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Veröffentlicht am 27.09.2023

Das Schicksal mischt die Karten, und wir spielen (Arthur Schopenhauer)

Der Milchhof – Das Rauschen der Brandung
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Um die familieneigene Molkerei weiterhin am Laufen zu halten, geht Lina eine Zweckehe mit Thees ein. Als Frau ist es ihr nicht gestattet, die Geschicke des Betriebes zu lenken, aber auch Thees hat nicht ...

Um die familieneigene Molkerei weiterhin am Laufen zu halten, geht Lina eine Zweckehe mit Thees ein. Als Frau ist es ihr nicht gestattet, die Geschicke des Betriebes zu lenken, aber auch Thees hat nicht unbedingt das glückliche Händchen, wenn es ums Geschäft geht. Als Derk Voigt als neuer Obermeier eingestellt wird, weht ein frischer Wind an der Nordseeküste, denn er bringt Ideen aus Dresden mit, die sich dort bereits etabliert haben. Je länger Derk auf dem Hof ist, desto mehr fühlt sich Lina zu ihm hingezogen. Aber es kann nicht sein, was nicht sein darf und Lina wird vom Schicksal immer wieder heimgesucht....


Regine Kölpin erzählt in ihren Büchern historische Geschichten über starke Frauen, die ihren Weg gehen und somit ihrer Zeit weit voraus sind. In "Der Milchhof" krempelt Lina das Frauenbild Ausgangs des 19. Jahrhunderts ordentlich um und nimmt die Leser:innen mit auf ihren Milchhof. Kölpin hat wieder wunderbar recherchiert, um nicht nur die örtlichen Gegebenheiten so genau wie möglich zu beschrieben, sondern auch zeitliches und weltliches Geschehen sowie den technischen Fortschritt sehr authentisch in die Handlung einzubinden.

Ihr Schreibstil ist wie immer flüssig zu lesen, bietet abwechslungsreiche Charaktere , die von liebreizend und warmherzig bis hin zu eiskalt, abschätzig und berechnend reichen und mit ihren Wesenszügen für ordentlich Aufruhr sorgen. Gerade die weniger sympathischen Figuren Talke und Thees zeigen hier ungeschönt ihre wahres Gesicht und es gelingt Kölpin, die Antipathie und Abneigung für diese beiden Personen immer wieder anzustacheln und Ö ins Feuer zu gießen.

Derk ist mir fast ein wenig zu weichgespült, denn er kann/will sich nicht wirklich durchsetzen, gibt zu oft klein bei und lässt sich von der Frauenwelt, die sich gar zu bereitwillig in seine Arme sinken lässt, auf der Nase herumtanzen. Lina hingegen wirkt dagegen fast übermächtig, steht immer einmal mehr auf, als sie gefallen ist und steckt alle Schicksalsschläge weg, nur um die Molkerie zu retten.

Die Schreibende lässt das Schicksal immer wieder hart zuschlagen und spinnt eine Intrige nach der anderen, sodass sich bereits im ersten Band ihrer Trilogie über den Zeitraum von 1890 bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges unglaublich viele Dinge ereignen. Manchmal überschlagen sich geradezu die Dinge und dadurch wirkt das Buch ein wenig überfrachtet. Weniger ist manchmal mehr und ich hätte gut und gerne auf ein paar Lügen, hinterfotzig geplante Gemeinheiten und falsche Fuffziger verzichten können.

Der Start in die neue Trilogie ist somit ein wenig verhalten, aber trotzdem bin ich neugierig, wie es auf dem Milchhof weitergehen wird.

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Veröffentlicht am 24.09.2023

Interessante Neuauflage für eingefleischte Fans

Moderne Dampfloks nach 1945
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Lothar Weber kennt sie alle und weiß auch über wirklich jede Dampflok etwas Wissenswertes zu berichten. In seiner Neuauflage "Moderne Dampfloks nach 1945" bietet er gut recherchierte Informationen über ...

Lothar Weber kennt sie alle und weiß auch über wirklich jede Dampflok etwas Wissenswertes zu berichten. In seiner Neuauflage "Moderne Dampfloks nach 1945" bietet er gut recherchierte Informationen über die Dampfrösser der DB und DR, die nach 1945 auf den Schienen unterwegs gewesen sind.

Seine Sachtexte sind für Kenner:innen der Szene ein wahrer Fundus an Wissen, technischen Daten und Entwicklungsgeschichte, sodass hier sicherlich noch das ein oder andere Neue zu erfahren ist. Mit fehlt ein wenig Enthusiasmus, der ansteckend wirkt, um auch themenfremde Leser;innen für diese Thematik zu begeistern. Die Sätze sind sehr nüchtern verfasst, auf die sachlichen Begebenheiten beschränkt und wirken daher eher wie ein Dossier.

