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Veröffentlicht am 07.10.2023

Ein Dorf will vergessen werden

Nincshof
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NINCSHOF
Johanna Sebauer

Nincshof könnte ein kleines verschlafenes und wunderschönes Dorf in Österreich nahe der Grenze zu Ungarn sein.
Doch so verschlafen und niedlich ist es gar nicht, zumindest nicht ...

NINCSHOF
Johanna Sebauer

Nincshof könnte ein kleines verschlafenes und wunderschönes Dorf in Österreich nahe der Grenze zu Ungarn sein.
Doch so verschlafen und niedlich ist es gar nicht, zumindest nicht mehr. Die Legende besagt, dass es einst ein vergessenes Dorf war und erst durch einen Zufall von Arbeitern, die einen Fluss trocken legten, gefunden wurde. Anschließend entwickelte sich Nincshof rasant zu einem „ganz normalen Dorf“ im schönen Österreich. Heute kennt kaum einer mehr diese Legende und wenn, wird sie nur noch den Kindern zur guten Nacht oder hinter vorgehaltener Hand erzählt.

Doch in Nincshof gibt es auch noch die drei Männer, die sich „Oblivisten" nennen und gerne dem Pusztafeigenschnaps zusprechen (aber das ist nur Nebensache). Jedenfalls möchten diese drei Männer dafür sorgen, dass Nincshof wieder in Vergessenheit gerät und als Fleck von der Landkarte verschwindet. Doch das ganze Unterfangen gestaltet sich als schwierig, weil gerade letztens ein neues Ehepaar nach Nincshof zog, welche "Personen des öffentlichen Lebens“ sind und dessen Aktivitäten gerne mal einen Artikel in der Zeitung füllen.
Was die fast 80-jährige Erna Rohdiebl nun auch noch mit all dem zu tun hat und warum genau sie eine wichtige Rolle in diesem satirischen Debüt spielt, müsst ihr allerdings selber herausfinden.

Seebauers Schreibstil ist flüssig, ihre Charaktere sowie die Beschreibungen des Dorfes sind liebevoll gezeichnet. Eine Geschichte, in der viel mehr steckt, als man auf dem ersten Blick vermuten mag:
Es geht um eine anvisierte Entschleunigung - einen Ausstieg aus einer sich viel zu schnell drehenden Welt und darum, Wahrheiten zu finden und Mut aufzubringen, einmal anders zu sein.

Trotzdem hat mich das Buch ein wenig enttäuscht zurückgelassen. Streckenweise war mir die Geschichte zu langatmig. Vielleicht habe ich hier nach dem Hype auf Bookstagram mehr von dem Buch erwartet? Oder hatte es dieses Buch nach meinen vergangenen starken Lesemonat einfach zu schwer, mit den vielen sehr guten Büchern Schritt zu halten?
Wie dem auch sei, ich freue mich auf weitere Bücher der Autorin und wünsche ihr auf jedem Fall eine große Leserschaft für Nincshof.
3½/ 5

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.09.2023

Wenn das Körpergewicht das Leben bestimmt

Henriette lächelt
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HENRIETTE LÄCHELT
Andrea Heinisch

Henriette ist zu dick. 190 kg bringt sie auf die Waage. Putzen und die tägliche Hygiene fallen ihr schwer. Freunde hat Henriette schon lange keine mehr, denn ihr Leben ...

HENRIETTE LÄCHELT
Andrea Heinisch

Henriette ist zu dick. 190 kg bringt sie auf die Waage. Putzen und die tägliche Hygiene fallen ihr schwer. Freunde hat Henriette schon lange keine mehr, denn ihr Leben spielt sich in ihrer Wohnung ab, meistens zwischen dem Laptop und dem Kühlschrank. Alle Gedanken kreisen um das Essen.
Ihre Mutter, die direkt über der 50-Jährigen wohnt, springt ein und kontrolliert Henriettes Leben - was sie isst, trägt oder wen Henriette zu treffen hat. Die kleinen Sticheleien übergeht Henriette und schluckt sie - mit etwas Essen im Munde - herunter. Henriette zieht sich aus der realen Welt immer mehr zurück, das Getuschel über sie und ihren Körper ist allgegenwärtig.
Doch dann, mitten in der Corona-Homeoffice-Zoom-Meeting-Zeit, lernt sie ihren Kollegen Martin kennen und verliebt sich direkt in seine grünen Augen.
Ob das eine Wende in Henriettes Leben wird, müsst ihr allerdings selber herausfinden ...

