vereinbarungen, z. B. wer aufs Kind aufpasst, wirken roboterhaft und unglaubwürdig. Schublade auf, Absprache raus, Schublade wieder zu. Sogar die Streitigkeiten der Eheleute wirken seltsam unecht. Die Stärken des Autors liegen eindeutig woanders. Siehe oben.

Kommen wir zur unerquicklichen Bedienung des gerade gängigen Narrativs, dafür gibt es hier unzählige Beispiele. Mit dem jetzigen Wissen: Ich hätte dies Buch nicht lesen mögen. Das können leider auch die oben erwähnten herausragenden Momente nicht wettmachen. S. 187: „Ich hielt immer zu den Demokraten, den Schwarzen, Homosexuellen und anderen benachteiligten Minderheiten. […] Ich war zwar weiß, deutsch, wohlhabend, männlich, mittelalt. Doch am Ende des Tages gehörte ich zu den Guten.“

Und ja, es geht noch weiter, S. 242: „Madita hatte sich zunächst geweigert, nach Ibiza mit dem Flugzeug zu reisen. Erst nach einer nächtlichen Konferenzschaltung, in deren Verlauf Ilie und ich ihr versprechen mussten, ein dreistelliges CO2-Zertifikat zu kaufen, hatte sie sich breitschlagen lassen.“

S. 245: „[…] wir diskutierten sehr angeregt-produktiv über Trump und die sehr offensichtlich unvermeidbare rechte Apokalypse.“ Es folgen die „Unwörter“, die man nicht mehr sagen darf, wie z. B. „Zigeuner“, S. 268.

S. 284: „Der Sender vertrat eine extrem liberale Gesinnung.“ Und dann, Achtung aufgepasst: „Wäre bekannt geworden, dass jemand aus den Redaktionen AfD wählt oder eine abweichende Gesinnung vertrat, wäre er früher oder später gegangen worden.“ Das ist nun wirklich extrem liberal. Satire aus.

Und nein, es hört noch nicht auf, S. 298: „Die Kirchensteuer konnte man ohnehin sinnvoller verwenden, für NGO-Projekte in Afrika oder CO2-Zertifikate zum Beispiel.“ Oder auf Seite 376: „was sie oder er sich für die Zukunft in Deutschland erhoffe, mehr Toleranz gegenüber Geflüchteten, mehr Diversity, mehr alternative Energien, mehr Kreativität, mehr Farbe, ja, als ein winziges Mädchen piepste, sie wünsche sich mehr Frauenpower in Führungspositionen, […] und mir war … auf einmal nicht mehr bange um die Zukunft.“

Selten gibt es auch Gegenstimmen, natürlich von jemandem, der abwegige Thesen verbreitet, so meint es Bastian, der so Empathie bewusste Erzähler. Also der abwegige Thesen-Verbreiter stellt auf Seite 471 die historische Einmaligkeit des Holocausts angesichts des Genozids im osmanischen Reich und in Ruanda in Frage. – Also ja, auch andere Völker als die Deutschen haben sich des Genozids schuldig gemacht, sogar viel neueren Datums. Quelle Spiegel, diverse Artikel: „In nur hundert Tagen töteten radikale Hutu 1994 in Ruanda rund 800.000 Tutsi und gemäßigte Hutu, die sich weigerten mitzumachen.“ Natürlich hat derlei normalerweise in einer Rezension nichts zu suchen, aber ich möchte den zahlreichen o. g. Zitaten etwas entgegensetzen. Und politisiert wird ja in diesem Roman reichlich.

Fazit: Wer auch nur ansatzweise mit der derzeitigen Politik im Lande nicht einverstanden ist, der sollte diesen Roman lieber nicht lesen. Denn zu viel Meinungsmache verdirbt das Lesevergnügen. **

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Veröffentlicht am 22.09.2023

In der ersten Hälfte ein Kinderbuch

Die Tochter des Doktor Moreau
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Was hatte ich erwartet von Silvia Moreno-Garcias „Die Tochter des Doktor Moreau“? Grusel, Mystery, vielleicht sogar Horror? Gibt es eigentlich eine Gattung die Insel-Horror heißt? Oder wenigstens Halbinsel-Horror? ...

Was hatte ich erwartet von Silvia Moreno-Garcias „Die Tochter des Doktor Moreau“? Grusel, Mystery, vielleicht sogar Horror? Gibt es eigentlich eine Gattung die Insel-Horror heißt? Oder wenigstens Halbinsel-Horror? 😉

Was ich aber fand, das war ein Kinderbuch, jedenfalls in der ersten Hälfte. Nun gut, da werden die Personen vorgestellt, der Landsitz, die Gegend. Alles sehr gemächlich, quasi wie im Zeitlupentempo. Keine Höhen, keine Tiefen, es plätschert so dahin. Dann hatte ich Abbruch im Sinn. Nee, dachte ich, dafür ist dir deine Zeit zu schade. Und wow, doch plötzlich und ganz unerwartet wurde es spannend. Hoch spannend. Als hätten zwei verschiedene Autoren hier mit denselben Personen gespielt. Stress kommt auf und die bis dahin recht hölzern agierenden Protagonisten erwachen zum Leben. Etwa so, wie die künstlich erschaffenen Kreaturen, hier hauptsächlich „Hybriden“ genannt. Aber die können alle sprechen, sehen nur komisch aus und leiden an ihren Deformationen. Jedenfalls fast alle, die Titelheldin sieht natürlich nicht komisch aus, die ist schön, wunderschön. Wäre ja auch sonst langweilig – oder?

