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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.06.2024

Gut zu lesen

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Mit Yasira Saad hat der bekannte Schriftsteller und geniale Erfinder der Känguru-Chroniken Marc Uwe Kling eine Ermittlerin geschaffen, die gleich mehrere Kriterien erfüllt für eine interessante Figur. ...

Mit Yasira Saad hat der bekannte Schriftsteller und geniale Erfinder der Känguru-Chroniken Marc Uwe Kling eine Ermittlerin geschaffen, die gleich mehrere Kriterien erfüllt für eine interessante Figur. Yasira steht in ihrem Team als „Vorzeige- Migrantin“ für eine moderne Polizei und für Antidiskriminierung, obwohl sie Deutsche ist. Persönliche Erfahrung mit der Diskriminierung als Frau, potentiellen Muslima durch Namen und Aussehen ( sie ist keine praktizierende Religiöse), Alleinerziehende einer Teenagertochter, das alles prädestiniert sie für die Position als leitende Ermittlung in einem politisch hochbrisanten Vergewaltigungs-Fall. Die toughe Yasira merkt bald, dass es diesmal für sie deutlich gefährlicher ist, als ihre üblich. Denn es geht um „Heimatschutz“, Meinungsmache durch Klick-Medien und um nationale Hetze. Sie und ihre Tochter geraten ins Fadenkreuz der Rechtsnationalen.
Dabei ist nichts, wie es scheint.
Ich habe den locker geschrieben Krimi gerne gelesen. Er hat durch die Thematik KI, social media und Fake-News hochaktuellen Zeitbezug, die Figuren sind mit Humor gezeichnet, manchmal etwas überzogen, aber durchaus glaubwürdig. Es ist definitiv kein Spaß, sondern wirklich spannend, zumindest bis zum letzten Viertel. Dort verliert der Roman für mich an Glaubwürdigkeit, das Ende wirkt auf mich etwas überhastet und unfertig. Dennoch absolut empfehlenswerte Lektüre.

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Veröffentlicht am 27.01.2024

Söldner im hundertjährigen Krieg

Essex Dogs
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1346 war keine romantische Zeit. Und schon gar nicht als Söldner im blutigen Feldzug der Engländer gegen Frankreich. Die Essex Dogs, eine abgehalfterte Schar kampferprobter Raubeine unter der Führung von ...

1346 war keine romantische Zeit. Und schon gar nicht als Söldner im blutigen Feldzug der Engländer gegen Frankreich. Die Essex Dogs, eine abgehalfterte Schar kampferprobter Raubeine unter der Führung von Fitz Talbot, genannt Loveday, ziehen mit. Ihr Brotgeber, Sir Robert, ist ein aufgeblasener Popanz aber das spielt keine Rolle. Die Hierarchien werden nicht hinterfragt. Ritter ist Ritter und Soldat bleibt Soldat. So lassen sich die Essex Dogs verheizen, nehmen unsinnig-gefährliche und schier aussichtslose Aufträge entgegen und schlagen sich durch. Ein jeder mit dunkler Vergangenheit im Gepäck, abgehärtet bis abgestumpft, drogensüchtig oder gar völlig verrückt wie der der ehemalige Priester, den alle Father nennen. Romford ist der Jüngste und nicht schlecht mit dem Bogen. Er lernt sogar einen Prinzen kennen, der sich jedoch nicht durch besonderen Edelmut auszeichnet. Es ist kaum auszuhalten, mit welchem Gleichmut sich die Männer dem Stumpfsinn und der bodenlosen Grausamkeit des Krieges ergeben. Ist eben so und war nie anders. Irgendwann geht es auch nicht mehr um Ruhm, Ehre, Sold oder Beute. Sie machen einfach weiter, weil es kein Zurück gibt. Und dennoch bleiben die Essex Dogs bis zuletzt zutiefst solidarisch und loyal.

Für mich war der sehr gut recherchierte Roman, der Zeitgenossen wie Lord Northampton, den Prinzen von Wales oder Lord Warwick nachzeichnet, ein Ritt durch Schlamm und Blut, den ich ungern ein zweites Mal machen möchte. Nicht weil es eine schlechte Lektüre war. Dan Jones schreibt flüssig und entwickelt glaubhafte Charaktere. Mir fehlt aber jegliches Faible für Schlachten und da es hier so überaus realistisch zugeht, hat sich das nicht gebessert. Ich finde es dennoch gut, dass der Autor, der sich wirklich mit der Historie auskennt, versucht, ein echtes Sittenbild zu zeichnen. Es nimmt dem Krieg jegliche Glorie, zeigt ihn als das, was er ist: ein Wahnsinn ohne Sinn, Herz und Verstand. Gut so.

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Veröffentlicht am 27.09.2023

Atmosphärischer Krimi

Schwarzvogel
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Nachdem ich nun in letzter Zeit einige skandinavische Krimis gelesen habe und die meisten als unnötig brutal und reißerisch empfunden habe, war ich angenehm überrascht von dem Ermittlerduo Frederika Storm, ...

