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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.07.2024

Verwickelte Ermittlungen in düsterem Milieu

Maybrick und die Toten vom East End
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Vanessa Glas entführt uns ins Jahr 1910 in das düstere Milieu der Slums bei den Docks von London. Hier leben nicht nur die Ärmsten der Armen, das Gebiet wird auch beherrscht von verschiedenen ...

Vanessa Glas entführt uns ins Jahr 1910 in das düstere Milieu der Slums bei den Docks von London. Hier leben nicht nur die Ärmsten der Armen, das Gebiet wird auch beherrscht von verschiedenen Gangs, die sich gnadenlos bekämpfen. Das ist das Revier des frisch gebackenen DI Maybrick. Er hat Heimvorteil, denn er stammt aus diesem Viertel und kennt sich bestens aus. Unterstützt wird er vom Pathologen Dr. Roberts. Die beiden werden maximal herausgefordert, als eine übel zugerichtete Kinderleiche auftaucht. Zur Klärung dieses Falls müssen sie tief in die Geheimnisse der Slums eintauchen.

Der Schreibstil ist ein bisschen sperrig, ich musste mich erst daran gewöhnen, dann lies sich die spannende Geschichte jedoch flüssig lesen. Bei der Vielzahl an Personen muss man aufpassen, dass man nicht den Überblick verliert. Sehr gut gefällt mir Maybrick. Obwohl er schon in alle Abgründe der Menschheit geblickt hat, hat er sich doch seine Empathie und seine Sensibilität bewahrt. Auch Roberts hat schon einiges mitgemacht, er versteckt seine Verletzlichkeit hinter einer Maske aus Zynismus und Arroganz. Auch die zahlreichen anderen Figuren sind gut ausgearbeitet und wirken authentisch.
Es gelingt der Autorin außerordentlich gut, das Leben in den Slums zu dieser Zeit glaubhaft darzustellen, ich konnte die Trostlosigkeit der bedrohlichen Umgebung sehr gut spüren. Zudem lässt sie gekonnt historische Fakten einfließen, was die Handlung noch authentischer wirken lässt. Atemlos bin ich den Ermittlungen gefolgt und hatte tatsächlich bis zur Aufklärung keinen Schimmer, wer nun der gesuchte Täter ist.
Mein Fazit: Erstklassiger historischer Krimi, unbedingt empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 14.01.2024

Mord in der besetzten Stadt

Paris Requiem
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Paris zur Zeit der deutschen Besatzung: Ein bestialischer Mord in einem Jazzclub in Montparnasse ruft den Ermittler Eddie Giral auf den Plan, der in selbigem Club in Jugendzeiten tätig war. Schnell ...

Paris zur Zeit der deutschen Besatzung: Ein bestialischer Mord in einem Jazzclub in Montparnasse ruft den Ermittler Eddie Giral auf den Plan, der in selbigem Club in Jugendzeiten tätig war. Schnell findet er heraus, dass der Mord in Zusammenhang mit dem mysteriösen Verschwinden zahlreicher Häftlinge in Zusammenhang steht. Bei seinen Ermittlungen auch in Reihen der deutschen Besatzer stößt er schnell auf eine Mauer des Schweigens.

Mit seinem einfühlsamen Schreibstil bringt Chris Lloyd Lloyd mir die düstere Atmosphäre in der feindlich besetzten Stadt schnell nahe. Die Angst der Bevölkerung ist spürbar, das Schweigen verständlich. Die Erzählweise in der 1. Person aus Eddies Sicht lässt mich das Geschehen hautnah miterleben. Die eingehende Beschäftigung mit seinen manchmal fast schon philosophischen Gedanken verleiht der Geschichte Tiefgang. Er geht mutig seinen Weg und scheut sich nicht, sich mit den Mächtigen dieser Tage anzulegen. Sein Kollege Boniface machte auf mich zunächst den Eindruck eines wenig motivierten Polizisten, der seine Zeit lieber mit dem Savoir-Vivre verbringt. Im Verlauf der Geschichte wird allerdings klar, dass er ein heller Kopf und ein wertvoller Mitarbeiter ist.
Die Ermittlungen kann ich allerdings nicht immer nachvollziehen. Manche Schritte kommen sehr unvermittelt und die zahlreichen Namen machen das Ganze nicht einfacher. So habe ich einige Male den Faden verloren und musste zurückblättern und Textpassagen mehrfach lesen, um Eddie und Boniface wieder folgen zu können.
Sehr gut gefällt mir die Einbettung der Handlung in das historische Geschehen, das offenbar sehr gründlich recherchiert wurde.

Mein Fazit: Eine gelungene Mischung aus Krimi und historischem Roman, der die bedrückende Atmosphäre aus Angst, Hunger und Hoffnungslosigkeit in der besetzten Stadt erstklassig zum Ausdruck bringt. Absolut empfehlenswert!



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Veröffentlicht am 30.12.2023

Mittelalterliches Klosterleben

Die Mönchin
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Wir lesen hier die Geschichte des Mönchs Adrian von Bitterstedt im beginnenden 15. Jahrhundert, der sich auf der Suche nach einem Dokument, das die katholische Kirche zerstören könnte, in das ...

Wir lesen hier die Geschichte des Mönchs Adrian von Bitterstedt im beginnenden 15. Jahrhundert, der sich auf der Suche nach einem Dokument, das die katholische Kirche zerstören könnte, in das Benediktinerkloster Ennswalden begibt. Was niemand weiß - Adrian ist eigentlich Adriana, eine sehr gebildete junge Frau. Nicht nur dieser Umstand sorgt dafür, dass sie bei Ihrer Mission mehrfach in tödliche Gefahr gerät.