Also, wie gesagt, ab der zweiten Hälfte nimmt das Geschehen deutlich an Fahrt auf. Und der Kampf ums Überleben beginnt und was nun zu tun sei, ob der ganzen Bedrohungen, die da kommen. Auf den Schöpfer der Kreaturen kann frau (hier Carlota genannt) sich auch nicht mehr verlassen, der bekommt einen Hirnschlag, als man ihn am Nötigsten gebraucht hätte. Und liegt fortan im Bett.

Es gibt also einen Kreator, Doktor Moreau, der halb-menschliche, halb-tierische Lebewesen in seinem Labor erschafft. Das sollen mal die Sklaven für die Landarbeit werden, was sie aber gar nicht leisten können, denn sie leiden, siehe oben. Und sind teilweise nur sehr eingeschränkt einsatzfähig. Carlota, Doktor Moreaus Tochter, erzählt in jedem zweiten Kapitel den Fortgang der Geschichte aus ihrer Sicht. Das jeweils andere Kapitel ist für Montgomery reserviert, dem britischen Gutsverwalter. Der hat eher so Kommissars-Eigenschaften im Stil unserer Zeit: Er säuft und ist ständig deprimiert.

So geht es immer im Wechsel. Das Ganze ereignet sich im Dschungel der Halbinsel Yucatán im Mexiko des 19. Jahrhunderts. Dann gibt es noch einen Financier, Hernando Lizalde, und der hat einen Sohn, Eduardo, und der Sohn hat einen Cousin, Isidro. Zwischendurch werden noch – der Exotik zuliebe – ein paar spanische Brocken in den Roman geworfen.

Fazit: Irgendwie ein bisschen wie „Lederstrumpf“, aber in der ersten Hälfte weit weniger spannend. Wer hier Grusel & Mystery erwartet, der hat mit Zitronen gehandelt, aber die wachsen hier ja wohl auch. Ganz nett, aber sehr unambitioniert. Lieber die Zeit in Wells’ Original investieren.

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Veröffentlicht am 04.08.2023

Lesbisch, was sonst?

Nachts erzähle ich dir alles
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Tja, was hatte ich erwartet? Von der einen lesbischen Beziehung der Vergangenheit erfuhr ich ja schon in der Leseprobe, von der anderen dann danach, beim „richtigen“ Lesen. Offensichtlich geht es heutzutage ...

Tja, was hatte ich erwartet? Von der einen lesbischen Beziehung der Vergangenheit erfuhr ich ja schon in der Leseprobe, von der anderen dann danach, beim „richtigen“ Lesen. Offensichtlich geht es heutzutage nicht mehr ohne. Schade!

Das Cover ist hübsch, Frankreich-Feeling mit Zikadengesang zur Sommerzeit angenehm lässig, aber der Inhalt bietet nicht viel Neues. Da wird es mich wohl bald zu den literarischen Klassikern der Welt hinziehen, denn da bleiben mir (vermutlich meistens) die gleichgeschlechtlichen Beziehungen erspart, die ja gerade politisch so überaus angesagt sind. Damit wir unnützen Esser möglichst keine Kinder mehr kriegen und aus unserer Mitte kommen. Normale, größere Familien sind vielleicht zu stabil im Geiste und durchschauen gemeinschaftlich zu leicht die ganzen Lügengeschichten um uns herum. Könnte schon so sein.

Zum Inhalt: Léa, die Protagonistin, braucht mal eine Arbeitspause von ihrem Café in München. Sie möchte ihre Auszeit im Familienanwesen an der Côte d’Azur verbringen. Doch aus der geplanten Faulenzerei wird nichts, denn gleich am ersten Abend lernt Léa das Mädchen Alice kennen, die uneingeladen auf dem Grundstück auftaucht. Als Alice plötzlich zu Tode kommt, erscheint dann einige Zeit später ihr Bruder Émile auf der Bildfläche. Diese Konstellation hätte nun reichlich Potenzial geboten, das leider nicht ausgeschöpft wurde. Schade, denn auch das hoch-interessante Leben von Émile in Paris wäre ausbaufähig gewesen. Stattdessen langweilt dann ab der Mitte der ewige Besuch von Léas Mutter Brigitte und die Auffrischung ihrer Beziehung zur frühen französischen Freundin Claire, die sich in Abwesenheit der Kleinfamilie auch ums Haus kümmert.

Claire zu Léa auf Seite 296: „[…] Deshalb fühlt sich die Liebe so oft nach Verlust an. Nach Angst und Enttäuschung, nach Verrat und Betrug. Wie nehmen dieses opulente Gefühl, und packen es in unsere kleine egoistische Erwartungshaltung. Und wenn es dann nicht besteht, wenn wir nicht zurückgeliebt werden, schmeißen wir es aus dem Fenster. Die wenigsten wollen lieben. Aber alle wollen geliebt werden.“

Der Zusammenhang der Playlist vom Anfang mit diesem Roman hat sich mir so gar nicht erschlossen. Einzig Elton Johns „Your Song“ wird zum Ende hin gelegentlich angehört. Dazu den Neusprech: „gebärende Menschen“ statt „Mütter“ im Dankeskapitel fand ich auch voll daneben. Hat AL diese Gaga-Sprache etwa aus der Tagesschau? Die mehr oder weniger positive Erwähnung der Verbrecherorganisation WHO hat m. E. nach auch nichts in Belletristik zu suchen. (S. 200)

Fazit: Seltsam blass und unentschlossen wirkt die Protagonistin Léa. Ich konnte mit ihr wenig anfangen. Da helfen die eingeschobenen Briefe von Claire an Léa auch nicht weiter. Also: Trotz gefällig-nettem Schreibstil und schön-buntem Cover für mich eine herbe Enttäuschung. Ich runde 1,5 Sterne auf 2 auf.


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