Nachdem ich nun in letzter Zeit einige skandinavische Krimis gelesen habe und die meisten als unnötig brutal und reißerisch empfunden habe, war ich angenehm überrascht von dem Ermittlerduo Frederika Storm, Tochter einer Bauernfamilie und Henry Calment, dem Bohemian-Sprössling aus vermögendem Großbürgertum.
Die beiden verstehen sich besser, als ihre Lebensläufe vermuten lassen und das ist auch mal angenehm. Ich muss nicht zum hundertsten Mal lesen, wie zwei unfreiwillig Zusammengewürfelte sich erst hassen und später lieben lernen. Soweit so unkonventionell. Es geht viel um den Fall: eine junge ortsfremde Frau stirbt bei der Flucht über den vereisten See und es ist klar, dass sie das nicht aus freien Stücken tat. Vieles weist auf eine ungute Verstrickung von Frederikas Familie mit dem Opfer hin. Unter diesen Umständen zu ermitteln erweist sich als äußerst schwierig.
Ich mochte es, dass die Figuren eine gewisse Komplexität haben. Die Personen handeln nicht völlig vorhersehbar und folgen einer inneren Logik. Auch die Lösung des Falles ist stimmig und am Ende überraschend. Insgesamt hat mich „Schwarzvogel“ gut unterhalten, wenn auch nicht gerade vor Spannung zittern lassen. Ein gelungener Auftakt einer neuen Reihe.

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Veröffentlicht am 11.07.2023

Düster

Sommersonnenwende (Wolf und Berg ermitteln 1)
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Von Patrick Engman habe ich „DerPatriot“ gelesen, der obwohl recht spannend, nicht so ganz mein Fall war. Mir gefiel nicht, wie die Frauen dargestellt waren und mir war die Gewalt deutlich zu explizit. ...

Von Patrick Engman habe ich „DerPatriot“ gelesen, der obwohl recht spannend, nicht so ganz mein Fall war. Mir gefiel nicht, wie die Frauen dargestellt waren und mir war die Gewalt deutlich zu explizit. Ganz zu schweigen von der extrem pessimistischen Stimmung.
Hier nun hat sich Engman mit dem Journalisten Johannes Selaker zusammengetan und das hat dem Polizeithriller, der im Jahrhundertsommer in Schweden im Jahr 1994 spielt, gutgetan. Zum einen erlebt man die Perspektive des schwer gebeutelten Polizisten Thomas Wolf, der sowohl in der Kindheit, als auch im Balkan-Krieg traumatisiert, zwar beruflich sein Bestes gibt, privat aber nicht mehr weiß, wo vorne, wo hinten ist. Zum anderen ist da Vera, eine Journalistin mit schwieriger Vergangenheit und noch problematischerem Exfreund, nebst sechsjährigem Ziehkind. Die beiden arbeiten, zunächst eher unwillig, an der Verfolgung eines Serienmörders und haben sich außerdem noch gegenseitig im Verdacht. Die Stimmung des ungewöhnlich heißen Sommers, während der Fußball-WM ist hautnah beschrieben. Mit den Temperaturen steigt auch die Spannung. Im Showdown geht es um Alles. Dem fiesen Psychopathen auf der Spur, bringt Vera sich und das Kind in Lebensgefahr. Einen Stern Abzug, wegen des doch zu aufgesetzten Geständnisses des Mörders am Ende. So spricht doch kein Mensch. Dennoch, eine spannende Jagd, glaubwürdige, wenn auch sehr gebeutelte Charaktere. Wenn Alkoholismus und Rechtsradikalismus derart normal sind in Schweden, wie es der Roman vorgibt, dann gute Nacht. Wirklich erschreckend.

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Veröffentlicht am 26.04.2023

Reiseführer durch die Beziehungsgalaxien

Ich lieb' dich nicht, wenn du mich liebst
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Woher kommt es nur, dass im Beziehungsleben die gegenseitige Anziehung so sehr schwanken kann? Und warum scheinen sich Partner je mehr zurückzuziehen, desto mehr sich der Partner, die Partnerin um sie ...

Woher kommt es nur, dass im Beziehungsleben die gegenseitige Anziehung so sehr schwanken kann? Und warum scheinen sich Partner je mehr zurückzuziehen, desto mehr sich der Partner, die Partnerin um sie bemüht?
Warum wollen wir ausgerechnet den, der uns nicht will und umgekehrt, was macht einen nur so verteufelt unattraktiv, wenn man einseitig begehrt?

Eigentlich ist das Fazit des Ratgebers sehr simpel. Anziehung beruht fast immer auf Stärke und Selbstbewusstsein. Je unsicherer und weniger bei sich jemand ist, desto weniger wird derjenige gewollt. Und genauso wächst die Attraktion, je strahlender und unabhängiger jemand wirkt.
Cassandra Phillips und Dean C.Delis´ Beispielpaare wirken etwas antiquiert und reichlich stereotyp, aber es wird klar, was gemeint ist. Die Begriffe Überlegener und Unterlegener sind meiner Ansicht mach etwas unglücklich gewählt.
Dennoch ist der Ausdruck „Paradoxe Leidenschaft“ und das auftretende Kräfteungleichgewicht in abhängigen Beziehungen gut erklärt.
Ebenso erfrischend, wie desillusionierend wird erläutert, dass manchmal die äußeren Gegebenheiten und auch die inneren Faktoren ( Kindheit, Trauma …) eine Beziehung auf Augenhöhe nicht erlauben. Somit braucht der eine den anderen mehr. Und das funktioniert auf Dauer eher schlecht.
Etwas kurz kommen meiner Meinung nach die Lösungsversuche.
Natürlich ist es empfehlenswert, das Selbstbewusstsein des „Unterlegenen“ zu pushen, aber das ist ja leider nicht immer so einfach.
Und klar, müssen sich manche Paare auch trennen, weil es einfach nicht passt. So what! Interessant fand ich den Ansatz der verbesserten Kommunikation durch einen Verzicht auf Schuldzuweisung von beiden Seiten. Auch ein Verteufeln der Position des „Überlegenen“ ist nicht förderlich.
Alles in allem schadet die Lektüre des Ratgebers sicher keinem. Denn die systemischen Zusammenhänge haben sich natürlich nicht geändert und gelten weiterhin, auch wenn das nur Büchlein die Neuauflage eines wesentlich älteren Ratgeber ist.

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