Die Aufnahmen der vorgestellten Loks, überwiegend in Schwarz-Weiß gehalten, sind zwar sehr klar und deutlich, aber doch eher klein gehalten, sodass sie nur als Ergänzung zu den Tabellen und den im Text enthaltenden Informationen gelten und nicht das Hauptaugenmerk auf sich ziehen.

Eine interessante Neuauflage, die jedoch eher für eingefleischte Fans geeignet ist und dort auch sicherlich Begeisterungsstürme hervorruft. Neutrale drei Sternchen als Anerkennung für die Mühe und Arbeit, die sich der Autor bei der Erstellung dieses Buches gemacht hat.


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Veröffentlicht am 23.09.2023

Waldbaden in Buchform, aber leider fehlt Farbbrillanz

Waldbilder
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Waldbilder" ist ein erholsamer Spaziergang für Augen und Seele und wirkt mal düster und geheimnisvoll, mal gespenstisch und gefährlich oder auch märchenhaft und verwunschen. Knorrige Wurzeln, moosbewachsene ...

Waldbilder" ist ein erholsamer Spaziergang für Augen und Seele und wirkt mal düster und geheimnisvoll, mal gespenstisch und gefährlich oder auch märchenhaft und verwunschen. Knorrige Wurzeln, moosbewachsene und von Efeu umarmte Stämme, verträumte Lichtungen und Schatten spendendes Blätterdach - der Wald hält immer und immer wieder abwechselnde und stimmungsvolle Motive für alle bereit, die sich mit allen Sinnen auf ihn einlassen und die würzig-herben Aromen einatmen, den weichen Teppich aus Tannennadeln unter den Füßen spüren und das Lichtspiel der Sonne genießen, die sich tanzend den Weg durch das Grün sucht.

Doch so schön und ansprechend die Aufnahmen auch sind, ihnen fehlt das gewisse Etwas: Farbe. Jede einzelne Abbildung im Buch wirkt glanzlos und stumpf, wie mit einem Grauschleier überzogen, der die vielen Schattierungen von Grün regelrecht verschluckt. Das frische saftige und leuchtende Grün im Frühjahr wird blass, das atemberaubende Feuerwerk der Herbstfarben kommt nicht zur Geltung und selbst der glitzernde Zauber des von Schnee und Raureif überzogenen Winterwaldes wirkt blass und ausdruckslos.

Dadurch büßen die Fotos sehr viel von ihrer Strahlkraft und Anziehung ein und verfehlen ihre Wirkung, sodass es nur für 3 Sternchen reicht.

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Veröffentlicht am 20.09.2023

Starke Figuren, die leider durch zu viele Worte erdrückt werden

Erinnerung und Lüge
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Mauduit ist ein Ort, der sich tief in das Gedächtnis einer jungen Wissenschaftlerin eingebrannt hat. Nicht etwa, weil er so wunderschön und heimelig ist, sondern, weil er Erinnerungen mit sich bringt, ...

Mauduit ist ein Ort, der sich tief in das Gedächtnis einer jungen Wissenschaftlerin eingebrannt hat. Nicht etwa, weil er so wunderschön und heimelig ist, sondern, weil er Erinnerungen mit sich bringt, die tiefe Narben auf der Seele hinterlassen haben. Doch statt dem vorgeblichen Zweck ihrer Reise nachzugehen, lernt die Wissenschaftlerin die Vergangenheit des Ortes auf ganz andere Art und Weise kennen. Denn Lottie, Hüterin des alten Herrenhauses, gewährt der Wissenschaftlerin nicht nur Unterschlupf, sie lässt sie auch unter die Decke aus Geschichten und Legenden schlüpfen, die sich nicht nur in den alten Gemäuern verstecken....


Anne-Marie Garat hat eine ganz besondere Gabe, denn sie spinnt mit Worten ein Netz, dass ihre Leser:innen regelrecht einfängt und sie erst loslässt, wenn der letzte Buchstabe gelesen ist. Zwischen den Seiten ist eine magische Stimmung, die alles verzaubert, was sich in der Nähe des Buches befindet. Das Ächzen von altem Gebälk, das Knistern der Holzscheite im Kamin und das Flackern der Flammen ist deutlich zu hören, wenn sich nicht nur die Wissenschaftlerin in die Gesellschaft der alten Lottie begibt, sondern die Lesenden lassen sich bereitwillig auf einem gemütlichen Kissen zu Füßen der Erzählerin nieder und lauschen gebannt ihren Worten.