In kurzen, knappen und ehrlichen Sätzen erzählt Andrea Heinisch den Leidensweg einer viel zu schweren Frau. Doch es geht nicht nur über Vorurteile gegenüber dickeren Menschen, sondern wir erfahren auch, warum Henriette sich damals überhaupt in Fressattacken flüchtete und ihren Halt im Essen fand.
Der Schreibstil ist sehr ungewöhnlich und vieles musste ich doppelt lesen, dennoch habe ich mit Henriette sympathisiert und gelitten.
3½ /5

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.06.2023

Gelungene Trilogie mit schwächendem Ende

Gretas Versprechen
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GRETAS VERSPRECHEN - Die Winzerin, Band 3
Nora Engel

Da ist er endlich - der langersehnte dritte Teil der Winzerin-Saga:

Als Greta vor 19 Jahren spurlos verschwand, zerbrach die Familie:
Mel, die älteste ...

GRETAS VERSPRECHEN - Die Winzerin, Band 3
Nora Engel

Da ist er endlich - der langersehnte dritte Teil der Winzerin-Saga:

Als Greta vor 19 Jahren spurlos verschwand, zerbrach die Familie:
Mel, die älteste Tochter, kehrte nie aus New York zurück. Sie ist glücklich mit dem Staranwalt Gavin verheiratet, gemeinsam haben sie eine jugendliche Tochter. Ihren Vater Bruno besuchte sie in der gesamten Zeit nicht einmal.
Caro, die bereits vor Gretas Verschwinden in Berlin Kunst studierte, blieb dort und ist heute eine erfolgreiche Künstlerin.
Jule, die jüngste Tochter, betreibt ein florierendes Hotel in Spanien.
Das alles glauben sie zumindest voneinander, die Wahrheit ist allerdings eine andere.
Nun ist Vater Bruno tot und alle Mädchen kehren in die Pfalz auf das Weingut Freudberg zurück und stellen fest, dass die jeweils andere Schwester auch ihre Geheimnisse hat.

Die Winzerwelt trauert derweil um den verstorbenen Pfälzer. Als Greta in Südafrika einen Nachruf mit Bild von Bruno im Internet liest, fällt ihr nach fast 20 Jahren endlich alles wieder ein - ihr Leben vor ihrem schweren Sturz. Ihre Amnesie ist vorbei und auch sie kehrt in die Pfalz zurück.

Während wir in den vorherigen zwei Teilen Gretas Leben über mehrere Jahrzehnte begleiteten, haben wir hier im dritten Teil nur eine Zeitspanne von drei Monaten.

Der Schreibstil von dem Autorinnen-Duo Danela Pietrek und Tania Krätschmar ist wieder unglaublich leicht und flüssig. Ich hatte das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein, so bildlich beschreiben die Autorinnen das Leben der Winzerfamilie. Die Seiten blättern sich förmlich von alleine um, obwohl dieser Band von allen dreien der schwächste ist.
Und auch wenn ich ganz stolz bin, dass mein Name in der Buchlasche steht <3 , möchte ich objektiv bleiben und sagen, dass zwar am Ende alle Puzzleteile an ihren Platz fielen, das Buch mir aber stellenweise „too much“ war - zu kitschig und zu perfekt.
Eine kleine zusätzliche Spannung oder eine Intrige hätte es noch haben dürfen.
Dennoch ein lesenswertes Buch mit zwei grandiosen Vorgängern, insgesamt eine tolle pfälzer Trilogie, die ich euch empfehlen möchte.
Ich werde Greta vermissen.
3½/ 5

"Manchmal muss man einen falschen Weg einschlagen, um auf die richtige Straße zu kommen. Doch selbst auf der richtigen Straße wirst du nicht immer geradeaus gehen. Mal wirst du links, mal wirst du rechts abbiegen. Nicht immer zielführend, aber immer um eine Erfahrung reicher wirst du deinen Weg gehen. Und wenn du auf diesem Weg erkennst, was dein Ziel ist, dann ist der Weg der richtige.“ (S. 243)

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.05.2023

Gutes Debüt!

Im Morgen wächst ein Birnbaum
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IM MORGEN WÄCHST EIN BIRNBAUM
Fikri Anil Altıntaş

Anil wächst als Sohn türkischer Einwanderer in Deutschland auf. Er wurde hier geboren und wenn er auch als kleiner Junge immer wieder das Gefühl hatte, ...