Das Cover passt sehr gut zu einem historischen Roman. Der Schreibstil ist packend, es wird von Beginn an eine gewisse Spannung aufgebaut. Adriana ist eine für ihre Zeit sehr ungewöhnliche Frau, die in der Rolle des Mönchs gut zurecht kommt. Allerdings ist sie doch ein wenig leichtsinnig mit ihrer falschen Identität, sie hat ganz schön Glück, dass sie nicht auffliegt. Aus Guillermo jedoch werde ich nicht schlau - kein Wunder, wie ich jetzt weiß. Die beiden bilden ein gutes Team und lösen langsam aber sicher die Verwicklungen um das historische Dokument und seine Bewacher auf. Auch wenn ich mit den zahlreichen Namen sehr aufpassen musste, um nicht durcheinander zu kommen, konnte ich ihren Handlungsschritten gut folgen. Letztlich offenbaren beide sich gegenseitig auch ihre wahre Identität, denn auch Guillermo hat etwas zu verbergen.

Der historische Kern der Geschichte ist, dass es tatsächlich solche alten Dokumente gibt, die die Fundamente der katholischen Kirche angreifen. Ich denke, davon liegen einige verborgen in den Archiven des Vatikan. So klingt hier gut verpackt in die spannende Handlung eine leise Kritik an der Institution Kirche an, die doch sehr dogmatisch mit dem christlichen Glauben umgeht.

Insgesamt habe ich mich von diesem historischen Krimi in vermeintlich frommem Umfeld sehr gut unterhalten gefühlt und empfehle ihn gerne weiter.


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Veröffentlicht am 24.09.2023

Familienbande

Der Weg ins Apfelreich
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Das Cover ist ebenso gelungen wie das des Vorgängerbandes, den ich ebenfalls lesen durfte. Die Geschichte von Vanja, Sally und Josefin - Großmutter, Mutter und Enkelin - geht hier nahtlos weiter. ...

Das Cover ist ebenso gelungen wie das des Vorgängerbandes, den ich ebenfalls lesen durfte. Die Geschichte von Vanja, Sally und Josefin - Großmutter, Mutter und Enkelin - geht hier nahtlos weiter. Vanja hat ihre unschöne Vergangenheit erfolgreich verdrängt und will nichts mehr damit zu tun haben. Als Sally sich auf die Suche macht, ist Vanja das zunächst gar nicht recht. Erst als sie sich darauf einlässt, erkennt sie, was sie fast ihr ganzes Leben lang belastet hat.

Der Schreibstil gefällt mir wie im Vorgängerband gut, er ist bildhaft und lässt sich flüssig lesen. Wie im Sommerband ist auch hier die Geschichte in Kapitel aufgeteilt, die die Perspektive der drei Frauen einzeln beleuchten. Auch hier zieht sich der Mittelteil ein bisschen, das war mir im Vorgängerband auch schon aufgefallen. Erst im letzten Drittel wird es wieder richtig spannend, da überschlagen sich die Ereignisse fast ein bisschen. Hier hätte man einige Dinge ausführlicher beleuchten können, also den Mittelteil zugunsten dieser Ereignisse etwas kürzen. Besonders gut gefallen haben mir die ausführlichen Beschreibungen der Landschaft rund um Kivik, die Autorin hat mir hier die Schönheit Schwedens sehr nahe gebracht. Insgesamt habe ich mich gut unterhalten gefühlt, dieser dritte Teil der Kivik-Trilogie hat mehr Tiefgang als der zweite.


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Veröffentlicht am 20.06.2023

Als Europa zusammenrückte

Bergleuchten
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Wir lesen die Entstehungsgeschichte des Gotthard-Tunnels, der im 19. Jahrhundert zwischen Göschenen und Airolo in den Berg getrieben wird. Aus der Sicht der Fuhrhalterstochter Helene Herger erleben ...

Wir lesen die Entstehungsgeschichte des Gotthard-Tunnels, der im 19. Jahrhundert zwischen Göschenen und Airolo in den Berg getrieben wird. Aus der Sicht der Fuhrhalterstochter Helene Herger erleben wir die Veränderungen, die der Ort Göschenen durch die Großbaustelle erfährt, aus erster Hand mit. Sie verliebt sich in Piero, einen der italienischen Arbeiter und muss dadurch mit zahlreichen Schwierigkeiten fertig werden.

Sehr eindringlich und nachvollziehbar schildert die Autorin die Vorkommnisse während des Tunnelbaus, die Ausbeutung und Diskriminierung der Arbeitskräfte, das Misstrauen der Dorfbewohner und den Unfrieden, der durch Gegner und Befürworter des Baus entsteht. Die Dorfbewohner sind voller Angst vor dem Neuen, das ihnen bevorsteht. Zeitweise hatte ich das Gefühl, unmittelbar dabei zu sein. Helene gefällt mir gut, bei aller Verliebtheit und Romantik steht sie doch mit beiden Beinen auf dem Boden und weiß, was das Beste für sie ist. Piero ist ein bisschen anders, er baut Luftschlösser und weiß nicht so richtig, was er will. Die Liebesgeschichte der Beiden ist gut in die gründlich recherchierten historischen Ereignisse eingebettet, beides passt gut zusammen.
Was mir gefehlt hat, ist eine Karte oder Lageskizze an Anfang oder Ende des Buches, damit ich mir die räumlichen Gegebenheiten besser vorstellen kann.
Ansonsten wurde ich durchgehend gut unterhalten und habe wieder ein bisschen Geschichtswissen angesammelt. Deshalb kann ich dieses Buch guten Gewissens weiterempfehlen.


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