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Veröffentlicht am 24.09.2023

Unterhaltung und Lehre in Einem

Der Porzellaner
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„Der Porzellaner”, ein Roman, geschrieben von Annick Klug, befasst sich ausführlich mit der Entstehung des Porzellans. Hauptsächlich spielt die Geschichte in Meißen, Dresden und Wien. Die Geschichte ist ...

„Der Porzellaner”, ein Roman, geschrieben von Annick Klug, befasst sich ausführlich mit der Entstehung des Porzellans. Hauptsächlich spielt die Geschichte in Meißen, Dresden und Wien. Die Geschichte ist beschrieben aus vier unterschiedlichen Sichten. Samuel, der Junge Bergmann mit hohen Bestreben. Sophie, die Liebschaft Samuels, die sich irgendwie versucht, über Wasser zu halten und dabei Samuel nie vergessen kann. August, den machthungrigen Kaiser von Sachsen. Und Constantia, die intelligente Mätresse Augusts.

Der junge Bergmann Samuel Stöltzel träumt sein ganzes Leben davon, Gold herzustellen, verlässt dafür seine Heimatstadt, um dem Goldmacher Böttger unter die Arme zu greifen.
Schnell sieht er diesen als seinen Meister an und steht ihm in jeder Lebens- und Entdeckungsphase zur Seite.
Böttger steht unter gewaltigem Druck, dadurch dass er dem sächsischen Kaiser das Gold versprochen hat, damit er seinen langersehnten Krieg finanzieren kann.
Doch anstatt des Goldes gelingt es Böttger und seinen loyalen Gefährten, mit Hilfe der Überzeugungskraft von Tschirnhaus, Porzellan herzustellen. Das Porzellan ist noch lange nicht perfekt, viele Kleinigkeiten müssen verbessert werden. Das ständige Streben nach Perfektion und Geld hat zur Folge, dass die Luft vor Streit und Konflikten zittert. Vor allem Meister Böttger und der rechtmäßige Besitzer der Manufaktur Dr. Nehmitz geraten andauernd aneinander.
Ständige Misserfolge und ein reiches Angebot bringen Samuel dazu, Meißen (und damit auch Sophie) zu verlassen und eine Manufaktur, mit deutlich mehr Potenzial, in Wien aufzubauen.
Der Verrat verfolgt einen und steckt in allen Wänden. So auch in Wien. Bald schon will Samuel das errichtete Werk wieder verlassen, sein großer Feind Christoph Hunger kommt ihm zuvor und lässt die Manufaktur vollständig niederbrennen. (Zudem tötet er Pax, Samuels Hund, was mich wirklich erschüttert hat..).

Insgesamt gibt Annick Klug einen sagenhaften Einblick in die Geschichte der Herstellung des Porzellans. Vieles von den Erzählungen ist damals wirklich so passiert, was mich total beeindruckt. Ich fühle mich sowohl unterhalten als auch belehrt. Genau sowas liebe ich an historischen Romanen.

Samuel lernen wir als einen recht chaotischen, eigentlich auch sehr loyalen, aber dennoch als einsamen jungen Mann kennen, der sich seiner Arbeit komplett hingibt. Nahezu wirkt es, als sei er besessen von den Lehren seines Meisters und der Arbeit (vor allem rund um das Gold).
Doch ganz gleich, wie viel er arbeitet, eines geht ihm nie aus dem Kopf. Das junge hübsche Hausmädchen Sophie. Ständig schwärmen seine Gedanken von ihr, ständig läuft er ihr nach und würde alles für seine geliebte Sophie tun. Auch wenn sie ihm viel Spott gegenüber bringt oder mit anderen (reicheren) Männern anbändelt. Der Punkt hat mich teilweise ein wenig gestört. Samuel wirkt dadurch für mich sehr naiv und gutgläubig. Natürlich, irgendwo ist Sophie neben den Porzellan alles was ihn in Meißen und am Leben hält. Doch normalerweise sollte er jemand sein, der mehr verdient hat.