IM MORGEN WÄCHST EIN BIRNBAUM
Fikri Anil Altıntaş

Anil wächst als Sohn türkischer Einwanderer in Deutschland auf. Er wurde hier geboren und wenn er auch als kleiner Junge immer wieder das Gefühl hatte, wie sein Vater - sein Vorbild - werden zu wollen, so lässt dieser Wunsch während des heranwachsens mehr und mehr nach.
Er kann sich mit dem patriarchalischen Führungsstil des Vaters nicht identifizieren.

„Meine Mutter entschied, was es bei uns zu essen gab. Mein Vater, ob es schmeckte. Ich wehrte mich dagegen. Er fegte den Teller vom Tisch. Der Reis verteilte sich auf den Teppich in der Küche.“ (S. 100)

Zu festgefahren sind ihm die türkisch-moslemischen Männer, Traditionen und Regeln. Er hat Träume, Hoffnungen und Sehnsüchte, die aber nicht immer mit denen seines Vaters konform sind. Er schlägt einen anderen Weg ein, wobei es ihm wichtig bleibt, dass sein Vater stolz auf ihn ist.

Es sind Geschichten aus Anils Leben. Auch Geschichten über Diskriminierung und Rassismus, wie sie noch ausgeprägter und typischer in den 90er-Jahren in Deutschland waren, wobei die Vater-Sohn-Beziehung stets im Mittelpunkt steht.
Eine ehrliche autobiografische Geschichte von einem jungen Mann, der so gerne angepasst sein wollte.
Ein schmales Buch in einer zu Beginn holprigen, später sehr schönen literarischen Sprache, welches ich nicht in einem Rutsch lesen konnte - zu oft hüpfte der Autor vor und zurück (ich mag wohl doch die chronologischen Geschichten).
Dennoch konnte mich das Buch an einigen Stellen berühren. Ein gutes Debüt, dem ich eine große Leserschaft wünsche.
3½/ 5

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.05.2023

Magisch

Als wir Vögel waren
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ALS WIR VÖGEL WAREN
Ayanna Lloyd Banwo

Yejide lebt im Haus der Toten. Seit ihre Mutter gestorben ist, kann sie alle sehen - und es gibt viele von ihnen. Diese Gabe geht seit vielen Generationen von der ...

ALS WIR VÖGEL WAREN
Ayanna Lloyd Banwo

Yejide lebt im Haus der Toten. Seit ihre Mutter gestorben ist, kann sie alle sehen - und es gibt viele von ihnen. Diese Gabe geht seit vielen Generationen von der Mutter auf die Tochter über.
Schon als sie klein war, erzählte ihr die geliebte Großmutter alle Geschichten über die Ahnen.

David ist Rastafari. Er bricht sein Gelübde, indem er seine Rasta-Haarpracht abschneidet und einen Job als Totengräber annimmt. Der Glaube verbietet ihm, mit Toten zu arbeiten. Jedoch war er viel zu lange arbeitslos, und da er seine Mutter unterstützen muss, blieb ihm nichts anderes übrig, als den Job auf dem größten Friedhof in Port Angeles anzunehmen.
Die Arbeit auf dem Friedhof, ein Ort voller Knochen, fällt ihm schwer.

Yejide und David lernen sich auf dem Friedhof kennen. Sie wissen beide sofort, dass sie füreinander bestimmt sind.

Wer jetzt denkt, dass es sich um eine ganz gewöhnliche Liebesgeschichte handelt, liegt falsch, denn es geht hier um Leben und Tod.

Als wir Vögel waren, ist ein anderes Buch. Ich habe kein Buch, mit dem ich es vergleichen könnte.
Die Autorin lässt Yejida und David abwechselnd zu Wort kommen, dabei bedient sich Lloyd Banwo mit zwei völlig unterschiedlichen Schreibstilen:
David seiner ist nüchtern und klar, der von Yejida ist blumig und bunt - ich habe noch nie so wunderschöne Beschreibungen von Dingen gehört. Viele Passagen musste ich mehrmals lesen und bin mir noch immer nicht ganz sicher, ob ich alles verstanden habe.
Ein Roman voller Mythen, Geister, lebende Tote, Blumen, Falter, Vögel, kurzgesagt: kunterbunt.

Ich habe den Roman gerne gelesen, aber er zieht nicht in meine Highlights ein.
Wie hat meine liebe Budyread-Partnerin @ninis_weltderbuecher so schön gesagt: „Es ist kein Pageturner, aber man pustet die Seiten einfach nur so um.“
Genau so war es.
Liebe Nini, mal wieder ein ganz liebes Dankeschön für den großartigen Austausch <3

Leseempfehlung für diejenigen, die Mythen und sagenumwobene Bücher schätzen.
3½ / 5

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