Aber genau diese Erzählungen sind es, die auch ein Manko in diesem Buch darstellen. Garat hat ein Faible für sogenannte Tatzelwurmsätze, die scheinbar endlos sind und sich zeilenweise aus dem Füllhorn ihrer Feder ergießen. Es sind mitunter so viele Informationen darin enthalten, die es den Lesenden nicht einfach machen, diese alle auf einen Blick zu erfassen und zu verarbeiten. Oftmals muss ein Satz mehrmals gelesen werden, um den Inhalt komplett zu verstehen und zu verarbeiten. Der Schreibstil ist hypnotisierend und poetisch zugleich, kommt aber nicht immer direkt auf den Punkt, sodass oftmals die Konzentration flöten geht.

Und das ist sehr schade, denn die Autorin hat mit ihren beiden Hauptfiguren zwei außergewöhnliche Charaktere entwickelt, die starke Signale aussenden und die Leser:innen regelrecht anziehen wie ein Magnet. Die Macht des geschriebenen und gesprochenen Wortes, das mal faszinierend, mal verstörend sein kann, wird von der Autorin als sehr lebendiges Werkzeug eingesetzt und so gelingt es ihr, das Auseinandersetzen mit der Familiengeschichte und den Ereignissen der Vergangenheit der Protas auf die Lesenden zu übertragen.

Garat macht Geschichte erlebbar, auch wenn sie manchmal die Kurve verpasst an der sie abbiegen müsste, um den Faden nicht zu verlieren.. Düster, ansprechend, geheimnisvoll und manchmal schwer zu lesen - ein Buch, das zeigt, wie Erinnerungen manchmal zu einer neuen Wahrheit verschmelzen, um das Gewesene leichter zu ertragen.

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Veröffentlicht am 18.09.2023

Der Schreibstil nimmt der Geschichte ganz viel Atmosphäre

Eines Tages finden wir nach Hause
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Endlich ist der Krieg vorbei und Peggy kann es kaum erwarten, dass Jimmy zurück in die USA reisen kann. Doch das Wiedersehen gestaltet sich komplett anders, als sich die junge Frau es sich wieder und wieder ...

Endlich ist der Krieg vorbei und Peggy kann es kaum erwarten, dass Jimmy zurück in die USA reisen kann. Doch das Wiedersehen gestaltet sich komplett anders, als sich die junge Frau es sich wieder und wieder ausgemalt hat. Der Mann, der vor ihr steht, ist so ganz anders als der Jimmy, den sie kennt. Ein geheimnisvolles Foto einer Unbekannten könnte der erste Hinweis darauf sein, was Jimmy im Krieg erlebt hat...


Lynn Austin widmet sich in "Eines Tages finden wir nach Hause" einer sehr ereignisreichen Geschichte, die sich vor allen Dingen um die grausamen Ereignisse dreht, für die der braune Sumpf verantwortlich ist. Doch so schlimm die Gräueltaten auch sind, Austin kann die Schrecken und Narben auf der Seele einfach nicht richtig transportieren.

Ihr Schreibstil wirkt manchmal sehr steril, fast unbeholfen, und das führt dazu, dass sich die Figuren von den Leser;innen entfernen, anstatt sie vollkommen an ihrer Lebensgeschichte teilhaben zu lassen. Die christliche Perspektive wird sehr vehement von Austin vertreten, steht aber konträr zu einigen Handlungen, die die Protas recht freimütig tätigen. Hierauf näher einzugehen, ohne zu spoilern, ist so gut wie unmöglich, aber es sei angemerkt, dass das Eheversprechen hier mehr als salopp behandelt wird.

Während der Erzählstrang mit den Figuren Peggy und Jim sehr gut lesbar und voller Emotionen, Glaubenskrisen, den Folgen einer PTBS und vielen bewegenden Gedanken ist, kann der zweite Handlungsstrang in Bezug auf die Figur Gisela mich leider nicht für sich einnehmen. Auch wenn das, was ihr aufgrund ihres Glaubens und ihrer Herkunft widerfahren ist, unmenschlich und furchtbar ist, gelingt es der Autorin nicht ganz, diese Prota so zu gestalten, dass ihre Geschichte bewegt und berührt. Hier bleiben die Leser:innen aussen vor, betrachten alles wie durch eine dicke Glaswand und können keine echte Verbindung zu Gisela aufbauen.

Machen Szenen im Buch sind sehr düster und schwer, legen sich wie Blei auf die Lesenden und sorgen für einen doch eher dunkel Wolke, die über dem Buch schwebt. Peggy leuchtet aber wie ein kleines Hoffnungslicht, dass auch in den schwierigsten Zeiten Trost spendet.

Die Idee zum Buch gefällt , die Umsetzung ist allerdings noch ausbaufähig.

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