Leider enttäuschend
Eiffels SchuldBisher hatte ich noch nie von dem Eisenbahnunglück in Münchenstein bei Basel gehört, bei dem eine von Eiffel konstruierte Brücke zusammenbrach und einen vollbesetzten Zug mit sich riss. Ich hoffte auf ...
Bisher hatte ich noch nie von dem Eisenbahnunglück in Münchenstein bei Basel gehört, bei dem eine von Eiffel konstruierte Brücke zusammenbrach und einen vollbesetzten Zug mit sich riss. Ich hoffte auf einen detailliert recherchierten Roman, der historische Tatsachen mit einer fiktiven Geschichte verbindet.
Diese Erwartungen hat Eiffels Schuld nur zum Teil erfüllt. Zunächst empfinde ich den Titel im Nachhinein als irreführend, da Eiffel keine Schuld nachgewiesen werden konnte. Im Roman ist es zudem nicht klar, was historisch verbürgt ist und was fiktional. Dass der gesamte Handlungsstrang um Ida Gutzwiller erfunden ist, wird im Nachwort lediglich in einem Nebensatz erwähnt, und auch die Zeittafel am Ende, die zwischen Realität und Fiktion nicht klar unterscheidet, ist hier keine große Hilfe. Ich hätte mir gewünscht, dass der Autor in seinen Anmerkungen hierauf eingeht.
Der Roman besteht aus zwei Handlungssträngen. Im ersten geht es um die fiktive Ida Gutzwiller, eine Überlebende des Unglücks, der zweite spielt in Paris und dreht sich um Gustave Eiffel aus der Sicht seines Ingenieurs Maurice Koechlin.
Der Schreibstil konnte mich leider nicht fesseln, er wirkte recht hölzern, die Figuren platt und die Dialoge unecht. Man merkt, dass hier (wie im Nachwort erwähnt) echte Augenzeugenberichte zum Teil als Dialoge genutzt wurden, da diese nicht authentisch und nach gelebter Sprache klingen, sondern eben nach einem schriftlich festgehaltenen, sprachlich geglätteten Bericht. Besonders negativ fällt das in einem Dialog zwischen Ida und einer anderen Überlebenden am Rande einer Gedenkfeier auf. Die fiktive Geschichte um Ida ließ bei mir keine Spannung aufkommen, da bereits von Anfang an klar ist, worauf es am Ende hinauslaufen wird. Die Beschreibung der Eisenbahnbrückenkonstruktion ist für Nicht-Ingenieure wenig hilfreich (Kapitel 35: "Die Eisenbahnschienen ruhten bei solchen Brücken auf Querträgern. Diese seien mit der unteren Gurtung der Hauptträger zu einem festen System verbunden. Um auch die oberen Teile der Hauptträger miteinander in Verbindung zu setzen, seien durchbrochene Querträger und übereck reichende Flacheisen benutzt worden. Von der oberen zur unteren Gurtung reichten Diagonalverbindungen, welche wegen ihres sogenannten Dreiecksverbandes den nötigen Widerstand gegen Verschiebungen leisteten."). Hier wäre eine anschauliche, an Laien orientierte Erläuterung wünschenswert gewesen, unter der man sich als Leser etwas vorstellen kann. So bleiben der Unfallhergang und die Hintergründe des Unglücks sehr vage.
Insgesamt hat mich der Roman leider inhaltlich und stilistisch nicht überzeugen können.