Sophie ist ein junges Hausmädchen, die gewillt ist zu arbeiten, demnach also sehr fleißig, und soziale Kontakte aufzubauen. Bis auf ihr widersprüchliches Verhalten gegenüber Samuel, mochte ich sie doch recht gern. Ihre kecke und selbstbewusste Art nimmt nie ab, im Gegenteil, nach zwei Vergewaltigungen scheint sie sogar noch stärker und ehrfürchtiger.
Sie mag die Aufmerksamkeit und es wirkt, als werde ihr schnell sehr langweilig. Dennoch bin ich begeistert davon, dass auch ihre Liebe zu Samuel nie aufhören mag. Durch das offene Ende hab ich Hoffnung, dass die beiden im Alter vielleicht doch noch zueinander finden und gemeinsam ihr Kind großziehen können, wobei mir wichtig wäre, dass sie ihre materialistische Ansicht ablegt und mit den Leidenschaften von Samuel klarkommen sollte.

August.. ein sehr unsympathischer und geldgeiler Kaiser, der alles dafür tun würde, die Schweden endlich zu überlisten und den Krieg zu gewinnen, Polen einzunehmen und als mächtiger Kaiser gefeiert zu werden. Alles.. sogar seine große Liebe Constantia aufgeben. Denn auch wenn man ihn in nicht vielem trauen kann, so glaube ich ihm das. Dass er Constantia wirklich geliebt hat. Was er aber noch mehr liebt, ist eindeutig das Gold, was am Ende wohl dazu führen musste, dass er seine überaus intelligente Mätresse abschiebt. Sie ist zu gerissen und vielseitig, als dass es dem Kaiser irgendeinen Vorteil verschaffen konnte.
Das ewige Hin und Her mit dem Porzellan, Böttger und dem Gold ging mir ein wenig auf die Nerven, ist aber vermutlich äußert realistisch zu damaligen Zeiten, dadurch also gut umgesetzt.

Lange Zeit war Constantia meine absolute Favoriten. Sie nimmt kein Blatt vor dem Mund, ist waghalsig, mutig und schlau. Alles was ein starker weiblicher Charakter braucht. Bis sie von August verbannt wird und ihm ihr ganzes Leben lang hinterhertrauert. Hunderte Briefe schreibt und ständig von wahrer Liebe spricht. Ab dem Punkt hab ich ein wenig meinen Respekt vor ihr verloren, was ich sehr schade finde. Sie hätte diejenige sein sollen, die August auf den Mond schießt, nicht andersherum.
Das Verhältnis zwischen ihr und Böttger ist äußerst interessant, da hätte ich mir vielleicht noch ein wenig mehr gewünscht.
Ansonsten dennoch, eine sehr gelungene Ausführung der Mätresse.

Als Fazit lässt sich also sagen, dass mir das Buch wirklich gut gefallen hat. Die Geschichte war total spannend, lehrreich und interessant. Der Schreibstil ist toll, ich habe mir viele einprägende Zitate rausgesucht und aufgeschrieben.
Die Charaktere haben mir zum Großteil zugesagt, auch wenn einige Kritikpunkte dabei waren.
Also, vielen Dank für die tolle Geschichte und die schöne Leserunde! Es hat mir wirklich Spaß gemacht und das nächste mal, wenn ich aus einer Porzellantasse trinke, muss ich wohl an Samuel, Böttger und an Meißen denken :)

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Veröffentlicht am 01.08.2023

Achtung mit Spoilern enthalten

If We Were Villains. Wenn aus Freunden Feinde werden
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Wo fange ich hier bloß an?
Verworrene Gefühle, dunkles Setting, morbide Charaktere, die im Laufe der Geschichte immer wahnsinniger werden.
Der Wahnsinn ist es am Ende aber, der den Hauptteil der Entwicklung ...

Wo fange ich hier bloß an?
Verworrene Gefühle, dunkles Setting, morbide Charaktere, die im Laufe der Geschichte immer wahnsinniger werden.
Der Wahnsinn ist es am Ende aber, der den Hauptteil der Entwicklung der Erzählung ausmacht.
„Die Zukunft ist grenzenlos, wild und voller Verheißungen, aber auch Gefährlich“
Ein besseres Zitat hätte es für den Verlauf nicht geben können. Auf der einen Seite wird man mit dem Glauben gefüttert, die sieben Schauspieler können alles schaffen und sind unbesiegbar, auf der anderen Seite aber, erkennt man unter den harten Schalen des ständigen Trainings und den vielen aufwendigen Premieren und Aufführungen, die blank liegenden Nervenbahnen, die die jungen Freunde dahin treibt, sich selbst und die anderen zu zerstören.
Das Buch ist Shakespeare gewidmet, ganz offensichtlich. Jeder einzelne der Schauspieler lebt in einen Traum den Shakespeare vor tausenden von Jahren erschaffen hat.
Wird dieser Traum es am Ende sein, der den Wahnsinn hervorruft? Was passiert wenn sieben junge Leute, die sich als Familie bezeichnen, die Realität so weit vernachlässigen, dass sie nicht mehr vernünftige Konversationen führen können, ohne in Shakespeares Textzeilen und Versen zu erzählen und ständige Analogien zu ihren Gefühlen und den Geschehnissen suchen?
Kann man so noch ein selbstbestimmtes Leben führen? Die Fragen haben mich durch den ganzen Roman über begleitet und diese am Ende beantworten zu können, hilft die Charaktere und deren Handlungen besser nachvollziehen zu können.
Kommen wir also zu meiner Meinung.
Das Cover wirkt zwar unscheinbar, hat mich aber dennoch im Buchladen direkt angesprochen, wobei ich vor allem den Klappentext hinreißend fand.
Der Schreibstil ist der absolute Hammer und hat mich schnell durch das Buch und durch die Erzählung von Oliver gebracht.
Zudem fand ich es wirklich gelungen, dass aus dem Klappentext schon hervorgeht, dass einer der sieben sterben wird. So hat man einen Großteil der Geschehnisse im Kopf und fragt sich nach jeder Szene, wer wohl sterben mag. Irgendwann hat man jeden mal im Kopf gehabt und immer weiter mitgerätselt.
Die gesamte Handlung hat mich sehr überzeugt. Ich war absolut gefesselt und konnte nicht aufhören, das Buch zu lesen, selbst wenn mir einige der Charaktere nicht zugesprochen haben.
Interessant ist eben genau der Aspekt, wie weit die jungen Leute sich von ihrer Leidenschaft des Schauspiels beeinflussen lassen und wie sehr sie ihr Leben dem widmen, was Shakespeare einst niedergeschrieben hat.
Dennoch gibt es einen großen Kritikpunkt von meiner Seite, denn in wie weit ist diese Geschichte wirklich vertrauenswürdig?
Sie wurde bloß von Oliver selbst erzählr.. der unscheinbare, der nette.. wie er sich selbst zumindest darstellt. Doch wie nett war ist er wirklich?
Wäre er so nett und einfühlsam wäre es wirklich so weit gekommen? Hätte er das Desaster mit der VERGEBENEN Meredith verhindert, wäre Richard vielleicht nicht so ausgetickt, dann hätte er niemals umgebracht werden müssen.
Wäre Oliver wirklich so nett, hätte er James nicht aufgehalten, Richard noch zu retten und er würde vielleicht noch leben.
Wäre er wirklich so einfühlsam gewesen, dann hätte er die Gefühle von James deutlich besser erahnen können.
Vielleicht hat Oliver uns also mit purer Absicht und der Gewandheit seiner Worte als Schauspieler, die Geschichte so erzählt, dass er am Ende als Held dasteht, der sich so aufopfernd für James hingibt.
Oliver ist demnach für mich falsch. Er beschreibt sich selbst als jemanden, der die Worte liebt und auch ganz genau weiß, wie er mit ihnen umzugehen hat.
Ich vertraue ihm nicht.
James hingegen mein absoluter Favorit, mit viel zu vielen Gefühlen, von deren Intensität er immer weiter in den Abgrund gezogen wird.
Meredith als die Verführerin, die alles für Bestätigung und Anerkennung tun würde und eigentlich nur eine arme Sau ist, die von ihrer Familie vernachlässigt wird.
Wren-absolut unscheinbar und zerbrechlich
Filippa- ein wirklich netter Charakter, die sich in jeder Situation anpassen kann und immer für die Guten ist, alles dafür tun würde, damit die kleine Familie bestehen bleibt.
Alexander- der Bösewicht mit dem massivem Drogenproblem, der noch nicht genau weiß, was gut und böse ist.
Richard- der Tyrann, der alle seine Mitmenschen zerstören will und seine unerbittliche Wt nicht bändigen kann. Vielleicht ja einfach bloß geprägt von ganz großer Versagensangst.

An sich wahnsinnig toll ausgearbeitete Charaktere, die man durch das Buch immer besser verstehen kann ( außer Wren vielleicht, sie war bloße Lückenfüllerin und ich konnte keine emotionale Verbindung zu ihr herstellen).
Das Buch ist demnach deutlich zu empfehlen, hat mir außerordentlich gut gefallen.

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